Ost-West-(U)-Bahn (Diskussionsstrang)

  • Die Präsentation aus dem dritten Fachgespräch zur Kapazitätserweiterung ist nun online abrufbar. Hier wurde die Vorplanung der oberirdische Variante behandelt. Es ist sehr interessant, sich die Lagepläne der verschiedenen Abschnitte zwischen Heumarkt und Aachener Weiher in Ruhe anzusehen. Anbei ein Ausschnitt des Neumarkts mit zwei neuen Gleisen im Süden. Die Gleise und Straße im Norden würden zurückgebaut und der Platzfläche zugeteilt werden. Was sonst noch auffällt:

    - Es wird auf eine konsequente Einspurigkeit der Ost-West-Achse gesetzt

    - Eine Radinfrastruktur nach "Kölner Standard", also 2,50 Meter Breite wird ebenfalls berücksichtigt

    - Es sind keine Parkplätze, nur Lieferzonen und neue Baumpflanzungen vorgesehe

    - Besonders interessant ist das Durchfahrtsverbot für den MIV in Richtung Westen kurz vor dem Neumarkt.


    Die unterirdische Variante samt Lageplänen soll im Laufe dieses Jahres ebenfalls veröffentlicht werden. Ich bin gespannt, wie die gewonnen Flächen bei einer unterirdischen Lösung genutzt werden sollen.


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    Link zum Download der Präsentation zum oberirdischen Entwurf


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    Bildquelle: Stadt Köln, Präsentation, Folie 37

  • ^ Wie vielerorts in Deutschland geht es ja auch nicht um eine Kapazitätserhöhung des ÖNV sondern vielmehr darum den MIV zu sabotieren.

  • Die Verkehrswissenschaft fordert oft eine Kombination aus Push & Pull-Maßnahmen für eine echte Verkehrswende. Also Unerwünschtes einschränken, Push, und das Erwünschte attraktiver gestalten, Pull. In der Politik ist natürlich Pull beliebter als Push, denn Verbote und Einschränkungen klingen ja immer so hart. Hier sehen wir die Kombination aus beidem:

    Pull-Maßnahmen (Erwünschtes fördern)
    Fußverkehr: Flächen des ehemaligen Radweges werden dem Fußverkehr gegeben. Es gibt weniger Konflikte zwischen Rad- & Fußverkehr. Barrierefreiheit wie Leitsysteme und Absenkungen werden mitgedacht. Es wird Außengastronomie möglich, wo es heute noch keine gibt, dadurch wird das Zufußgehen & Flanieren ebenfalls attraktiver. Durch die Neustrukturierung der Plätze sind diese attraktiver zu begehen und leichter zu queren. Der Verkehrslärm entlang der Achse wird vsl. abnehmen und die Luftqualität besser. Querungen werden verbessert.

    Radverkehr: Durch die Verlegung auf die Fahrbahn entstehen 2,50m breite Radfahrstreifen. Radfahrende können sich überholen und nebeneinander fahren, radeln auf Asphalt wesentlich direkter und komfortabler als heute, die Verkehrssicherheit steigt durch Radeln im Sichtfeld der Kfz und durch weniger MIV auf der gesamten Achse. Zudem gibt es neue Fahrbeziehungen z.B. in den Tunnel Nord-Süd-Fahrt und weitere geöffnete Einbahnstraßen
    ÖPNV: durch längere Bahnen werden 50% mehr Sitzplätze geschaffen, Unfallrisiko mit MIV wird etwas verringert, da weniger MIV auf der Strecke sein sollen, Wartebereiche werden großzügiger gestaltet, Ein- und Ausgänge der Bahnsteige ebenfalls optimiert und ergänzt


    Push-Maßnahmen (Unerwünschtes einschränken)

    MIV: Alle Parkplätze entlang der Achse entfallen, die Fahrbeziehung Richtung Westen wird komplett unterbunden, eine Fahrspur weniger je Richtung, ggf. Geschwindigkeitsreduktion



    These: Wenn man die Spur für Autos nicht reduziert, jedoch gleichzeitig die Bahn erheblich ausbaut und Autofahrende in die Bahn umsteigen (immerhin 50% mehr Sitzplätze), wird es nicht weniger Autoverkehr in der Stadt geben. Wieso? Die freien Kapazitäten auf der Straße werden bspw. von Pendler:innen genutzt, die nun besser in und durch die Stadt kommen, somit ist nichts gewonnen und die MIV-Belastung bleibt mehr oder weniger gleich.

