Nbger Zentrum: Opernhaus-Sanierung

  • Bisher gibt es m.E. noch keinen eigenen Faden für die Opernhaus-Sanierung. Dafür ist es aber höchste Zeit, also fange ich mal an. Falls es sowas in den Untiefen des Forums doch schon gibt, bitte einfach dahin verschieben.


    Die Opernhaus-Kommission hat heute im Wesentlichen zweierlei empfohlen und dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt:

    - Das denkmalgeschützte Jugendstil-Opernhaus am Altstadtring wird saniert

    - Eine Interims-Spielstätte soll, mitsamt weiterer kultureller Nutzung, voraussichtlich in den Torso der Nazi-Kongresshalle integriert werden.


    Beide Komponenten halte ich für richtig. Was sonst hätte man mit dem denkmalgeschützten Opernhaus anfangen sollen, das noch dazu ein stadtbildprägendes Gebäude ist wie wenige andere? Und dass es endlich eine konkrete Nutzungsperspektive für den im Unterhalt teuren Nazibau gibt, ist ebenfalls richtig. Dieses Gebäude ist nie fertiggestellt und daher auch nie von seinen braunen Planern genutzt worden. Was würde besser passen, als diesem Ungetüm mit Mitteln von Kunst und Kultur und deren immanenter Offenheit zuleibe zu rücken? Persönlich würde ich mir daher wünschen, dass die Interims-Bühne auch nach Fertigstellung der Opernhaus-Sanierung als Bühne weitergenutzt wird.


    Auch interessant angesichts der aufgeregten Nürnberger Sparnickel-Diskussion der letzten Wochen und Monate: Die kolportierten Gesamtkosten von bis zu 1 Mrd. Euro haben laut Baureferent Ulrich, und der wird es einschätzen können, keine reale Basis.


    https://www.nordbayern.de/nurn…-kongresshalle-1.11467930

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    Ich bin da kein Experte, aber solange man hier von Kosten von bis zu 1 Milliarde redet kann ich der Diskussion nichts abgewinnen. Ich halte diese Zahlenspiele für unlauter und nur dazu geeignet, den Weg für Abrissforderungen zu ebnen. Außer Brandschutz und statischen Mängeln im Opernhaus ist mir nichts bekannt, es soll ansonsten sowohl von innen als auch von außen im Grunde nutzbar sein. Das Volksbad soll 55 Mio kosten, und das Opernhaus, ohne Wasserproblematik, ohne jahrzehntelangem Leerstand, soll das 20-fache kosten?


    Seit Tagen wird dieses Thema in der NZ diskutiert, und ich frage mich zu welchem Zweck da so viel Stimmung gemacht wird. Kein anderes Projekt wurde m.W.n. so intensiv und widersprüchlich in der Printpresse gekocht, nichtmal der FSW.


    Mit o.g. Stadtratsbeschlüssen gehe ich vollkommen mit.

    Lt. Zeitung haben sich aber bereits Initiativen "dagegen" gebildet, die Diskussionen, Öffentlichkeitsbeteiligungen, Hearings usw. fordern: Der Rundbau würde durch die Theaternutzung als Lernort unbrauchbar usw., ein Kulturneubau in der Einöde des Innenhofes würde deshalb nicht gehen....


    Mal sehen wieviel Einfluss die jeweiligen Interessengruppen bekommen werden und wie die Diskussion weitergeht.


    Ich persönlich war leider noch nie im Opernhaus, aber ich sehe es fast jeden Tag. Und ich mag es als einzigen erhaltenen, heute noch beeindruckenden Prachtbau der Gründerzeit sehr gerne und möchte es nach Denkmalschutzmaßstäben saniert sehen, selbst wenn ich auch anschließend nicht zu Vorstellungen reingehen sollte. Es ist im Stadtbild einfach extrem wichtig.

