Spekulierstrang Spezial: Zukunft der großen Zeil-Warenhäuser

  • Ich dachte ursprünglich das die mit Karstadt/Kaufhof verbandelt sind, weil die in so vielen Karstadt/Kaufhof Häusern zur Untermiete sind, sind aber anscheinend ein eigenständiges Unternehmen. [...] Zum Beispiel der frühere Lidl/Penny in der Stiftsstraße steht noch leer.

    Die haben in Berlin angefangen - daher so viele Filialen dort. Und Berlin ist ja auch ein klein wenig größer als Frankfurt ;)


    Stiftstraße ist gut! Zwar keinen direkten Zugang mehr von der S-/U-Bahn wie jetzt, aber zentral. Und wenn das Edge irgendwann mal kommt, könnte dieser Straßenabschnitt tatsächlich wieder etwas belebter werden. Im Augenblick ja eher so ein "da gehe ich halt mal durch, weil es schneller ist" - Bereich.



    Für die Neu-Nutzung des dann leer stehenden Areals frage ich mich: welche Textileinzelhändler sollen denn da rein? Im anderen Strang steht, das Esprit nochmal für zunächst ein Jahr am alten Standort testet. In den letzten Jahren haben doch mehr zu- als aufgemacht. Wenn alle nur noch auf online setzen (und das teilweise mehr schlecht als recht): wer soll denn dann in die Stadt gelockt werden?



    Mod - Nachtrag auf Hinweis:



    Ja, ich korrigiere mich. Danke für den Hinweis. Es ist nicht Esprit selbst, die nochmal testen (der Strang ist "Zeil-Talk". Nur das Gebäude wird wieder genutzt - zumindest für Pop-up-Stores. Da darf man also gespannt sein, wer diese dann sind.

  • Wie man so schön sagt: Hermann und Leonhard Tietz werden im Grab rotieren, wenn Sie sehen, was aus Ihren Einkaufspalästen durch jahrzehntelange Managementfehler und bewußte Ignoranz gegenüber der Kernidee des Geschäfts, "alles unter einem Dach" zu bieten, geworden ist. Wer sich noch an 'Hertie Zeil' erinnern kann, und weiß, was dieses Haus damals auf der gleichen (!) Fläche wie der dahinsiechende Karstadt heute an Sortimentsvielfalt und -tiefe zu bieten hatte, wundert sich nicht, daß mit der heutigen einseitigen Ausrichtung auf mäßig attraktive Klamotten und Parfüm kein Stich zu machen ist. Das gebetsmühlenartig wiederholte Argument, das Kaufhaus sei tot, ist lediglich eine Bemäntelung der Unfähigkeit und des Desinteresses. Daß das Konzept Kaufhaus nach wie vor erfolgreich funktionieren kann, zeigen z.B. Breuninger in Stuttgart oder Engelhorn in Mannheim. Aber die Ausrichtung muß stimmen, und das Management ein Gefühl für's Geschäft haben, am besten vor Ort und bei der Sache sein. Daß das bei einem Immobilienkonzern wie Sigma nicht der Fall ist, wen wundert's. Da zählen hauptsächlich die Mieteinnahmen und Grundstückswerte - und die lassen sich deutlich steigern, wenn man die Flächen renditeorientiert neu bebaut - siehe die Ex-Kaufhalle / Sportarena an der Hauptwache, die dem selben Eigentümer gehört. Daß in ein paar Jahren auch die letzte Galeria in Frankfurt dicht macht, ist absehbar. Aber wo kauft man dann so Dinge wie Unterwäsche, Strümpfe, Nähzeug, Küchenartikel, Wecker oder Regenschirme? In Karlsruhe hat Breuninger schon vor vielen Jahren den früheren Hertie übernommen. Mit Erfolg. Ähnliches würde ich mir auch in Frankfurt wünschen. Mal ehrlich: wer braucht noch ein Hotel in der Innenstadt - außer vielleicht der Tourismus- und Kongress-GmbH.

