Freiraumgestaltung Berliner Schloss/Humboldt-Forum

  • ^.... Jein. Ich verstehe Deinen Gedankengang gebe aber zu bedenken, dass Berlin schon zu viele ”Provisorische Lösungen“ aufweist. Die darauf hoffen eines Tages mal durch den richtig großen Wurf ersetzt zu werden. So kann man eine europäische Hauptstadt des 21. Jahrhunderts meiner Meinung nach heute nicht mehr bauen. Erst kleinklein und dann abwarten... Berlin schreit nach einem großen, guten Plan, der zeitnah, in einer Dekade längstens umgesetzt werden muß- Sonst hat alles einfach keinen Sinn und kostet unnötig viel Geld. Es wird auf die lange Bank geschoben, fällt sonstigen Wiedrigkeiten zum Opfer etc. Hierfür muß ein Gremium installiert werden, das die Maßnahmen initiiert, begleitet und dies bis zur Fertigstellung tut.

  • ^Gefühlt hatten wir die identische Meldung schon. Aber nun scheint es ja endgültig offiziell zu sein. Ich freue mich enorm und erwarte, dass es gerade in Summe mit den restlichen Bemühungen eine sehr willkommene Aufwertung bringen wird. Insgesamt entsteht hier eine schöne Ecke Berlin (neu/ wieder).

  • Über den Entschluss für die Treppe kann man sich durchaus freuen das sie m.A die stärkste, überzeugendste und innovativste Zeichensetzung in der ganzen gegenwärtigen Umfeldgestaltung darstellt und sich trotzdem harmonisch in den hist. Stadtraum einfügt.


    Zum Einheitsdenkmal:

    Für eine, wie jetzt angedachte, Überprüfung von möglichen Risiken aufgrund der Beweglichkeit der Wippe als Einheitsdenkmal, fänd ich’s sehr spät.

    Diese Beweglichkeit ist doch Wesentlichkeit, des ganzen spaßigen Andachtskarussels?!

    Andernfalls hätten wir ja nur ne große angedätschte Badewanne aufm Sockel.


    Es wäre ein Witz wenn für son-Zinnober, die bestehende Denkmalsubstanz, völlig umsonst nachhaltig beschädigt, deklassiert und überlagert worden wäre.

    Als lediglich abstraktes Andachts-Stehrümchen zur verordneten Heiterkeit gäbe das Ding zudem noch mal deutlich weniger her.


    Der buttrig gestrichene Betonsockel für das Objekt wirkt bisher auch eher schäbig.


    Möglicherweise findet sich noch eine kryptische Künstlerische Rechtfertigung Für diesen „brut“ Look - an diesem gesamtgesellschaftlich sollrelevantem Objekt, das für seine Bedeutung ein merkwürdig gering verfolgtes Interesse u. Engagement in der breiten Öffentlichkeit erfährt.


    Das dürfte unter anderem daran liegen dass diese Denkmalgeste als dekretiert und in der Abstraktion völlig abgehoben, ein elitäres Schaustück geblieben ist - das sich einer eigentlich notwendigen gesamtgesellschaftlichen Einflussnahme und Diskussion um seine Form weitgehend entzogen hat.

    Frei nach chipperfield ist es eher ein Denkmalobjekt dass der Gesellschaft eher zustößt und man recht leidenschaftslos mehr als „per ordre du mufti hinnimmt“.

    Es ist m.M nie wirklich aus seinem recht selbstbezogenen Kreis der Initiatoren herausgetreten und

    interessiert bis heute bestenfalls eben diese und diejenigen die meinen mit der Herstellung des Objektes Ansehen oder Geld verdienen.


    Interessant dass man die Umfeldgestaltung des HF gerade zur Wahl für diesen merkwürdigen Berliner Architekturpreis aufgestellt hat und sich zeitgleich öffentlich ernsthafte Gedanken zur Gestalthebung, Qualifizierung und Hebung der Aufenthaltsqualität der Südseite macht.


