Ich fände Enteignungen schon gerecht wenn klar ist dass die Immobilie nur zu Spekulationszwecken nicht weiterentwickelt wird (was sich freilich nach einer Woche noch nicht sagen lässt). Gegenfrage: ist es nicht bedenklicher, dass Investoren durch Leerstand von Gebäuden wie der Quelle oder des Schockens gleich ganze Stadtquartiere in den Abgrund ziehen können ohne Konsequenzen befürchten zu müssen? Ich würde das öffentliche Interesse an einer lebenswerten Umwelt höher bewerten als den Schutz des Eigentums. Außerdem muss man die Enteignung ja nicht gleich durchführen, nur könnte man sie als Druckmittel verwenden, damit der Eigentümer von Anfang an verantwortungsvoll handelt.

Vorerst gerettet: Karstadt Nürnberg - doch wie weiter?
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Die Initiative der Stadt ist nett und notwendig, aber aller Voraussicht nach völlig Folgenlos.
Sehr wahrscheinlich ist, so unglücklich es auch sein mag, ein mehrjähriger Stillstand. Der Karstadt ist eben keine Premiumimmobilie wie der OB meint, sondern eine modernisierungsbedürftige Problemimmobilie in Top-Lage. Da wird es keine schellen Lösungen geben. Hier kommt jetzt alles was es schwierig macht zusammen:
- Flächenlayout das heute keiner mehr will
- Haustechnik die veraltet ist
- Hohe Renditerwartungen des Fonds weil sicher mal dafür ordentlich bezahlt wurde - weil Top-Lage
- Bauliche Restriktionen durch U-Bahn etc.
- Öffentliche Aufmerksamkeit und Ansprüche an das was da kommen könnte
Selbst wenn man hier morgen mit ersten Ideen starten würde, es dauert Jahre das hier umzusetzen.
Was die Stadt aber tun kann, ist den Prozess zu einer neuen Nutzung aktiv zu begleiten und mit Anreizen zum zügigen Handeln zu versehen
Nürnberg ist einer der attraktivsten Einzelhandelszentren Deutschlands und Top bei Umsatz pro Fläche und Köpfen.
Da braucht man eigentlich nicht devot auftreten.
Ästhetisch wird man den Leerstand im Stadtbild wohl gar nicht so merken da der Karstadt insgesamt doch irgendwie recht unter geht. Lange leere Schaufenster kann es mangels solcher nicht geben. Die Eingänge sind noch dazu so gut in den dunklen Ecken des Baus versteckt, und Fenster die nun dunkel bleiben hat das Ding auch fast keine....
Die fehlende Kundschaft wird aber die Frequenz an der Karolinenstraße verändern. Und das könnte über kurz oder lang eine Kettenreaktion bei Mietpreiskorrekturen nach unten in Gang setzen.
@ nothor: Bezüglich des Verteilergeschoss war es meines Wissens ja schon so, das der Eigentümer des Karstadts schlichtweg die Bemühungen der Stadt um Verbesserungen ignoriert hat. Hier müssten nämlich alle Anrainer an einem Strang ziehen um Veränderung zu ermöglichen (man denke nur an die alten Schließfächer in denen noch mit DM bezahlt werden müsste etc.). Aber ich geb dir recht, abseits davon sollte es hier Denkmalschutz geben...
d.
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Mein Gedanke ging halt in Richtung "starkes Signal". Wenn man seitens der Stadtspitze schon darüber sinniert, dass man eigentlich kaum rausbekommen könne, wer eigentlich der zuständige Ansprechpartner in der Immobilienholding sei, um demjenigen dann einen "Brief zu schreiben", dann ist das kein starkes Signal. Solche Signale sendet man in öffentlichen Debatten, öffentliche politische Äußerungen, die die Verantwortlichen dann von ihren Beratern auf den Frühstückstisch gelegt bekommen. Klar ist das alles noch frisch und gerade eine Woche öffentlich, aber es schadet nichts frühzeitig unmissverständlich klarzumachen, dass man auf allen Seiten, auch der Stadtpolitik, alles in Bewegung setzen würde um hier kein schwarzes Loch entstehen zu lassen.
Im Grunde ist das aber auch geschehen, was ich ja sehr gut finde.