  • ^Ich würde sagen, der Verweis auf Breuninger bei gleichzeitiger Forderung nach Sortimentsvielfalt ist ein unauflösbarer Widerspruch, weil Breuninger eben nur Klamotten anbietet, keine Lebensmittel, keine Haushaltswaren, keine Bettwäsche, weder Schuhe noch Parfumerie, Kurzwaren und was sonst nicht alles.


    Die Präsentation einer goßen Warenvielfalt in möglichst angenehmer Atmosphäre ist im Gegensatz zum Discounter oder zu Outlets und Fachmärkten an der Peripherie mit hohen Kosten verbunden, und das in alten Häusern, die jeden Immobilienverantwortlichen verzeifeln lassen. Von der Logistik wollen wir gar nicht erst anfangen. Sobald die Speditionen z.B. anfangen, andere, etwa größere, längere, höhere oder schwerere Lieferwagen einzusetzen , gibts jedesmal Probleme, weil die Entladung schwieriger wird, zu lange dauert. Von Lidl und Aldi wissen wir, dass sie ihre Märkte so anzulegen versuchen, dass jeder LKW einer standardisierten Größe mit maximal 1 x umsetzen an der Rampe sein muss; Ladezeiten sind streng getaktet, damit die Lieferwagen in kurzer Zeit möglichst viele Märkte anfahren können; davon kann man bei den Zeil-Warenhäusern nur träumen. Kaufhäuser sind Sonderbauten, die routinemäßig (3-Jahres-Turnus) strengen technischen Prüfungen unterliegen. Allein den vorbeugenden Brandschutz a jour zu halten, macht die alten Kaufhäuser zu Dauerbaustellen, von den energetischen Aspekten mal ganz zu schweigen.


    Und so kommt einiges an Umständen zusammen, die das Geschäftsmodell Warenhaus erodieren ließen und lassen; wenn man das Modell retten will, dann nur in neuen Gebäuden, die den seit Jahren im Wandel befindlichen externen Umständen Rechnung tragen, Das dürfte im vorhandenen baulichen Bestand kaum gelingen.

  • Der Vergleich mit Breuninger ist nicht aus der Luft gegriffen, das Stuttgarter Haus ist ein richtiges Warenhaus, das weitaus mehr als nur Bekleidung bietet. Die Schmalspurvariante im Main-Taunus-Zentrum ist dazu kein Vergleich. Klar muß man in die Häuser ständig in Um- oder besser noch Neubauten investieren und die Ausrichtung den Zeiten und Ansprüchen der Kundschaft entsprechend anpassen - was bei Breuninger und Engelhorn, aber auch dem Frankfurter Kaufhof über Jahrzehnte immer wieder gemacht wurde. Bis auf den Zebraanstrich im vorderen Bereich hat sich hingegen am einstigen Hertie-Bestand bis auf stümperhafte Innenkosmetik nichts grundlegend geändert. Die Konsequenz daraus ist nun die Schließung. Daß deshalb das Geschäftsmodell überholt und die grüne Wiese so sehr im Vorteil sein soll, glaube ich nicht. Hinsichtlich der logistischen Vorteile mag das stimmen, aber atmosphärisch rangiert der Baumarkt am Stadtrand doch auf ähnlich niedrigem Erlebnisniveau wie der Einkauf im Internet. Und gerade im Rhein-Main-Gebiet sind viele der Märkte und Einkaufszentren auf der Wiese, die im Boom der 60er und 70er entstanden, inzwischen ähnlich überaltert, wie die von Dir kritisierten Kaufhausbauten.

  • ^^


    All das, bis auf Lebensmittel, bietet Breuninger, zumindest im Stuttgarter Stammhaus an! Lebensmittel gab es vor einigen Jahren auch, das lief damals unter der Flagge von"Feinkost Böhm", einer bekannten Stuttgarter Institution.

