Exilmuseum am Anhalter Bahnhof (Kreuzberg | in Planung)

  • ^ Sorry, aber ich weiß nicht wir ihr euch immer Wettbewerbe und das Entwerfen hierzu vorstellt. Hauptsache eine dekorierte Fassade?


    Es gab ein klares Raumprogramm, was erfüllt werden muss. Daraus leiten sich auch belichtete und unbelichtete Flächen, Raumhöhen, Bezüge und Funktionen ab. Zudem gibt es Bewertungskriterien u.a. zur Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit und zur Funktionalität. Den Beiträgen liegen auch immer Wirtschaftlichkeitskenndaten bei (Fläche, Bauvolumen), die untereinander verglichen werden. Wenn eine Rekonstruktion nicht ausdrücklich gewünscht war, wird diese auch nie einen Preis bekommen, nicht weil "Modernisten" und Dogmatiker in der Jury sitzen, sondern Funktionalität und Wirtschaftlichkeit nicht gegeben ist.


    Wenn Du bei einem Architekten ein Einfamilienhäuschen bestellst und hierfür 300.000€ von der Bank bekommst, der Architekt aber plant Dir eine Gründerzeitvilla die auf dem Grundstück mal stand für 3.000.000€, weils identitätsstiftend ist - wie findest Du das als Bauherr und Finanzier?


    Dein Vorschlag zur Rekonstruktion beinhaltet min. 60% der historischen Baukonstruktion - was sicherlich das Budget für das Exilmuseum um das 4-fache übersteigen würde. (Allein die tiefe Frontfassade der Halle, hatte das Bauvolumen des jetzigen Museums.) Abgesehen davon weiß ich nicht wie Du dir einen Museumsrundgang vorstellst, der in den "Sackgassen" der Seitenflügel endet.


    Es wäre so, als hätte man in Deiner Heimatstadt die Frauenkirche ohne Kuppel rekonstruiert und würde in den 4 Treppenhaustürmen eine Kirche einrichten wollen, da man den gesamten Platz ja nicht braucht und es identitätsstiftender wäre, als eine neue Kapelle zu bauen.

  • Es wäre so, als hätte man in Deiner Heimatstadt die Frauenkirche ohne Kuppel rekonstruiert und würde in den 4 Treppenhaustürmen eine Kirche einrichten wollen, da man den gesamten Platz ja nicht braucht und es identitätsstiftender wäre, als eine neue Kapelle zu bauen.

    Mit der Beschreibung bist du äußerst nahe dran an der Problematik der Garnisonskirche in Potsdam...

  • Im Umfeld gibt es (pro Einwohner) mehr Grünflächen und Sportanlagen als ich in meiner ländlichen 30.000 Einwohner-Kleinstadt habe. Zumal ich leider nicht die Möglichkeit habe, mich einfach mal in eine S-oder U-Bahn zu setzen, ein paar Stationen zu fahren, und dann die gewünschten öffentlichen Einrichtungen zu nutzen.

    Du darfst nicht einfach das direkte Umfeld betrachten, sondern wieviele Einwohner wohnen in diesem Umfeld? Schon bin ich bei meiner folgenden Aussage:


    Jede 30.000-Einwohner-Stadt, hat pro Einwohner mehr Sportplätze, als Berlin je haben wird. Die mögen zwar weiter verstreut sein, da ja jeder Dorfverein von jedem Vorort der 30.000-Einwohner-Stadt einen Sportplatz hat, dennoch gibt es ein größeres Sportplatzangebot pro Einwohner wie in Berlin.


    Mit der S-Bahn oder U-Bahn einfach zu einem anderen Sportplatz fahren... lass mich nachdenken?! Wenn die jetzt schon alle überbelegt sind, dann noch mehr Benutzer aus anderen Bezirken aufnehmen??? Wie Weltfremd kann amn denn sein?


    P.S.: von welcher 30.000-Einwohner-Stadt reden wir denn? :)


    Mit der Beschreibung bist du äußerst nahe dran an der Problematik der Garnisonskirche in Potsdam...