In der Print-NZ stand in einem Artikel auch geschrieben, dass die Immobilie seinerzeit ausgegliedert und durch einen "Trick" teuer verkauft wurde. Der Wert orientierte sich an den Mieteinnahmen, und der Mietpreis wurde kurz vor dem Verkauf deutlich erhöht um den Wert und damit den Ertrag für den Verkauf zu erhöhen. Wenn man das umdreht und sieht, dass die Mieteinnahmen bald gen Null gehen werden, dann wäre das ein Zeitpunkt um entsprechende Überlegungen auch mal laut zu äußern. Es muss aus der Politik kommen, aber nicht zwingend von jemandem aus der ersten Riege.
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Zitat von Sprenggiebel
Ich fände Enteignungen schon gerecht wenn klar ist dass die Immobilie nur zu Spekulationszwecken nicht weiterentwickelt wird .
Außerdem muss man die Enteignung ja nicht gleich durchführen, nur könnte man sie als Druckmittel verwenden, damit der Eigentümer von Anfang an verantwortungsvoll handelt.
Ein Druckmittel funktioniert nur, sofern das Mittel tatsächlich rechtlich zulässig ist. Für eine Enteignung sehe ich hier weder die Verhältnismäßigkeit als Voraussetzung gegeben, noch irgendein Gesetz, welches hier im Speziellen eine Enteignung begründen könnte. Da eine Enteignung auch immer eine Entschädigung mit sich zieht, wäre es im vorliegenden Fall auch kein Schnäppchen für den Steuerzahler.
Der Eigentümer wird auch nicht angeben, die Immobilie nur zu Spekulationszwecken nicht weiterzuentwickeln. "Klar" ersichtlich werden die vermeintlichen Motive also nicht sein, Enteignung nur aufgrund von Vermutungen ist abwegig. Ein Ansatzpunkt wäre ggf. ein Zweckentfremdungs- / Leerstandsverbot (sofern es ein solches in Nürnberg gibt), aber selbst dann wäre eine Enteignung nur die Ultima Ratio. [Als Anschauungsbeispiel was alles passieren muss, damit ein Gebäude enteignet werden kann, und welche Zeiträume dabei vergehen, dient das Dönerhaus in München]
Anstatt das Gesprächsklima mit der Enteignungskeule also von Anfang an zu vergiften, lieber gleich konstruktiv an einen Tisch setzen und gemeinsam Lösungen suchen.
Ob etwas gerecht ist oder nicht, diese Frage kann und will ich nicht beantworten. Da würde ich zuvorderst bei der jahrlangen Misswirtschaft verschiedener Kaufhof- und Karstadt-Eigentümer ansetzen, aufgrund dessen nun tausende Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren. Corona hat da das Fass nur zum Überlaufen gebracht.
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Da ich diesen Begriff "Enteignung" ins Spiel gebracht habe, klar macht das selbst in optimalen Bedingungen nur dann Sinn, wenn es eine Zusage oder gar eine Garantie gäbe, dass der Karstadt dort weitermacht. Das ist ja schonmal nich gegeben, wenn man sieht wie der Konzern insgesamt schlingert. Insofern ist die Überlegung grundsätzlich theoretischer Natur und nur taktisch zu verstehen. Ich wünschte hier mir einen Ruf aus dem linken politischen Spektrum dazu, das würde den Handlungsdruck auf die Regierenden etwas erhöhen und der Brief an die Immobilienholding würde vielleicht etwas mutiger verfasst. Dass ein Herr OB König nicht laut über soetwas nachdenkt ist denke ich nachvollziehbar.
Grundsätzlich sind meine Vorstellungen aber davon geprägt, dass ich gerne den Karstadt als Kaufhaus erhalten sehen und lieber den schmuddeligen Kaufhof opfern würde, auch für eine neue Bebauung. Städtebaulich ist die aktuelle Entscheidungslage sehr unerfreulich.
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Zitat von nothor
Insofern ist die Überlegung grundsätzlich theoretischer Natur und nur taktisch zu verstehen. Ich wünschte hier mir einen Ruf aus dem linken politischen Spektrum dazu, das würde den Handlungsdruck auf die Regierenden etwas erhöhen und der Brief an die Immobilienholding würde vielleicht etwas mutiger verfasst.
