Exilmuseum am Anhalter Bahnhof (Kreuzberg | in Planung)

  • Es ist schon interessant, wie hier die Kommentatoren frohlocken, dass der Wiederaufbau historischer Architektur verhindert worden ist.

    Wann ist das "verhindert" worden? Niemand hat je einen Wiedraufbau ernsthaft in Erwägung gezogen. Und wer "frohlockt" über eine "Verhinderung"? Zur Debatte stehen neue Entwürfe für ein Museum auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände, das seit über 60 Jahren brach liegt - nichts anderes.

  • Auf Facebook gibt's auch eine Interessengruppe, die sich zum Wiederaufbau austauscht.

    Dort wurden auch schon eine reihe ganz interressanter entwürfe gezeigt, wie ein wiederaufbau aussehen kann.

  • Wann ist das "verhindert" worden? Niemand hat je einen Wiedraufbau ernsthaft in Erwägung gezogen. Und wer "frohlockt" über eine "Verhinderung"? Zur Debatte stehen neue Entwürfe für ein Museum auf einem ehemaligen Bahnhofsgelände, das seit über 60 Jahren brach liegt - nichts anderes.

    Die Realisierung eines zeitgenössischen Entwurfs für ein Museum an dieser Stelle setze ich gleich mit der Verhinderung des Wiederaufbaus. Zumal der historische Bahnhofsbau für ein Museum ebenfalls geeignet gewesen wäre. Es soll mir niemand erzählen, dass das geplante Museum nicht auch im historischen Bahnhofsgebäude hätte realisiert werden können.


    Da du ja die frohlockenden Rufe nicht gehört hast, zitiere ich:


    Bonteburg (Beitrag #3): "Sehr sehr schön! ... Inhaltlich genial: Am Anhalter-Bahnhof ein Museum zu diesem Thema."

    Timmi (Beitrag #6): "Sehr schön!"

    Tomov (Beitrag #11): "Dennoch, gelungen."


    Meine Meinung: Bei diesem zeitgenössichen Entwurf ist nichts schön, nichts genial und nichts gelungen. Aber diese drei Adjektive passen alle für den historischen Altbau.

  • ^ Es ist schon ziemlich boshaft, Freude über eine Verbesserung der gegenwärtigen Situation mit der Freude über einen verhinderten Wiederaufbau gleichzusetzen.


    Doch, ich habe einen Wiederaufbau ersnthaft in Erwägung gezogen. Oder bin ich etwa niemand?


    Du bist nicht niemand, aber offensichtlich hast du mit deinen Erwägungen nichts erreicht. Es ging hier doch wohl kaum darum, ob irgendjemand im stillen Kämmerlein jemals darüber nachgedacht hat oder in einer FB-Gtuppe etwas fordert, sondern, ob es jemals konkrete Schritte dazu gab.

  • Ich wundere mich über diese fatalistische Grundhaltung.


    Motto: Ist doch egal, wenn da mal der Anhalter Bahnhof gestanden hat. Der ist doch ohnehin schon 1959 wegen angeblicher Einsturzgefahr abgerissen worden. Schwamm drüber. ...Dann bauen wir da halt ein zeitgenössiches Gebäude hin. Kann man halt nix machen, wenn man den Altbau gesprengt hat.


    Geht es um die Zeugnisse der eigenen Geschichte, dann gibt es nur Achselzucken und Desinteresse. In jedem anderen Land wäre der wiederaufbaufähige Bahnhofsbau des Anhalter Bahnhof rekonstuiert worden. Übrigens: der Anhalter Bahnhof stand seit den 1930 er Jahren unter Denkmalschutz. Dennoch wurde er gesprengt.


    Auf Wikipedia kann man die Geschichte zum Abbruch nachlesen:

    Der Grund für die Zerstörung des Bahnhofsgebäudes war angeblich Einsturzgefahr. Aber diese Einsturzgefahr hat ganz offensichtlich nie bestanden. Eine Struktur ist einsturzgefährdet, wenn sie im statischen Sinne instabil ist. Und dieses Bahnhofsgebäude war wohl so stabil, dass es zwei Baufirmen nicht geschafft haben, das Gebäude einzureißen. Das Argument der Einsturzgefahr war nie relevant. Und dennoch hat man es wegen angeblicher Einsturzgefahr abgerissen. Da ging es nicht um statische Gründe. Die Zerstörung war damals politisch gewollt.

