Rechenzentrums-Hauptstadt Frankfurt

  • Frankfurt weist aufgrund des Datenknotens DE-Cix eine ausgeprägte Standortgunst für Rechenzentren (RZ) auf. Mit wachsender Geschwindigkeit und in immer größeren Dimensionen - so scheint es - werden RZ im Stadtgebiet aber auch im Umland entwickelt. In Gewerbegebieten kommt es sogar schon zu einem regelrechten Kampf um Flächen und Standorte.


    Wo soll das enden? Profitiert die Stadt Frankfurt in irgendeiner Weise von den vielen RZ?

  • Ein Fluch, weil es fensterlose Klötze sind, mit häßlichem Stacheldraht umwickelt.


    Ein wirtschaftlicher Segen, weil viele Firmen mit vielen Datenbewegungen wie Investmentbanken etc. die Nähe zu den Zentren suchen, damit die Kosten der Glasfaserverbindungen günstiger sind, weil die Wege kürzer sind.

  • ^^ In ihrem jährlichen Report über die städtischen Steuereinnahmen berichtete die FAZ wiederholt darüber, zuletzt am 9.7.2019 "Gewerbesteuer: Wer Frankfurt finanziert" (lieder hinter der paywall). Die Gewerbesteuereinnahmen werden nach Herkunft gegliedert (Banken/Finanzwirtschaft, Industrie... und Sonstige). Sonstige trugen zuletzt zu rd. 25% des Gewerbesteueraufkommens bei, den größten Einzelanteil in diesem Segment sollen die Rechenzentren ausmachen. Was das in Prozenten am Gesamtaufkommen oder in Euro und Cent ausmacht, weiß ich nicht. Deshalb ja, die Stadt profitiert von den Rechenzentren.

  • Ich kenne die Statistiken und die Argumente. Allerdings ist dabei auf Folgendes hinzuweisen:


    Die Angaben der FAZ über die Gewerbesteuer beziehen sich explizit auf die 100 größten Gewerbesteuerzahler Frankfurts. Und ob sich darunter gleich die Betreiber der RZ befinden ist völlig unklar. Es wird lediglich spekuliert.


    Welche Kunden die RZ bedienen ist m.W. nach auch unklar. Bekannt ist hingegen, dass Cloud-Dienste und große Namen wie Mircosoft zunehmend RZ-Standorte in Frankfurt eröffnen. Zudem wächst der Sektor stärker als alle anderen Wirtschaftszweige. Das lässt - zugegebenermaßen auch bloß spekuliert - annehmen, dass Ziele auf einer anderen Maßstabsebene verfolgt werden: Frankfurt bedient auch die Region, Hessen und Deutschland.


    Die Beantwortung der Frage ob Fluch oder Segen für die Stadt Frankfurt ist deshalb meines Erachtens so leicht nicht zu beantworten.

  • Rechenzentren mausern sich zum bedeutenden Wirtschaftsfaktor


    In diesem Forum wird regelmäßig über die neuen Bauvorhaben in der Sparte Rechenzentren berichtet. In keiner anderen Stadt, deutschlandweit nicht und europaweit auch nicht, sind Rechenzentren derart zahlreich konzentriert wie in Frankfurt. Um die 40 Rechenzentren dürften es mittlerweile sein. Würde man sie alle beieinander stellen, würden sie fast die Fläche der Innenstadt innerhalb des Anlagenrings zwischen Main und Zeil einnehmen.


    Der frühe Ausbau des Internetknotens und der Breitbandnetze dürfte die Entwicklung angestoßen haben. Inzwischen sind aber die Glasfasernetze überall so ausgebaut, dass der Standortvorteil Frankfurts schmelzen dürfte. Was also treibt die Branche an, trotz hoher Grundstückpreise und trotz hoher Gewerbesteuer ausgerechnet hier immer mehr und immer größere Rechenzentren zu bauen?