  • Deinen Verdacht teile ich, nothor. Die Diskussion über die finanzielle Dimension dürfte aus einer Mischung aus zwei Motivationen heraus entstanden sein: entweder das Sanierungs-Projekt durch eine "Totschlagszahl" komplett zu erledigen. Oder dem Freistaat einen möglichst hohen Zuschuss abzunötigen. Wir sprechen hier ja immerhin über ein Staatstheater. Meines Wissens ist die Aufteilung in etwa so, dass der Freistaat die Hälfte der Kosten des laufenden Betriebs übernimmt. Das Opernhaus selbst ist im Besitz der Stadt, die nominell in der Sanierungsverantwortung wäre. Mit absoluter Sicherheit wird es hier aber auch einen Zuschuss vom Land Bayern geben. Ich würde mit mindestens der Hälfte der Baukosten rechnen. Siehe die angekündigte Kostenbeteiligung beim auf Eis gelegten Konzerthaus im Luitpoldhain (und in diesem Saal hätte nicht einmal ein Staatsensemble gespielt).


    Selbst wenn die Kosten nicht an die Milliarde herankommen, nehme ich doch an, dass sie erheblich sein werden. Immerhin geht es neben dem Brandschutz wohl auch um größere strukturelle Eingriffe im Bereich der Bühne und für die Bühnentechnik. Einen Teil der Schuld für die Kostendimension hat sich die Stadt aber auch selbst zuzuschreiben, da sie die Sanierung über Jahre und Jahrzehnte immer weiter aufgeschoben - und sie damit sicher nicht billiger gemacht - hat.


    Was den angeblichen Schaden für die Erinnerungskultur in der Kongresshalle betrifft, bin ich ebenfalls gespannt auf die Diskussion. Für mich sind entsprechende Zweifel, obwohl ich die Verpflichtung der Stadt für die Erinnerungskultur sehr ernst nehme, ein völliger Quatsch. Die Kongresshalle ist nie fertiggestellt und von ihren braunen Erbauern genutzt worden. Von außen wird man den Interims-Saal nicht sehen können. Der Beitrag des Innenhofs zur Erinnerungskultur besteht darin, dass man von einem Aussichtspunkt des Doku-Zentrums dort hineinschauen kann. In der Kongresshalle findet bereits seit Jahrzehnten kulturelle Nutzung statt, insb. durch Open-Air-Konzerte im Serenadenhof (also im südlichen Kopfbau). Was also ändert sich durch einen solchen zusätzlichen Saal? Schließlich: Solange zugelassen wird, dass im Kernbereich des Reichsparteitagsgeländes und unter Nutzung von Zeppelinfeld und Zeppelintribüne, also echten Orten der Propaganda und der Nazi-Selbstberauschung, Rockkonzerte und Autorennen stattfinden, braucht man bei der Kongresshalle nicht so zimperlich sein.


    Letzter Satz an alle, die noch nicht drin waren im Opernhaus: Ich lege Euch den Besuch einer "Ballett"-Aufführung des Chefchoreographen Montero nahe. Das hat mit Ballett im klassischen Sinne überhaupt nichts zu tun, sondern ist feinsinniges, anmutiges, ausdrucksvolles, atmosphärisches Tanztheater vom Feinsten. Es braucht da nicht viel an Kunstverständnis (das ich beim Ballett auch nicht habe), sondern man kann die Inszenierung einfach auf sich wirken lassen und genießen. Und auch für Architekturfreunde ist in der Pause ein Aufenthalt im Gluck-Saal ein Vergnügen. :)

  • Ich persönlich war leider noch nie im Opernhaus, aber ich sehe es fast jeden Tag.

    Da hast du aber etwas verpasst, schon Foyer und Zuschauerraum haben immer noch eine Anmutung, die in Nürnberg ihresgleichen sucht, und das trotz der (wohl auch baulich verheerenden) Verschandelungen in der Nazi-Zeit und den 50ern!

    Das Stuttgarter Schauspielhaus soll in der Sanierung ja auch eine Milliarde kosten. Die Politik meinte dazu dass sie eben erstmals von Anfang an realistisch geschätzt haben um böse Überrauschungen bei Verteuerungen auszuschließen.

    Ich denke hier will man offensiv herangehen und die Kosten als Druckmittel für den Freistaat benutzen, im Sinne von "Sieh her Söder, wir können uns das nicht selbst leisten! Du musst uns unter die Arme greifen, es ist 5 vor 12!"

