Paulskirche: Generalsanierung und "Haus der Demokratie"

  • Das einzige Argument scheint die Licht-Situation zu sein? Das geht doch mit ner anständigen Beleuchtung doch auch. Und von unten sieht man das jetzige Dach sowieso nicht, man denkt es ist ein Teerpappe-Not-Dach. Nicht, dass wir weit davon entfernt wären... :)

  • Sehe ich anders.


    Was ich persönlich an diesem Bauwerk sehr anziehend finde, sind die ablesbaren Metamorphosen: als sakrales Gebäude, das zu einem säkularen Parlamentsbau mutiert, als Wiege der Demokratie, die im Inferno des Unterganges der Diktatur beinahe ausgelöscht wird. Denkmal für den demokratischen Aufbruch einerseits, Mahnmal des schrecklichen Scheiterns der ersten deutschen Demokratie andererseits.


    Würde die Paulskirche wieder in den Vorkriegszustand zurück versetzt, würden dem wichtigsten Symbolbau der Demokratie in Deutschland entscheidende Aspekte geraubt, denn bekanntermaßen war ja der Weg in die heutige, bundesrepublikanische Demokratie alles andere als geradlinig: der zerstörerische Weg in den Untergang, aber auch der kraftvolle Ausbruch daraus blieben ausgeblendet.
    Dies sollte bedenken, wer heute eine detailgetreue Rekonstruktion fordert.


    Die Paulskirche ist das Symbol des demokratischen Aufbruchs in Deutschland, mitunter wird sie auch die Agora der Bundesrepublik genannt. Eines aber ist sie seit 70 Jahren nicht mehr: eine Kirche.


    Was ich aber für sehr wünschenswert hielte, wäre eine ansprechendere Präsentation der Ausstellung im sogenannten Wandelgang, oder besser noch eine Ausgliederung derselben in ein noch zu errichtendes Nachbargebäude (der Parkplatz und die nicht sonderlich gepflegte Grünfläche nördlich des ‚neuen Rathauses’ wären, wie ich finde, eine interessante Option!). Ein epochales Ereignis wie die Revolution von 1848/49 sollte umfassend, angemessen und multimedial dokumentiert werden – da sind ein paar lieblos gestaltete Schaukästen geradezu ignorant.


    Apropos multimedial: dieser Film über Robert Blum könnte Teil eines neuen Ausstellungskonzeptes sein – er sollte in Dauerschleife laufen (übrigens mit als 3d-Modell nachgebauter Paulskirche!)

    Robert Blum und die Revolution

  • Die Paulskirche ist ein nationales Denkmal (womit natürlich auch die finanzielle Hauptlast beim Bund liegen sollte), das wie kaum ein anderes dafür taugt positiv auf die eigene Geschichte zurückzublicken, den Bedarf für irgendwelche Mahnmalaspekte kann ich in diesem Fall nicht ansatzweise erkennen. Ich sehe eher im aktuellen Zustand den mit Abstand wichtigsten Aspekt dieses Gebäudes komplett geraubt - nämlich eben den des Tagungsorts des ersten Deutschen Parlaments. Und genau auf diesem Aspekt beruht nunmal auch die Bedeutung dieses Gebäudes. Davon dass und in welcher Atmosphäre dort vor 170 Jahren getagt wurde, ist im aktuellen Zustand absolut gar nichts spürbar. Stattdessen muss man sich 3D-Rekonstruktionen in irgendwelchen Filmen anschauen, und das obwohl das Gebäude an sich noch komplett vorhanden ist.
    Als Denkmal für den Wiederaufbau jedenfalls ist die Paulskirche überhaupt nicht nötig. Davon gibt es allein in der Frankfurter Innenstadt unzählige andere, teils sogar deutlich bessere als dieses aus Fußgängerperspektive die Dachpartie unfertig enden lassende Flachdach und der völlig ahistorische nichtssagende kalte Innenraum.
    Bezüglich Ausstellung wäre der beste Ort für mich statt einem Neubau auf ahistorischem Grundriss eine Unterbringung in einer Neubebauung des Paulsplatzes.