  • da weniger MIV auf der Strecke sein sollen …

    Und genau da liegt doch die Krux! Man geht einfach mal davon aus das der Anteil des MIV sinkt – oft tritt das aber nicht so ein wie prognostiziert da entsprechende Gutachten oft sehr wohlwollend hinsichtlich ökologischem Wunschdenken ausfallen – wie bestellt, so geliefert! Zudem, wenn man innerstädtische Achsen auf eine Spur reduziert und dann ein Auto liegen bleibt bricht der Verkehr oft zusammen. Auch Rettungswägen und Busse kommen dann nichtmehr durch. In Stuttgart hatten wir ähnliche Fälle wo wichtige Achsen zurückgebaut wurde. Spoiler: es ging nach hinten los! Als Konsequenz musste sogar eine Schnellbuslinie eingestellt werden weil die Busse non-stop im Stau standen.

  • Wenn man östlich des Neumarkts den durchfahrenden MIV aussperrt, ist hinterher bis zu den Ringen weniger MIV unterwegs.

    Rettungsfahrzeuge und Lieferverkehr dürfen weiter über den Radweg in Richtung Neumarkt fahren.

    Das wird halt bei der Disziplin unserer Autofahrer etwas problematisch, sicherzustellen, dass das nur Lieferverkehr ist.

  • ...mich stört bei der oberirdischen Lösung (Skizze in Beitrag #81) am meisten, dass der halbe Neumarkt zur Bahnhaltestelle werden soll - selbst wenn "oben" etwas hinzugewonnen wird. Das wäre nicht mehr der Neumarkt, wie wir ihn kennen. Mit der "Halbierung" von Plätzen zu Gunsten der Verkehrsinfrastruktur haben wir mit dem Heumarkt aus meiner Sicht bereits ein zweifelhaftes Beispiel. Eine rein oberirdische Lösung ist in dieser Form sicher nicht zu Ende gedacht.

  • ^

    Das sehe ich ganz genau so. Der Neumarkt ist ein historisch unglaublich bedeutender Platz in Köln, der nach diesen Plänen zu einem Vorplatz für die Haltestelle degradiert würde, nachdem man ihn in den 60er Jahren schon zu einer Verkehrsinsel degradiert hatte.

    Es geht nicht ohne U-Bahn! Köln ist einfach zu groß geworden und wächst an den Rändern immer noch weiter. Man muss sich doch nur einmal ansehen, was entlang der Aachener Straße gerade an Schulen gebaut wird. Gymnasium Müngersdorf, Gesamtschule Vogelsang, Gymnasium Lövenich, Gymnasium Widdersdorf. Alles neue Schulen, die entweder jetzt schon, oder nach dem Ausbau der Linie 1, direkt an der Strecke liegen werden. Dazu noch neue Wohngebiete auf den Feldern neben Widdersdorf und Lövenich, die bereits an Projektentwickler verkauft sind. Wenn man die oberirdische "Lösung" wählt, wird man zweimal planen und zweimal bauen müssen.

  • Ich bin ja aufgrund der enormen Bauzeiten, der Bau- und Unterhaltungskosten kein Freund von U-Bahnen (außer dass sie einer Stadt ein Metropolenfeeling gibt) und bevorzuge die oberirdische Straßenbahn. Aber die Bahnen in Köln sind ja schon aufgrund Ihres Wagenprofil keine Straßenbahnen, sondern eben richtigerweise Stadtbahnen, die ihren Platz im Straßenraum benötigen, Trassen, Haltestellen, etc. Und das mach im derzeitgen Zustand die Ost-West-Achse zu einer Monsterschneise, die die Stadt zerschneidet und es dem nichtmotorisierten Verkehr fast unmöglich macht, diese einigermaßen zügig und sicher zu überwinden, ganz zu schweigen von der furchtbaren städtebaulichen Wirkung.


