Ehemaliges Reichsparteitagsgelände - Wie weiter?

  • Kunst und Kultur auf dem Reichsparteitagsgelände?



    Offenbar gibt es ernsthafte Überlegungen, die temporäre Ausweichspielstätte der Oper in den Rundbau der nie fertig gestellten Kongresshalle zu platzieren. Auch die Idee aus der Kulturhauptstadtbewerbung, in dem Rohbau Räume für Künstlerateliers zu schaffen, wird weiter diskutiert.

    Ein ausführliches PDF als Machbarkeitsstudie wurde im vergangenen Jahr dazu bereits erstellt:

    https://www.nuernberg.de/imper…sstudie_kongresshalle.pdf



    Der Leiter der neuen Stabstelle Reichsparteitagsgelände gewährt in einem Artikel Einblicke in seine Perspektive auf das Thema.


    https://www.nordbayern.de/regi…gelande-weiter-1.11285860


    Konkret fordert er eine Weiterentwicklung der inzwischen bald 20 Jahre alten Leitlinien für den Umgang mit dem gesamten Gelände. Die 2004 verfassten Grundsätze zielen im Grunde darauf ab, nichts wesentliches an dem Gelände zu verändern.


    Dazu ein weitere Artikel:

    https://www.nordbayern.de/regi…ierigstes-erbe-1.11281195



    Ich befürworte diese überfällige Debatte, den die IST-Situation ist wirklich nicht zufriedenstellend. Diese Mischung aus Zerfall, Profannutzung und Nichtnutzung passt nicht mehr in die Zeit. Insbesondere die Kongresshalle sollte meiner Meinung nach "entmystifiziert" werden, auch durch neue Kunst- und Kulturangebote wenn sinnvoll. Und die teure Sanierung der Steintribüne (85 Mio. EUR!) braucht eben auch mehr als nur ein bauliches Ziel der Sicherung des Mahnmals (https://www.nuernberg.de/internet/hochbauamt/zeppelin.html)



    d.

  • Die Debatte bezüglich eines möglichen Opernhausinterims im Torso der Kongresshalle auf dem Reichsparteitagsgelände nimmt weiter an fahrt auf. Inzwischen träumen manche sogar von einer Konzerthalle in dem heute leeren Rund des Torsos.

    Weitgehende Einigkeit scheint bezüglich möglicher Künstlerateliers etc. im Rundbau zu herrschen, während die Sanierung der Zeppelintribüne auf der anderen Seite des Dutzendteich ja bereits gesichert ist...


    Ein sehr lesenswerter Artikel dazu in der SZ:

    https://www.sueddeutsche.de/ba…pernhaus-kultur-1.5440856


    d.

  • Inzwischen ist fix: der Opernhaus Interimsbetrieb soll auf dem Kongresshallengelände stattfinden.

    Es ist allerdings noch offen ob im Innenhof oder außerhalb.

    Vor kurzem machte sich SPD Chef Nasser Ahmed noch dafür stark, den Interimsbau vor der Kongresshalle zu platzieren

    Die Argumentation dafür im Interview finde ich allerdings etwas gekünstelt.

    Übrigens: Wusstet ihr dass die Einstürzenden Neubauten bis heute das einzige Konzert im Goldenen Saal spielten? Sie, Zitat Wikipedia

    "bezeichnete dieses bis heute einzige Konzert in dem NS-Bau als eine Art von „Exorzismus“, mit dem sie „eine andere Präsenz in diese vermeintlich heiligen Hallen bringen wollten, eine Präsenz, die dem totalitären Gedankengut, mit dem der Ort verbunden ist, entgegentritt.“[3]"

  • Die Entscheidung zum Opernhaus-Interim an dem Kongress-Hallen-Torso entwickelt sich offenbar zum Possenspiel.

    Die Süddeutsche berichtet darüber.


    Offenbar gibt es unterschiedliche Haltungen bzw. Äußerungen innerhalb des Landesamts für Denkmalpflege sowie dazugehörige Interpretationen im politischen Raum zu der Sache. Pikanterweise wurde in der Abstimmung des Stadtrats, in dem sich dieser im Dezember ja für das Interim dort entscheiden hat, eine ziemlich klare Stellungnahme der Oberkonservatorin in den Unterlagen nicht berücksichtigt.


    https://www.sueddeutsche.de/ba…e-denkmalschutz-1.5506891


    d.