  • ... den Bedarf für irgendwelche Mahnmalaspekte kann ich in diesem Fall nicht ansatzweise erkennen.


    Nun, ich wüsste nicht wo der „Bedarf an irgendwelchen Mahnmalaspekten“ sinnfälliger zum Ausdruck käme, als am beinahe restlos zerstörten Torso der Wiege der deutschen Demokratie. Gerade heute, da die Errungenschaften der Paulskirchenversammlung, die noch heute die Grundlage unseres Grundgesetzes bilden, von immer mehr antidemokratischen Kräften in Zweifel gezogen werden, ist es meiner Ansicht nach zwingend, darauf hinzuweisen, dass diese schon einmal und mit wahrhaft verheerenden Auswirkungen missachtet wurden. Es gibt in der Frankfurter Innenstadt keinen Ort (zumindest fällt mir gerade keiner ein), an dem diese Mahnung deutlicher zum Ausdruck käme.
    Sie auf die zwei Gedenktafel rechts und links neben dem Eingangsportal, sowie die kleinen Messingschildchen zu reduzieren, die mit den Namen der Abgeordneten versehen waren und an der Rückseite der Kirchenbänke angebracht wurden, und ansonsten den Innenraum wieder als Kirche aufleben zu lassen, die sie gar nicht mehr ist, nebst abgehängter Decke, fehlenden Toiletten und Garderoben, und ohne ein Foyer das bisher Raum bietet für die Verpflegung der bis zu 900 Gästen bei großen Preisverleihungen – all das würde zwar wieder den Vorkriegszustand herstellen, aber es würde eben auch wieder eine Kirche entstehen, die mehr schlecht als recht ihrer rühmlichen Vergangenheit gedachte.


    Das dieses Gebäude, das zwei, beziehungsweise drei Jahre nach Kriegsende und vierzig Jahre vor der Wiedervereinigung, als erster gesamtdeutscher Bau von nationaler Bedeutung (die Materialspenden kamen auch aus der damaligen SBZ) wieder errichtet wurde, stellt eine unglaubliche Leistung dar, die man auch heute, siebzig Jahre später, anerkennen und für die Zukunft bewahren kann.
    Das dieser Wiederaufbau in den ruhigen und sachlichen Formen einer gemäßigten Moderne ausgeführt wurde, ist dabei nicht, wie immer wieder behauptet wird, allein der Not und Materialknappheit der unmittelbaren Nachkriegszeit geschuldet, sondern war durchaus Absicht und Ergebnis eines zähen Ringens innerhalb der Stadtgemeinschaft. So wurde beispielsweise das Goethehaus etwa zeitgleich originalgetreu wieder aufgebaut.


    Aber ich gestehe, dass ich in der Debatte um Rekonstruktion oder Sanierung nicht wirklich gut objektiv argumentieren kann, denn mich erreicht die Paulskirche in ihrer jetzigen Form. Sie lässt mich nicht kalt, ganz Im Gegenteil, sie berührt mich und ich erschaudere vor ihrem würdevollen Auftritt.
    Der allerdings – zweifelsohne – ein sorgsames Lifting benötigt.

  • Paulsplatz Sanierung ebenfalls avisieren

    Im Zuge der begrüßenswerten Sanierung der Paulskirche sollte auch der "verschenkte" Paulsplatz modernisiert werden, der sich derzeit deutlich unter Wert verkauft.


    Diese Diskussion hatten wir schon im Rahmen des Themas Rahmenplan "Innenstadtkonzept Frankfurt" vor 7 Jahren, OMG wie die Zeit vergeht (bspw. hier und hier und auch hier.). Durch die baldide Eröffnung der Dom-Römer Altstadt und auch der noch näher gelegenen Kornmarkt-Arkaden hat sich die Situation rund um die Paulskirche seitdem grundlegend verändert. Der Paulsplatz wird mehr Platz für Passanten zulassen müssen und die Planer sollten den Ansturm nutzen um die Paulskirche als Parlamentsgebäude neu in Szene zu setzen.