    Daher plädiere ich im Kölner Fall, auch aufgrund der erdrückenden Enge der Innenstadt bei immer mehr mobilen Menschen in der Stadt, für eine unterirdischen Führung vom Heumarkt bis zum Aachener Weiher, besser noch bis Melaten, um die innere Kanalstraße noch zu unterwinden, inklusive des Streckenarms der Linie 9 unter der Zülpicher Straße (und nicht um den Bekloppten 2x im Jahre die Zülpicher Straße auseinandernehmen zu lassen),


    1. zur Beschleunigung des unsäglichen Tuckerverkehrs insbesondere auf der genannten Strecke

    2. zur deutlichen Attraktivitäts- und Akzeptanzsteigerung des ÖPNV

    3. zur deutlichen Kapazitätssteigerung

    4. zur städtebauliche Aufwertung der Ost-West-Achse als "Boulevard" und zu deren problemlose Kreuzung


    Gerade das von Dominik hier gepostete Beispiel von der Gestaltung des Neumarkts zeigt die Horrorverkehrsflächen, die eine Haltestelle am Neumarkt benötigt, die vom eigentlichen Platz kaum noch etwas übrig lässt, auch wenn dieser dann wieder Anschluss an die nördliche Bebauung findet.


    Ich weiß, dass ein Tunnelbau Jahrzehnte brauchen wird, gerade in Köln, und das wir in diesem Forum das alles nicht mehr erleben werden, auch nicht mit dem KVB-Seniorenticket! Aber man muss ja irgendwann einmal eine Entscheidung treffen und handeln und bis dahin den Status Quo durch Zwischenmaßnahmen verbessern.

  • Man muss sich doch nur einmal ansehen, was entlang der Aachener Straße gerade an Schulen gebaut wird. Gymnasium Müngersdorf, Gesamtschule Vogelsang, Gymnasium Lövenich, Gymnasium Widdersdorf. Alles neue Schulen, die entweder jetzt schon, oder nach dem Ausbau der Linie 1, direkt an der Strecke liegen werden.

    Das Gymnasium an der Zusestraße in Lövenich wird nie direkt an der Strecke der 1 liegen. Aktuell sind es zu Fuß knapp 2 km. und selbst wenn die 1 (der 3 oder 4) nach Widdersdorf verlängert würde, wäre eine Haltestelle "unter Linden" noch anderthalb Kilometer entfernt.

    Da ist die S-Bahn näher, wobei seine Lage es eigentlich zum Mutti-Taxi-Gymnasium prädestiniert.

  • Und genau da liegt doch die Krux! Man geht einfach mal davon aus das der Anteil des MIV sinkt – oft tritt das aber nicht so ein wie prognostiziert da entsprechende Gutachten oft sehr wohlwollend hinsichtlich ökologischem Wunschdenken ausfallen – wie bestellt, so geliefert! Zudem, wenn man innerstädtische Achsen auf eine Spur reduziert und dann ein Auto liegen bleibt bricht der Verkehr oft zusammen. Auch Rettungswägen und Busse kommen dann nichtmehr durch. In Stuttgart hatten wir ähnliche Fälle wo wichtige Achsen zurückgebaut wurde. Spoiler: es ging nach hinten los! Als Konsequenz musste sogar eine Schnellbuslinie eingestellt werden weil die Busse non-stop im Stau standen.

    In der Innenstadt ist der Autoverkehr in absoluten Zahlen bereits von alleine in den letzten 20 Jahren gesunken. Auf der Riehler Straße waren Anfang der 2000er ca. 45000 Kfz/Tag unterwegs, heute nur noch 27000 (Quelle). Auch auf den Ringen, bereits vor Tempo 30 und Radfahrstreifen, gingen die Zahlen Jahr für Jahr zurück. Im Jahr 2018 gab es 27% weniger Kfz-Verkehr auf den Ringen als noch 2014 (Quelle). Sogar auf der Luxemburger gibt es eine leichte Tendenz in Richtung Abnahme des Kraftverkehrs. Es gibt natürlich auch Straßen, auf denen der KFZ stagniert oder geringfügig zunimmt, wie die Rheinuferstraße oder die Innere Kanalstraße. Die Zahlen für die Ost-West-Achse habe ich gerade nicht parat. Ich meine, die Kfz-Zahlen sind nur noch minimal über der Grenze, wo man eine Zweispurigkeit überhaupt benötigt. Deshalb wird man bereits vor dem Umbau der Ost-West Achse, in den nächsten 1-2 Jahren dort weitere Spuren zu Radfahrstreifen umwidmen. Wenn man das Ziel der Verkehrswende verfolgt, wäre es mMn absolut falsch, jetzt zweispurig je Richtung zu planen. Denn was heute geplant wird, wird ja erst in 10-15 Jahren gebaut. Und wir sehen heute an der Vogelsanger und Berrenrather, dass Planungen von vor 5-10 Jahren bereits überholt sind und heute so nicht mehr gebaut werden würden. Bei Radfahrstreifen von 2,50m bis 3m können Rettungsdienste diese einfach mitbenutzen, was im Alltag auch schon passiert.


