• Zu diesem sehr subjektiven Thema interessiert mich eure Meinung wirklich und ich bin mir sicher, dass es hier sehr viele unterschiedliche Ansichten geben wird. Im Quelle-Chat hat beispielsweise jemand das Gebäude an der Fürther Straße als Bausünde bezeichnet, während es zu meinen Lieblingsgebäuden in der Stadt zählt.

    Bei Bausünden fallen mir innerhalb der Altstadt natürlich Unmengen an Beispielen ein, aber was dort eine Katastrophe ist, wäre weiter außerhalb schon halb so wild. Ich würde deswegen vorschlagen, hier hauptsächlich Bauten außerhalb der Stadtmauer zu thematisieren.

    Tatsächlich würde ich direkt mit einer öffentlichen „Einrichtung“ anfangen: Für mich sind die Bahnhöfe Muggenhof, Eberhardshof und die ganze Hochbahnstrecke der U1 nämlich eine Katastrophe, die ich lieber gestern als heute losgeworden wäre. Außer vielleicht dem Frankenstadion gibt es nichts in der Stadt, was ich lieber los wäre.

  • Der Titel "Bausünden" spricht einen natürlich sofort an und man will reflexhaft gleich reagieren. ;)


    Außerhalb der Altstadt, so ja Deine Vorgabe, wären dies hier meine Bottom Five Negativ-Highlights:


    Platz 1: Der monströse Post-Riegel am Rathenauplatz. Konkurrenzlos als das hässlichste und überdimensionierteste Gebäude Nürnbergs, auch noch unmittelbar neben Stadtmauer und Laufer Torturm.

    Platz 2: Die gesamte Plärrer-Umbauung. Ein Gebäude hässlicher als das andere.

    Platz 3: Die gesamte Bahnhofstraße östlich des Novotels bis zum Dürrenhof-Tunnel. Gesichtslos, billig und uninspiriert.

    Platz 4: Die Notlösung des "Delfin-Hauses", das man am Nordostbahnhof verschämt neben die Überdachung der Glasabdeckung gesetzt hat, nachdem die Komplettüberbauung des Bahnhofs gescheitert war. Ein besonders hilfloses und missglücktes Gesamt-Ensemble.

    Platz 5: Der maximal klobige U-Bahn-Eingang in Sichtbeton-Ästhetik am Friedrich-Ebert-Platz.


    Ja, die Hochbahnstrecke ist auch kein ästhetischer Gewinn. Sie ist eine Betonschlange, die sich über die Weststadt gelegt hat. Kein Vergleich zur Hochbahn der Pariser Metro. Immerhin verströmt sie Industrie-Flair und passt somit (halbwegs) zur Quelle und zum AEG-Areal.


    Das Frankenstadion ist m.E. keine Bausünde. Es ist eine Funktionssünde. Als Stadion im eigentlichen Sinn finde ich es nach wie vor gelungen und mit dem charakteristischen Achteck schon eine Besonderheit unter den Stadien. De facto handelt es sich aber um eine Fußballarena, die keine ist. Der Club bräuchte dringend eine zeitgemäße reine Fußballarena.

  • Größtenteils Zustimmung meinerseits. Zum Glück bekommen wir aber bald den evangelischen Campus, der den Rathenauplatz extrem aufwerten sollte. Gar nicht so eng sehe ich allerdings die Eingänge am Friedrich-Ebert-Platz. Der von fast jedem verhasste westliche Eingang, der das eine alte Gebäude verdeckt, gefällt mir (darf ich das hier überhaupt zugeben:/) relativ gut. Ich finde ihn ein mutiges Statement, dass auch in den Untergrund einlädt. Die Positionierung der Straßenbahnen auf dem Platz finde ich hier schon eher problematisch.

  • Den meisten Sachen die hier genannt wurden würde ich auch zustimmen, wobei ich manche nicht so eng sehe - wie Delfin-Haus, Hochbahn (ist halt ne abgerockte Nachkriegs-Hochbahn. Mit Sanierung, die ja kommen wird, halb so schlimm). Beim Frankenstadion muss man differenzieren: die Grundstruktur ist sicher solides Bauhaus, leider ist die arg verbastelt worden und wie schon erwähnt nicht mehr so recht tauglich für zeitgemäßen Fußball, sodass das schon den Eindruck von Stückwerk macht.