Nun, genau darauf beziehe ich mich in den Vorbeiträgen. Ich halte es für nicht zielführend, mit Enteignungen zu drohen, gleich ob taktischer, theoretischer oder faktischer Natur. Mir fehlt vielleicht die Phantasie, dass ein kühner Ruf nach Enteignung zur Lösung der Krisensituation rund um GKK und potentiell längeren Leerständen von Innenstadtimmobilien beitragen könnte. Vielmehr wirken solche Drohungen auf mich unsachlich und gehören für mich eher in den Bereich der Wildwest-Politik. Enteignungen sind ein starkes Schwert in unserer Demokratie, damit sollte man nicht leichtfertig um sich schlagen, verliert es doch dadurch nur an Schärfe.
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Die Initiative der Stadt ist mMn. nicht nett und notwendig, wie Dexter schreibt, sondern eine typische Nebelkerze, da mit Sicherheit völlig folgenlos. GKK schließt aktuell um die 100 Häuser (inkl. Karstadt Sport). Das ergibt mind. 50 Briefe von OB'n bzw. Stadtverwaltungen. Das landet alles schnell in der "runden Ablage", vermutlich oft ungelesen.
Genauso wenig hilft die Androhung einer möglichen Enteignung. Wie MiaSanMia schreibt, fehlen dafür alle (rechtlichen) Voraussetzungen. Das zaubert Rechtsanwälten der Fonds nicht einmal müdes Lächeln auf die Lippen.
Die Stadt(verwaltung) hätte schon Möglichkeiten, Entwicklungen im Sinne des Gemeinwohls zu befördern: B-Plan, Auflagen bzw. Entlastungen, Erlass einer Satzung, usw.
Das müsste dann aber angedroht und im Falle eines Falles auch durchgezogen werden. Da man unter OB Maly die letzten 18 Jahre so gut wie immer eingeknickt ist (siehe bspw. Bürohaus bei Porsche, Tullnaupark, Quelle, AEG, usw.), könnte sich hier der neue OB beweisen. Aber es ist mühsam, unsicher und kommt in großen Teilen der Bevölkerung oft nicht gut an. Das wird daher vermutlich nicht passieren, da dem neuen OB nette Kommentare in den sozialen Medien, nette Artikel in der Lokalpresse und nette Fotos von Belanglosterminen und damit seine eigene Zukunft wohl wichtiger sind als die Zukunft der Stadt. Mit schönen, am Ende aber meist leeren Worten, gewinnt man im Zweifel mehr Stimmen, als mit Konflikten und Kämpfen. Das hat er definitiv von seinem Vorgänger gelernt.
Nimmt man dazu noch Corona als Kurzfristtrend und den Niedergang des innerstädtischen Einzelhandels als Langfristtrend, sonst wären vor ca. 15 Jahren die wertvollen Immobilien von Arcandor nicht verramscht worden (=sale and lease back, war das Zauberwort zur Stärkung der Liquidität und schnellen Rendite, aber vor allem zum Kassieren von Boni und Provisionen), dann sehe ich hier wenig Chancen. Es wird vermutlich erst Leerstand geben, dann eine Zwischennutzung, bevor ein neues gesichtsloses "Center" mit Fachmarktgalerie, Hotel und" Foodcourt" kommt...
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Ich glaube allerdings schon dass der Druck auf die Politik hier wesentlich höher sein wird als in vergleichbaren Situationen in Nürnberg, z.B. an der Quelle oder am Aufseßplatz. Wir haben nach der Stadtrats- und OB-Wahl zwar wieder eine GroKo, aber diesmal unter einem CSU-OB. Das Vertrauen will auch eingelöst werden, insbesondere für die Gewerbetreibenden der Altstadt. Wenn ein Karstadtleerstand die Lage runterzieht und die Kundenfrequenz nachlässt bleibt eine als Wirtschaftsfreundlich geltende Stadtführung nicht unbeschädigt. Und schon garnicht wenn man sich dann derselben Argumente bedient wie der SPD-Vorgänger. Hier geht es ja nicht nur darum, vorsichtig und mit Samthandschuhen einen internationen Immobilienkonzern zu behandeln. Da ist m.E. in einiger Zeit, wenn bis dahin nichts geschehen ist, eh alles verloren. Wenn das Kaufhaus einmal geschlossen und die Waren weggeschafft wurden gibts kein Zurück mehr. Hier gehts um die vielen anderen Händler, Ketten und Konzerne, die in der Altstadt nach wie vor eine gute Lage sehen und auf Kundenfrequenz und Umsatz setzen. Ob man hier so sehr auf ein totes Pferd setzen sollte während man die anderen, die sich zur Altstadt bekennen, vor den Kopf stößt, würde ich kritisch sehen.