    Genau, und wofür braucht es die wieder aufgebaute Garnisonskirche?

  • Das hatte ich mir beim Schreiben auch schon gedacht, nur erhielt die Garnisonkirche ihre städtebauliche und ideelle Bedeutung durch den Turm und nicht durch das Kirchenschiff. Insofern auch ein luxuriöser Aussichtsturm.


    Das Wichtigste am Anhalter Bahnhof, war nun mal die Bahnhofshalle. Alles andere hat sich darum gruppiert. Da bringt es wenig nur dessen sinnleere und massige Schaufassade zu rekonstruieren.

  • Dein Vorschlag zur Rekonstruktion beinhaltet min. 60% der historischen Baukonstruktion - was sicherlich das Budget für das Exilmuseum um das 4-fache übersteigen würde. (Allein die tiefe Frontfassade der Halle, hatte das Bauvolumen des jetzigen Museums.) Abgesehen davon weiß ich nicht wie Du dir einen Museumsrundgang vorstellst, der in den "Sackgassen" der Seitenflügel endet.

    Mein Vorschlag ist gar keiner, es war nur eine beispielhafte Beschreibung. Insofern kann man auch keine vierfachen Kosten daraus ableiten (übrigens oft ein Trugschluss, dass Rekonstruktionen so viel teurer wären). Ein Museum muss zudem nicht immer einen Rundgang beinhalten, bzw. kann man auch in schmalen Räumen einen solchen einrichten. Es ist ja nicht so, dass dort, wie im U-Bahnhof, riesige Menschenmassen geführt werden müssen.


    So ein von mir angedeuteter Wettbewerbsbeitrag müsste natürlich die Vorgaben des Wettbewerbs einhalten, d.h. auch das Raumpogramm und alle heutigen Bauvorschriften beachten. Wenn dann tatsächlich dabei herauskommt, dass das nicht geht, ist das doch genauso ein Ergebnis, oder nicht?


    Dass eine Rekonstruktion nicht gewünscht war, lässt sich aus den eingegangenen Wettbewerbsbeiträgen doch gar nicht ableiten. Ein teilnehmendes Büro hätte die Rekonstruktion doch als Beitrag einsenden können.


    Der Vergleich mit der Frauenkirche hinkt übrigens gewaltig, denn dort gab es nie einen Wettbewerb und es war auch keine andere Nutzung geplant. Außerdem wurden selbst bei der Rekonstruktion der Kirche aktuelle Bauvorschriften eingehalten und auch sonst einige Dinge verändert (z.B. eine Fußbodenheizung eingebaut).

  • Now we are talking!

    Das Gesprächsangebot nehme ich gerne an.


    1) Ich schlage vor, dass man am ehem. Anhalter Bahnhof dazu übergeht, in anderen zeitlichen Dimensionen zu denken. In Berlin gibt es immer wieder Bedarf an Flächen für wirklich große Sammlungen bzw. Museen. Man muss nur mal ins Kulturforum schauen, wo gerade ein neuer Museumsneubau von Herzog & de Meuron realisiert wird. Aber man muss halt in zeitlichen Dimensionen von Jahrzehnten denken. Deswegen bin ich dafür, dass die Fläche am Anhalter Bahnhof vorerst frei bleibt und als strategische Reserve zurück gehalten wird. Wenn man die Fläche jetzt freilässt, wird man in 20 oder 30 Jahren wahrscheinlich froh sein, dass man eine solche Fläche als Reserve hat.


    2) Für das Exilmuseum soll ein anderer Standort gesucht werden. Das Exilmuseum benötigt eine Fläche, die deutlich kleiner ist als die aktuell vorhandene große Freifläche. (Mit Freifläche meine ich die gesamte unbebaute Fläche inklusive des Sportplatzes.) Warum will man für ein kleines Museum einen Teil einer großen Fläche einsetzen. Solche große Flächen sind extrem wertvoll, weil es in der Innenentwicklung eben nur wenige große, zusammenhängende große Flächen gibt.