  • Vor ein paar Tagen hat sich nun auch Söder dafür ausgesprochen, in oder an der Kongresshalle nicht nur eine temporäre Ausweichspielstätte für das Staatstheater während der Sanierung des Opernhauses (siehe Parallelstrang) zu errichten und diese dann nach zehn Jahren wieder abzureißen, sondern eine dauerhafte Bühne zu errichten:


    https://www.br.de/nachrichten/…fuer-dauerloesung,Sx8xzJN


    Ich halte eine Dauerlösung ebenfalls für die weit bessere: Es wäre finanziell nachhaltiger, man gewönne eine zusätzliche Spielstätte und dem alten Rohbau-Koloss würde dauerhaft mit Kunst, Kultur, Kreativität und Offenheit genau das entgegengehalten, was die Nationalsozialisten unterdrücken wollten.

  • Ich glaube beim klammen Stadtsäckel - wo viele Menschen schon die Sanierung von Oper und Volksbad kritisieren - wäre eine temporäre Zwischennutzung für dutzende Millionen Euro erst recht niemandem vermittelbar.

  • Der einstige Bahnhof Märzfeld in Langwasser soll laut NN-Artikel zu einem Erinnerungsort an die Opfer der Deportationen, die von diesem Bahnhof ausgingen umgestaltet werden. Der Kulturausschuss des Stadtrats hat das Konzept von 2016 jetzt bereits einstimmig beschlossen. Es sieht vor den Zaun zurückzusetzen, die Bahnhofsfassade zu sichern, die Informationsstelen zu versetzen und eine barrierefreie Fläche mit Sitzgelegenheiten zu schaffen. Daneben gibt es noch Wünsche zur Verbesserung der Situation in der Rad- und Fußgängerunterführung. Die Bahn komme nach Ansicht von SPD-Stadträtin Diana Liberova der Sache noch nicht genügend nach. Seit letztem Herbst scheint es jedoch Fortschritte in den Gesprächen mit der Bahn zu geben.

  • Sicherlich eine gute Sache. Ich frage mich bloß, ob man Teile des Bahnhofs nicht wieder reaktivieren könnte. Beispielsweise mit einer Verlängerung der S4/S6 über den Hauptbahnhof hinaus mit dem neuen Endhalt „Breslauer Straße“. Genug Platz zum Wenden sollte schließlich vorhanden sein und eine Verbindung zum Bahnhof in 5 Minuten wird sicherlich auch gut angenommen.

  • zunächst wurde schon mal alles gerodet, was die Sicht auf das versperrt hatte, was man von unten, also von der Unterführung aus, sehen kann:


    bisher im Winter:


    bisher im Sommer:

  • Nun liegen die Vorschläge von acht renommierten Architektenbüros vor, wie das (voraussichtlich permanente) Interimsgebäude für die Oper aussehen und wo es lokalisiert sein könnte, das in oder an der Kongresshalle entstehen soll, um die Generalsanierung des Jugendstil-Opernhauses am Altstadtring zu ermöglichen. Hier ist eine Bildergalerie:


    https://www.nordbayern.de/kult…nterimsgebaude-1.12300639


    Die Pläne sind durchaus vielfältig und sehenswert. Ich habe keinen unmittelbaren Favoriten und müsste mich erst einmal vertiefter befassen. Am ungewöhnlichsten ist der Entwurf von Snohetta (kein Wunder, es ist ja kein deutsches Büro). Welcher Ansatz weiterverfolgt werden soll, wird nun der Stadtrat entscheiden.

  • Mein Favorit ist ganz klar der von Glöckner Architekten. Bei den anderen Büros habe ich eher den Eindruck, dass das Bauten sind, die man ganz schnell bereuen wird.

  • Die Stadt Nürnberg stellt unter https://www.nuernberg.de/inter…chspielstaette.html#_0_32 die Pläne in guter bis passabler Qualität bereit.



    Meine Meinung:

    • mit am besten gefällt mir bez + kock. Es sind v.a. Lage, Funktionszuordnungen usw. Funktional vermutlich einer der besten Entwürfe. Die Architektur ist nicht herausragend aber für mich solide, passt zu einem (gewünschten) Interim und nimmt Größe und Raster der Kongresshalle auf. Das Gebäude versteckt sich auch nicht, sondern stellt sich selbstbewusst und quer.
    • Ähnlich ist LRO / Lederer Ragnarsdóttir Architekten. also v.a. die gleiche Lage. Die Form gefällt mir weniger, dafür ist die Trennung der Besucherbereiche vom Rest klar und eindeutig. Als Organisationsplaner würde ich den nehmen.
    • Die Idee von Glöckner den Serenadenhof zu bauen, ist eigentlich der beste Lozierungsvorschlag, leider auch einer der unrealistischen... Der Blick von oben ist aber sicher gigantisch. Vermisst habe ich u.a. genug Aufzüge für die Gäste (Opernpublikum wird ja auch älter).
    • Hilmer Sattler finde ich solide, aber nicht spektakulär. Insofern passt der Entwurf gut nach Nürnberg und erfüllt viele Anforderungen recht gut. Die Außenhaut wirkt für mich fast nach "Stealth", also Tarnkappenbombertechnik, um unter dem Radar zu bleiben. Für Besucher sicher einer der interessanten Entwürfe, da der Rundbau hier seine Funktion als Treppenhaus usw. gut zeigen kann. Wohl auch der Grund für die räumliche Festlegung.
    • BIG war vermutlich Mit-Pate für den Standort, zumindest der einzige andere Entwurf der den nun ausgewählten Bereich vorschlägt. Auf den ersten Blick ganz nett und interessant, sehe ich viele Nachteile. Der "Speer" des Doku-Zentrums wird seiner Wirkung komplett beraubt: zukünftig steht man direkt vor und schaut auf eine Kistenlandschaft. Der Kistenaufbau lässt zukünftig viele Optionen offen, was gut ist, und nette Idee mit der Außenbühne auf der Rückseite. Der Rest gefällt mir weniger. Die Zuschauerbereiche sind mau bis schlecht, nur einen Eingang in den Zuschauerraum? Einen zweiten Rettungsweg konnte ich nicht entdecken.
    • Sauerbruch Hutton haben den überraschenden und sehr interessanten Vorschlag, die Bühne (n) und den Luftraum mitten in den Rundbogen zu stellen und eben gerade nicht davor oder dahinter. Damit verstecken sie quasi die größten und höchsten Baukörper im riesigen Torso. Gefällt mir einerseits, andererseits aber werden damit Anforderungen an Realisierungszeit, Rückbaubarkeit und Kosten vermutlich massiv überschritten.
    • Snohetta gefällt mir überhaupt nicht. Funktional schwach bis kaum nutzbar, unklare Zuordnungen. Eine Terassen- und Gartenarchitektur die sich in den Vordergrund stellt und "auf Gründlandbau" macht?!
    • GMP finde ich auch eher schwach. Das Interimsgebäude passt funktional, hat aber keinen Bezug zur Kongresshalle und dem Rest. Wirkt fast so, als ob keine große Lust und Freude dabei war....

    Da zeigt sich, wie unterschiedlich Geschmack und Einschätzung sein können ;)



    Egal was, wo und wie realisiert wird, zeigen alle Entwürfe, wie ein Opernhaus zeitgemäß und funktional gegliedert gehört. Ich bin mir sicher, dass die meisten Künstler, Techniker, Musiker, aber auch Zuschauer nach einigen Jahren im Interim nicht mehr in das alte Opernhaus zurück wollen! Weiterhin werden dort mind. 25% der Sitze Sicht- und Höreinschränkungen haben, es gibt keine Seiten- oder Hinterbühne, usw. Kann also gut sein, dass in 15 Jahren eine Nachnutzung für das Opernhaus gefunden werden muss....

  • Landesdenkmalrat gibt weg frei für Opern-Interim auf dem Reichsparteitagsgelände


    Spannend ist, das sich die Mehrheit in dem Gremium für ein rückbaufähiges Interim ausgesprochen habe, das den gestalterischen Aspekten des Denkmalschutzes gerecht werden solle.
    Das klingt so, als würde der Oper dort ein recht langwieriges Plätzchen angeboten...


    https://www.sueddeutsche.de/ba…t-denkmalschutz-1.5623930



    d.

  • Der Landesdenkmalrat hat ja nur beratende Funktion. Da man sich aber trotzdem nicht ohne weiteres über ein Expertenvotum hinwegsetzen will, finde ich es gut, dass dessen Beschluss alle Möglichkeiten offen lässt. Es ist ja, wie Du schreibst, nur von "reversibel" die Rede, also von der Möglichkeit zum Rückbau, nicht von einer Rückbaupflicht.


    Meine Prognose ist: Das "Interim" wird gebaut, die Oper parallel saniert. Das denkmalgeschützte Jugendstil-Opernhaus bleibt nach der Generalsanierung die Spielstätte von Oper und Ballett. Im "Interim", das erhalten bleibt, gibt es eine zusätzliche Möglichkeit für Kulturdarbietungen, insb. für Konzerte. Der Konzertsaal im Luitpoldhain dürfte sich damit dann allerdings erledigt haben. Vom Ergebnis her fände ich das aber ein fast ideales Szenario.