    Natürlich kann das auch nach hinten losgehen wie die Initiativen zeigen, so wirklich Ernst nehmen muss man die aber nicht. Auch was die Beurteilung der Kongresshalle angeht: Wer einmal drin war der weiss wie riesig das alles ist, den Lernort würde ein Konzertsaal kein bisschen gefährden. Was wäre denn die Alternative? Eine riesige ungenutzte Ruine mit enormen Instandhaltungskosten, aus der sich dann auch nicht wirklich was über die Zeit der Reichsparteitage ableiten lässt? Oder gar ein Weiterbau und Nutzung im Sinne der Nazis? Nenene...

  • Da hast du aber etwas verpasst, schon Foyer und Zuschauerraum haben immer noch eine Anmutung, die in Nürnberg ihresgleichen sucht, und das trotz der (wohl auch baulich verheerenden) Verschandelungen in der Nazi-Zeit und den 50ern!

    Ja, das weiß ich, leider. Das Opernhaus ist äußerlich immer noch ein Prachtbau der Jugendstilzeit, und sucht in seiner gestalterischen Qualität schon deutschlandweit seinesgleichen. Und als Hybrid aus Hochjugendstil und im Innern die teils missglückten Operationen aus der nationalsozialistischen Überformung zeugt es auch von den Übergriffen, die die Nazizeit in Nürnbergs Architektur angerichtet hat. Die sind so ja anderswo nicht mehr so sichtbar, insbesondere seitdem der Kopfbau am Hauptbahnhof gefallen ist. Und obwohl ich (noch) kein Operngänger bin, habe ich mir dieses fast ikonische Bild, stellvertretend für das Nürnberger Stadtbild, als Avatar hergenommen, weil es gut zeigt dass sich Lokalität (rotes Baumaterial), wertige Gestaltung aus Sandstein und moderne Infrastruktur miteinander vertragen.


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    Ich bin außerdem erstaunt dass das Opernhaus einen eigentlich recht guten Ruf hat, und seine Struktur trotzdem immer so kritisiert wird.

    Die gestrige und heutige NZ befassen sich abermals mit dem Opernhaus und gehen insbesondere auch auf meinen Gedankengang ein, was denn genau daran so baufällig sein soll, wo es doch so schmuck ausschaut und rege genutzt wird:

    • Kriegsschäden wie Schrapnelleinschläge sind noch nicht repariert
    • Die Maske ist aus Platzmangel unterm Dach untergebracht und dort wird es im Sommer >30°C
    • Teile des Fundaments stehen unter Wasser, vermutlich seit dem U-Bahnbau
    • Die Bühnetechnik ist veraltet, der Auf- und Abbau kostet viel Zeit und Kraft und ist umständlich, überhaupt soll wohl die Theatertechnik teils museal sein, original noch aus dem Erbauungsjahr
    • Das Dach ist seit dem Umbau in den 1930'er statisch fragil, da Stahlträger durchgeschnitten wurden und zusätzliches Gewicht eingebracht wurde
    • Für den Betrieb fehlen ca. 10.000 qm Nutzfläche
    • Das revolutionäre Heizsystem von 1905 aus Lüftungschächten usw. stellt nach heutigen Maßstäben brandschutztechnisch ein Riesenproblem dar.

    Nur um mal einige Argmente zu nennen. Es geht also nicht nur um das Kitten von Rissen und streichen von Wänden, sondern wohl auch darum An- oder Umbauten in den Nebengebäuden zu planen. Andererseits wird für mich auch klar, dass man das Opernhaus seit 120 Jahren eigentlich nur verschlissen hat und nie wirklich ertüchtigt hat. D.h. bezogen auf die Nutzungsdauer klingen Begriffe wie "Sanierungsfall" oder "marode" viel zu negativ, denn das Gebäude hat extrem lange gut durchgehalten, ja das tut es immernoch und nun ist halt mal eine echte Investition nötig.


    Vor gut 2 Jahren wurde in der NZ das Ergebnis eines Sanierungsgutachtens vorgestellt. Ich kenne den Autor des Gutachtens, daher erinnere ich mich auch an das Ergebnis. Das Gutachten sollte der Frage nachgehen, wie man das Opernhaus kunsthistorisch sanieren soll. Es gibt sozusagen Elemente/Zeitschichten aus der Erbauungszeit 1905, der Überformung aus den 1930'ern und einem Versuch, aus den k.a. 1980'ern, es wieder dem Ursprungszustand anzunähern. All diese Überformungen haben den Zustand des Gebäudes nicht verbessert, haben aber ihren jeweiligen Zeugniswert und machen die Sanierung auch kulturell kompliziert. Es kam aber mindestens dabei heraus, dass die Wiederherstellung im Innern als Jugendstiltheater nicht machbar sei, und aus kunsthistorischen Gründen auch nicht angezeigt ist.