    - Große Flächen für große Museen

    - Kleine Flächen für kleine Museen


    Auch die Realisierung des Tempodroms auf dieser Freifläche war ein Riesenfehler! Die damaligen Enscheidungträger haben gezeigt, dass sie keinerlei Weitsicht besitzen. Was haben sich die damaligen Stadtplaner dabei gedacht, dass Tempodrom einfach mal in die Mitte einer langezogenen Freifläche hinzuklatschen? So wurde - ohne Mühe und Not - ein große, wertvolle Fläche in zwei kleine Flächen geteilt. Warum hat man das Tempodrom nicht an den Rand der Freifläche gesetzt?


    In Berlin gibt es auch Beispiele, die zeigen, dass es auch auch anders geht:

    Ein Beispiel ist der Erweiertungsbau des Deutschen Historischen Museums von I.M.Pei. Damals (in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre) war die Frage, ob man diesen Erweiterungsbau auf die Fläche setzt, auf der später die Alte Kommandantur (Unter den Linden Nr. 1) wieder errichtet wurde. Man entschied sich dafür, den Erweiterungsbau hinter dem Zeughaus zu bauen und die unbebaute Fläche an den Linden frei zu lassen. Diese Entscheidung hat sich später als richtig erwiesen.


    Kleine Anekdote am Rande:

    Meines Wissens war es noch Helmut Kohl, der diese Entscheidung zum Erweiterungsbau getroffen hat. Interessant ist auch die Tatsache, dass die Entscheidungen zum Dt. Hist. Museum in der gleichen Zeit getroffen wurden, als auch das neue Tempodrom an den heutigen Standort gezogen ist. Das Tempodrom stand ja damals im Tiergarten, nicht weit entfernt vom heutigen Bundeskanzleramt. Während an der eine Stelle (Erweiterungsbau) mit historischer Weitsicht gehandelt worden ist, wurde zeitgleich ander einer anderen Stelle (Tempodrom) eine städtebauliche Fehlentscheidung ohne jegliche Weitsicht getroffen.


    Ich erzähle diese Anekdote, um zu zeigen, dass es bereits in den 90er JAhren möglich war, bei großen innerstädtischen Freiflächen in strategischen Dimensionen zu denken. Es soll niemand behaupten können, die Fehlentscheidung bei der Standortwahl des neuen Tempodroms wäre nicht absehbar gewesen. Jeder Stadtplaner hat auch bereits in den späten 1990er Jahren denken können, dass Freiflächen in Berlin wertvoll werden und irgendwann ein knappes Gut sind. Man zerschneidet keine großen Flächen in einem Flickenteppich von mehreren kleinen Freiflächen, die irgendwann nicht mehr richtig genutzt werden können. Wenn dieses (in Bezug auf Fläche) kleine Exilmuseum an dieser großen Freifläche realisert wird, ist das eine städtebauliche Fehlentscheidung, die einige in 20 Jahren bereuen werden.

  • Insofern kann man auch keine vierfachen Kosten daraus ableiten (übrigens oft ein Trugschluss, dass Rekonstruktionen so viel teurer wären).

    Wer sag denn, dass Rekonstruktionen nicht "viel" teuer sind? In der Regel erfüllen solche Bauwerke vielerlei Bauvorschriften heute nicht mehr und es müssen oftmals Sonderlösungen gefunden werden. Wenn ich trockenen Fußes von einem zum anderen Seitenflügel kommen möchte, muss man mehrere hundert Meter zurücklegen. Wirklich eine erstklassige Typologie für ein Museum.

    So ein von mir angedeuteter Wettbewerbsbeitrag müsste natürlich die Vorgaben des Wettbewerbs einhalten, d.h. auch das Raumpogramm und alle heutigen Bauvorschriften beachten.

    Welches Architekturbüro würde versuchen, seinen Entwurf in einen Einwurf eines anderen Architekten mit anderen Raumprogramm zu quetschen und nicht Nutzung, Typologie und Gebäudekubatur kohärent zu entwerfen? Bei Fantasiebeiträgen wird man das nächste Mal nicht mehr geladen und dem Architekturbüro kostet jeder Wettbewerb viel Geld. Das eine Rekonstruktion nicht gewünscht war, versteht sich von selbst - da wäre auch Franz Schwechten bei der Aufgabe nicht drauf gekommen.