    Ohne Strom geht nichts, weshalb für die einwandfreie Funktion der digitalen Infrastruktur die Stabilität des Stromnetzes von allergrößter Bedeutung ist. Ein wesentlicher Grund dafür, dass Serverfarmen von Unternehmen wie Interxion, Equinix, eShelter u.a. wie Pilze aus dem Boden sprießen, dürfte an einem besonderen Standortvorteil von Frankfurt liegen, der sich aus seiner besonderen Lage im deutschen Energienetz ergibt.


    - Frankfurt verfügt über eine doppelte Anbindung an das deutsche Höchstspannungsnetz.


    Auf der Höchstspannungsebene (110 kV und mehr) ist Deutschland in vier Regelzonen gegliedert, die über Kuppelstellen untereinander und mit den Netzen der Nachbarländer verbunden sind.


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    Grafik: Bundeszentrale für Politische Bildung


    In etwas besser aufgelösten Karten erkennt man, dass Frankfurt direkt an der Grenze der Regelzonen von Tennet TSO und Amprion liegt. Das Stadtgebiet selbst liegt in der Regelzone von Tennet TSO, nördlich, westlich und südlich stößt das Stadtgebiet aber unmittelbar an die Regelzone von Amprion an. Das Versorgungsgebiet der Mainova AG, des örtlichen Energieversorgungsunternehmens, das größer ist als das Stadtgebiet, bezieht deshalb Strom aus zwei unterschiedlichen Regelzonen. Sollte es in einem dieser Übertragungsnetzgebiete zu einem großflächigen Blackout kommen, wäre immer noch ein zweiter Leitungsstrang vorhanden, mit dem die Versorgung der Stadt gewährleistet werden kann. Der Blick in die Karte zeigt, dass dies so etwas wie ein Alleinstellungsmerkmal ist.


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    Grafik: Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V.


    - die Mainova betreibt selbst mehrere Großkraftwerke im Stadtgebiet. Mit einer Erzeugungsleistung von etwa 460 Megawatt bieten sie eine zusätzliche Sicherheit bei Lastengpässen und Störungen.


    - Auf der Ebene der Mittel- und Niederspannungsnetze gibt es einen hohen Vermaschungsgrad; Voraussetzung dafür, dass im Fall einer Versorgungsunterbrechung eine Wiederversorgung innerhalb kürzester Zeit über die untergeordnete Netzebene erfolgen kann.


    Die Summe dieser Faktoren begründet einen Standortvorteil, der die Ansiedlung der Rechenzentren offenkundig begünstigt. Inzwischen entfallen auf die Rechenzentren über 20% des in Frankfurt verbrauchten Stroms, Tendenz steigend. Flughafen und Rechenzenten zusammen verbrauchen etwa die Hälfte des in Frankfurt abgegebenen Stroms.


    Die Branche hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor gemausert, auch wenn man es nicht auf den ersten Blick erkennt. Klar ist, dass all diese Bauvorhaben in Gewerbegebieten angesiedelt sind, teils werden Industriebrachen umgenutzt, teils neue Flächen beansprucht. Es gibt inzwischen vier Cluster: Ostend/Seckbach, Gallus/Griesheim, Rödelheim/Sossenheim und Kalbach.


    Architektonisch sind es reine Zweckbauten, eigentlich Industriebauten, markant heben sich die Blitzschutzanlagen, Kühlaggregate und Kamine und Dieseltanks der Notstromaggregate hervor, aber was es nicht gibt, ist eine ent- und ansprechende Industriearchitektur. Bei zwei Vorhaben keimt Hoffnung auf, dass die Branche architektonisches Selbstbewusstsein zeigt und den Charme Nato-Draht-umwickelter Schlichtbauten ablegt: ich meine das Interxion-Projekt HL 264 (ex. Audi-Zentrum) und die anscheinendgeplante Umnutzung des denkmalgeschützten Egon-Eiermann-Gebäudes auf dem Neckermann-Gelände.

    Einmal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Die Energieversorgung ist essenziell. Aber es kommen sogar noch mehr Gründe hinzu.