  • Modekette Aachener übernimmt Karstadt/Zeil

    Die FAZ meldet heute, dass die Modekette Aachener vier Karstadt-Häuser übernimmt, darunter das Haus an der Zeil, Nähe Konstablerwache (Coburg, Cottbus und Nürnberg sollen die anderen drei sein). Der Mietvertrag sei bereits abgeschlossen. 220 Karstadt-Beschäftigten soll ein Übernahmeangebot gemacht werden, 50-60 weitere Stellen sollen besetzt werden. Der "Aachener Department Store" sei eine Zwischenlösung für den Standort, da die Eigentümer dort langfristig andere Pläne hätten. (Anm.: Eigentümer ist Sahle Bau).

  • Gute Nachricht, mich freut’s für die 220 Karstadt Angestellten nach der schweren Corona Zeit.


    Die zwischenzeitliche Nutzung durch die Aachener Modehauskette kauft vor allem Zeit. Ein langes Pokerspiel mit ungewissem Ausgang hätte die schlimmen Zustände zwischen Karstadt und Großer Friedberger Straße nur weiter verschlimmert (Ex-Zara). Jetzt besteht wenigstens Aussicht auf schnellere Besserung.


    Das seit 2020 (!!) leer stehende Esprit in 1A-Lage zeigt zudem, dass Leerstand und Pop-Up Ramsch die direkte Umgebung stark runterziehen können. Auch das Lorey Haus findet keinen Abnehmer und selbst die Ex Commerzbank an der Alten Oper steht leer. Ist man ein Schelm, wenn man unterstellt, dass die Miet-Erwartungen für Einzelhandel besonders in Frankfurt noch lange nicht in der neuen Realität (weniger Kaufkraft, mehr Online Konsum, Home Office, steigende Zinsen, Corona-Minus bei Retail Ketten) angekommen sind?

  • Auch das Lorey Haus findet keinen Abnehmer

    Ich bin mir sicher das das Lorey Haus sehr bald abgerissen wird und dass keine Neuvermarktung des Bestandsgebäudes geplant ist. Das Gebäude ist komplett verbaut und für Händler und Kunden unattraktiv. Ein Labyrint aus Räumen und versetzten Stockwerken. Und da das Gebäude aus der Nachkriegszeit stammt ist die Bausubstanz sicher auch nicht die Beste.

  • Das Problem beim Lorey-Haus ist die (für mich unverständliche) Entscheidung dieses unter Denkmalschutz zu stellen.

  • Wenn man der Aachener Homepgae glaube darf (Filialen), dürfte das damit das größte Haus in ihrer Kette werden. Ob die wirklich ein Heilsbringer sind oder sich am Ende damit nicht völlig übernehmen, wird die Zeit zeigen. Ich würde mir wünschen, dass die kein Shop-in-Shop System führen, dann wäre das für mich eine weitere Anlaufstelle, der ich gerne eine Chance geben würde.

  • Statt wie geplant zum 31. Januar 2024 wird das Warenhaus "Galeria Frankfurt Zeil" bereits am 30. Juni 2023 geschlossen. Am Tag darauf wird das "Modehaus Aachener" die Räumlichkeiten des ehemaligen Hertie, zuletzt Karstadt übernehmen. Laut Vermieter Sahle hat der Mietvertrag eine Laufzeit bis Ende 2025. Alle 220 Beschäftigten sollen ein Angebot zur Beschäftigung erhalten. Ende August oder Anfang September ist die Eröffnung geplant. Das Angebot soll neben Mode auch Parfüm, Sport- und Spielwaren sowie Lebensmittel umfassen, schreibt die Frankfurter Rundschau heute Nachmittag.

  • Es muss bezweifelt werden, dass das "Modehaus Aachener" zur erhofften erfolgreichen Interimsnutzung des geschlossenen Warenhauses "Galeria Frankfurt Zeil" wird. Der bisherige Geschäftsführer Friedrich-Wilhelm Göbel hat heute sein Amt niedergelegt, nachdem in der letzten Zeit unschöne Dinge über ihn zu lesen waren, darunter ein Haftbefehl wegen Nichterscheinens in einem gegen ihn geführten Strafprozess. Zur im Frühjahr für September angekündigten Neueröffnung des Modehauses ist es bisher nicht gekommen.