    Die Punkte zur Paulskirche zusammengefasst:

    • Laut RMA stellt besonders die büroähnliche Gestaltung der Oberkirche eine "konservierte Ungeschichtlichkeit der Nachkriegszeit" dar. Hier stimme ich zu, dass mindestens eine neu konzipierte Kuppel hinzugefügt werden sollte um den parlamentarischen Charakter des Gebäudes (Stichwort Bundestag) zu betonen.
    • Die Historie um die 1848 Demokratieversuche sollte man mit einem "Eyecatcher" Informationszentrum besser zur Geltung bringen. Vorbild wäre hier zum Beispiel das hervorragende Demokratie-Museum beim Hambacher Schloss in Rheinland-Pfalz.
    • Der Eingang sollte beispielsweise zum Platz hin geöffnet sein und nicht als Seiteneingang verkümmern, somit könnte man auch die fehl geleiteten Passentenströme zumindest teilweise "umleiten".
    • Von weiten erkennt man kaum, dass die Kirche überhaupt geöffnet ist, geschweige denn eine sehenswerte und sogar kostenlose Ausstellung beherbergt.
    • Die Beleuchtung der Paulskirche am Abend ist ebenso altmodisch und wenig einladend. Auch hier müsste der Eingang durch neue Beleuchtung kenntlich gemacht werden.


    Ideen zum Paulsplatz:

    • Passanten laufen meist achtlos am Platz vorbei um schnell zum Römer zu gelangen, über den Platz selber läuft kaum jemand.
    • Dadurch werden alle Passanten durch ein Nadelöhr entlang der Gastonomie gepfercht und nur ein Viertel des Platzes ausgiebig genutzt.
    • Die zu groß geratene Außengastronomie wirkt absperrend und die Mitte des Platzes hat keinen spürbaren Mittelpunkt (Brunnen? Uhrtürmchen?, Gastronomie?).
    • Die altbackene, uninspirierte Gastronomie am Paulsplatz ist bis auf Jamy's seit Jahrzehnten dieselbe und erinnert stark an die lieblosen Tourinepp Fress-Stationen in Rüdesheim am Rhein.
    • Die "Einkesselung" des Platzes hinter Legionen von sperrigen Reisebussen ist ebenso eine unattraktive Planungssituation. Die Busse sollten lieber rund um das Museum für Modern Kunst abgestellt werden, wo sie viel weniger störend wirken würden.


    Kompliment an dieser Stelle an die SPD, FDP & Linke für den Zuspruch dieses Umbaus und Unverständnis für die kleinkarierte CDU, die sich scheinbar das Schäubelsche Spardiktat zu sehr zu Herzen genommen hat. Nicht umsonst ist man bei der letzten OB-Wahl in Frankfurt krachend mit unsäglichen 29,2% in der Stichwahl gescheitert. Hier scheint sich eine Partei komplett vom Frankfurter Bürgertum zu entfremden. Wäre wünschenswert, wenn OB Feldmann seinen neuen Status als Peter der Große innerhalb der SPD nutzen kann um bei der Regierung in Berlin bzw. bei Scholz, Nahles, Steinmeier & Co. nach Finanzierungsmöglichkeiten anzufragen.

    6 Mal editiert, zuletzt von Golden Age ()

  • ^ Zu befürchten steht ja, dass sich die CDU der Idee nur deshalb nicht anschließen will, weil sie vom "Gegner" kommt. Das kennt man ja öfters, auch aus der anderen politischen Richtung. Allerdings könnte sich das künftig noch ändern. Wenn das Thema Fahrt aufnehmen sollte (die Initiative zur Rekonstruktion vom Langen Franz und Kleinem Cohn erscheint mir derzeit als Totgeburt), wird sich die CDU dem aber wohl nicht entgegen stellen. Wie man sein Fähnchen in den Wind hängt, kann sie sich ja bei Feldmann abgucken.