  • Vor Corona gab es öfter Führungen im Opernhaus, die auch "hinter die Kulissen" schauen ließen (bzw. konnten angefragt werden für Interessierte, Gruppen, Vereine). Diese Führungen waren mindestens so interessant wie die Besuche einer Opernaufführung - zumindest für mich als Ingenieur ;-). Wer da eine mitgemacht hat, hat sich an mancher Stelle mehr gewundert, dass überhaupt noch so viel lief, bzw. aufgeführt wurde als über den Sanierungsbedarf (den nothor teilweise aufgezählt hat). Alleine die Besichtigung und Begehung des Schnürboden waren viele "aha-Erlebnisse"...


    Empfehlen kann ich auf jeden Fall beide Blickrichtungen sehr und oute mich gerne als jemand der öfter im Opernhaus war. Ich möchte auch gerne weiterhochkarätige Opern, Tanz usw. in Nürnberg sehen. Umso weniger kann ich die Empfehlungen der Kommission verstehen! Wie auch in der Presse (SZ oder NN) stand, ist das wieder die typische fränkische Bescheidenheit bzw. Selbstverzwergung. Irgendwie muss und will man etwas machen, es wird auch einiges an Geld ausgegeben werden müssen. Am Ende darf sich aber ja nicht zu viel verändern...

    (ps. die gleiche Diskussion gab es auch beim Stadion mehrfach, mit der Folge, dass man in den letzten 50 Jahren dreimal für viel Geld saniert hat, aber funktional nix verbessert wurde).


    Das Opernhaus in der aktuellen Form ist als solches meiner Meinung nach kaum mehr geeignet: schlechte Sicht an vielen Plätzen, Klang oft mau und unausgewogen, verwinkelte und ineffiziente Raumstrukturen und v.a. keine geeignete Nebenbühne bzw. Lagerflächen für Kulissen. So ist quasi direkt hinter der Bühne Schluss und es kommt die Lessingstraße. In der Konsequenz müssen permanent Kulissenteile zwischen dem Opernhaus und Lagerflächen an der Frankenstraße und im Nord-Ost-Park hin- und hergefahren werden.


    Das alles wird mit einer Sanierung nicht oder wiederum nur teilweise zu lösen sein. Insofern fand ich den Beitrag der Politbande den einzig sinnvollen und die Situation verbessernden. Nämlich Neubau der Oper in der Kongresshalle / im Innenhof. Und zwar nicht als teure und unnachhaltige Zwischenlösung, sondern dauerhaft! Das kostet am Ende vielleicht 180 oder 220 statt 120 Mio. €, dafür bekommt Nürnberg aber eine moderne und attraktive Oper. Das bisherige Opernhaus kann, soll und muss dann natürlich auch saniert werden. Allerdings nicht mehr als klassisches Opernhaus, sondern als Konzerthaus, Veranstaltungshalle oder auch botanischer Garten, wie die Politbande als sicher nicht ganz ernstgemeinten Debattenbeitrag vorschlagen hat. Vielleicht ist es auch möglich, dort das seit vielen Jahren so dringend geforderte mittelgroße Kongresszentrum für 500 bis 1500 Teilnehmer einzurichten (siehe bspw. die Alter Oper in Ffm). Am Ende sind das auch alles wichtige Funktionen für die Stadt - und kosten nur einen Teil der opernbedingten Kosten. Fallen doch v.a. die teuren Bühnen-, Kulissen, und Technikausgaben weg.


