Sanierung und Erweiterung Komische Oper (in Bau)

  • Also so eine überbordende Gründerzeitfassade möchte ich aber im 21. Jahrhundert neu auch nicht sehen.


    Allerdings halte ich 500 Millionen für eine Sanierung (gut, plus Erweiterung) eindeutig für zu viel. Es gibt bei öffentlichen Gebäuden einfach kein striktes Kostenbewusstsein. Das gilt auch für Museumsneubauten oder Bahnstrecken...


    Vielleicht sollte man ganz ehrlich überlegen, ob Berlin wirklich 3 Opern braucht. Dann könnte man das Filetgrundstück teuer an einen Investor verkaufen und mit dem eingesparten Geld plus dem Verkaufserlös viele dringende städtische Infrastrukturprojekte stemmen.


    Und zwei Opern mit einem anspruchsvollen Programm würden immer noch genug Publikum anziehen

  • In Frankfurt hat eine Initiative über 23.000 Unterschriften auf Papier gesammelt, um das Schauspielhaus von 1902 zu rekonstruieren, dessen Kern noch erhalten ist. Große Begehren zum Klima und zu Mieten in der Stadt haben auch diese Größenordnung erreicht. Das zeigt mir, dass das Mobilisierungspotenzial pro Rekonstruktionen in der Bevölkerung nach wie vor hoch ist. Natürlich gibt es in Frankfurt auch Leute, welche die Doppelanlage im Stil der Moderne ganz toll und schützenswert finden.


    Die Stadt Frankfurt hat allerdings ewig geprüft und dann (erfolgreich) gegen das Bürgerbegehren geklagt. Wie es in Berlin liefe, wenn sich eine gut organisierte Bürgerinitiative in Stellung bringen würde - ich weiß es nicht. Immerhin besteht hier Denkmalschutz und es gibt schon ausgereifte Planungen. Es würde natürlich schwer werden, aber das ist es immer.


    Stand jetzt fürchte ich auch, dass die Würfel kommen und an allen Ecken und Enden nochmal abgespeckt wird, was es nicht besser machen wird.

  • Also so eine überbordende Gründerzeitfassade möchte ich aber im 21. Jahrhundert neu auch nicht sehen.

    Aha, und warum nicht?


    Vielleicht sollte man ganz ehrlich überlegen, ob Berlin wirklich 3 Opern braucht.

    Brauchen tut man natürlich gar nichts. Das einzige, was man wirklich muss, ist sterben. Berlins Größe gibt nach deutschen Maßstäben drei Opern her. Die Auslastung war gut. Das wurde hier im Strang auch schon alles diskutiert. Und der Saal ist ja vorhanden, eine Umnutzung als S-Bahnhof oder als Schwimmbad kann ich mir nicht so gut vorstellen.

  • Aha, und warum nicht?

    Weil mir das nicht gefällt. Ich finde die von Dir gezeigte Fassade richtig hässlich. Aber das ist Geschmacksache. Natürlich würde ich so ein Haus, wenn es noch da wäre, nicht weg haben wollen, auch wenn es mir nicht gefällt, aber aus dem Nichts wieder auferstehen lassen. Nö.


    Und - das habe ich hier auch schon mehrfach geschrieben - weil ich es rückwärtsgewandt finde, verschwundene Gebäude im 21. Jahrhundert einfach so wieder neu zu errichten. Wie auch schon geschrieben, bestätigen Ausnahmen die Regeln (Humboldforum/Bauakademie) grundsätzlich - finde ich - sollte man mit Rekonstruktionen sehr, sehr sparsam sein. Vor allem, welche Zeitschicht soll wiederhergestellt werden? Mittelalter, Gründerzeit? Moderne der 20er Jahre?


    Wie gesagt, das ist meine Meinung und jeder hier darf eine andere haben :)

  • Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Dass wir uns wahrscheinlich alle einig wären, dass der Bau nicht abgerissen werden sollte, wenn er noch stünde, spricht allein schon für seine Qualität.


    Die Architekturgeschichte ist übrigens eine Geschichte der "Rückwärtsgewandtheit", die in Europa immer wieder die klassische Antike kopiert. In Asien werden Tempel in Holzbauweise abgerissen und identisch wiederaufgebaut. Ich finde Rückwärtsgewandtheit nicht verkehrt, Hauptsache, die Qualität stimmt.

  • Das einzige, was man wirklich muss, ist sterben. Berlins Größe gibt nach deutschen Maßstäben drei Opern her. Die Auslastung war gut. Das wurde hier im Strang auch schon alles diskutiert. Und der Saal ist ja vorhanden, eine Umnutzung als S-Bahnhof oder als Schwimmbad kann ich mir nicht so gut vorstellen.