    Dass das Brunnenoriginal von Begas nicht zurückkehren soll und seine Geschichte innerhalb des Rathausforums weiterschreibt muss man wohl akzeptieren- es macht eigentlich wenig Sinn noch weiter über den Standort zu streiten, der wie ich finde in beiden Optionen seine historische Berechtigung und seine Standortvorteile hat.


    Der jetzige Standort ist ein nicht zu unterschätzender aufwertender Präsentierteller der dem Objekt Großzügig Raum gibt und ihm vielleicht sogar mehr Bedeutung zukommen lässt als man es der künstlerischen neobarocken Delikatesse im heutigen Künste-Wertesystem zutraut.


    Ganz anders verhält es sich bei Rossebändiger und Königskolonnaden die sich m.A am Jetzigen Ort eigentlich sehr untertourig und verklemmt zu ihrer Künstlerischen Bedeutung präsentieren und eher wie eine schlecht inszenierte Randerscheinung dahindümpeln-mit allen negativen -Effekten die sich aus dieser unangemessenen Standortsituation heraus ergeben.

    Die Kolonnaden sind derzeit unwürdig mit gGrafitti zugeschmiert und werden sowohl von den unvorteilhaften Flanken aus voigts Germaniafantasie und Pauls neusachlicher Sprödigkeit in die Zange genommen.

    Es fällt schwer die künstlerische und Stadthistorische Bedeutung der Kolonnaden zwischen diesen städtebaulichen Trümmern überhaupt noch ernst zu nehmen, die einstige Exzellelenz der Grünanlage ist im Laufe des 20. jhd durch Neubestimmung der Funktion, erhebliche Flächenverkleinerung und veränderte Stadträumliche Einbindung völlig eingedampft.

    Bis in die 80er war der Park noch schützend für die Objekte eher schwer für die Öffentlichkeit zugänglich, die Rossebändiger fanden sowieso nur aus Verlegenheit ihren Standort hier mit deren Aufstellung auch der jetzt mit der Sanierung der Parkanlage gewürdigte Gartengestalter Georg Pniower schon haderte und sie als zu klein empfand. Es gibt für diese Objekte also eine im Gegensatz zum stark repräsentativ aufgestellten öffentlichkeitswirksamen Neptunbrunnen gänzlich andere Tradition.


    Da wohl leider kaum eine Kopie mit originalen Abmaßen der Schale aufgestellt wird, und eine wenn auch hier irgendwie konsequent erscheinende Doppelung der Anlage auf kurzer Distanz sowieso reichlich absurd erscheint könnte man evtl. darüber nachdenken sich an dem am jetzigen AufstellungsOrt etwas schlecht gelittenen Wrangelbrunnen von Hugo Hagen ausm Gräfekiez zu orientieren .


    Mit den Personifikationen der 4 Flüsse ist auch die hist Verwandtschaft zum originalen figurativen Thema des Begasbrunnens gegeben.

    Zwar ist die Bildsprache längst nicht so schwül und expressiv, neobarock wie von Begas aber der elegante Spätklassizistische Brunnen harmoniert m.M auch ganz gut zur Strenge der barocken Fassade.

    Die Version böte nicht nur eine hist. Verbindung zum Begasbrunnen sondern auch auf künstlerische Weise immer noch selbst bei Stillgelegtem Betrieb mehr Programm als eine simple Brunnenschale.

    Diese stünde m.A doch, wenn auch sehr typ. für unsere Zeit, eher eher als techn. kompromisshaftes versöhnliches Neutrum da, was mir aber immer noch harmonischer, verlässlicher und zugänglicher in diesem Umfeld erscheint als eine riskante Erfindung aus dem aktuellen Kunstverständnis, die sich gewöhnlich an allem in der Umgebung reibt und deren Zugänglichkeit sich meist elitärem Geschmack vorbehalten bleibt.