  • Die Realisierung eines zeitgenössischen Entwurfs für ein Museum an dieser Stelle setze ich gleich mit der Verhinderung des Wiederaufbaus. Zumal der historische Bahnhofsbau für ein Museum ebenfalls geeignet gewesen wäre. Es soll mir niemand erzählen, dass das geplante Museum nicht auch im historischen Bahnhofsgebäude hätte realisiert werden können.

    Die Rufe nach dem Wiederaufbau habe ich irgendwie schon erwartet. Ja, es ist eine Schande, dass der wiederaufbaufähige Anhalter Bahnhof 1959 gesprengt wurde. Bauwerke wie diese haben die "Weltstadt" Berlin erst ausgemacht. In seiner damaligen Form war er als Bahnhof nur schon in den 30ern nicht mehr zukunftsfähig bzw. erweiterbar.


    Was "geeignet" ist, bestimmst Du?


    Wer sollte ein Interesse daran haben, eine riesige Bahnhofshalle mit "Außenklima" inkl. diverser "mäßig hochwertiger" Nebenräume wieder zu errichten, um sich hierfür eine beliebige Nutzung schön zu reden? Eine Rekonstruktion würde hunderte Mio. kosten - das Exilmuseum gerade 30 Mio.. Für ein Technikmuseum, moderne Plastik/Aktionskunst, wäre es ok, aber für das Exilmuseum? Die Biographie von Albert Einstein mit Schautafeln und Vitrinen in einer überbelichteten Bahnhofshalle - besser nicht!

    Einmal editiert, zuletzt von Timmi ()

  • Der Siegerentwurf gefällt mir ganz gut, besonders der Schwung und die großen Bögen im EG. Die erinnern an frühere Bahnhofshallen. Überhaupt ist der Standort für ein Exilmuseum ideal. Viel wird natürlich auf die Qualität der Ausführung ankommen.

    Etwas schade finde ich die Einengung auf die Zeit des Nationalsozialismus. Deutsche im Exil hat es schließlich auch schon davor und danach gegeben. Ich hoffe, den Ausstellungsmachern wird es gelingen, dies zumindest anklingen zu lassen. Man denke nur an Heine oder Marx, die vielen 48er bis hin zu Jürgen Fuchs und Biermann zu DDR-Zeiten - das Exil ist eine Konstante in der modernen politischen Geschichte Deutschlands.

  • Geht es um die Zeugnisse der eigenen Geschichte, dann gibt es nur Achselzucken und Desinteresse. In jedem anderen Land wäre der wiederaufbaufähige Bahnhofsbau des Anhalter Bahnhof rekonstuiert worden. Übrigens: der Anhalter Bahnhof stand seit den 1930 er Jahren unter Denkmalschutz. Dennoch wurde er gesprengt.

    Der Anhalter Bahnhof ist nicht das Schloss und nicht das Nikolaiviertel.


    In welchem anderen Land wurde denn schon ein Bahnhof in der Dimension rekonstruiert, der 60 Jahre lang verschwunden war?


    Unter Denkmalschutz stand in den 30ern vieles, was auch schon in den 30ern abgerissen und kahlschlagsaniert wurde (Krögel, Hohes Haus, Ephraim Palais...) - Gewisse nicht unrelevante Ereignisse folgten hierauf.

  • Das Ephraim-Palais wurde wegen der Verbreiterung der Mühlendammbrücke und -straße abgebaut, nicht abgerissen.
    Die Bauteile wurden sorgfältig eingelagert, das Palais sollte nach Fertigstellung der Brücke un einige Meter versetzt wieder aufgebaut werden - dann begann der Krieg.

    Die DDR konnten beim Bau des Nikolaiviertels auf diese Eingelagerten Teile zurück greifen.

    In keiner Kulturnation wurden jemals derart viele Städte und Bauwerke GLEICHZEITIG zerstört - außer vielleicht Karthago. ;)
    Insofern ist eine Rekonstruktion eines kunstfollen aber profan genutzten Gebäudes durchaus zu rechtfertigen.
    Ich erinnere mich an Stammtische der "Gesellschaft Historisches Berlin" in den 90ern, wo wir durchaus auch über eine Rekonstruktion der Schwaechten-Fassade gesprochen haben.

    Es muß ja nicht immer die 1:1 Rekonstruktion sein.
    Bei der Renovierung des Naturkundemuseums wurde die übrig gebliebene alte Seiten-Fassade in grauem Putz rekonstruiert fort geführt. :thumbup:

  • Der Anhalter Bahnhof ist nicht das Schloss und nicht das Nikolaiviertel.