    In den offiziellen Stellungnahmen der Stadtverwaltung und der großen Parteien war und ist immer viel von den Synergieeffekten und der Wichtigkeit der räumlichen Nähe zum Schauspiel die Rede. Wer sich mit Beschäftigten unterhält oder ein bisschen Einblick hat, weiß, dass diese Effekte nicht allzu groß sind. Je nach Intendanzen und Leitungspersonal hat man mal zusammen gearbeitet, sich ignoriert oder auch mal gerne gegeneinander gearbeitet. Das diese Argument äußerst schwach ist, sieht man auch an den ausgelagerten Werkstätten, Lagern und Büros. Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese alle nach einer Sanierung zurück geholt werden.




    letzte Bemerkung zu den Kosten: da hat der Baureferent endlich etwas richtiges gesagt. Die Vergleiche mit anderen Städten bzw. Opernhaussanierungen sind so, wie wenn 5 Menschen auf der Straße gefragt werden, was "ein Urlaub" kostet. In Stuttgart z.B. geht es um viel mehr als eine kleine Sanierung. Hier sollen neben neuen Flächen für Werkstätten, Büros usw. u.a. das bestehende Opernhaus "aufgeschnitten und auseinandergezogen werden", um Platz für eine Kreuzbühne zu schaffen (siehe die Veränderung im Bühnenbereich im Video

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    ). Das wäre in Nürnberg mangels Platz gar nicht möglich, außer man vergrößert das Opernhaus auf die Fahrspuren des Rings.... Die Milliarde ist auch nicht fix, sondern stellt die Obergrenze einer ersten Abschätzung auf Basis einer Machbarkeit dar (siehe https://mwk.baden-wuerttemberg…-opersanierung-stuttgart/).

  • Planer, ich finde du begründest sehr gut weshalb du einen neuen, dauerhaften Standort vorziehst und vieles ist wohl nicht von der Hand zu weisen. Den Vergleich mit dem Stadion teile ich so aber nicht. Den dort geht es halt echt nicht so sehr um Ambiente und Standort als um Funktionalität und Kapazität.


    Ich war gestern Abend erstmals nach Sanierung in der Staatsoper Unter den Linden und hab mir das sehr gut sanierte Gebäude mal angesehen. Dieses Haus war ja mitte des 18. Jahrhunderts der erste moderne Theaterbau überhaupt, wurde mehrmals grundlegend umgebaut und ist heute eine Melange unterschiedlicher Zeitschichten mit sehr hohem "Geborgenheitsbonus". In der letzten Sanierung wurden ca. 440 Mio. Euro investiert, wobei ursprünglich etwa 220 Mio. Euro veranschlagt waren. Die letztlich investierten 440 Mio. sind in dieser Größenordnung wohl in etwa, bei aller gebotenen Vorsicht, vergleichbar mit dem der Oper in Nürnberg (die Sitzplatzkapazität ist in Nürnberg heute etwas geringer). Die Akustik ist nach dem Umbau Top, auch an der Sicht hat man erfolgreich Verbesserungen ermöglicht.


    Letztlich ist so eine Oper immer ein Ort der Repräsentation und des feierlichen Rahmens. Und das können moderne Gebäude einfach weniger gut. Wenn Berliner heute zwischen dem Besuch in der modernen Deutschen Oper und der alten Staatsoper Unter den Linden wählen können, gehen sie wohl lieber in Letztere. Die Gewinne an Funktionalität wiegen den Charme eines solchen alten Prachtbaus, auf den sich viele Besucher ja auch "freuen", für mich kaum auf. Ebenso ist eine Lage mitten in der Stadt einfach ein echter Standortvorteil. Die Entscheidung, an diesem festzuhalten, finde ich daher gut. Ich bin aber auch für ein Interim das mehr ist als nur eine schnöde Messehalle und später sinnvoll weiterbenutzt werden kann...


    d.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dexter ()

  • Ich kann mir irgendwie schwer vorstellen, dass das Opernhaus eine Zukunft hat, wenn man es seiner Funktion als Opernhaus oder wenigstens als hochklassigen Konzertsaal beraubt. Die Stadt Nürnberg bekäme damit ein zweites Pellerhaus, einen aufgegebenen Zweckbau, der bedingt durch seine Denkmalschutzeigenschaft fortan nur noch Geld kostet, sich aber nicht wirklich zu etwas modernem mit anderer Nutzung transformieren lässt.


    Der Abriss der Lessingsäle hat das vielleicht auch nicht besser gemacht, denn die waren möglicherweise die heute vermisste Nebenbühne am Ort, die man hätte einbinden können. Blöd, dass man sie hat abreißen müssen wegen ein paar Stellplätzen.