  • Architektur-Fan

    Deine Gegenrede in allen Ehren! Aber, .... das alles zeigt mir nur, dass du die ganze Thematik- Exil- Anhalter Bahnhof also der große Bahnhof von dem aus die Züge in Richtung Westen fuhren, entweder ausblendest oder dir nicht präsent ist. Wie sonst solltest du zu dem merkwürdigen Vorschlag gelangen das Exil-Museum an einem anderen Standort unterbringen zu wollen? Es war dieser Bahnhof, von dem die Exilanten aus in Richtung freie Welt aufbrachen, es war dieses Portal durch das diese Menschen gingen aber es war auch der Bahnhof von dem die Soldaten in beide WW- Kriege gen Westen starteten und es war auch dieses Portal durch das Hitler schritt nachdem er aus dem besiegten Frankreich kommend zu seiner Triumphfahrt in Richtung Reichskanzlei aufbrach vorbeifahrend an frenetisch jubelnden Berlinern, auf einer Strasse bestreut mit Millionen Blumen.


    Ps. Die Entscheidung das Tempodrom dort zu bauen wo es steht ist keine Entscheidung die von Helmut Kohl getroffen wurde.8|

  • @Cammondo

    Es stimmt tatsächlich, dass ich die Exil-Thematik in meiner Argumentation vergessen habe. Insofern muss ich dir in diesem Punkt recht geben.


    Wenn dieser Bahnhhof allerdings so wichtig ist für die schicksalhaften Ereignisse (Aufbruch ins Exil, Weltkriege usw.) deutscher Geschichte im 20. Jahrhundert, dann müsste doch gerade dieses Argument es erforderlich machen, diesen Bahnhof wieder aufzubauen. Gerade die von dir genannten historischen Ereignisse machen es erforderlich, diesen Bahnhof als geschichtsträchtiges Denkmal wieder aufzubauen.

  • ^^^ Von der Rekonstruktion zum Freihalten der Fläche für eine unbestimmte Zukunft. Diese Wendung ist ja durchaus diskutabel. Aber zum jetzigen Planungsstand völlig abwegig. Oder willst Du der Stiftung vorschreiben, wo sie ihr Museum gefälligst hinzusetzen hat? Meiner Meinung nach ist dieses Ansinnen nichts weiter als eine Luftnummer.


    Vielleicht scheitert auch die Finanzierung. Dann würde man sehen.

  • << Wieso das? Das Portal reicht doch völlig! Um das nachzuvollziehen was diese Menschen bewog brauche ich doch nicht einen ganzen Bahnhof.

    Nicht weit davon entfernt befindet sich das Museum für Verkehr und Technik. Indem befindet sich ein Original-Güterwagen in dem jüdische Mitbürger wie Vieh in die Konzentrationslager gekarrt wurden.

    Um dem zu Gedenken reicht mir auch der Wagen und ich benötige keinen schönen Bahnhof drumherum.

  • ^^^

    Danke Camondo, man kann noch ergänzen, dass ab 1942 ca. 20.000 Juden die es nicht schafften vorher ins Exil zu gehen, vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert wurden.


    Ob es also Sinn macht hier mit einer Rekonstruktion (auch nur des Hauptgebäudes) einfach mal wieder demonstrieren zu können wie groß und pompös in Deutschland vor WWII gebaut werden konnte? Finde ich nicht...

  • Oder willst Du der Stiftung vorschreiben, wo sie ihr Museum gefälligst hinzusetzen hat?

    Die Stiftung besitzt doch nicht die kommunale Planungshoheit. Berlin mit seinem Senat und seinen Bezirken entscheidet, wo was gebaut wird. Und nicht irgendeine Stiftung. In Deutschland entscheiden die Städte und Gemeinden, wo Baurecht geschaffen wird. Und keine Stiftungen.