    Hinzufügen würde ich:


    Innerhalb der Altstadt:

    - Bank am Hans-Sachs-Platz, die nichts mit dem Altstadtbaustil zu tun hat und sich nach außen hin hermetisch abriegelt, kein Vergleich etwa zu den transparenten Nachkriegsbanken am Lorenzer Platz.

    - Plobenhof

    - nicht nur der Neubau des Scharrergymnasiums, sondern die gesamte Tetzelgasse, bei der man sich mal so garkeine Mühe gab, die Strukturen des Viertels zu erhalten/wiederherzustellen.

    - Grasersgasse, analog dazu

    - Asiamarkt an der Frauentormauer. Keine Ahnung was da früher mal stand aber so ein ungeschönter Industriebau an der Stadtmauer passt nicht.

    - sämtliche Parkhäuser. Am hässlichsten ist das am Jakobsmarkt, gefolgt von dem in der Adlerstraße. Städtebaulich am schlimmsten hingegen das am Katharinenhof, denn es verwandelt den ganzen Block in einen schäbigen Hinterhof.


    Außerhalb:

    - Schocken, jetzt könnt ihr mich hauen.

    - das Haus mit der Mohren-Apotheke direkt daneben

    - FAU, Erziehungswissenschaftliche Fakultät

    - Städtische Berufsschule 3

    - fast die gesamte Bebauung des Frauentorgraben

    - dazu auch die Avia in der Essenweinstraße, die mich an die Esso-Häuser in Hamburg erinnert und die gerne das gleiche Schicksal ereilen darf!

    - das Gebäude an der Haltestelle Maximilianstraße ist genau so eine Bausünde wie die gegenüberliegende Epiphaniaskirche, die für mich auch die hässlichste Kirche Nürnbergs ist.


    Funktionale Bausünden:

    - B4 Ring, komplett ohne Verkehrsfluss, für niemanden. Auch komplett ohne sichere Radwege. Oder repräsentative Randbebauung.

    - Frankenschnellweg. Könnte demnächst auch ne größere Bausünde werden.

    - Regensburger Straße. Diese reinen Einkaufsvororte sind einfach nicht mehr zeitgemäß und eine gigantische Flächenverschwendung.


    Gibt bestimmt noch mehr. Ich glaube der Übergang zwischen "meh" und "Bausünde" ist eher fließend.

  • Man muss sich hier die Frage stellen in welcher Zeit das Wort "Bausünde" erfunden wurde und warum, bzw. welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind ...

  • Also meine Definition von Bausünden lautet in etwa so: Ein Gebäude, das aufgrund seines Erscheinungsbildes, seiner Funktion oder städtebaulichen Aspekten die ursprünglich angedachten Ziele verfehlt hat, oder bei dem ein gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, dass die Struktur der Stadt „nicht gut tut“. (Oder so ähnlich)

  • Durchgesetzt hat sich der Begriff imo erst in der Nachkriegszeit. Mit Sicherheit würden aber auch einige Bautätigkeiten seit Anbeginn der Industrialisierung darunter fallen (Abriss von Klostergebäuden und Ersatz durch wuchtige, wenig altstadttaugliche Neobarock-Kaufhäuser). Oder gar noch früher, als die eher karge Hauptwache die kunstvolle Alte Schau ersetzte.

  • In der Altstadt würde ich dringend noch die Unigebäude in St.Sebald hinter der Maxtormauer erwähnen. Durch diese in allen Belangen Altstadtuntauglichen Großbauten wirkt die sorgfältig wiederhergestellte Stadtmauer wie ein Fremdkörper, wie eine dort abgestellte Kulisse. Das diese Uni-Gebäude aktuell saniert anstatt abgerissen oder umgebaut werden macht mich traurig. Denn ihre Existenz ist auch der Grund zur Fortschreibung dieses Gestaltungsfehlers, wie man am aktuell entstehende Studentenwohnheim Maxtormauer 50 sehen kann, der sich nun wie ein Plattenbau hinter der Mauer erhebt.