    Meine aktive Zeit in der Datacenter-Branche ist zwar schon eine ganze Weile her, aber bereits zum Jahrtausendwechsel war ein Vorteil von FFM die Verfügbarkeit von redundanten Datenringen mit sehr hohen Bandbreiten (v.a. Dark-Fiber spielt hier eine Rolle) an den bevorzugten RZ-Standorten im Stadtgebiet. Durch die schrittweise Eröffnung weiterer DE-CIX-Standorte auf den Flächen verschiedener Datacenterbetreiber, ist es wirtschaftlich wie technisch attraktiv hier in Frankfurt Peerings (Verbindungen zwischen zwei Providern) aufzubauen und seine Server auch gleicht dort aufzustellen. Alles an einem Ort, Netzwerkkabel reicht sozusagen. Zudem erhält man damit auch leichten Zugang zu den internationalen Netzbetreibern, über die man seine Daten von/in die USA, Asien etc. routen kann.


    Kurzum, die Attraktivität des Standorts steigt durch die Dynamik und die dadurch zunehmenden Synergie- und Netzwerkeffekte immer weiter und zieht weitere Unternehmen an. Daher konzentriert sich dieses Business über die Jahre an wenigen Orten auf der Welt. Will ich auf diese Leistungen von ganz woanders zugreifen, handele ich mir damit einen Wettbewerbsnachteil ein.

  • Kleine Spielerei am Rande:


    Addiert man die Grundstücksflächen der großen Rechenzentrums-Cluster, in denen die Rechenzentren sich klumpen, also Kalbach, Seckbach, Ostend, Gallus, Griesheim, Sossenheim und Rödelheim, kommt man auf rd. 413.000 m² (darin nicht enthalten sind kleinere verstreute Standorte). Auf einen Haufen gepackt würden sie diese Fläche einnehmen:


    © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main, Stand 04.2020, © Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation


    Mit einem einem Teil des Neckermanngeländes, das als Standort in Rede steht, kämen weitere 30-40.000 m² hinzu,

  • Abwärme zu Fernwärme?

    In einem aktuellen Magistratsbericht zum Ausbau der Fernwärme in Frankfurt geht es u.a auch um die Frage, ob und wie die Abwärme aus den Großrechenzentren nutzbar gemacht werden könnte.


    Die direkte Einspeisung von z.B. Abwärme aus Rechenzentren (RZ) in die Fernwärme gestaltet sich jedoch in der Regel schwierig. Zum einen wegen der räumlichen Entfernung, zum anderen dadurch, dass die Abwärme von einem Temperaturniveau von ca. 30°C auf ein Niveau von über 100°C gebracht werden müsste. Dazu sind aufwändige Wärmepumpenanlagen erforderlich. Einfacher wäre es, wenn RZ die Rechnerbauteile direkt mit Wasser statt mit Luft kühlen würden (wie im Cloud and Heat RZ im Eurotheum). Dann stünde die Wärme mit 65°C zur Verfügung und könnte deutlich effizienter auf das erforderliche Temperaturniveau gebracht werden.

    ...

    Eine Alternative zum unmittelbaren Anschluss an das Fernwärmenetz bilden innovative Quartierslösungen. Mehrere Gebäude werden hierbei zu "Inselnetzen" zusammengefasst und die Erzeugung durch die Kombination verschiedener u.a. erneuerbarer Technologien sichergestellt, um die Wärmeversorgung zunehmend emissionsarmer zu gestalten. Der Zusammenschluss von Quartieren und Siedlungen steigert in der Folge die Chancen, diese Inseln in das Fernwärmesystem zu integrieren. In dieser Konstellation prüft Mainova regelmäßig, inwieweit sich innovative Lösungen aus z.B. der Abwärmenutzung von Rechenzentren mit einer klassischen Versorgung aus Fernwärme oder dezentraler Anlagen (BHWK) kombinieren lassen. Mainova steht hierzu in engem Austausch mit dem Energiereferat der Stadt Frankfurt. Für ein Modellquartier im Gallus wird aktuell ein dementsprechendes Konzept erstellt.


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    Modellquartier im Gallus hört sich nach Westville (Ex-Avaya-Gelände) an, das ja direkt an einem RZ-Cluster liegt.

