Rekonstruktion Karstadt am Hermannplatz (in Planung)

  • Ein durch den Krieg entstelltes hässliches Gebäude ist also attraktiver als eines der architektonisch herausragendsten Gebäude der Berliner Vorkriegsgeschichte.


    Glückwunsch! Das ist ja mal eine interessante Meinung. Aber mit der stehst Du hier sicherlich nicht allein da.

  • Sehe ich auch so. Der stationäre EH, kann nur überleben und gegenüber dem Onlinehandel bestehen, wenn dem Kunden ein Erlebnis(-Mehrwert) geboten wird...

    Aber wenn die Gegner sich erst einmal formiert haben, und seien es auch noch so wenige, dann wird es schwer gegen die lautstarken Nimbys und Hutbürger anzukommen


    Mir persönlich würde vom rein ästhetischen Standpunkt der 20er Jahre Bau an dieser Stelle wirklich gut gefallen. Ich stehe voll auf die 20er Jahre Architektur. Ich möchte kein Nimby sein, behalte aber trotzdem den Investoren gegenüber einige Skepsis.


    Lexibexi schreibt dass der Einzelhandel nur überleben kann wenn dem Kunden ein Erlebnis geboten wird, schön und gut.


    Vor ein paar Jahren erzählten alle Investoren den Stadtplanern noch der Einzelhndel könne nur mit mehr gebauter Einzelhandelsfläche überleben, Ergebnis waren X fache Errichtungen von EKZs von denen Einige zur Hälfte leer stehen, die anderen kanibalisieren sich gegenseitig (siehe Potsdamer Platz/Leipziger Platz).


    Das Internet hat all diese Studien des Einzelhandels überholt, jetzt müssen andere Attraktionen her, schön.


    Was ist in 3 Jahren an der Reihe? Und kennen wir uns dann irgendwann noch in der eigenen Stadt aus ??


    Dass einem Konzern wie Karstadt im Grunde schnurzpiepegal ist wie die äussere Hülle ihrer Investitionsobjekte aussieht, konnten die Essener vor Jahren erleben.


    Dort hat man nämlich das wunderbare, 1912 erbaute Karstadt Stammhaus (etwas kleiner als Karstadt am Hermannplatz, aber architektonisch mindestens so bedeutend!) ganz einfach platt gemacht um das große EKZ zu bauen.


    Karstadt Essen


    Hier nun tritt Karstadt als grosser Stadtreparateur auf. Man sollte Investoren nicht vergraulen, aber alles ohne Einwand hinzunehmen., muss man auch nicht!


    Balljunge: Eine Androhung eines "freien Falls" eines ganzen Stadtgebietes nützt hier auch niemandem! Karstadt hat sich mit Kaufhof zusammengeschlossen und wenn es notwendig wird, wird der Konzern eh Filialen schliessen wie es beliebt, macht ja C&A derzeit auch, hat Karstadt in den 90ern in vielen deutschen Städten schon gemacht. Tatsächlich hat sich manch deutsche Fussgängerzone nicht schnell davon erholt. Aber auch deshalb weil man sich in den Städten einfach auch in Abhängigkeiten mit den Kaufhauskonzernen begeben hat.


    Verlierer scheint merkwüdigerweise hier oft die Stadt und seine Bürger zu sein....

  • Die Kosten eines Einzelhandelsgeschäfts sind nicht elastisch, daher kann der stationäre Handel nicht einfach langsam proportional zur Umsatzverlagerung in das Internet schrumpfen. Preise erhöhen geht schon gar nicht das wäre Benzin ins Feuer der Entwicklung. Sobald ein Laden seinen Deckungsbeitrag nicht mehr aus dem sinkenden Umsatz erwirtschaftet ist er für sich genommen insolvent.

    Wenn Gewerkschaften und sentimentale Öffentlichkeit zu sehr bei Schließungen bremsen können das auch sogenannte "Konzerne" nicht mehr kompensieren und sie verschwinden. Hätten Gisela und Achim vorher bei Schlecker auch nicht für möglich gehalten.