    Ich war durchaus schonmal in einer Oper. Bin aber kein Opernexperte, aber sie sind mir besonders dort in Erinnerung geblieben, wo auch die Architektur berauschend war. So wie ein Rahmen zum Bild passt, würde ich auch ein kunstvolles Opernhaus erwarten, wenn ich eine klassische Oper besuche. Und die Nürnberger ist da nunmal auch herausragend.


  • Unter Punkt 4: Standort einer Ausweichspielstätte für die Musik- und Tanztheatersparten des Staatstheaters Nürnberg während der Durchführung des Bauvorhabens Opernhaus kann man hier übrigens auch eine Machbarkeitsstudie für eine Oper am Standort Kongresshalle einsehen.

  • Und schon isses soweit: Der erste Architekt fordert den Abriss und Neubau des Opernhauses. Natürlich ein durchsichtiges Manöver um Werbung in eigener Sache für moderne Architektur zu machen, die in Deutschland natürlich in den letzten Jahren keine Opernhäuser vergleichbarer Qualität hervorgebracht hat.

    Dazu kommt das ganze Potpourri an typischem "Das neue kann auch besser werden als das alte!", "Funktionalität ist alles!", Verachtung gegenüber dem Stileklektizismus bei gleichzeitiger Anmaßung, es besser zu wissen als der Denkmalschutz. Die gleichen Leute stecken ja auch all ihre Energie da rein, das alte Pellerhaus schlechtzureden...

    Er beklagt auch fehlenden Mut und dass damit der Denkmalschutz droht bei der Stadt jeden Willen zum Wandel zu ersticken. Doch dazu würde imo auch der Wille zu Stadtbildreparatur gehören, nicht der Wille alles immer wieder neu zu machen oder das Nachkriegsmittelmaß zu pflegen (oder zu verbasteln) - und regelmäßig daran zu scheitern.

  • Ja, es ist halt der Schrei nach Aufmerksamkeit der solche Blüten wie diese Forderung hervor bringt. Aber wir sehen, das Spektrum der Meinungen zur Architektur und der Notwendigkeit von Häusern wie diesem geht heutzutage sehr in die Breite. In Frankfurt Main gibt es ja eine Initiative, die die Wiedererrichtung des dort vormals existierenden, sehr ähnlichen Schauspielhauses (auch von Seeling etwa zeitgleich geplant) fordert.


    Dabei muss man zugestehen, einiges ist dran an der Analyse des Architekten. Nur die von ihm gezogenen Schlüsse sind leider die völlig falschen. Ebenso effekthascherisch ist seine Kritik an der damaligen Formensprache.

    Tatsächlich ist die Lage des Hauses zwar gut, die Gestaltung des öffentlichen Raums drumrum aber ziemlich verkorkst. Es wird herausfordernd, diese Mängel im Inneren wie äußeren anzugehen.


    Meine Vorstellung: Rekonstruktion der ursprünglichen Innenausstattung, Entkernung und Modernisierung der Technikbereiche, tiefgreifender Umbau des Richard-Wagner-Platzes und gründliche Umgestaltung des dortigen Abschnitts am Frauentorgraben. Für letzteres wäre mein Vorschlag: Durchgehende Gestaltung eines erkennbar zusammengehörigen Platzgefüges über den nur noch jeweils 2 Spuren pro Richtung am Frauentorgraben verlaufen (Entfall von Abbiegespuren, ggf. Schließung Lessingstraße für Durchfahrten). Einheitliche Pflasterung mit Naturstein (auch im Fahrbahnbereich), Reduzierung der erlaubten Durchfahrtsgeschwindigkeit auf 30 Stunden-km. Und zu guter Letzt: Ansehlichere Verknüpfung des Opernhausumfelds mit der Altstadt und dem GNM gegenüber durch Umgestaltung der Grasergasse


    operwtksw.png

    Quelle: https://goo.gl/maps/NszABkvUTZFsiAJDA


    d.

  • ich finde nicht nur die Analyse von Hrn. Glöckner richtig, sondern auch die Schlüsse. Er beschreibt / bestätigt, was ich oben geschrieben habe. Mit viel Geld wird man am Ende den status quo erhalten: ein von außen durchaus imposantes und interessantes Opernhaus, das im Inneren weiter verschiedene Mängel haben wird.