  • Ob ich der einzige bin, der zur Frage der Rekonstruktion zu keiner befriedigenden Antwort gefunden hat? Ich kenne die Paulskirche nur in ihrer Nachkriegsversion, sowohl vor der letzten Sanierung als auch im aktuellen Zustand, und ich fand ihre Architektur schon immer befremdlich. Die städtebauliche Situation mit der Rückseite zur Berliner Straße und dem relativ weiten Paulsplatz an der Flanke ist unschön. Mit der profanen Eingangstür, dem Flur und dem geduckten Erdgeschoss kommen genau die gedämpften Gefühle auf, welche die Nachkriegsarchitekten bezweckten. Dem Hauptsaal wiederum merkt man an, dass ihm etwas fehlt, der Dachhimmel wirkt aus jeder Perspektive verzerrt, alles seltsam irgendwie, und doch gewollt, nachkriegsideologisch geprägt.


    Um mich zu orientieren, habe ich vorhin die Paulskirche umrundet und das Innere auf mich – und den Kamerasensor – wirken lassen. Vielleicht helfen dem ein oder anderen die entstandenen Bilder bei der Meinungsbildung. Unkommentiert:



    Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3283.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3280.jpg


    Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3291.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3288.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3309.jpg


    Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3304.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3299.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3313.jpg


    Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3312.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3311.jpg Bild: http://www.dafmap.de/d/serve.py?2018/EPI_85A3310.jpg
    Bilder: epizentrum

  • Wie in dem oben verlinkten PDF auf Seite 9 zu sehen ist, entsprach der Vorkriegszustand also doch den ursprünglichen Plänen von Hess. Das spricht klar für einen Wiederaufbau der Empore im Innenraum und des Kegeldachs auf dem Zentralbau. Ansonsten kann ich Rohne nur zustimmen: Die Bedeutung der Paulskirche liegt einfach im Original von 1848, als hier das erste deutsche Parlament tagte, und nicht im Nachkriegszustand von 1948, als man weder Geld noch Arbeiter für einen ordentlichen Wiederaufbau hatte.

    Einmal editiert, zuletzt von Architektator ()

  • Ich finde das Krüppeldach ist absolut nicht würdig ein Symbol für die Wiege der Deutschen Demokratie oder deren Scheitern und Zerbomben zu sein.


    Um die Kirche ins rechte Licht zu setzen ist eher der Paulsplatz anzugehen. Grauenvoller Ist-Zustand sowie Ideen standen ja weiter oben schon, dazu weitere Ideen: Die Aussengastronomie zurückstutzen, die irrsinnig vielen Bäume lichten (momentan sind es ja 6 Reihen x 8 Bäume). Am besten das Einheitsdenkmal in die Mitte vom Platz anstatt so versteck in der Ecke, vielleicht noch umrahmt von nem halben Dutzend Deutschland-Fahnen. Der Buss-Parkplatz muss da weg. Und halt ein anständiges Dach auf die Kirche.

  • ^


    Das Hauptproblem des Paulsplatzes ist, dass er im Grunde gar kein Platz ist, sondern eine Baulücke. Da jedoch der Standortbestimmende Bau, die Paulskirche, mit dem Durchbruch der Berliner Straße ihre städtebauliche Einfassung verlor, ist diese Lücke nicht ohne weiteres wieder schließbar, ohne dass es zu mehr oder minder grotesken städtebaulichen Situationen führen würde, da die Rückseite der Kirche wegen der Berliner Straße nicht mehr eingefasst werden kann.
    Sämtliche Vorschläge der späten 40er, der 60er sowie der 80er Jahre, als ernsthaft eine Bebauung erwogen wurde, blieben aus diesem Grund unverwirklicht: weil sie keine zufriedenstellende städtebauliche Situation für die Paulskirche geschaffen hätten.
    Schon Goethe war ja der Ansicht, das die damals neue Kirche an sich nicht verwerflich sei, allein der Platz an dem sie ‚sticke’, sei nicht der richtige. Will sagen: die Kirche brauche, um zu voller Geltung zu kommen, mehr Platz.
    Nun hat sie zwar Platz, aber leider nur einseitig, was zugegebenermaßen seltsam aussieht – so als habe man den Bau unachtsam in eine Ecke geschoben. Da man aber weder das ‚Neue Rathaus’ abreißen, noch die Paulskirche in die Mitte des Platzes wird schieben können, bleibt die Frage: was tun, wenn sich der Vorkriegszustand als nicht mehr realisierbar erweist, die zahlreichen Vorschläge einer Bebauung des Platzes aber nicht zufriedenstellend waren?