  • Interxion kauft Gewerbepark Osthafen

    Die FAZ berichtet heute, dass Interxion von der Fa. BEOS den Gewerbepark Osthafen kauft, zwecks Nachverdichtung und Ausbau seiner dortigen Kapazitäten. Das Gelände Hanauer Landstraße 296-326 umfasst rd. 43.000 m² und beherbergt schon heute einige kleinere und älteren Rechenzentren von Interxion. Rund 40% der Flächen seien an 21 Firmen anderer Branchen vermietet, für längstens noch vier Jahre.


    Die FAZ erwähnt nebenbei, Interxion plane einen Kilometer weiter westlich "ein weiteres Projekt auf noch größerer Fläche." Leider wird nicht deutlich, auf welches Grundstück sich dieser Hinweis bezieht.


    Den nächsten Expansionsschritt wird Interxion nächstes Jahr mit dem Erwerb des früheren Neckermann-Geländes an der Hanauer Landstraße in zwei Schritten tun; Anfang nächsten Jahres soll das Geschäft mit „der endgültigen Eigentumsübertragung abgeschlossen sein“. Der Kauf des Geländes mit seinen etwa 107.000 Quadratmetern ermögliche zusätzliche IT-Kapazitäten von bis zu 180 Megawatt sowie einen vollständigen Anschluss an den bestehenden Campus.


    In Bezug auf das Betriebsgrundstück des vor der Schließung stehenden Werkzeugbauers Günther & Co in Rödelheim (Eschborner Ldstr. 112) wird laut FAZ spekuliert, ob nicht vielleicht E-Shelter dorthin expandiert; E-Shelter hat in der Nachbarschaft schon vier oder fünf Datacenter in Betrieb und würde damit dem Wunsch der Stadtplanung entsprechen, diese Nutzungsart zu clustern.


    Nach einer Borderstep-Studie aus dem Jahr 2014 beherbergte Frankfurt schon damals rd. ein Viertel der großen Datacenter in Deutschland; heute dürfte dieser Anteil noch höher liegen.

  • Okay, auf die Gefahr hin dass ich mich mit der Frage lächerlich mache, aber der Gedanke ist mir beim lesen dieses Threads schon das eine oder andere Mal gekommen: Rechenzentren verbrauchen enorm viel Platz in einer Stadt in der Bauland ein begrenztes Gut ist. Warum baut man Rechenzentren nicht unterirdisch? Ich meine so wie ich das verstehe sind das Anlagen die nicht direkt tageslichtabhängig sind wie z.B. Büros. Es würde zwar beim Bau deutlich mehr kosten, aber dafür wären die Anlagen gegen Umwelteinflüsse geschützt und man könnte erweitern indem man daneben (oder darunter) eine weitere Kaverne gräbt. Man könnte nicht nur Rechenzentren, auch andere Industrie- und Infrastrukturbetriebe so verlagern damit oberirdisch mehr Platz ist. So kann die Stadt in drei Dimensionen wachsen.

  • interessanter Punkt. Ich habe mich auch schon mal gefragt, warum man nicht Rechenzentren auch mit Büro- oder Wohngebäuden kombiniert, die dann die Abwärme nutzen. Dafür müssten die Rechenzentren "einfach" mit Wasserkühlung ausgestattet werden. Ich vermute allerdings, wenn ich mir diese Rechenzentren so ansehe, dass der benötigte Tiefbau alle Kosten sprengen würde. Nach unten bauen wird ja exponentiell teurer je tiefer es wird.

  • Die Branche kämpft am hiesigen Standort gegenüber Amsterdam, Paris, London usw. mit vergleichsweise hohen Strompreisen; ich denke, sie bemühen sich intensiv, die Energieeffizienz zu steigern. Ein Problem ist die Notstromversorgung, die enorm große Notstromaggregate und Dieseltanks erfordert; das hindert die Integration in mischgenutzte Gebäude. Zur Abwärmenutzung siehe oben #8.