    Aber so wird es bzw. ist es hier. Bei den farblosen Verwaltern von CSU (siehe bspw. das Gespräch des Fraktionsvorsitzenden mit dem Klimacamp) und SPD (dem gescheiterten OB-Kandidaten, der mit der Vision eines "Bürgeramts West" in den Wahlkampf zog) wird mehr Gestaltungswille oder gar Mut nicht da sein.


    Ich sähe am liebsten ein neues und technisch feines Opernhaus an anderer Stelle und eine andere Nutzung des Bestandsgebäudes. Flächen für einen Neubau hätte es bspw. am Aufseßplatz, am Kohlenhof, auf AEG, Quelle oder auch dem Reichsparteitagsgelände geben können.



    Nur nebenbei: ich finde es schon sehr amüsant, wie viele, v.a. aus der SPD und den Historikern, heftig gegen ein Opernhaus in / neben der Kongresshalle wettern mit der Begründung dort eine Wagner-Oper aufzuführen ginge gar nicht und der Hof müsse als Erinnerungsort erhalten bleiben (Erinnerung an was?!?), und gleichzeitig RiP und Norisring und die ARENA feiern, weil es das Nazi-Areal mit Kultur, lauter Musik, Freizeitaneignung, Nutzung / Befahrung durch "Nicht-Deutsch" oder sonst was "entweihe" und profanisiere.

  • Während die Opernhaus-Diskussion noch nicht ganz aus der Presse verschwunden ist, und sich die Stadt in einem Beschluss des Stadtrates zur Sanierung des historischen Gebäudes entschlossen hat (gottseidank!) ist direkt gegenüber die Sanierung des "Tucher-Bräu am Opernhaus" bald abgeschlossen:


    IMG_9965.jpg


    IMG_9964.jpg


    Es schaut schon ein bisschen geleckt aus, es fehlt Patina.


    IMG_9959.jpg


    Vorzustand

  • ^ Es stimmt zwar, dass die Patina zunächst mal weg ist. Trotzdem höchst erfreulich, dass die Gaststätte denkmalgerecht saniert wurde! Der offenbar etwas pastelligere Farbton gefällt mir außerdem besser als das bisherige weiß. Hoffentlich öffnet sie bald wieder, so dass man nach dem Opernbesuch noch ein Häppchen udn ein Gläschen zu sich nehmen kann.


    (Wenn die Opernhaussanierung abgeschlossen ist und man irgendwann in den 2030er Jahren aus der Kongresshalle zurückkehrt, wird die Patina außerdem schon wieder dran sein.)


    P.S. Dass das alte Opernhaus saniert wird, halte ich für die einzig richtige Entscheidung - gerade auch weil es ein komplexes Denkmal mit einer verschlungenen Historie ist. Nach wie vor erschließt sich mir nicht, was eine sinnvolle Funktion für dieses Gebäude hätte sein können, das als Oper denkmalgeschützt ist, wenn man an anderer Stelle ein Parallel-Opernhaus gebäut hätte. Eher hoffe ich darauf, dass der "Interims-Saal" in der Kongresshalle so konzipiert wird, dass er nach nach dortigem Auszug der Oper noch anderweitig für Veranstaltungen genutzt werden kann.

  • Das Denkmalschutzamt besteht laut NN allerdings darauf dass der Interimsbau in/vor der Kongresshalle (SPD ist immer noch gegen eine Platzierung im Gebäude) nach der Zwischennutzung zurückgebaut wird. Mal sehen wer sich hier dann durchsetzt...

  • ^ Das ist einer der Gründe, weshalb ich nicht an einen Bau vor der Kongresshalle glaube. Die Position der SPD ist doch völlig absurd: Im Innenhof beeinträchtigt nach deren Sichtweise der Interimsbau die Kongresshalle zu sehr, außen davor will man aber etwas hinstellen, was einen echten Kontrapunkt bildet. :/ Gegen eine Platzierung außen sprechen: Das großflächige Abholzen des die Kongresshalle umgebenden teils alten Baumbestands, der Lärm und Trubel von Volksfest, Zirkus & Co., die genannte Position des Denkmalschutzes, einen im Stadtbild prominenteren Bau vor der Kongresshalle wieder abreißen zu müssen. Das wiederum wäre ein Desaster in puncto Nachhaltigkeit. Rausgeschmissenes Geld und miese Öko-Bilanz.