    Ich kann mich noch gut an den großen Parkplatz erinnern, der bis in die späten 70er Jahre selbstverständlich den gesamten Platz einnahm. Als dieser dann weg war, sah der Platz arg öde aus. Den als vorläufige Kompromiss-Lösung gedachten Baumhain empfand ich aber immer als halbwegs akzeptabel, ja eigentlich als Bereicherung. Dass der Platz seither immer wieder für gewerkschaftliche Zwecke genutzt wird, ständig zu allen möglichen Themen Infostände auf- und wieder abgebaut werden, die Aussengastronomie endlich mal Platz hat Ausmaße anzunehmen wie man sie nur aus südeuropäischen Großstädten kennt (von Münchner Biergärten mal abgesehen), all das finde ich gar nicht mal so verkehrt.


    Als gebürtiger Münchner ist mir schon früh aufgefallen, dass der Frankfurter sich schwer mit seinen wenigen, einigermaßen großen Plätzen tut. Die fast überall anzutreffende Enge scheint derart in Fleisch und Blut übergegangen zu sein, dass die Weite schnell als störend empfunden wird. Wenn ich aber in dem kleine Café Stern am Paulsplatz sitze, das vorüberziehende Treiben und die gegenüber liegende Paulskirche betrachte, denke ich häufig: dieser Platz hat was. Er ist zwar nicht schön im klassischen Sinne (wie z.B. die Place Bellecour in Lyon), aber er funktioniert und bietet darüberhinaus immer wieder ein Forum für diverse Interessensgruppen.
    Gerade dieses Forum ist meiner Ansicht nach ein ganz gutes Pendant zur demokratischen Tradition der Paulskirche.

  • Die Stadt hat hier die einmalige Chance diese Durchgangspassage zwischen Hauptwache/Römer als neue Achse zur "neuen" Altstadt und Dom zu etablieren. Heute hetzt man in der kurzen Grünphase über die Berliner oder parkt Touribusse für den schnellen Römerschnappschuss. Die längste Verweildauer auf dem Paulsplatz liegt momentan in der Weihnachtszeit, zum geselligen Afterworkglühwein. Hier ist ein ganzheitliches Konzept gefragt.


    Reko ist natürlich zu begrüßen, was die beste Lösung ist, erschließt sich mir aber auch noch nicht. Man sollte auch über spätere Nutzung diskutieren. Sollte man zurück zu den Wurzeln und auch der Politik Raum bieten? Diskussionspunkte gibt es zur Genüge. Großartig wenn sich endlich was tut.

  • Außen sollte man die Paulskirche meiner Meinung nach in jedem Fall wiederherstellen, zusammen mit den Rathaustürmen und -dächern! Stellt euch vor, man würde das als eine Art zusammenhängende Maßnahme durchführen und was für ein Gewinn das wäre.


    Was das Innere anbetrifft, so halte ich den jetzigen Zustand für ziemlich schlecht, besonders dieses eigenartige, niedrige Zwischengeschoss mit einer Ausstellung. Jetzt natürlich überspitzt, aber wenn ich einer Kirche nach unten gehe, dann in eine Krypta. Das ist dann so, als wolle man da die deutsche Geschichte "beerdigen". Auch die Säulen dort, die im Hauptraum eine Entsprechung finden, sind seltsam. Ich bin eindeutig für eine Entfernung dieses Zwischengeschosses und eine deutliche Überarbeitung des gesamten Innenraumes. Ob das jetzt genau der Zustand vor 1945 sein muss, darüber sollte man diskutieren. Ich wäre auch dafür, aber vielleicht ließe sich auch eine überzeugende andere Gestaltung finden.