    Das ist natürlich Polemik. Von S-Bahn-Station oder Schwimmbad hatte ich nichts geschrieben.

    Paris hat auch "nur" zwei große Opernhäuser. Auch mit unterschiedlicher Architektur und unterschiedlichem Spielplan und fährt auch damit gut.

  • Paris hat zwei Opern. Berlin drei. Der Grossraum Paris hat jedoch 15 Mio Einwohner. Der Grossraum Berlin 4,5 Mio. Trotzdem:


    Eine Schliessung der Oper steht auf Sicht nicht zur Debatte. Dem würde ein jahrelanger Diskussions-Prozess vorausgehen - ähnlich wie bei der Bauakademie. Ein denkbares Szenario bei knappen Kassen ist meines Erachtens am ehesten, das der jetzige Zustand einfach nochmal 10 oder 15 Jahre unverändert bleibt - mit kontinuierlicher Erosion der Substanz.

    Eine - im Prinzip - interessante Alternative wäre meines Erachtens das Gebiet sehr viel stärker als Büro/Retail/Gastro-Fläche zu entwickeln. Man könnte einen privaten Entwickler beauftragen - der sich dann im Gegenzug verpflichten müsste, bestimmte Flächen und Funktionen für die Oper mitzubauen. Ähnlich wie man anderswo private Entwickler verpflichtet, 30% Sozialwohnungen zu bauen.

    Das hätte mE folgende Vorteile:

    - Das Gebiet könnte wesentlich stärker belebt werden. Die Oper ist gerade mal 4 von 24 Stunden offen - und das auch nur an 200 von 360 Tagen.
    - Die Kosten für das Land wären wesentlich niedriger - vielleicht so niedrig, dass das Projekt auch in Zeiten knapper Kassen politisch durchsetzbar wäre.

    Der Nachteil wäre sicher, dass die Oper nicht so viel zusätzliche neue Quadratmeter hinzugewinnen würde, wie erwünscht. Aber immerhin mehr als jetzt.

  • Die Diskussion um die Schließung einer Oper in Berlin, weil es ja noch zwei weitere gebe, finde ich kulturlos und für ein Architekturforum ehrlich gesagt unwürdig. Wenn man der Meinung ist, dass die Komische Oper abgeschafft gehört, kann man das nicht auf so einem niedrigen Argumentationsniveau machen. Diese Kulturinstitution ist beliebt und auch in der Fachwelt sehr angesehen und hat sich ihr Weiterbestehen wirklich verdient. Sydney ist auch ohne Opernhaus "gut gefahren", aber mit Oper halt noch besser, und die 14-fach gestiegenen Baukosten dürften in Sydney inzwischen vergessen oder nur noch als Anekdote in Erinnerung sein, ebenso wie bei der Elbphilharmonie in Hamburg.


    Eine halbe Milliarde Euro für eine Opern-Sanierung und -erweiterung müsste allerdings schon sehr, sehr gut begründet sein. Die angedachte Planung ist es nicht wert.


    Daher meine Forderung: besserer Entwurf mit geringeren Kosten. Das ist möglich. Für halsstarrige Bequemlichkeit ist kein Geld da und weiter nach Schema F vorzugehen, führt offenkundig zu ästhetisch und ökonomisch unbefriedigenden Ergebnissen. Und auch funktional nicht zur besten Lösung, denn was würde diese Opernburg dem Straßenraum denn geben?


    Das ist natürlich Polemik.

    Klar war das Polemik, aber da du die Forderung erhoben hast, hier keine Oper weiterzubetreiben, und das auch noch als rationalen Vorschlag verkauft hast, wäre halt interessant gewesen, von dir zu erfahren, was du dir dort stattdessen vorstellst. Den herrlichen Saal wirst du ja nicht abreißen wollen, oder?

  • Die Diskussion um die Schließung einer Oper in Berlin, weil es ja noch zwei weitere gebe, finde ich kulturlos und für ein Architekturforum ehrlich gesagt unwürdig.

    Die Diskussion um die Schließung der KO ist das Gegenteil von kulturlos. Sie ist höchst kultiviert. Oper war vor dem Medienzeitalter eine wichtige Kunstform. Seit Hundert Jahren ist sie es nicht. Es gibt hier im Gegensatz zu Radio, TV, Film, Internet, Gaming keine Innovationen mehr. Und vor allem keine Reichweite und daran anschließend kein zu gewinnendes Renommee mehr.


    Wer sich als hochkultivierte "politische" Stadtgesellschaft im 21. Jahrhundert fragt wie man ein künstlerisches Profil mit Strahlkraft einer modernen Weltstadt gestalten will kommt nicht umhin uralte Kunstrichtungen zu hinterfragen und Doppelstrukturen aufzulösen.