    Grundsätzlich bin ich was "Bausünden" angeht ziemlich ambivalent unterwegs. Solange der Schocken/Kaufhof am Aufseßplatz noch auf war und für Lebendigkeit gesorgt hat, hätte ich wohl nicht von einer Bausünde gesprochen. Andererseits finde ich den Telekomriegel am Rathenauplatz ganz furchtbar, egal ob der belebt ist oder nicht. Genauso wie die Uni. Die Hochbahn im Westen dagegen finde ich sogar ganz cool, wie kommt die den auf die Liste der Bausünden? Dann doch eher der Rathenauplatz an sich, der eigentlich nichts anderes ist als eine Straßenkreuzung. Wo soll da ein Platz sein?

  • Die Hochbahn im Westen dagegen finde ich sogar ganz cool, wie kommt die den auf die Liste der Bausünden? Dann doch eher der Rathenauplatz an sich, der eigentlich nichts anderes ist als eine Straßenkreuzung. Wo soll da ein Platz sein?

    Naja, sie hat halt (meinem Empfinden nach) eine enorme Trennwirkung. Wobei ich vielleicht hinzufügen sollte, dass für mich auch der Abschnitt rund um die Haltestelle Eberhardshof dazu zählt. Wenn jetzt das Quelle-Gebäude belebt wird und auch auf AEG Nord viele Menschen einziehen, dann ist so ein langer Abschnitt, ohne richtige Querungsmöglichkeit einfach nicht in Ordnung. (Klar, es gibt die Unterführungen, aber das ist trotzdem nicht das gleiche wie eine ebenerdige Querung.) In Langwasser ist das ja anders, da dort zum einen genügend Brücken über die Trasse führen und zum anderen die Wege so geplant wurden, dass ohnehin keiner an anderen Punkten die Staße überqueren möchte.

  • Die Hochbahn ist doch an sich sehr durchlässig. Der Bereich in dem sie aus der Erde kommt, die Haltestelle vor der Quelle (Eberhardshof) und der anschließende Aufstieg bilden eine Barriere, das stimmt. Aber wenn man das so sieht ist der gesamte Bahndamm sowie der FSW eine Barriere, die die Stadt in Nord und Süd trennt. Da wünschte ich mir auch mehr Untertunnelungen und Brücken!

  • Nach einigen Tagen in Dresden, mit seinem Aufbauprojekt am Neumarkt, traue ich mich schon fast gar nicht mehr nach Nürnberg. Da wird mal eben ein Stadtviertel neu gebaut, als wäre es 1880, hier wird jahrelang um das Egidienhaus gerungen (trotz dessen geradezu abseitiger Lage in Bezug auf die Wahrnehmbarkeit durch Innenstädter).


    In der Innenstadt gehören nach diesen Eindrücken in den schönen Ecken um den Hans-Sachs-Platz die Autos ausgesperrt und die Commerzbank abgerissen. Dort eine historisierende Neugestaltung und wir haben einen neuen Genusspunkt für Touristen und Einheimische.

  • Die Autos sind eigentlich dort schon mehr oder weniger ausgesperrt, die Spitalbrücke ist ja Fahrradstraße - leider hält sich niemand daran.

    Und der Durchgang beim Cafe Katz ist ja jetzt Fußgängerzone.

    Nachdem jetzt die L'Osteria dort eingezogen ist, macht der Platz selbst zumindest in den Sommermonaten einen detulich freundlicheren Eindruck.


    Wenn man noch etwas zugänglicheres, Altstadttaugliches statt der Commerzbank dorthin baut, etwa eine Markthalle, könnte das ein recht netter Platz werden.

  • Eine Markthalle wäre eine richtig tolle Idee! Das würde den Ruf der Altstädter*innen nach besserer Nahversorgung entgegen kommen, und Kulinarisches in schönem Ambiente zieht ohnehin immer! Ich sehe auch nicht wie das mit dem Wochenmarkt konkurrieren könnte. Vermutlich müsste/sollte man ersteinmal die Tiefgarage dort belassen, weil sie einfach zu praktisch ist, solange der MIV noch so alltäglich ist.


    Aber der abstoßende Bau der Commerzbank ist wirklich ein wahnsinniger Störfaktor in der Altstadt. Bei seinem Anblick kann man sich nicht wohlfühlen, und die tote Schaufensterfront macht ihn völlig Fußgänerzonen-untaulich.