  • Nach dem Krieg, nach Zerstörungen (Nationaldenkmal) und Wegschiebereien der übrig gebliebenen Kunstwerke (Rossebändiger, Neptunbrunnen) hat man die Bevölkerung auf das „sozialistische“ Stadtbild eingestimmt. Für die aus (zerstörten, hochrangigen Ensembles herausgerissenen Kunstwerke waren städtebaulich u. künstlerisch gleichrangige Standorte im Stadtbild wohl nicht zu finden. Also stellte man sie an zweitrangige Standorte. Heute hat die historisch, stilistisch u. räumlich abgestimmte Ensemble-Wirkung der Kunstwerke aus Gewohnheit für die örtliche Bevölkerung und Stadtregierung keine Bedeutung mehr. Ich vermute, dass solche Wirkungen nicht einmal mehr wahrnehmbar sind.

    In Berlin werden statt dessen offensichtlich von Vielen „coole“, provokative, kontrastreiche Aufreger und Hingucker bevorzugt. Zwischen das Alte: etwas Modernes, zwischen reichhaltig: minimalistisch, zwischen ausdruckstark: ausdrucklos, zwischen Historisches: zeitgemäß Konterkarierend. Dabei wird vergessen, wie schnell die ästhetische Verfallzeit solcher Strategien ist. Das ist schade für Berlin.

  • Camondo #1701

    Das manchmal zu klein-klein gedacht und zögerlich gehandelt wird, da gebe ich dir recht. Ich habe den Eindruck, das liegt an den widerstreitenden Machtverhältnissen in der Stadt (Bezirk, Senat, politische Grabenkämpfe, Zeitschichten, Architektenpositionen usw.). Da kommen wir um klein-klein wohl nicht „drum-rum“!

    Dein Vorschlag macht mich sehr skeptisch: Berlin ist in Jahrhunderten aus kleinen Einheiten zusammen gewachsen und enthält viele kleine liebens- und erhaltenswerte Filetstücke. Berlin ist keine Hauptstadt des 21. Jhds. vom Reißbrett, nicht des 20. Jahrhunderts von A. Speer, nicht Brasilia oder die geplante ägyptische Hauptstadt südlich von Kairo, die man in 10 Jahren aus dem Boden stampft. Ein Msterplan wäre sicher gut, aber gibt es den nicht schon?

    Ein großer, „guter“ Plan, in 10 Jahren umgesetzt, geleitet durch ein „installiertes“ (garantiert politisch-ideologisch durchsetztes) Gremium wirkt auf mich durchsetzungsgewillt, zentralistisch-autoritär. Wer bestimmt das Ganze und die Details? Waren das nicht die feudalen Städte der Barockzeit? Hatte Berlin solche Ansätze nicht schon einmal?

  • ^... wenn Du auf die barocken Stadterweiterungen mit den großen geometrischen Platzanlagen von Pariser Platz (Quadrat), Leipziger Platz Oktogon und Belle Alliance Platz (heutiger Mehringplatz) Rondell, anspielst, ja, das waren große städtebauliche Gesten wenn auch in der Ausführung sehr spartanisch.

    Aber ich beziehe mich lieber auf Projekte wie den


    Hobrecht Plan: https://de.wikipedia.org/wiki/Hobrecht-Plan


    oder auf die visionären Wideraufbauprojekte von


    Hans Scharoun Kollektivplan: https://de.wikipedia.org/wiki/Kollektivplan


    oder Otto Kohtz:

    https://architekturmuseum.ub.tu-berlin.de/CBO/index.php?I=58


    Die sind zwar radikal bis futuristisch aber zusammengestrichen und einer Umsetzbarkeitsstudie unterzogen wird immer etwas. Entscheidend ist es soviel wie möglich in die Realisierung zu bringen.

    Das ist beim Band des Bundes zum Beispiel zu 2/3 gelungen, es fehlt das geplante Bürgerforum und am östlichen Ende wird bis heute rumgemuckelt.