    Neuer Geschäftsführer ist der Frankfurter Rechtsanwalt Oliver Nobel von der Kanzlei Görg (Quelle). Nobel gilt als Sanierungsexperte. Man darf annehmen, dass im Rahmen der bevorstehenden Restrukturierung von Aachener alle Planungen geprüft werden, so auch die für das größte Haus der Kette an der Zeil.


    Nachtrag: Am 23. November 2023 wurde Insolvenzantrag gestellt (Quelle).

  • Aachener Department Store, ex Galeria Konstablerwache


    Laut Meldung der Hessenschau von heute hat die Modekette Aachener Insolvenz angemeldet. Die sehr kurze Meldung liest sich so ("ursprünglich wollte"), dass der Store nun nicht eröffnet wird. Da frage ich mich aber, wer diesen Sonderverkauf durchführte (#275).

  • ^ Sonderverkauf wurde von Aachener selbst durchgeführt. D.h. das Geschäftskonzept sah erst einmal einen Outlet vor mit der Option auf Umsatz bei Geschäftstätigkeit.


    Der neue GF Oliver Nobel hat den Insolvenzantrag gestellt und dies gegenüber den MA in einem Schreiben begründet: "Nach aktuellem Stand der Dinge ist nicht mehr sichergestellt, dass wir fällige Verbindlichkeiten noch termingerecht und vollständig begleichen können […]". Und weiter: "Um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von Aachener wieder herstellen zu können, habe ich heute beim zuständigen Amtsgericht in Dortmund Antrag auf Eröffnung eines Regelinsolvenzverfahrens gestellt […]."


    Was Insolvenz rechtlich bedeutet, dazu wurde im Elbtower Diskussionsstrang was geschrieben (Klick). Die Frage von tunnelklick im letzten Absatz können wir hier bereits mit Ja beantworten.


    Der von Schmittchen verlinktet Artikel ist noch frei und vollständig lesbar. Jedenfalls haben Vermieter zurzeit die Wahl zw. Leerstand und an möglichst solvente Vermieter zu vermieten sofern sie Interessenten finden die hohe Mieten und lange Laufzeiten akzeptieren. Ebenso sind Lieferanten für den Textileinzelhandel in der aktuellen wirtschaftlichen sehr froh Lagerbestände aus der Vorsaison noch verkaufen zu können. Dies als Antwort auf die Frage warum an Aachener vermietet und verkauft wurde.


    Vermieter Sahle orientiert sich schon um und sucht wohl wieder nach potentiellen Mietern.

    Einmal editiert, zuletzt von main1a ()

  • Lieber wäre es mir, wenn Sahle einen Abbruchantrag stellen und die Stadt diesen durchwinken würde.


    Besser als zügig zurückbauen und das Planungs- und Baurecht herzustellen kann man diese Saure-Gurken-Zeit nicht nutzen, denke ich.

  • Der Insolvenzverwalter hatte angekündigt, dass die in Vorbereitung befindlichen Filialen eröffnet werden sollen, falls die Vermieter mitspielen. Das scheint in Frankfurt der Fall zu sein. Man wird auf jeden Fall versuchen wollen, den Cashflow aus dem Weihnachtsgeschäft mitzunehmen.

  • Hier ein längerer Artikel aus der Rundschau zur Eröffnung des "Aachener Department Stores" am vergangenen Donnerstag:

    Wandel an Zeil: Aachener öffnet Warenhaus trotz Insolvenz


    Der vorläufige Insolvenzverwalter teilte laut Artikel mit, es sei "erfreulicherweise gelungen, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren und ordnungsgemäß fortzusetzen" und man erwarte "weiter positive Ergebnisse in den nächsten Monaten".