    Anders stellt sich die Sache dar, wenn die Stiftung das Grundstück bereits gesichert bzw. erworben hat. in diesem Fall wäre es tatsächlich zu spät, und man könnte die Stiftung wohl nicht mehr davon abhalten, ihr Museum zu errichten.

  • Welches Architekturbüro würde versuchen, seinen Entwurf in einen Einwurf eines anderen Architekten mit anderen Raumprogramm zu quetschen und nicht Nutzung, Typologie und Gebäudekubatur kohärent zu entwerfen?

    Keins, deswegen sollte meiner Meinung nach bei solchen Projekten die (Teil-)Rekonstruktion ja auch als gesetzter Beitrag in dem Wettbewerb betrachtet werden. Wer diesen entwirft, wäre die nächste Frage, aber bei solchen Wettbewerben geht es nicht um eine Bauzeichnung, also wird sich das Honorar dafür in Grenzen halten, d.h. das könnte die Stadt selbst beauftragen. Ob es das wert ist, müsste politisch entschieden werden.

    Wer sag denn, dass Rekonstruktionen nicht "viel" teuer sind?

    Warum sollten sie teurer sein? Sie sind genauso Neubauten, wie andere Entwürfe. Für sie gelten die gleichen gesetzlichen Vorgaben. Dass die Bauausführung deshalb an manchen Stellen nicht 1:1 wie vor 100 Jahren gehen kann, ist klar, aber das wird der Architekt im Bauplan berücksichtigen. Das ist aber keine zusätzliche Arbeit, denn den muss der Architekt bei einem Neubau ebenso machen, und zwar von Grund auf. Am Material kann es auch nicht liegen, denn andere Entwürfe verwenden auch "hochwertige" Baumaterialien.

    Das eine Rekonstruktion nicht gewünscht war, versteht sich von selbst

    Das ist deine Schlussfolgerung, aber wohl keine explizite Vorgabe im Wettbewerb gewesen. Falls doch, ist die Frage, von wem nicht gewünscht: von der Stadt als Veranstalter des Wettbewerbs oder vom Abgeordnetenhaus durch Beschluss. In letzterem Fall kann die Sache bereits abgehakt werden. In ersterem Fall nicht, denn dann kann darüber noch entschieden werden, falls es einen B-Plan gibt. Es muss nur ein Antrag gestellt werden.


    Nochmal: Ich beschreibe eine mögliche Veränderung solcher Gestaltungsprozesse, und nicht etwa irgendeine weltfremde dogmatische Haltung. Ich sage nur, was möglich und aus meiner Sicht von Vorteil wäre.

  • Falls doch, ist die Frage, von wem nicht gewünscht: von der Stadt als Veranstalter des Wettbewerbs oder vom Abgeordnetenhaus durch Beschluss.

    Sorry, aber dieses Projekt ist, so wie ich das mitbekommen habe durch eine rein private Initiative entstanden, weder der Bezirk noch der Senat haben grundsätzlich und aktuell überlegt, das Gelände des ehemaligen Bahnhofs zu bebauen!


    Ps. Die Entscheidung das Tempodrom dort zu bauen wo es steht ist keine Entscheidung die von Helmut Kohl getroffen wurde.8|

    Ähm, Architektur-Fan bezog diese Anekdote auf den Erweiterungsbau des Deutschen Historischen Museums, ist aber eigentlich hier off-topic :)

  • Es gab seitens der Stadt Berlin überhaupt keine Bestrebung den Anhalter Bahnhof wiederaufzubauen oder eine generelle Diskussion um eine Verwertung des Geländes! Das Museumsprojekt entstammt aber einer Privatinitiative und die Kosten von ca. 30 Millionen werden (wie z.B. beim House of One) größtenteils privat finanziert. Eine Rekonstruktion des Bahnhofs würde ein Vielfaches kosten und das Gebäude um ein vielfaches größer als die vom Museum benötigte Fläche.


    Ich könnte mir aber durchaus vorstellen, dass man im Rahmen der Erschliessung des Geländes für den Museumsbau eine Markierung im Boden setzt, die die Umrisse des Bahnhofs zeigen. Wenn ich mich nicht irre, beinhaltet ein Teil des Geländes des technischen Museums ebenfalls noch Reste der Bahnhofsanlagen.