Es ist erfreulich, dass sich z.B. der Wöhrl am Weißen Turm, der ja auch immer wieder schlingernd in der Presse landet, sich nach wie vor zum Standort bekennt, das Kaufhaus pflegt und den Komplex nun mit einem Neubau weiterentwickelt. Das musste durch den BKB, da gab es endlose Abstimmungsgespräche, mit nun hoffentlich erfolgreichen und vielversprechenden Ausgang. Dort schaut man sicherlich ganz genau hin, wie man die Karstadt-Tragödie angehen wird. Denn eins ist klar, wenn der Karstadt einmal zu ist werden sich viele Kunden einmal mehr fragen, ob sie jetzt wirklich in die Altstadt wollen, das werden denke ich alle Händler spüren.
Rücksicht auf den Immobilienfonds halte ich hier für Fehl am Platze.
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Ich denke halt dass auch die Menschen, die in der unmittelbaren Umgebung wohnen, es einfach satt haben dass mal wieder was kaputt geht und sie dann ein Jahrzehnt warten müssen bis dann was nachfolgt. Das könnten sie dann in der nächsten Wahl brutal abstrafen.
Und ein weiterer Fehler des bisherigen Stadtrats war es, in solchen Fällen dann keine Transparenz herzustellen. Wenn die Bevölkerung selbst das Gefühl hat, auf dem Laufenden gehalten zu werden, deutliche Informationen bekommt und dabei eventuell noch selbst Vorschläge einbringen kann, ist die Toleranz für eine lange Wartezeit deutlich höher.
Dass die Kulturschaffenden aus der Quelle geschmissen wurden und dann lange garnix passiert ist haben viele dem Stadtrat nicht verziehen.
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Eine schöne Bilderreihe aus der NN aus der Zeit der Errichtung des Karstadt: https://www.nordbayern.de/regi…0203699?offset=0#ancTitle
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Ich finde, wenn der Karstadt tatsächlich schließt, dann sollte man sich voll auf den Kaufhof konzentrieren, seitens der Karstadt-Kaufhof Geschäftsführung. Man kann da viel gutes von Karstadt mit einbeziehen. Früher hatte der Kaufhof eine Markthalle im Untergeschoss, das war Anfang der 90er Jahre mit Rolltreppe von außen. Karstadt's Feinkost Supermarkt wird ja von Rewe geführt vielleicht kann der beim Kaufhof unten rein und Rewe bezahlt den Umbau der Bedarf an Feinkost ist ja da. Vielleicht kann Chanel und Dior etc. ja ins Erdgeschoss und die bezahlen auch ihre eigenen Bereiche.
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Die Kaufhauskundschaft konzentriert sich also künftig im Kaufhof. Für zwei benachbarte Objekte scheint die mit dieser Kundengruppe erzielbare Rendite nicht mehr zu reichen.
Wenn diese Kundengruppe offenbar kontinuierlich rückläufig ist, dann wird das große Vermissen wohl ausbleiben, und auch die verlorene Magnetwirkung ist dann in ihrer Bedeutung zu relativieren.
Eine schmerzliche Leerstandoptik bleibt uns erspart. Eine Nachnutzung wird sicher schwierig. -
In der NZ stand heute wieder ein Beitrag zur Karstadt-Misere.
Danach bemüht sich die Stadt weiterhin um den Erhalt des Standortes und OB König hat sogar angeboten, die Königstorpassage und das Verteilergeschoss aufzuwerten. In ca. 2 Wochen fällt die Entscheidung der Unternehmsleitung bzw. des Insolvenzverwalters dazu. Bis dahin wollen die Beschäftigten und Betriebsräte auch mit einer Menschenkette auf den Erhalt des Standortes und ihrer Jobs hinweisen.
Ob das alles irgendwas bewirken kann? Mir scheint es hier insgesamt einen Tod auf Raten zu geben, dem wir hier schon seit langem zuschauen.