    Hier der Innenraum von 1892: https://upload.wikimedia.org/w…kirche_Innenraum_1892.jpg Das jetzige ist nun wirklich eine Notlösung.

  • Jeder, der in die Paulskirche kommt, ist erst einmal geschockt. Von außen schon sehr kühl gestaltet und mit einem Notdach ausgestattet, ist der Innenraum doch wenig beeindruckend. Kein Mensch würde dafür in eine andere Stadt fahren, geschweige denn reisen. Den selben Eindruck habe ich auch oft bei ausländischen Gästen in der Alten Oper erlebt, oder im Römer. Menschen aus anderen Städten können das nicht verstehen, dass man so eindrucksvolle und geschichtlich wertvolle Gebäude innen so schäbig gestaltet.


    Die Paulskirche steht ja schon. Was fehlt ist lediglich eine weitgehend historische Herstellung der Innenräume und des Daches.


    Das wäre doch eine einmalige Sache in Deutschland. Das erste Parlament in Deutschland! Zumal der Bau dann auch endlich für Veranstaltungen richtig nutzbar wäre.


    Ich verstehe es nicht! Es ist auch nicht zu verstehen.


    Da behält der Frankfurter lieber seinen 1940-50er Mief, als eine klassizistische Kirche, die in Grundzügen schon vorhanden ist, wiederaufzubauen.


    Vielleicht noch ein Wort zum ehemaligen Kuppeldach. Nach meinem Kenntnisstand sollte das Dach auch einen Bezug zur Revolutionsarchitektur der 18. Jahrhunderts in Frankreich haben und dazu braucht es nunmal zwingend eine Kuppel und kein Flachdach.

  • ^ Das Dach der Paulskirche habe ich nie als temporär empfunden - es ist weniger sichtbar als die Fassaden. An der Kirche selbst stört nichts und auch der Innenraum wurde in so vielen Bauten nach dem Krieg neu hergestellt bzw. umgebaut. Was stört, ist die mehrspurige Berliner Straße hinter der Kirche - und auch die Fassaden an dieser Straße könnten gerne historische werden, als passender Hintergrund für die Kirche.

  • Jeder, der in die Paulskirche kommt, ist erst einmal geschockt. [...] Zumal der Bau dann auch endlich für Veranstaltungen richtig nutzbar wäre.


    Nun, nicht jeder. Meine Wenigkeit nicht, und mag ich auch einer noch so kleinen Minderheit angehören, die dieses "Denkmal für den Aufbau Deutschlands" (Titel eines Buches über die Paulskirche von Dieter Bartetzko) sehr, sehr schätzt.


    Auch geht es mir so, dass ich die Architektur der 40/50er Jahre, die ja im Wesentlichen eine Wiederaufbau-Architektur ist, nicht per se als 'miefig' empfinde. So hatte ich z.B. vor einigen Jahren, als ich noch am Weckmarkt hinter dem Dom wohnte, eine sehr alte Nachbarin, die schon vor dem Krieg in der Innenstadt, am Rande der Altstadt lebte. Nachdem sie ausgebombt wurden, bei Familienmitgliedern unterkamen und wenige Jahre später wieder in die Altstadt zuückkehren konnten, waren sie unglaublich froh nicht mehr die Enge, die Dunkelheit und den Mief der Altstadt vorzufinden, sondern helle, für damalige Verhältnisse großzügige Wohnungen um begrünte Innenhöfen gruppiert. Nostalgisch in Sachen Altstadt war meine Nachbarin nie, überhaupt nicht.
    Und all die Jahre, die ich dort in der neuen 'Altstadt' lebte, habe auch ich sie nie als 'miefig' erlebt.