    In welchem anderen Land wurde denn schon ein Bahnhof in der Dimension rekonstruiert, der 60 Jahre lang verschwunden war?

    Gewiss, der Anhalter Bahnhof ist nicht das Schloss. Aber der Anhalter Bahnhof ist ein Monumentalbau. Und Monumentalbauten sind genau diejenige Gebäudekategorie, von denen es in Berlin - im Vergleich zu anderen europäischen Metropolen - viel zu wenige gibt.


    Im Übrigen ist das ein merkwürdiges Argument: als ob es nur beim Schloss und beim Nikolaivertel die Notwendigkeit eines Wiederaufbaus gäbe? Warum sollten nicht auch andere Gebäude aufgebaut werden?


    In anderen Ländern wäre der Bahnhof vor 60 Jahren erst gar nicht verschwunden, weil man ihn sofort rekonstruiert hätte.

  • "Abbauen" nennst du den Abriss des Ephraim-Palais also. Das einzige, was hier abgebaut wurde, waren Teile der Werksteine/Bauschmuck und die Ziergitter. Was man an einem Gebäude einlagern kann, was zu 95% aus Ziegel und Balken besteht, versteht sich von selbst - da hilft auch schönreden nichts.


    Die Nazis wollten in der Zeit noch viel mehr "abbauen".


    Ich finde den Anhalter Bahnhof ja auch toll, aber eine Rekonstruktion ist äußerst utopisch. Es ist nun mal ein Technisches Bauwerk, was für Dampfloks gebaut wurde und nicht für ICE´s - schon garnicht für ein solches Museum.


    Gibt es eigentlich auch ein Antonym von "Kulturnation"?

  • Gibt es eigentlich auch ein Antonym von "Kulturnation"?

    Auf was möchtest du mit deiner Frage hinaus? Bitte konkretisieren.


    Deutschland ist jedenfalls keine Kulturnation, da wir unsere eigenen architektonischen Zeugnisse gering schätzen.

  • In keiner Kulturnation wurden jemals derart viele Städte und Bauwerke GLEICHZEITIG zerstört - außer vielleicht Karthago.

    Auf was möchtest du mit deiner Frage hinaus? Bitte konkretisieren.

    Deutschland ist jedenfalls keine Kulturnation, da wir unsere eigenen architektonischen Zeugnisse gering schätzen.

    Das beantwortest Du doch gerade selbst. Diese Terminologie wird für mich oft in den falschen Zusammenhang gesetzt, um eine gewisse "Unkultur", "Kulturlosigkeit" Ausdruck zu verleihen, oder sich abzugrenzen - wie auch hier geschehen. Den Begriff definiert Ihr beide gerade gegensätzlich für Eure Argumentation um.

  • Vielleicht nochmal einen Schritt zurück:

    Aus meiner Sicht hat Berlin zu wenige historische Monumentalbauten. Hier hätte man die Möglichkeit gehabt, einen solchen Monumentalbau wieder zu errichten. Die Chance wird jetzt gerade leichtfertig vertan.


    insofern ist es keine "Unkultur", sondern das Fehlen von städtebaulichem Bewußtsein. Große Metropolem benötigen monumentale Ankerpunkte, die über die Stadt verteilt sind. In Paris gibt es solche Ankerpunkte wie z.B. den Arc de Triomphe, die Madeleine-Kirche (La Madeleine), das Pantheon, die Börse (Palais Brongiart), Notre-Dame, den Invalidendom (Dôme des Invalides) usw.


    Das sind Ankerpunkte, die quasi ein urbanes Netz aufspannen. Von solchen Ankerpunkten gibt es in Berlin leider viel zu wenige. Jedenfalls bezweifele ich, dass sich der geplante Museumsbau zu einem Ankerpunkt entwickeln kann, der gleichwertig ist zum historischen Gebäude des Anhalter Bahnhofs,

  • Deutschland ist jedenfalls keine Kulturnation, da wir unsere eigenen architektonischen Zeugnisse gering schätzen.