  • Die in #8 erwähnte Firma Cloud&Heat hat bei einer Energieeffizienz-Veranstaltung der IHK mal ihre Technik vorgestellt. Das funktioniert bei kleineren Serverräumen und Rechenzentren, die zu einem größeren Gebäude gehören wohl sehr gut. Dort kann die Wärme eben direkt im selben Gebäude genutzt werden. Bei Gebäuden, die ausschließlich als Rechenzentrum fungieren hat man eben das Problem des Transports zur Verbrauchsstelle.

  • Eine dreiviertel Milliarde Euro für den Ausbau des Frankfurter Stromnetzes

    Heute stellten drei Konzerne Pläne vor, zusammen 750 Millionen Euro für neue Stromleitungen und Umspannwerke ausgeben zu wollen. Weil damit (zunächst) kein konkret benanntes Bauprojekt verbunden ist, stelle ich die heutige Pressemitteilung der Mainova hier hinein.


    Netzbetreiber investieren 750 Millionen Euro in eine nachhaltige Energieversorgung des Wirtschafts- und Finanzzentrums Frankfurt Rhein-Main

    Gemeinsam mit den Netzbetreibern Avacon, Mainova und TenneT hat der hessische Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir am Donnerstag das neue Ausbaukonzept für das Stromnetz im Großraum Frankfurt Rhein-Main vorgestellt. Hintergrund ist die zunehmende Nachfrage nach Energie, die insbesondere auf das Wachstum der Wirtschaftsregion und die Digitalisierung zurückzuführen ist. Innerhalb von sieben Jahren sollen die vor Ort zur Verfügung stehenden Kapazitäten um rund 50 Prozent erhöht werden. Dafür sind der Ausbau von Transportleitungen und Umspannwerken an den Haupteinspeisepunkten sowie die Verstärkung der Stromleitungen in das Stadtgebiet Frankfurt vorgesehen. Erste Leistungserhöhungen sind innerhalb von vier Jahren möglich. Die Netzbetreiber investieren zusammen rund 750 Millionen Euro.

    Der hessische Wirtschafts- und Energieminister Tarek Al-Wazir sagte: „Der Zubau von Datenzentren im Rhein-Main-Gebiet stellt in Verbindung mit der zunehmenden Elektromobilität eine in Deutschland einzigartige Entwicklung dar, auf die wir bereits heute reagieren müssen. Ich freue mich, dass es uns gemeinsam mit den Netzbetreibern Avacon, Mainova und TenneT gelungen ist, mit dem umfassenden Maßnahmenpaket die Grundlage für das weitere Wachstum des internationalen Wirtschafts- und Finanzstandortes sowie des weltweit größten Internetknotenpunktes Frankfurt Rhein-Main zu schaffen.“

    Der Vorstandsvorsitzende des Frankfurter Energieversorgers Mainova Dr. Constantin H. Alsheimer sagte: „Mainova gewährleistet mit ihrer Netztochter NRM Netzdienste Rhein-Main den sicheren Betrieb des Frankfurter Stromnetzes. Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können sich auf eine zuverlässige Versorgung verlassen. Angesichts der rasant steigenden Nachfrage nach elektrischer Energie, getrieben von Digitalisierung, Elektromobilität und steigenden Einwohnerzahlen in der boomenden Region Frankfurt Rhein-Main, werden die heute bestehenden Kapazitäten jedoch langfristig überschritten. Zusammen mit Avacon und TenneT als vorgelagerte Netzbetreiber haben wir mit den vereinbarten Maßnahmen zur Leistungserhöhung des Stromnetzes eine zukunftsweisende Lösung gefunden. Bis 2027 werden schrittweise zusätzlich über 500 Megavoltampere (MVA) Leistung für Frankfurt bereitgestellt. Dies entspricht dem Bedarf einer Großstadt mit 500.000 Einwohnern wie Hannover.“

    TenneT-Geschäftsführer Tim Meyerjürgens sagte: „Mit dem Ausbau und der Modernisierung der Strominfrastruktur im Rhein-Main-Gebiet sichern wir die Stromversorgung und legen den Grundstein für die weitere nachhaltige Entwicklung dieser zentralen Wirtschafts- und Finanz-Drehscheibe in Deutschland und Europa.“ Meyerjürgens fügte hinzu: „Wir arbeiten in Hessen aktuell an Netzprojekten mit insgesamt fast 500 Kilometern Länge, um den steigenden Energiebedarf im Land auch zukünftig zu decken. Das stärkt den Wirtschafts- und Finanzstandort Rhein-Main und sichert langfristig viele tausend Arbeitsplätze.“

