Nachdem nun auch die WHO offiziell von einer Pandemie spricht, gerade die Letalität unter älteren Menschen bedenklich hoch liegt, Italien zunehmend im Chaos versinkt und die USA zumindest temporär alle Einreisen aus der EU stoppen, bestätigt sich immer mehr eine Aussage aus dem Briergartentratsch der Münchener Lounge des DAF - sinngemäß:
"Momentan hat Corona mit allem zu tun"
Auch für Berlin lässt sich das in vielen Bereichen betrachten. So zeichnen sich momentan einige denkwürdige Szenarien ab, die hoffentlich in einigen Jahren einmal wenig mehr als skurrile Anekdoten darstellen werden:
Stell Dir vor, es ist Flughafeneröffnung - und niemand fliegt hin
"Niemand hat die Absicht, in (Anm: bei) Berlin einen Flughafen zu bauen", "Ach, der BER öffnet doch ohnehin nie", "Berlin hat laut aktueller Studie den umweltfreundlichsten Großflughafen der Welt" ... Was hat man nicht alles für Witze und Kommentare über den Flughafen gehört, der wie kaum etwas anderes für das chaotische Berlin steht - und das ohne selbst überhaupt IN Berlin zu stehen. Jetzt könnte die unendliche Geschichte einen neuen denkwürdigen Höhepunkt erhalten: Die Eröffnung fällt genau so 'günstig', dass sie möglicherweise trotz technischer Fertigstellung faktisch nun doch wieder ausfällt (schon die Massentests mit Komparsen werden womöglich etwas skurriles haben).
Berlin, Berlin, wir fahr'n nich' nach Berlin
Analog zum Flughafen: Stell Dir vor, es ist DFB-Finale - und keiner geht hin (vielleicht ja nicht einmal die Spieler). Zumindest hat sich das Thema (fehlende) Stimmung im Olympiastadion so auf unbestimmte Zeit erledigt - ebenso die Diskussion um Geisterspiele als Kollektivstrafe (Hertha erlebt in Hoffenheim nun ebenso ein Geisterspiel wie der BVB aufgrund seiner Fanentgleisungen) oder die Spruchbänder in den Kurven. Union hat sich seine erste Bundesligasaison wohl auch anders vorgestellt und steht durch die traditionell familär-enge Beziehung zu seinen Anhängern nun eine herausfordernd stille Zeit vor sich.
Weltstadt mit immer weniger Welt
Auch die Eröffnung des Humboldtforums könnte etwas ins Wasser fallen. Nachdem schon die globale Tourismusbörse ITB abgesagt wurde, könnte nun auch der Tourismus selbst weitgehend 'ausfallen'. Der Dialog der Kulturen, der vom Humboldtforum angestoßen werden sollte, muss damit wohl mindestens teilweise und vorerst auf internationale Beteiligung verzichten. Die von Herrn Müller durchgesetzte Teilausstellung über Berlin als Weltstadt mit all den vielen globalen Bezügen wird mW passenderweise ohnehin nicht pünktlich fertig. Aber auch etwa im Berliner Tierpark hat die millionenschwere Neugestaltung als 'Reise durch die Kontinente' auf 160ha gerade dieses Jahr so richtig Fahrt aufgenommen: einzelne Abschnitte sollen zu den Osterferien eröffnen, andere demnächst begonnen werden - wohingegen eine reale Reise durch die Kontinente immer schwieriger wird (analog auch die kürzlich erst noch deutlich erweiterten 'Gärten der Welt'):
Copyright: Tierpark Berlin
Man kann natürlich auch irgendwo sagen, dass Berlin den Austausch mit der Welt nun sozusagen zunehmend vor Ort vornimmt.
Berlin vor dem großen Stresstest
Die wirklich großen und ernsten Fragen stellen sich jedoch eher in Bezug auf die allgemeine Infrastruktur und Belastbarkrit der Stadt. Ich denke mit Sorge an die Zustände während der anlaufenden Flüchtlingskrise, personell nicht umsetzbare Bildungsreformen oder einen mit heißer Nadel gestrickten und weder rechtssicheren noch abgestimmten Mietendeckel usw. usf. Konzeptlosigkeit und Überlastung haben hier leider irgendwo schon System (vieles andere leider nicht). Da wundern solche hoch bedenklichen Berichte leider auch nicht mehr groß. Nicht ohne Grund haben wir auch so schon alle möglichen Erreger und Parasiten zurück, die lange als verdrängt galten. Bislang haben wir aber wohl immerhin bezüglich Corona noch keine Todesopfer zu beklagen und so hoffentlich auch noch etwas Zeit zum Hochfahren der Systeme. Berlin ist schon mit vielem fertig geworden und wird hoffentlich auch das einigermaßen überstehen.