    Na, also allein an der Wertschätzung der eigenen architektonischen Zeugnisse würde ich das nicht fest machen.
    Da gibt es aber leider noch erheblich viele andere Bereiche, wo Traditionen und künstlerische Schöpfungen gering geachtet werden.
    Unsere Debattenkultur zum Beispiel hat sich bereits deutlich hinter die Qualität der 70er Jahre zurück entwickelt und rast mit riesen Schritten
    auf das Mittelalter zu.
    Da das aber auch für andere abendländische Nationen gilt, bleibt - relativ - immer noch ein Anspruch auf die Kategorie "Kulturnation".

    Kulturnationen in Südost- und Ostasien bauen nach Erdbeben, Kriegen und Tsunamis ihre zerstörten Kulturstädten wie Tempel und Paläste immer wieder auf.
    Ich finde das lobenswert!

  • insofern ist es keine "Unkultur", sondern das Fehlen von städtebaulichem Bewußtsein. Große Metropolem benötigen monumentale Ankerpunkte, die über die Stadt verteilt sind. In Paris gibt es solche Ankerpunkte wie z.B. den Arc de Triomphe, die Madeleine-Kirche (La Madeleine), das Pantheon, die Börse (Palais Brongiart), Notre-Dame, den Invalidendom (Dôme des Invalides) usw

    Deine Meinung sei Dir gegönnt, das Bewusstsein scheint aber gerade jetzt für den Ort größer zu sein, als die letzten 50 Jahre. Wie Paris wollte schon jede Hauptstadt sein. Ein gewisser Adi H. fand Paris auch so toll, dass er den Anhalter Bahnhof schon 20 Jahre zuvor abreißen wollte, um ihn durch lauter Ankerpunkte zu ersetzten. Wie viele "Ankerpunkte" hat hingegen Amsterdam, Lissabon, oder Kopenhagen - sind diese dadurch häßlich?


    Das wir genau diese Thematik immer diskutieren, liegt vielmehr am vorhandenen Bild- und Filmmaterial. Hochkarätige Baudenkmäler wurden im Dreißigjährigen Krieg und im Zuge der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts, zuhauf abgerissen. Insofern ist Reinhards Karthago-Vergleich nicht richtig.


    Die "Kulturnation" Frankreich hat die einst größte Kirche der Christenheit (Cluny) bis heute nicht wiederaufgebaut und wurde das alte Rom mit seinen Monumenten wiederaufgebaut?

  • Wie viele "Ankerpunkte" hat hingegen Amsterdam, Lissabon, oder Kopenhagen - sind diese dadurch häßlich?

    Ich will Berlin nicht mit Lissabon vergleichen, wohl aber mit Budapest, Wien oder Sankt Petersburg. Ich denke an die Städte, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert in großem Stil ausgebaut worden sind. Und an die Bauwerke, die in diesem Zeitraum entstanden sind. Im Übrigen: Das Fehlen von Ankerpunkten führt nicht zu Häßlichkeit, sondern zu fehlender Urbanität. Lissabon ist sicher an vielen Stellen sogar sehr urban. Aber es ist eben nicht ausgebaut im Stile des 19. Jahrhunderts.


    Das antike Rom muss nicht aufgebaut werden. Es hat nie richtig aufgehört zu existeren. Das Kolloseum und die Engelsburg gibt es doch heute noch. Antike Gebäude sind zerstört worden. Das Straßennetz und die Straßenräume aus der Antike haben bis heute überdauert. So zeigt die Piazza Navona heute noch die Ausmaße des antiken Domitian-Stadions. Das Rom der Antike ist die Blaupause gewesen für den großzügigen Ausbau der Metropolen des 19. Jahrhunderts. Das Anlegen breiter Boulevards ist jedenfalls keine Erfindung des Baron Haussmann gewesen. Das gab es zweitausend Jahre zuvor auch schon in der Antike. Die Baumeister der Antike hatten wohl ein besseres Verständnis für die Abfolge des Raumes als viele Stadtplaner im Jahr 2020.

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    Ich melde mich halt nur dann, wenn es wichtig ist. :) Und der Anhalter Bahnhof ist eben sehr wichtig. Dieses Museumsprojekt läuft architektonisch in die falsche Richtung. Und ich werde es leider nicht ändern können.


    im Übrigen wüßte ich nicht, warum eine Rekonstruktion des Anhalter Bahnhof ein Allgemeinplatz sein soll? Schließlich ist dies der Thread zum Anhalter Bahnhof. Genau hier gehört dieses Theman rein.


    P.S.: Mitgelesen habe ich natürlich immer hier im Forum. Man muss schließlich auf dem neuesten Stand bleiben. :)