    Der Avacon-Vorstandsvorsitzende Marten Bunnemann betonte: „Energiewende gelingt nur zusammen. In diesem Sinne ist das Projekt richtungsweisend. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir die Energieversorgung in der Metropolregion Frankfurt für eine nachhaltige Energiezukunft stärken. Leistungsstarke Strom- und Datennetze sind das Rückgrat der Energiewende und einer modernen Gesellschaft. Mit unserem Konzept leisten wir einen wesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung und Digitalisierung unserer Gesellschaft.“


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    Bild: Mainova AG

  • Zur Einorndung: dieses (^) Projekt gehört sozusagen in die "E.ON-Welt", TenneT ist einer der vier Grundnetzbetreiber auf der Höchstspannungsebene, ein niederländisches Unternehmen, das im Zuge der europarechtlich gebotenen Entflechtung der Energiekonzerne das Höchstspannungsnetz der E.ON AG übernommen hat. Die Avacon AG ist einer der größten regionalen Strom- und Gasnetzbetreiber in Deutschland mit Sitz in der niedersächsischen Kreisstadt Helmstedt. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der E.ON-Gruppe.


    Gleichzeitig passiert dasselbe in der westlich angrenzenden "RWE-Welt". Nach dem Ausbau des nuklearen Inventars will RWE auf dem Kraftwerksgelände von Biblis ein Gasturbinen-Kraftwerk bauen. Es soll als Anlage zur Netzstabilisierung (bnBm) betrieben werden, um die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems herzustellen. Es wird nicht nicht zur allgemeinen Stromerzeugung zur Vermarktung im Strommarkt betrieben, sondern nur dann, wenn der Netzbetreiber einen Betrieb des Kraftwerks aus Gründen der Netzstabilität und/oder Versorgungssicherheit für erforderlich hält und den Betrieb anfordert. Hintergrund hierfür ist die Ausschreibung für die Errichtung und den Betrieb von besonderen netztechnischen Betriebsmitteln (bnBm) der Übertragungsnetzbetreiber Amprion, TenneT und Transnet-BW.


    Voraussetzung dafür ist zum einen der Anschluss des Kraftwerks an die Mittel-Europäische Gasleitung (MEGAL), die nicht weit entfernt durchs Rheintal verläuft, zum anderen der Anschluss an das Höchstspannungsnetz von Amprion angeschlossen, für beide Projekte laufen die Genehmigungsverfahren.

  • Die Stadt Frankfurt hat noch weitere Unterlagen verschickt. Eine Aufstellung der geplanten Maßnahmen ...


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    ... und eine Grafik des Stromnetzes:


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    Bild: Mainova AG

  • Magistratsbericht zu Rechenzentren

    Aus einem aktuellen Bericht des Magistrats "Rechenzentren in Frankfurt" ergeben sich einige interessante Informationen. Hintergrund des Berichts scheint die Sorge zu sein, dass in der Konkurrenz der Datacenter-Branche um die knappen Gewerbeflächen in Frankfurt weniger ertragsstarke Branchen auf Dauer das Nachsehen haben könnten.



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    Grafik: Stadtplanungsamt Frankfurt am Main


    Wesentliche Fakten des Berichts sind:


    - Ca. 65 ha Grundstücksfläche wird in Frankfurt am Main durch unternehmensunabhängige Rechenzentren in Anspruch genommen. Davon entfallen ca. 58 ha alleine auf Gewerbegebiete. Die ca. 35 Betreiber stellten 2019 eine Serverfläche von rund 600.000 m² zur Verfügung. Alleine der größte zusammenhängende Campus in Rödelheim hält über 60.000 qm Serverfläche bereit.


    - Laut "Digital Hub FrankfurtRheinMain e.V." investiert die Branche durchschnittlich pro Jahr 350 Millionen Euro am Standort Frankfurt am Main.