    Benko macht was man da machen kann. Solange es noch einigermaßen läuft das Geld nehmen und die Immobilien aufwerten. Wenn das Kaufhaus dann endgültig nicht mehr funktioniert kann man mit den Immobilien alles mögliche andere machen. Weil es keine maroden Nachkriegsbunker mehr sind sondern moderne Geschäftshäuser. Und Arbeitsplätze bleiben dann auch erhalten. Wenn auch andere. Ist trotzdem noch das best Case Szenario von Strukturwandel.


    Eins sollte schon klar sein die Zeit solcher riesiger mittelmäßiger Kaufhäuser ist vorbei. Derzeit halten Oma und Baby Boomer noch Umsatz hoch aber das ist gekaufte Zeit. Wenn hier nicht massiv investiert wird hat man am Hermannplatz in ein paar Jahren eine leerstehende Ruine und nach den ganzen Mätzchen werden keine Investoren mehr angekrochen kommen.

    Dann wird's nach vielen Diskussionen und Jahren des Verfalls bestenfalls sowas wie 0815 ex Tacheles Neuentwicklung geben. Sowas wie der große Wurf von Benko und Chipperfield kommt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein zweites Mal.


    Das ist doch Dagegensein als Selbstzweck. Sich gefallen in der Rolle der Gallier gegen die bösen Investoren und "Konzerne".

  • Nun ändern sich die Konzepte. Leider oftmals schneller, als nachvollziehbar, oftmals ohne jede Gelegenheit die Zeit entscheiden zu lassen. Das ist bedauerlich, aber der EH ist immer noch der Getriebene, und Getriebene neigen zu Aktionismus.


    Dennoch: das wunderschöne Karstadtgebäude in Essen fiel unter Federführung der damaligen Eigner „Acandor“ zum Opfer. Beide sind nun Geschichte, Signa zieht die Strippen. Und Signa hat offenbar andere Visionen. Ob diese nun fruchten oder nicht, auch das wird die Zeit zeigen. Sicher muss GALERIA KaKa sich vor allem innerlich wandeln, aber das nach Außen zur Schau zu stellen ist nicht verkehrt. Am Ende werden vielleicht nur wenige Flagships& Leichttürme überleben, die dann aber weitestgehend gesund sind. Selfridges&Co. machen das ja vor.

  • Das klingt mal wieder so als müsste da nur jemand den Stein der Weisen finden und alles wird wieder wie früher. Natürlich ist der stationäre Handel getrieben weil ihn in der Flächendeckung niemand mehr braucht in Zukunft. Das Konzept in meiner Freizeit zu einem Zwischenlager zu fahren, nix anderes ist ein Geschäft logistisch betrachtet, statt mir meine Ware von einer optimierten Tagestour bringen zu lassen, das lehnen immer mehr Menschen kategorisch ab und sind auch entwöhnt vom "shoppen gehen" und der hamwa nich Kultur deutschen Einzelhandels. Verwöhnt vom Modell Amazon. Je jünger desto mehr. Das nicht an den Anfang aller Überlegungen zu stellen wird der Ruin großer Teile des Einzelhandels sein und Benko will offensichtlich Immobilien entwickeln und was darin gerade gut funktioniert wird gemacht. Daher auch der größere Nutzungsmix in der Neubauplanung an Ort und Stelle. Halt nicht mehr nur Kaufhaus mit Nebenräumen. Dazu gibt's keine Alternative. Benko hat kein Geld zu verschenken wenn das im Bestandshaus ginge würde er das so machen.

  • ^Zustimmung. Der Einzelhandel der Zukunft wird eher ein Marketing affines Gesamterlebnis sein. Eine Mischung aus Präsentation von Produkten und Erlebnisgastronomie, denn eines ist klar: Marken Branding und Werbung funktioniert über den Online Handel nur bedingt. In Zukunft geht es beim stationären Handel eher darum, Käufer vom Nutzen von Produkten zu überzeugen.