    Tatsächlich ist wohl etwas in der Art bereits erfolgt:

    Die Seitenwände der ehemaligen Bahnhofshalle wurden durch die Anpflanzung langstieliger Eichen markiert, in deren Mittelteil Ballspielfelder eingerichtet wurden.

    Quelle Wikipedia


    Übrigens wird auch die Rolle des Bahnhofs als einer von drei Berliner Bahnhöfen der Judendeportation durch eine Stele dokumentiert:

    800px-Anhalter-Bahnhof_Gedenkstele.jpg

    Copyright: Axel Mauruszat (Lizenz: Wiki Commons, Nennung des Urhebers vorausgesetzt)


    Demnach wurden von dort im Zuge der 116 sogenannten "Alterstransporte" rund 9.600 ältere Menschen - öffentlich sichtbar und als Anhängsel an reguläre Linienzüge nach Theresienstadt - deportiert und dann ggf. später weiter nach Auschwitz verbracht. Der (überwiegende) Rest der insgesamt rund 50.000 aus Berlin deportierten Juden wurde allerdings von zwei anderen Bahnhöfen aus abtransportiert.

    Quelle Wikipedia


    Der verlinkte Eintrag ist insgesamt mehr als lesenswert. Die Geschichte des Bahnhofs ist demnach wirklich vielschichtig: Einst von Kaiser und Bismarck eingeweihtes Prestigeobjekt und zunehmend wichtiger Zivil- und Güterbahnhof (und Einfallstor für Schmuggelei) sowie Ausgangspunkt für mondäne Lustreisen mit Direktzugang zum Luxushotel Excelsior ebenso wie auch Nutzung für Soldatentransporte von und zur Front während der Weltkriege, Startpunkt tausendfacher Flucht ins Exil sowie auch tausendfacher Judendeportation. Außerdem auch noch Ankunftspunkt für heimatvertriebene Deutsche und Rückzugsort während der dramatischen Schlacht um Berlin, bevor es dann durch die Westblockade und zunehmende Verwahrlosung nur noch abwärts ging und zur weitreichenden Abtragung kam. Insgesamt hat dieser Bahnhof alles mitgenommen. Vieles hiervon war mir bislang nicht oder nicht im Detail bekannt. Einige dieser Aspekte wurden bereits und andere werden künftig vor Ort aufgegriffen und vermittelt. (Ein Gesamtmodell des Bahnhofs findet sich wiederum im Verkehr- und Technikmuseum).


    Ich persönlich fände eine Voll- oder Teilrekonstruktion spektakulär aber nicht erforderlich und wohl nicht einmal wirklich wünschenswert. Natürlich könnte man den gesamten Bau entsprechend inszenieren und ihn seine komplexe Geschichte so womöglich sogar ganzheitlich selbst 'erzählen' lassen. Das wäre sicher eine eindrucksvolle - überwiegend jedoch sehr düstere und beklemmende - Angelegenheit. Da finde ich es ehrlich gesagt doch weit angenehmer, wenn dieses Areal atmet (Bäume und Sportplätze) und die Spannung zwischen Fragment und Exilmuseum bereits auf den ersten Blick Neugier weckt, die im Zuge der Annäherung und Erkundung potentiell immer wieder neue Nahrung erhält.


    Die zusätzlichen Aspekte ändern übrigens für mich überhaupt nichts daran, dass mir der Wettbewerbssieger und auch der dritte Platz weiterhin stark zusagen, wobei meine Tendenz zunehmend den Sieger bestätigt.

  • [...] Warum sollten sie teurer sein? Sie sind genauso Neubauten, wie andere Entwürfe. Für sie gelten die gleichen gesetzlichen Vorgaben. Dass die Bauausführung deshalb an manchen Stellen nicht 1:1 wie vor 100 Jahren gehen kann, ist klar, aber das wird der Architekt im Bauplan berücksichtigen. [...]