    Umgekehrt verhält es sich mit der adäquaten städtebaulichen Geste in ”Ost-Berin“, dem Bereich zwischen Fernsehturm, Marx-Engels-Forum, Palast der Republik, DDR-Außenministerium, dieser ist inzwischen bis zur Unkenntlichkeit rückgebaut und nicht mehr anhand des Gebauten nachvollziehbar.

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Camondo

    Danke für deinen guten Beitrag und den interessanten Hobrecht-Plan. Den kannte ich nicht. Die im Artikel genannten damaligen Nachteile der unkontrollierten sozialkritischen Verdichtung könnten heute vermieden werden. Ich hatte extreme Beispiele gebracht, um davor zu warnen, scheinbar ganzheitliche, schnelle Lösungen bis zur Umsetzung allein in die Hand einer Kommission zu legen, die sich dann unkontrollierbar verselbstständigt. Aber das wäre wohl in unserem demokratisch-föderalistisch-bürokratischen System ohnehin kaum möglich.

  • Es gibt eine für alle hinnehmbare, nämlich die schon bekannte Kopie-Lösung für den südlichen Schloßplatz, vorausgesetzt, auch der Berliner Senat könnte sich darauf einlassen:


    Am besten wäre es, eine Kopie des Naturbrunnens wird ausgeschrieben, hergestellt und vor Portal II aufgestellt. Diese Lösung hätte folgende Vorteile:

    1. Die Ausschreibung wäre einfach ohne blumige Vorgaben maß- bzw. fotografiegenau zu erstellen und für Herstellungsunternehmen zu kalkulieren.

    2. Bezirksbürgermeister Berlin Mitte und die örtlichen Bewohner hätten ihr "Recht" bzw. ihren Wunsch durchgesetzt und ihren Brunnen an Ort und Stelle beibehalten.

    3. Vor Portal II würde der Brunnen in dem früherem Anblick sowie optisch und ästhetisch eingepasst im ehemaligen Umfeld wieder wirken und ein Teil der "Schloßplatz-Nachbesserung" wäre damit entschieden.

    4. Der Förderverein Berliner Schloss wäre immerhin einverstanden und könnte dieser Lösung nach eigener Aussage ebenfalls zustimmen.

    5. Es müsste zwar eine Ausschreibung für eine die Schaffung einer Kopie stattfinden, aber eine frei künstlerische Ausschreibung mit Kommission, riskanten modernen Zumutungen und Auswahl bliebe uns allen erspart.

    Es würde Zeit und Kosten gespart, weil die Zeit für Vorentwürfe und 2. Runde eventuell entfielen.

    6. Eine Auseinandersetzung über Orginal versus Kopie ist ästhetisch nicht von Belang und eine Brunnenrekonstruktion könnte sich mit einer Fassdenrekonstruktion ohne Arroganz oder Minderwertigkeitsgefühl sicher vertragen.


    Wer bringt diese einfache Lösung dem Senat bei?

  • Eine Kopie? Wer kommt auf so eine Idee? Ich Frage, warum? Mit welchem Argument? Weil man sich nicht einigen kann? Sorry, aber Quark mit Soße und Sachlichkeit & Klarheit ist besser als Aktionismus. 😇 Bringt gute Ideen ein bitte, aber doch nicht so etwas!! Da lacht wieder die ganze Welt über Berlin.

  • Die Möglichkeit einer Kopie wurde vom Förderverein im Berliner Extrablatt ins Spiel gebracht und ist damit ein ernstzunehmender Vorschlag, der in einer Berliner Tradition steht (Schlossportal im Staatsratsgebäude). Das ganze ist schon sehr postmodern und hat einiges für sich. Die Risiken, dass Berlin sich lächerlich macht sind dabei sehr gering. Die Einheitswippe hat dieses Potential durchaus.

  • Es gibt eine für alle hinnehmbare, nämlich die schon bekannte Kopie-Lösung für den südlichen Schloßplatz, vorausgesetzt, auch der Berliner Senat könnte sich darauf einlassen:

    Also für mich ist diese Lösung nicht "hinnehmbar".