  • Man kann den EH natürlich auf die Zwischenlagerfunktion reduzieren.

    Bei prognostizierten 10% Online-Anteil in 2023 wird aber immer noch etwas geboten werden müssen, um die restlichen 90% zu generieren. Wie @UrbanFreak schrieb, wird der Erlebnisfaktor immer wichtiger, und den schaffe ich nur durch innovative Store-Konzepte und auch durch ungewöhnliche, aufregende oder spektakuläre (Innen)-Architektur.

  • Ich weiss nicht woher du deine Daten hast, der Anteil liegt bereits über 10 % und liegt bis mitte des Jahrzehnts im mittleren Szenario bei 15 %. Siehe https://ibi.de/aktuelle-meldun…nochmals-deutlich-steigen


    Dabei ist zu bedenken, dass der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) eine Sonderrolle spielt. Zumindest bisher gibt's da kein flächendeckend verfügbares Geschäftsmodell, das attraktiv ist und Leute zum E-Commerce in Massen wechseln lässt. Mit dem Modell picnic könnte sich sich das massiv ändern, aber derzeit ist der LEH noch eine Sache für sich, ist aber in den Gesamtumsätzen mit circa 30 % enthalten:


    https://www.handelsdaten.de/ge…handel-anteil-am-gesamten


    Bei allen anderen Sortimenten explodiert der Anteil von online umso mehr. Das kaschiert die Gesamtbetrachtung des Einzelhandels. Und in dieser Teilentwicklung von Einzelhandel minus LEH haben die Warenhäuser eine nochmal schwerere Zeit vor sich. Ich habe jetzt auch keine Lust dir dazu noch zig Zahlen her zu googlen und unter die Nase zu reiben, du hast dich offenbar selektiv dazu entschieden die Entwicklung zu unterschätzen. Wie die meisten.


    Benko tut das sicherlich nicht. Sein Vorschlag ist die letzte Chance für den Standort Herrmann-Platz. Das nicht akzeptieren zu wollen ist der Ausgang von komplett falschen Vorannahmen.

  • Benko tut das sicherlich nicht. Sein Vorschlag ist die letzte Chance für den Standort Herrmann-Platz. Das nicht akzeptieren zu wollen ist der Ausgang von komplett falschen Vorannahmen.

    Ich bin ja sehr für das Projekt, aber wenn Benko in Deinem arroganten TINA-Tonfall mit den Entscheidungsträgern redet, würde ich an deren Stelle schon aus Gründen der Selbstbehauptung erstmal Zweifel anmelden.

  • ^

    Es scheinen hier eh verschiedene Weltanschauungen zugrunde zu liegen. Ich würde ja sagen dass der Investor kompromissfähig ist, während Balljunge meint „er krieche zu Kreuze“ . Und generell ist mir die Einstellung fremd dass einige Foristen grundsätzlich der Meinung sind, dass Berlin gefälligst jedes Investorenprojekt durchzuwinken hat weil man über jeden investierten Euro froh und dankbar zu sein hat!


    Ich mag das Projekt von der Architektur her, aber es ergibt sich keine Ausschließlichkeit. Und wenn in 10 Jahren die Zeit der Warenhäuser an dieser Stelle ganz vorbei sein sollte, wäre eine etwas kleinteiligere Bebauung z.B. auch nicht schädlich.

  • Signa hat heute seine neue Homepage zum Hermannplatz online gestellt. Signa startet hiermit eine neue Initiative, in die neben den Kritikern des Projektes und dem Bezirk auch die Anwohner einbezogen werden. Dazu gibt es eine Grafik und einen 4-Punkte-Plan:


    https://nichtohneeuch.berlin

  • Ganz nett, aber das Grün ist eine Zumutung... Ich hoffe natürlich, dass der Bezirk bzw. viel mehr der Senat das Potenzial dieses Projekts sieht und die Gespräche mit Signa voran treibt.