Ich hoffe jedenfalls dass das sensationelle Verteilergeschoss nicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion modernistisch verunstaltet wird mit einer Orgie aus Gipskartonplatten und LED-Lichtleisten. Wenn man Einkaufstempel und deren Umfeld "modernisiert" und sie so oft meilenweit weg vom ursprünglichen Architektenentwurf bringt, kommt meistens nichts Befriedigendes dabei heraus. Das wird dann oft etwas mit einer Ausstrahlung zwischen Messestand und Drogeriemarkt.
Aktuell hat der in die Jahre gekommene Komplex zwar Patina, ist vielleicht etwas schmudelig, besitzt aber sehr viel Charme:
Das Dumme ist halt dass tatsächlich aktuell die Mode der 1970'er Jahre - eloxiertes Aluminium, getönte Scheiben, Waschbeton und kräftige Farben nicht hip sind. Aber man stelle sich mal dieses Design komplett umgekrempelt vor, wie soll das dann aussehen? Jetzt ist U-Bahn-Ebene, Verteilergeschoss und das Kaufhaus noch weitgehend aus einem Guss erhalten, stimmig und original. Wo und wie soll man da ansetzen für eine Aufwertung? Was ist unter "Aufwertung" denn genau zu verstehen? Will man ein unternehmensstrukturelles Problem damit lösen, indem man Kosmetik an der Architektur betreibt? Nur um am Ende das Kaufhaus wohl doch zu verlieren? Unschön. Ich hoffe das wird nicht passieren und die Stadt spart sich das Geld.
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nothor, ich kann dir nur recht geben. Das Verteilergeschoss sollte in seiner Grund-Ästhetik nicht verändert werden. Problem ist halt, dass die Einbauten alle technisch verschlissen bzw. am Ende Ihrer Lebensdauer erscheinen. Der Wandbrunnen (zweites deiner Bilder) ist seit Jahren stillgelegt, die Schließfächer ohne Funktion und wie es um die Elektrik steht, wer weiß.
Aber eine Sanierung sollte hier kein Hexenwerk sein. Denn diese Ebene ist ja praktisch der Keller des Kaufhauses. 80% des Verteilergeschosses liegen unter dem Karstadt und sind somit nicht mit dem in ähnlichen Fällen üblichen Feuchtigkeitseintritten von oben durch Straßensalz etc. und damit teuren Betonsanierungen behaftet.
Ich vermute ein vergleichsweise kleiner Eingriff (anders als am Plärrer, bei dem von oben aufgebuddelt werden muss) könnte viel bewirken. Die vermeintliche Spritzbeton-Decke ist ja auch nur abgehängt und nach einer technischen Sanierung leicht wieder her zu stellen. Brunnen gründlich reparieren, Elektrik und sonstige Leitungen wo nötig erneuern, Schließfächer updaten und Fensterfronten reparieren. Dann Decke inkl. des Dekors (discoesque Mosaikspiegel a la Staurday Night Fever, Unterzüge usw.) wieder herstellen und ggf. die Beleuchtung dabei feintunen. Fertig.
Alles sicher nicht billig, aber eben auch kein Megaprojekt...
d.
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Ich sehe das etwas anders. Der Grundgedanke kann ja zur Not noch gleich bleiben, aber der dunkle Bodenbelag und die Decke müssen heller werden. Egal wie man es dreht und wendet: Für mich hat Denkmalschutz in so einem funktionalen Gebäude nur eine untergeordnete Rolle. Diese schummrige Gestaltung wird man niemals mit der einer Kirche gleichsetzen können und damit auch niemals eine breite Akzeptanz in der Gesellschaft erreichen. Wenn man U-Bahn-Stationen unter Denkmalschutz stellen will, dann sollte es eine der ursprünglichen Halte in Langwasser sein, aber nicht dieses Betonmonster mitten in der Innenstadt. Für mich gehört hier eine Gestaltung wie am Stachus hin: hell und freundlich.