    [...] Das ist deine Schlussfolgerung, aber wohl keine explizite Vorgabe im Wettbewerb gewesen. Falls doch, ist die Frage, von wem nicht gewünscht: von der Stadt als Veranstalter des Wettbewerbs oder vom Abgeordnetenhaus durch Beschluss. [...]

    Eine Rekonstruktion von meterdicken ungedämmten Ziegelwänden mit ornamentalen Terrakotten, soll also nicht viel teurer sein als die Ziegelfassaden der Preisträger?

    Ich glaube Du willst mich nicht verstehen.

    Eine Umnutzung eines ursprünglich komplett anderweitig genutzten Gebäudes ist immer ein Problem, sowohl für bestehende Baudenkmäler als auch für potentielle Rekonstruktionen. Wenn man aus einer gotischen Kirche ein Hotel macht, rentiert sich das nur im Luxussegment. Die Typologie ist eine komplett andere. Wie soll man mit so einen Murks einen Wettbewerb gewinnen können - wenn andere ein neues Gebäude entwerfen, was komplett auf das vorgegebene Raumprogramm zugeschnitten ist? Die im Wettbewerb genannten Bewertungskriterien sind im Zweifel rechtlich einklagbar - wenn da einer mit ner schicken und dysfunktionalen, unwirtschaftlichen Rekro um die Ecke kommt.


    Hier noch eine Bahnhofs-Fantasie für alle Rekro-Freunde:

    https://www.baunetz.de/campus-…r_zum_Sueden_5155951.html


    PS: Sorry, mit dieser ständigen Rekro-Diskurssion, gehen leider die tollen letzten Beiträge etwas unter.

    Einmal editiert, zuletzt von Timmi ()

  • Ich glaube Du willst mich nicht verstehen.

    Ich glaube, es ist eher umgekehrt. Ich habe doch explizit geschrieben, dass so ein Wettbewerbsbeitrag sich an die Wettbewerbskriterien halten und natürlich auch wirtschaftlich und baurechtlich einwandfrei sein müsste, und keinesfalls dysfunktional. Es ginge dabei auch gar nicht um eine Umnutzung, weil es ja genauso ein Neubau wäre, der für seine neue Funktion konstruiert würde. Er hätte dann wahrscheinlich auch keine meterdicken ungedämmten Ziegelwände. Die andere "Fantasie" zeigt (auch, wenn es mir gar nicht gefällt), dass sowas nicht unmöglich ist. Aber das habe ich ja alles schon breit genug ausgeführt.


    Wenn man aufgrund einer persönlichen dogmatischen Abneigung gegenüber Rekonstruktionen an sich sowas als "Murks" bezeichnet, kann man sich damit wohl nicht sachlich auseinandersetzen. Tolle Beiträge in einer Diskussion sind für mich solche, die sich in sachlicher Art mit Argumenten begegnen, die verschiedene Aspekte eines Themas beleuchten.

    Sorry, aber dieses Projekt ist, so wie ich das mitbekommen habe durch eine rein private Initiative entstanden, weder der Bezirk noch der Senat haben grundsätzlich und aktuell überlegt, das Gelände des ehemaligen Bahnhofs zu bebauen!

    Dann hat es ja auch niemand abgelehnt und grundsätzlich kann mit einem Bebauungsplan immer noch definiert werden, was, bzw. in welcher Form etwas dort entstehen soll. Im Übrigen gibt es eine Initiative zur Rekonstruktion des Anhalter Bahnhofs.

  • < Der Name dieses threads ist "Exilmuseum am Anhalter Bahnhof" und nicht Rekonstruktion des Anhalter Bahnhofs.

    merci


    ... und wenn Ihnen das nicht behagt.... dann bitte fühlen Sie sich frei und eröffnen einen Thread " Rekonstruktion des Anhalter Bahnhofs" Es ist ganz einfach, trauen Sie sich nur. Oder fürchten Sie sich vor mangelnder Resonanz?

  • Ich glaube wir hätten hier weniger Diskussion, wenn man dem alten Bahnhof mit etwas mehr Respekt und Würde gegenüber getreten wäre. Im übrigen gilt das auch für die Diskussion hier im Forum.