  • Arty Deco


    Es kommen in deinen Kommentaren keine neuen Argumente hinzu und die stete Wiederholung macht es nicht überzeugender.


    In früheren Beiträgen hast du gefordert, Subventionierungen für die Oper dem Film zuzuschlagen, aber ist der Film nicht ein ebenso "antiquiertes" Medium?


    Kultiviertheit bedeutet nicht nur für mich, auch die Pflege des Kulturerbes. Es führt in die Irre, nur auf die innovativsten oder wenigstens jüngsten Entwicklungen zu fokussieren. In den 60ern hat man mit dieser Stoßrichtung Architekturdenkmäler abgerissen oder verunstaltet. Wie wird das heute bedauert! Deine Argumentation ließe sich in gleicher Weise gegen den Denkmalschutz wenden, der für die Kultur und Selbstvergewisserung unserer Gesellschaft sehr wichtig ist, auch wenn sich auf den ersten Blick nur eine vergleichsweise kleine Kulturelite dafür einsetzt.


    Ich bin dabei, wenn es darum geht, das Wie auf den Prüfstand zu stellen, aber ich lehne es ab, das Ob mit einem so rigorosen Nein zu beantworten, wie du es tust.


    Im Übrigen ist es faktisch falsch zu behaupten, in Opernhäusern gäbe es keine künstlerischen Innovationen mehr. Manchmal sind schon die Häuser selbst eine Innovation. Beim Entwurf für die Komische Oper kann man das leider nicht sagen, das kritisiere ich.

  • Zum Vergleich:

    in Augsburg wird das Staatstheater saniert, ein Haus mit 5 Sparten am Standort.


    Es handelt sich um einen alten, immer wieder umgebauten Standort, der nach dem Krieg in einem gewissen 50er Jahre Chic, der wirklich erhaltenswert ist, umgestaltet wurde. Dazu kommen neue Werkstätten und eine zweite Spielstätte.


    Der Bühnenturm ist riesig, das Gebäude hat eine der größten Hinterbühnen Europas. Der Zuschauerraum ist ähnlich groß. Also wirklich ein in jeder Hinsicht großes und komplexes Projekt, insgesamt umfangreicher als die Komische Oper.


    Seit Baubeginn haben sich die Kosten auf inzwischen 417 Mio. € erhöht:


    https://www.br.de/nachrichten/…-theater-augsburg,UHRpzNS


    Man fragt sich wirklich für was bei diesem Haus in Berlin nochmal deutlich mehr ausgegeben werden soll.

    Das zahlen nicht private Spender, das soll die Allgemeinheit zahlen.


    Der kleine Kreis der Genießer von Nachkriegsarchitektur setzt überall in Deutschland fragwürdige Kernsanierungen maroder Bausubstanz durch und verspielt den goodwill der Bürger für unsere hohen Kultursubventionen. Für eine Zielgruppe die eh schon relativ elitär ist und für den eigentlichen Kulturbetrieb wurde damit ja noch kein Cent ausgegeben.


    Seit dem Desaster der Kölner Oper (versprochen wurden weniger als 250 Mio. € Kosten, inzwischen sollen es über 1 Milliarde € sein) sollte objektiv klar sein, dass Abriss und Neubau von Nachkriegsspielstätten häufig der beste Weg ist. Es wäre sogar günstiger gewesen die in Köln zB einfach abzureißen und identisch neu aufzubauen, wie Fachleute schon wiederholt äußerten. Weil unbedingt die damals verwendeten Moleküle erhalten werden müssen ergeben sich extreme Kostensteigerungen und es ist stofflich quasi ähnlich aufwändig wie die Restaurierung von Rokoko-Stuck, nur in Ausmaß eines ganzen Gebäudes. Nur weil man keine Schnörkel sieht ist Restaurierung nicht simpler.


    Kostensteigerungen damit vorprogrammiert. Für eine von vielen staatlich subventionierten Bühnen in Berlin. Wir können nicht so mit Steuergeld umgehen. Paläste für die Freizeitbeschäftigung der Bildungsbürger, Baracken für Schüler. Kein Geld für sozialen Wohnungsbau, aber die Hochkultur hat diverse Paläste in der Stadt. Dabei sollte es umgekehrt sein, zuerst essentielle Bedürfnissen erfüllen und was übrig ist für Lebenslust ausgegen.


    Ne das passt so nicht zusammen und da darf man sich leider nicht über steigenden Frust der Bürger wundern, die dann aus Protest komische Parteien wählen.

  • ^ Durch die Verhüllung mit Gerüstschutzplanen hat sich das Aussehen der Komischen Oper stark verbessert. Vielleicht sollte man darüber nachdenken, die Oper langfristig in verhülltem Zustand zu belassen.


    Hinweis: Beitrag kann Anflüge von Ironie beinhalten.