  • Teifgaragen gehören für mich aber nicht unbedingt zu den Bausünden. Die stören das Altstadtgefüge zumindest deutlich weniger als Parkhäuser. Und wenn eines fernen Tages der MIV aus der Stadt verbannt sein sollte, kann man dort ja Lager für die Großmärkte in der Altstadt oder Discotheken einrichten. Auch die stören dort weniger als in oberirdischen Bunkern ;)

  • Ich würde gerne in Fürth noch ein Gebäude hinzufügen, das die Stadt stark in Mitleidenschaft zieht: Das Hochhaus am Bahnhof. Warum Bausünde? Nun, ich glaube nicht, dass man das Gebäude a) schnell weg bekommt und b) man es zu was schönem sanieren könnte. So steht der Block weiter da und verschandelt das Stadtbild. Warum ich die Sparkasse nicht auf die Liste setze? Nun, zum einen schaut das Gebäude an sich sehr zeitgemäß aus. Man müsste lediglich mal den Beton abschleifen und hier und da mal etwas weiß anstreichen und das Gebäude könnte fast als Neubau durchgehen.

  • Das stimmt, wenn man auf der Dachterrasse des City-Center entspannt, was ich durchaus empfehlen kann, und die Blicke über die Dachlandschaft der Fürther Innenstadt schweifen lässt, dann fällt das Hochhaus im Betonbrutalismus durchaus negativ heraus. Es lässt die ganze Skyline etwas schäbig aussehen, ich glaube auch nicht dass eine Fassadenrenovierung daran etwas ändert. Besser man lässt es wie es ist, wenn man es schon nicht weg bekommt. Es wirkt halt etwas südamerikanisch, finde ich. Daran könnte man ja auch etwas charmantes finden.

  • Fugger- Holzschuher- und Witschelstraße: Mit bester U-Bahnanbindung, Sportplätzen, Schulen, Nahversorgung und direkt am Westpark findet man hier wider Erwarten keine begehrte Wohngegend, sondern Autohändler. Warum? Dass direkt an den Frankenschnellweg angrenzend keine Luxuswohnungen anschließen leuchtet ja noch ein, aber bereits auf der Holzschuherstraße stehend merkt man, dass es nicht lauter ist, als in jedem Wohngebiet. Warum also gibt es für diese Autohändler nicht ein Gewerbegebiet außerhalb? So etwas wie die Benno-Strauß-Straße in Fürth, wo alles mit ähnlichen Geschäften geordnet und ordentlich zu geht? Ich bin gespannt, was nach dem Wegzug von BMW passiert, vielleicht ändert der ja was.

  • Ja, das ist kein sehr ansehnliches Gebiet, da gebe ich Dir recht. Ein Unding, dass eine so innenstadtnahe große Fläche wie zwischen Frankenschnellweg und Witschelstraße im Grunde als riesiger Parkplatz für die dortigen Automobilbetriebe vergeudet wird. Wäre schön, wenn der Wegzug von BMW da eine Veränderung einleiten könnte.


    Wenn man in der Google-Vogelschau auf Nürnberg draufsieht, erkennt man auch insgesamt sehr eindrucksvoll, welche symbiotische Allianz die großen Verkehrsachsen und die Gewerbegebiete bilden: An den Frankenschnellweg und den Süd-Ring schmiegt sich ein Industrie-Areal nach dem anderen mit riesigen grauen versiegelten Flächen - Flachbauten und Asphalt. Ungut finde ich dabei, dass es nicht ein paar wenige größere zusammenhängende Zonen gibt, sondern immer wieder Wohnviertel zwischen Industriearealen eingequetscht sind. St. Leonhardt, Schweinau und Gibitzenhof sind ja geradezu "umzingelt".


    Perspektivisch gilt es, möglichst viele solcher Zonen aus dem Bereich innerhalb des Rings hinauszudrängen bzw. sie umzuwandeln. Eine Reihe solcher Prozesse des Umbaus von Gewerbe- und Industriearealen - bzw. der entsprechenden Brachen - in Wohn- und Dienstleistungsgebiete lief und läuft ja auch schon: am Kohlenhof, auf dem Quelle-Areal, auf dem AEG-Nord-Areal, entlang der Bahnhofstraße, am ehemaligen Nordbahnhof, auf dem Tuchergelände und beim riesigen Gebiet des Rangierbahnhofs bzw. des Industriegebiets Brunecker Straße. Die Dimension des immer abstrakt so bezeichneten Strukturwandels wird an diesen Beispielen schon sehr deutlich.