    Und was die Möglichkeiten von Veranstaltungen in einer originalgetreu wiedererrichteten Paulskirche betrifft: Was bitte sollen das denn für Veranstaltungen sein? Freilich, Gottesdienste. Aber Preisverleihungen ohne Foyer für das obligatorische Catering, ohne ein Tiefgeschoss mit Garderoben und Toiletten? Harte Kirchenbänke, statt halbwegs bequemer Bestuhlung?
    Wäre ein ziemlicher Rückschritt in Sachen Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes.

  • Ich finde die Paulskirche in ihrer jetzigen Form auch nicht schlecht aber das ist mMn in diesem Fall nicht der entscheidende Punkt.
    Die PK hat zweimal in ihrer Geschichte eine historische Rolle gespielt. Als Sitz des Parlaments 1848/49 und als Symbolbau des Wiederaufbaus (nicht nur architektonisch) 1948.
    Eine entscheidende Rolle kam ihr aber nur 1848/49 zu. Damals war sie Dreh-und Angelpunkt der deutschen Geschichte. Ein Jahrhundert spaeter war sie das sicherlich nicht.
    Schon aus diesem Grund sollte die PK meiner Meinung nach zumindest annaehernd in den Zustand von 1848/49 zurueckversetzt werden.
    Darueber hinaus ist es fuer mich unabdingbar, ein der Bedeutung der PK angemessenes Museum / Dokumentationszentrum zu errichten. Aus Platzgruenden kann das vermutlich nur ein separates Gebaeude sein, gerne auch ein Gebaeude, dass sich in Lage und Aussehen an der Alten Boerse orientiert.

  • Keine Rekonstruktion

    Die regierende Koalition im Römer hat sich auf eine Sanierung der Paulskirche unter Beibehaltung des Nachkriegszustands geeinigt. Davon berichten heute die FAZ offline, die FR und die FNP auch online.


    Die Begründung des kulturpolitischen Sprechers der CDU-Fraktion für diesen Entschluss gibt die herrschende Doktrin bestens wieder: Die Paulskirche sei in ihrer jetzigen schlichten Ausstattung und Erscheinungsform ein Zeugnis der Wiederaufbauzeit nach einem von Deutschen verursachten Krieg, aber auch ein Symbol für 70 Jahre freiheitlich-demokratische Geschichte. Das Bauwerk stehe für einen demokratischen Neubeginn nach 1945.


    Wofür das Kirchenbauwerk in allererster Linie steht, scheint demgegenüber in Vergessenheit geraten oder hat eben in Ränge minderer Bedeutung zurückzutreten. Nun ja, etwas anders war nun wirklich zu erwarten. Welche der Römer-Fraktionen sollte auch den Mut für eine abweichende Lösung aufbringen?


    Angestrebt wird ein Abschluss der Sanierungsarbeiten im Jahr 2023. Weiterhin ist die Einrichtung eines Dokumentationszentrums zur Geschichte der Paulskirche geplant. Ein Sprecher des Planungsdezernenten hält einen Vorschlag für sinnvoll, dieses im Erdgeschoss der benachbarten Kämmerei unterzubringen, also im Rathaus-Nordbau. Aus meiner Sicht wäre dagegen die buchstäblich naheliegendste Lösung klar vorzuziehen. Nichts wäre für eine solches Dokumentationszentrum besser geeignet als das Erdgeschoss der Paulskirche, wenn man es schon für richtig hält, die m. E. unglückliche Nachkriegslösung eines kargen und leeren Kirchenraums im ersten Obergeschoss beizubehalten. Mit der Lichttechnik von heute wird es ein Leichtes sein, dieses bisher unangenehm finstere Geschoss samt der Ausstellung angemessen in Szene zu setzen.

  • ^ Das hatte sich abgezeichnet. Die Kuppel hätte ich gerne nachgebaut gesehen. Jetzt sollte bei der Sanierung wenigstens der Mief ersetzt und aufgewertet werden: Die Eingangstüren, die Plastik-Fenster, die Billigtoiletten etc.


    Zum Dokuzentrum stimme ich Dir zu: Warum ein solches nicht im Erdgeschoss bzw. im Untergeschoss der Paulskirche selbst errichten?