    Wenn Zeit, Geld und Klima keine Rolle spielen würden, würde ich mir auch den Tunnel wünschen. Denn das Potential für Plätze wie Rudolfplatz, Neumarkt und Heumarkt ist enorm! Doch da ich von den aktuellen Bauprojekten etwas ernüchtert bin, kann ich auch mit der oberirdischen Lösung gut leben. Derzeit wird auf der Bonner Straße eine oberirdische Stadtbahntrasse gebaut und bereits das dauert vom Beginn der Vorarbeiten im Jahr 2017/2018 bis vsl. Fertigstellung 2026 beinahe zehn Jahre. Das, was mich nun an der oberirdischen Lösung am meisten stört, ist wie bereits erwähnt der Neumarkt.

  • Verwaltung stellt Tunnelvariante vor

    In einer nicht-öffentlichen Sitzung hat die Verwaltung dem Begleitgremium am vergangenen Freitag nun auch ihre Vorzugsvariante für die Tunnellösung vorgestellt.


    Diese sieht am Neumarkt getrennte Ebenen für die Linien 1 und 7 bzw. die Linie 9 vor, so dass letztere niveaufrei in Richtung Mauritiuskirche ausfädeln könnte. Insgesamt bekäme der Neumarkt vier unterirdische Ebenen einschließlich der Verteilerebene. Auch am Rudolfplatz sind in der Vorzugsvariante der Verwaltung vier unterirdische Ebenen vorgesehen. Hier würde der tiefste Punkt des neuen Tunnels entstehen: die vierte Ebene läge in einer Tiefe von 35 Metern unter Straßenniveau.


    Im Westen wäre die Fortführung des Tunnels ggfs. bis hinter die Innere Kanalstraße trotz eines NKF <1 möglich, wenn man überzeugende Gründe vorlegt. Die Förderrichtlinien des Bundes haben sich inzwischen geändert.


    Die Entscheidung zwischen der oberirdischen und der Tunnel-Variante soll der Stadtrat nach jetzigem Stand im Frühjahr 2024 fällen. Derzeit sind CDU, SPD und FDP Befürworter der Tunnel-Lösung, haben aber keine eigene Mehrheit. Insbesondere Grüne und Linke sind wohl eher pro oberirdische Variante (Q KStA).

  • Der wesentliche Mangel der Tunnellösung ist für mich, dass man sie nicht bis auf die andere Rheinseite mit Anschluss an den Bestandstunnel von 1 und 9 und einer neuen Rampe für die 7 durchzieht. Dadurch bleibt der Heumarkt geteilt und auch auf der Deutzer Brücke muss man weiterhin mit den Gleisen leben.

    Aber so lange man die Rheinuntertunnelung nicht in den Sommermonaten in offener Bauweise bauen kann, wird das nichts. Viel zu teuer.

  • Die Beschlussvorlage der Stadt für die Ost-West-Verbindung liegt vor. Ein Expertenteam (bestehend aus 20 Mitarbeitern von Stadt und KVB sowie 70 externen Gutachtern und Ingenieuren) untersuchte sowohl die oberirdische - als auch die unterirische Variante. Von 33 untersuchten Kriterien sprechen demnach 20 für die unterirdische Streckenfühung.
    Auch bei der Projektfinanzierung in Bezug auf mögliche Fördergelder von Bund und Land schneide die Tunnellösung besser ab. Bund und Land würden das Projekt mit 95% förden. Die Planungskosten seien mit 10% förderfähig.


    https://www.msn.com/de-de/nach…B1ng8Ke?ocid=BingNewsSerp

  • Sollte die Tunnellösung kommen, will ich nur hoffen, das nicht alle anderen wichtigen Ausbauprojekte auf Jahre hinaus nicht umgesetzt werden, weil die Stadt finanziell dann keinen Spielraum mehr hat.

  • Wir oben beschrieben, würde der Tunnel bis zu 95% Förderung erhalten. Es sollte also auch für andere Projekte noch Geld vorhanden sein.

  • Ja, das ist ein Treppenwitz. Die Tunnelvariante könnte am Ende durch die Förderung für die Stadt billiger kommen, als eine Oberflächenbahn.