    - Dem Magistrat sind mehrere Projekte in unterschiedlichen Planungs- bzw. Entwicklungsstadien für die nächsten Jahre mit einer Gesamtfläche von weiteren ca. 27 ha bekannt, die sich in den bisherigen Clustern (z.B. Friesstraße, Wilhelm-Fay-Straße, Weismüllerstraße) aber auch an neuen Schwerpunkten wie das Neckermann-Areal oder in anderen Industriegebieten befinden.


    - der im Jahr 2014 geschätzte Flächenbedarf von 20 ha bis zu 80 ha bis 2030 ist in sieben jahren um ca. 30 ha überschritten worden. Es kann daher von einem wesentlichen höheren Mehrbedarf an Gewerbeflächen für die Branche bis 2030 ausgegangen werden.


    - Als primärer Standortfaktor gilt für Frankfurt am Main vor allem der Internetknoten DE-CIX, der auf verschiedene Standorte (Hanauer Landstraße, Kleyerstraße, Rödelheim etc.) verteilt ist. Ferner gilt die Risikofreiheit der Fläche bezogen auf Erdbeben, Hochwasser etc. sowie die verfügbare Redundanz der Glasfaseranbindung und der Stromversorgung als Standortfaktor. Daneben ist für viele Kunden eine synchrone Datenhaltung überaus wichtig, um eine lückenlose Bereitstellung der Daten auch bei Ausfall eines Rechenzentrums gewährleisten zu können. Dieses Ausweichrechenzentrum soll sich meist aus Latenzgünden in einem näheren Umkreis befinden. Durch die jeweiligen Schwerpunkte im Westen der Stadt (Sossenheim, Rödelheim, Gallus) sowie im Osten der Stadt (Ostend und Seckbach) ist dies in Frankfurt am Main gegeben.


    - Während sich die Branche in den 1990er Jahren überwiegend in Bestandsgebäuden - vor allem Büro- und Logistikgebäude - ansiedelte, wurden schon als bald auf die jeweilige Nutzung spezialisierte Gebäude errichtet, weil wegen der Zertifizierungsanforderungen auf globaler, europäischer und nationaler Ebene entsprechende Nachweise in umgebauten Bürogebäuden kaum noch zu führen sind. Die aus Wirtschaftlichkeit und Zertifizierungsanforderungen entstandene 30 bis 40 m hohe Funktionalarchitektur berücksichtigt die städtebauliche Komponente nicht ausreichend genug. Eine städtebauliche Integration wird umso dringlicher je mehr die Anlagen wachsen, die Rechenzentrumsagglomerationen zunehmen und vermehrt auch Grundstücke in prominenten Lagen der jeweiligen Gewerbegebiete von der Branche beansprucht werden.


    Kurzum: ein städtebauliches Entwicklungskonzept soll Ansiedlung und Entwicklung von Rechenzentren räumlich steuern und mögliche Synergien aufzeigen


    Q: B-474_2020 v. 21.9.2020

  • Ich hoffe doch, dass "räumlich gesteuert" auch bedeutet, dass man der Branche aktiv hilft Flächen zu finden. Eine Stadt wie Frankfurt, die was die Digitalbranche angeht schon dermaßen abgehängt ist, benötigt solche Wirtschaftszweige dringend.

    Außerdem werden doch schön länger die Schreie nach neuen Gewerbegebieten lauter. Dort könnte man auch gezielt Rechenzentren ansiedeln.

  • Aktive Unterstützung halte ich für einen reichlich frommen Wunsch. Ziemlich sicher wird es so sein, wie es immer ist: Der Magistrat wird der Branche diktieren wollen, wo sie nicht mehr bauen darf. Nämlich nahezu überall. Dafür werden ein paar Zonen in benachteiligten Ecken ausgewiesen, wo unter übermäßigen Auflagen gebaut werden darf, etwa verpflichtende Nachnutzung der anfallenden Abwärme. Was zur Folge hätte, dass die knappen Grundstücke teuer und die Betriebskosten noch höher würden. Next Exit Main-Taunus-Kreis. Last Exit Niederlande.