    Die SPD hat sich da in etwas verrannt. Ihr einziges Argument ist, dass die große Leere des Innenhofs dann vom Aussichtspunkt des Doku-Zentrums aus nicht mehr so erlebbar ist. Das halte ich - obwohl ich der Erinnerungsarbeit höchsten Stellenwert bemesse - für ziemlichen Unfug. Die Gigantomanie der Kongresshalle wird schon bei der Anfahrt von außen ersichtlich. Und im Inneren wird sie nicht dadurch geschmälert, dass sich ein im Vergleich kleiner Saaleinbau im leeren Innenhof verliert. Die Perspektive auf den Innenhof hat man ohnehin nur beim zugigen Austritt auf die Spitze des dünnen "Pfahls", den Architekt Domenig durchs Gebäude getrieben hat. Dort habe ich es bei mehreren Besuchen nie länger als ein paar wenige Minuten ausgehalten. Der Innenhof ist einfach groß und trist. Der Erkenntniswert fällt deutlich ab im Vergleich zur gut gemachten Ausstellung über Nazi-Propaganda und Gräuel im Inneren.

  • So sehe ich das auch.

    Zumal der Pfeil den der Architekt für die Sichtbarmachung des Doku-Zentrums durch den Torso gestoßen hat, bereits die denkmalkonforme und m.E. höchst elegante Brechung der von Speer entworfenen gigantomanischen Wirkung des Torso darstellt. Einen Konzertsaal-Kubus davor zu stellen mit derselben Argumentation entwertet nicht nur die Architektur des Doku-Zentrums, sondern ließe sich auch auf das Riesenrad oder die "Wilde Maus" vom Volksfest beziehen, die ja mit ihrem Spaßanspruch ebenfalls die düstere Atmosphäre des Torso konterkarieren.


    Für mich gibts nur die Lösung, den Konzertsaal im Hof zu platzieren.

    Ich könnte mir sogar vorstellen, das Gebäude flach zu halten und teils unterirdisch zu bauen (ähnlich wie den Saal im Hof der Musikschule/Sebastianspitals), und damit gleichermaßen eine denkmalkonforme Dauerlösung anzustreben.

  • Ich sehe das so wie nenntmichismael und habe noch nie verstanden warum um den Innenhof so ein großes Theater gemacht wird. Um den Größenwahn der NS-Zeit aufzuzeigen gibt es doch zig bessere Beispiele, auch in Nürnberg.

    Aber zu nothor: Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Halle nicht von großen Kellerräumen durchzogen ist. Sollte es aber gehen, finde ich deinen Vorschlag gut.

  • Aber zu nothor: Ich kann mir schwer vorstellen, dass die Halle nicht von großen Kellerräumen durchzogen ist. Sollte es aber gehen, finde ich deinen Vorschlag gut.

    Guter Gedanke, ich meine dass das Ungetüm ja sogar mal überdacht werden sollte? Wenn das so ist, wäre es auch wahrscheinlich dass der Hof unterkellert ist, um Spiele wie in einer römischen Arena zu ermöglichen. Allerdings stünden die Kellerdecken seit Jahrzenten unter freiem Himmel, und mir ist nicht bekannt, dass der Hof immer wieder saniert und abgedichtet würde. Nunja, es soll einen Architektenwettebwerb/Ideenwettbewerb geben, in der Fachleute Beiträge zu einem möglichen Konzertsaal-Einbau vorlegen. Und da wird sicher noch viel diskutiert.

  • Wer sich für die baulichen Optionen interessiert, kann sich das Gutachten welches im Dezember im Stadtrat behandelt wurde ansehen.

    Dort werden verschiedenste bauliche optionen diskutiert und sogar dargestellt. Auch bekommt man einen umfangreichen Einblick in die Architektur und den Zustand des Gebäudes.

    Wenn ich mich richtig erinnere wird dabei ahch eine ebenerdige Bühne besprochen.

    Ebenerdigkeit bringt wohl auch brandschutztechnisch einige Vorteile.