    Ich brauche keinen Klon am Schloßplatz. Minimalist hat recht, daß man sich mit so etwas lächerlich macht. Der Vergleich mit dem Schloßportal hinkt, da selbiges nur ein kleiner Teil eines viel größeren Ensembles ist, das wiederaufgebaut wurde. Und da das Original Teil eines neuen Gebäudes ist. Der Kloncharakter ist hier deutlich weniger relevant und augenfällig.


    An dieser Stelle fällt mir noch ein weiteres Gegenargument ein: Auch das isolierte Schloßportal erzählt die Geschichte der Schloßzerstörung und des DDR-Städtebaus. Ich kapier' echt nicht, wie man das alles durch einen Brunnenklon oder eine Translozierung unterminieren oder relativieren will.


    Man kann immer in zwei Richtungen übertreiben. Und hier übertreibt meines Erachtens sehr eindeutig die Retro-Fraktion. Bei aller berechtigten Kritik an der Moderne kann man auch retromäßig zu viel des Guten machen.


    Und: Haben sich die Schloßbrunnenfreunde mal den Schloßplatz genau angeguckt? Das ist ein verschatteter, beengter Platz mit Hinterhofcharakter und einer recht verkehrsreichen T-Kreuzung. Alles andere als gemütlich oder repräsentativ. Mir ist es echt ein Rätsel, was man sich davon verspricht, in dieser wenig reizvollen Gegend wieder den Brunnen zu plazieren. Guckt man hingegen auf's Rathausforum, sieht man, daß man sich mit dem Brunnenumfeld viel Mühe gegeben hat. Der ist da nicht einfach nur abgestellt worden.


    Dieser Heile-Welt-Städtebau der Schloßbrunnenfreunde paßt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu Berlin. Er wirkt auf mich ein bißchen wie christlicher Fundamentalismus, der es nicht schafft, eine moderne, historisch-kritische Perspektive einzunehmen, und jeden Satz im Alten Testament wortwörtlich nimmt.


    Ich finde den Grundgedanken einer Translozierung auch erst mal plausibel. Aber die heutige Situation ist eben eine völlig andere.

    5. Es müsste zwar eine Ausschreibung für eine die Schaffung einer Kopie stattfinden, aber eine frei künstlerische Ausschreibung mit Kommission, riskanten modernen Zumutungen und Auswahl bliebe uns allen erspart.

    "Uns allen"? Ist ja nett von dir, daß du so gut über unser aller Wünsche bescheid weißt, lieber Bauästhet. Wie kommst du eigentlich als Stuttgarter dazu, dich so für's Schloß zu interessieren und wissen zu meinen, was eine gute Lösung wäre? Was genau versprichst du dir vom originalen Schloßplatzlook? Der Klon-Schloßbrunnen würde übrigens dadurch entwertet, daß sein Original in unmittelbarer Nähe zu bewundern ist. Aus meiner Sicht muß da auch nicht unbedingt ein Brunnen hin. Man könnte auch eine Sitzgelegenheit mit ironischen Bezügen zum alten Brunnen dort plazieren.

    Wer bringt diese einfache Lösung dem Senat bei?

    Möglicherweise täuschst du dich und diese Lösung ist gar nicht so einfach, wie du dir das vorstellst. Aus meiner Sicht bedient ein Schloßbrunnen eine Nostalgie, für die einfach die Grundlage fehlt.

  • Mir fällt auf, dass die Berliner Diskussionen zwar besonders lebhaft sind, aber auch schnell persönlich werden. Statt zu fragen, wie jemand als Stuttgarter dazu käme, sich für die Hauptstadt zu interessieren und dessen Ansichten zum Schlossplatz mit "christlichem Fundamentalismus" gleichzusetzen, schiene mir etwas mehr Gutmenschentum angebrachter.

    Dieser Heile-Welt-Städtebau der Schloßbrunnenfreunde paßt meiner Meinung nach überhaupt nicht zu Berlin.

