Ich konnte heute die FOUR-Baustelle besichtigen und habe einige interessante Dinge erfahren:
- vom Abbruchmaterial der alten Gebäude wurde außer Metall, Holz usw. ist kein einziger Krümel abtransportiert. Die steinernen Trümmer wurden an Ort und Stelle zerkleinert und werden auf der Baustelle zur Stabilisierung des Untergrundes benötigt; ohne Stabilisierung durch das Recyclingmaterial würden die schweren Geräte im Frankfurter Ton einsinken und in Schieflage geraten;
Dieser Trümmerberg könnte der Abs-Saal gewesen sein...
- von den ganz schweren Schlitzwandbaggern (SC 135) sind weltweit nur fünf Stück im Einsatz, davon einer hier; 135 t bringt er auf die Waage, mit Schlitzwandgreifer oder -fräse etwa 170 t.
Durch den Schlauch auf der hinteren Rolle wird das Bentonit in die Grube gepumpt.
Sobald die Fräse auf Fels stößt, kommt ein ca. 30 t schwerer Meißel zum Einsatz, der z.Z. vor dem DeuBa-Altbau in 30 m Tiefe trümmert. Einer dieser Meißel ist mal abgerissen und unten geblieben, wurde aber inzwischen wieder geborgen. In der näheren und weiteren Umgebung der Baustelle sind Meßgeräte zur Kontrolle der durchs Meißeln hervorgerufenen Erschütterung aufgestellt. Die Erschütterungen sind bis in Kaiserstraße massiv zu spüren, weiter weg von der Baustelle viel deutlicher als direkt auf der Baustelle.
- Arbeitssicherheit ist ein großes Thema. Die Schlitzwände sind bis zu 1,30 m breit, so dass ein Mensch leicht reichfallen kann. Thema war wohl, dass die Arbeitsschutzbehörde den Schlitzwandarbeitern das Tragen von Schwimmwesten auferlegen könnte, damit sie nicht im Bentonit ertrinken, falls mal einer abstürzt, ein Problem bei Bautiefen bis 30, 40 m. Das Bentonit hat aber eine so große Dichte, dass man im Zweifel nicht untergeht; das wurde mit einem arbeitsmäßig verkleideten Dummy getestet und nachgewiesen: sie tragen keine Schwimmwesten.
- im Zentrum des Bauplatzes steht das Bentonit-Lager, die Entsandungsanlage und eine Werkstatt der Fa. Trevi, dem italienischen Spezialtiefbau-Unternehmen, das Schlitzwände und Bohrpfähle herstellt. Die Beanspruchung der Schlitzwandgreifer-, -fräsen und Meisel wie auch der Großgeräte ist enorm, so dass permanent Verschleißteile ausgetauscht und Geräte repariert werden. Die Bentonit-Flüssigkeit wird vor dem Betonieren der Schlitzwände abgepumpt, entsandet und wiederverwendet; sie kann praktisch beliebig oft verwendet werden. Das überwacht ein Bentonit-Labor:
- Die Arbeiter der Fa. Trevi wohnen in eigens für diesen Zweck angekauften Häusern in Oberrad, sie arbeiten in einem 10 Tages Turnus, fahren also alle 10 Tage für 10 Tage nach Hause. Derzeit sind rd. 150 Personen auf der Baustelle tätig, sobald der Hochbau im Gange ist, werden es bis zu 1.500 sein. Über ein elektronisches Zugangskontrollsystem (Zugang nur mit personalisierter Codekarte) hat die Bauleitung jederzeit Überblick, wer sich auf der Baustelle aufhält. Das ist u.a. wichtig, falls die Baustelle mal evakuiert werden muss.
- der Baugrubenverbau wird beginnend an der Gr. Gallusstraße/ Omniturm im Uhrzeigersinn hergestellt bis in 30-40 m Tiefe (siehe oben Beitrag #17, wo es auf der gelb markierten Strecke auch schon fertige Abschnitte gibt); derzeit arbeiten sie am DeuBa-Altbau, sind also fast rum. Pro Schlitzwandlamelle werden 2 Tage benötigt. Die Bodenplatte, die mit einer Stärke von 5,70 m in einem Stück gegossen wird, ruht auf 380 Bohrpfählen, von denen rd. 230 bereits stehen. Die Armierungen sowohl des Baugrubenverbaus also auch der Bohrpfähle werden mit Wärmsonden versehen; die gewonnene Erdwärme soll für Kühlung und Heizung der Gebäude ausreichen.
An den Armierungen einer Schlitzwandlamelle bzw. eines Bohrpfahls sind die Leitungen befestigt, durch die später der Wärmeträger zirkuliert.
- die vier Hochhäuser müssen aus statischen Gründen gleichzeitig gebaut werden, damit die Bodenplatte gleichmäßig belastet wird; sie würde Schaden nehmen, würde man die Hochhäuser nacheinander bauen.
- eine große Herausforderung ist die Baustellenlogistik.
Zur Zeit werden die bis zu 30 m langen Bewehrungskörbe für Schlitzwände und
Bohrpfähle nachts angeliefert. Zwischen 22 und 6 Uhr können die überlangen
Transporte ohne mit verkehrsrechtlicher Sondergenehmigung, aber ohne Polizeibegleitung gefahren werden. Das in der Junghofstraße gegenüberliegende
Bauvorhaben ist bereits heute mindestens ein Jahr hinter dem Zeitplan, so dass
die Junghofstraße nicht im ursprünglich gedachten Umfang zur Verfügung steht. G
& P ist im Begriff, für die FOUR-Baustelle ein Logistikzentrum irgendwo im
Rodgau (Rödermark?) aufzubauen, weil an der Baustelle selbst praktisch keine Lagermöglichkeiten
bestehen. Wie schon beim Omniturm werden auch hier im größtmöglichen Umfang
Betonfertigteile verwendet (die kommen aus dem Gießener Raum).
- im Vapiano-Gebäude soll demnächst ein Vermarktungsbüro eingerichtet werden, von wo aus man die Baustelle soll betrachten können; dort soll auch das Architekturmodell des FOUR aufgestellt werden.