  • Schönes Projekt und zeigt meiner Meinung nach


    -dass Bürgerbeteiligung und Transparenz auch in der Investorenszene angekommen ist.


    -dass den Machern das Projekt wichtig genug ist, sich statt beleidigt von dannen zu ziehen neu aufzustellen.


    Bei Schlagwort "Berliner Mischung", verbunden mit dem riesigen angedeuteten Bau-Areal hinter dem Karstadt schlägt mein Herz schon ein bisschen höher! Genau sowas brauchen Innenstädte heute und das müsste man unter den jetzt dargestellten Konditionen schon sehr vermurksen damit es die Ecke nicht zumindest ein bisschen interessanter/schöner macht.

  • Habe gerade erfahren das schon ein Vertrag mit einer Kindertagesstätte geschlossen wurde die in das neue Gebäude einziehen soll. Dazu soll es auch nächste Woche eine Pressemitteilung geben.

  • Sehr gute Nachrichten!


    Der Senat zieht die Karstadt-Neubauplanungen für den Hermannplatz an sich, da der Bezirk Kreuzberg den Abriss und Neubau des Hauses am Hermannplatz blockiert. „Die Bezirke werden mit ihren Interessen berücksichtigt“, versprach Müller jedoch.


    So heißt es heute als Zusatz in einem Artikel über die Rettung dreier Karstadt-Häuser in der BZ:


    https://www.bz-berlin.de/berli…arstadt-haeuser-in-berlin

  • Die deutschlandweiten Schließungen von Karstadt-Kaufhof-Filialen, sind zwar sehr bedauerlich, aber gerade in Berlin hat dieser Warnschuss offenbar geholfen. Das Unternehmen hat nun endlich einen Eigentümer, der konzeptionell und finanziell in die Zukunft investieren will und der Senat blockiert. Gerade dieser Stillstand und das Festhalten am Status Quo, hat schließlich schon zu den vergangenen Schließungen geführt.

  • [...] und der Senat blockiert.

    Die Meldung sagt doch das genaue Gegenteil: der Senat nutzt seine Ausnahmekompetenz und zieht die grundsätzliche Bezirkskompetenz für die Bauplanung an sich um eine Blockade des Bezirks FH-XBerg aufzulösen.

  • ^ Entschuldigung. Ich hatte Bezirksverwaltung und Senat versehentlich in einem Topf geschmissen. Die Parteibücher der Handelnden sind aber oft die gleichen. Die Blockade der Signa-Karstadt-Kaufhof-Projekte bestand zudem bezirksübergreifend. Im Fall Kaufhoferweiterung Alexanderplatz, liegt es offenbar eher beim Senat, ob 130m oder 150m hoch gebaut wird.

  • Ob sich die "Blockaden" auflösen, wenn der Senat den neuen B-Plan aufstellt und bearbeitet sei jedoch dahingestellt. Denn in jedem Fall muß für das Vorhaben der Signa ein B-Plan aufgestellt oder ein bestehender geändert werden.


    Hier muß es zwingend eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus gaben - Parlamentarier der Linken und der Grünen haben ja schon angekündigt, diese Zustimmung zu verweigern. Zudem spielt die fachlich ablehnende Haltung des BA Kreuzberg-Friedrichshain auch im B-Planverfahren des Senats eine Rolle - SenStadt müsste zu einer anderen Einschätzung kommen, was auch wesentlich von der Neubesetzung des Senatorenpostens abhängt.


    Wenn SenStadt federführend ist fordert auch in der Reel die Senatsbaudirektorin einen Wettbewerb, daß einfach eine Rekonstruktion der alten Fassade zugelassen wird halte ich für unwahrscheinlich.


    B-Planverfahren haben momentan in Berlin eine Laufzeit von etwa acht Jahren, bis Baugenehmigungen erfolgen. Insofern wird das Karstadtprojekt am Hermannplatz sicher noch lange das Forum befassen.