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Dexter: Ich sehe das so wie du, aber ich fürchte wenn man es anpackt dann würde es eher so wie es Lieblingsfranke beschreibt. Alles ginge kaputt, und hinterher wäre das eine pseudo-zeitgenössisch LED-grelle Röhrenoptik. Im Übrigen finde ich es genau nicht so wie es Lieblingsfranke beschreibt, für mich ist die Station Lorenzkirche die schönste in der ganzen Stadt, und die einzige, die es überhaupt jemals schaffen könnte in einem internationalen Ranking als "schönste U-Bahnstation" aufzutauchen, einfach weil sie Charakter hat, unverwechselbar auf Lorenzkirche und Innenstadt hinweist, dafür meisterhaft mit den Moden ihrer Zeit verknüpft wurde und somit heute ein Alleinstellungsmerkmal weltweit haben könnte. Wenn ich mir die schönsten Berliner U-Bahnstationen vor Augen führe - ganz vorne Herrmannstraße, aber auch Alexanderplatz oder den Wittenbergplatz - dann sind die alle ganz ähnlich und nur deshalb schön, weil man es verstanden hat ihren Charakter zu bewahren. Die Kacheln, die Böden, die Decken, alles original oder originalgetreu. Wenn man daran rumpfuscht wird es nur hässlicher.
Die Mittelalterhalle im GNM wird ja jetzt auch wieder im Stile der 1950'er hergerichtet, so wie sie sich Schlegtendal einst ausgedacht hat. Alle Sanierungen der letzten Jahrzehnte haben die Halle nur abgewertet. Ich hoffe das bleibt dem U-Bahnhof Lorenzkirche und seinen Verteilerebenen erspart.
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Das sehe ich ähnlich, wobei es für mich auch kein Ding der Unmöglichkeit wäre mit einer behutsamen Sanierung mit ausgeklügeltem Lichtkonzept den Charakter zu wahren.
Aber so oder so ist das Verteilergeschoss noch das geringste Problem an einem scheinbar nicht mehr zeitgemäßen Kaufhaus in einem zu unflexibel gestalteten Riesengebäude...
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Das geht jetzt etwas weg vom Karstadt, aber als Exkurs will ich das hier doch kurz erwähnen.
Die Philosophien bei der Instandhaltung der U-Bahnen in Nürnberg und München gehen inzwischen doch sehr auseinander.
- Die Nürnberger Stationen wurden bislang ausnahmslos behutsam angefasst, selbst der aktuell laufende Einbau der Anzeigetafeln orientiert sich stark am "Look & Feel" der alten Faltblattanzeiger. Für mich ganz klar ein Zeichen dafür, dass man die Optik nicht zu sehr vom Urspungszustand entfernen möchte. Die eigentliche Bahnsteighalle der U-Bahnstation Lorenzkirche ist vor einigen Jahren übrigens bereits saniert worden ohne das man es groß gemerkt hätte.
- In München sieht neues immer sehr neu aus. Stationen werden bei anstehenden Sanierungen teils total verändert, sowohl in den Wegebeziehungen als auch in ästhetischen Fragen.
Sicher ist es auch eine Geldfrage. Nur was den Fuhrpark betrifft ist es interessanterweise genau umgekehrt. Wenn im kommenden Jahr die Nürnberger U1 mit den 34 neuen Vier-Wagen-Zügen ausgestattet ist, sind die ältesten Bahnen gerade mal seit 2008 (Insg. 46 Doppeltriebwagen der U2/U3) im Einsatz. In München wird man die Züge aus den 1970ern noch lange genießen dürfen...
Exkurs zu Ende, vielen Dank!
d.
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Exkurs des Exkurses:
Die Sanierungen, welche das Erscheinungsbild deutlich verändern, betraf bislang nur die M.-Freiheit sowie aktuell das Sendlinger Tor. Beide Bahnhöfe liegen im alten Kernbereich der U3 / U6 mit mehr oder weniger immergleichem, monotonen Bahnsteigdesign. Viel zu erhalten gab es diesbezüglich nicht, bzw. mussten aus Kapazitätsgründen ohnehin neue Wege geschaffen werden. Beim Stachus blieb der Bahnsteig optisch unangetastet, nur die Zwischengeschosse wurden neu gestaltet, am Marienplatz ebenfalls, wobei dort der Bahnsteig kleine Veränderungen erhalten hat. Erst bei den ab 1980 errichteten Stationen gibt es individuelle Gestaltungen (insb. Linie U4, späte Stationen der U1 / U2 / U3), bei Modernisierungen werden daher keine optischen Veränderungen vorgenommen bzw. sind auch nicht zu erwarten (abgesehen vom Mobiliar).
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In München gibt es inzwischen einige dieser "Höfe" genannten Komplexe in der Innenstadt, ich meine es sind 3 an der Zahl. Ich finde diese sehr ansprechend. Wäre das nicht eine Option für das Gebäude?