    Ich finde diesen Satz sehr verräterisch. Wenn Berlin keine heile Welt ist, ist es eine kaputte Welt? Zumindest war Berlin mal sehr kaputt und das spiegelt sich auch heute noch im Städtebau wider, gerade im Zentrum. Nun kann man sich auf die Agenda setzen, dies im Zentrum des Zentrums zumindest auf winzigen Arealen zu "heilen". Aber das passe dann überhaupt nicht zu Berlin. Wird das Konservieren der gebrochenen Stadt gewünscht? Das fände ich sehr intolerant gegenüber jeder Mehrheit, die durchaus nichts gegen "Heile-Welt-Städtebau" einzuwenden hat. Eine "moderne, historisch-kritische Perspektive" bedeutet vielleicht auch, dass man sich kritisch zur jüngeren Geschichte positionieren kann. Ist es nicht überhaupt eine sehr grobe Schablone, die man anlegt, wenn der Schlossplatz ganz Berlin widerspiegeln soll? Ist nicht vielmehr die optimale Lösung für diesen speziellen Ort gefragt?


    Auch deine nächste Prämisse, dass der Schlossplatz deswegen "alles andere als gemütlich oder repräsentativ" sei, weil er ein "verschatteter, beengter Platz mit Hinterhofcharakter" und "verkehrsreicher T-Kreuzung" sei, zweifle ich an. Denn der Platz bietet mit Schlossfassade, Neuem Marstall und Staatsratsgebäude durchaus Grundlagen für Repräsentativität, vielleicht sogar für Gemütlichkeit oder Nostalgie, kurz: für positive Emotionen. Auch eine Straße muss da nicht zwingend hinderlich sein. Beklagt wurden bisher eher der Mangel an Schatten. "Enge" finde ich bei über 6.000 m² (zwischen Schloss und Straße) auch einen unpassenden Begriff. Und da der Platz von umstehenden Gebäuden gebildet wird, die sich auf ihn orientieren, ist er genau das: ein Platz. Ein Hof würde sich an der Innenseite von Gebäuden, gebildet von deren Rückfassaden, befinden.


    Ein Brunnen allein ist sicher nicht die Lösung, um den Freiraum ansprechender zu gestalten, die von dir vorgeschlagene "Sitzgelegenheit mit ironischen Bezügen" allerdings noch weniger. Im monumentalen Kontext des Platzes stelle ich mir das lächerlich vor, sowohl konzeptionell als auch rein größenmäßig.


    Ich fände es absolut plausibel, den Begas-Brunnen, der ohnehin abgebaut werden muss, wieder auf den Standort zu versetzen, für den er entworfen wurde. Aber man kennt das ja aus anderen Zusammenhängen: Sind Nofretete oder Pergamonaltar besser in ihrer "eigentlichen" Heimat aufgehoben oder sind sie schon zu sehr mit dem Ensemble der Museumsinsel verwachsen? Gut, das sind ganz andere Hausnummern und außerdem zwischenstaatliche Konflikte, aber vergleichbar ist, dass keine Lösung alle zufriedenstellen kann. Auch eine Kopie hilft da nicht weiter, Menschen sind eben auf Originalität fixiert. Andererseits ist ja auch das Schloss selbst eine Kopie bzw. Neuaufführung, ein kopierter Brunnen wäre nicht unpassend. Den meisten Menschen würde das wohl nicht einmal auffallen, selbst wenn sie beiden Brunnen bei einem Spaziergang begegnen würden.


    Dennoch spricht aus meiner Sicht die räumliche Nähe der beiden Standorte gegen eine Kopie. Zudem haben Senat und aktuelle Koalition deutlich gemacht, dass sie einen neu entworfenen Brunnen für den Schlossplatz haben möchten.


    Gehen wir also hypothetisch von einem Neuentwurf aus. Nicht ohne Grund war der Begas-Brunnen eine der größten figürlichen Brunnenanlagen überhaupt. In dieser Umgebung muss sich ein Brunnen mit seiner Größe behaupten können. Künstlerische Mängel fielen dadurch umso stärker ins Gewicht. Einigen Bildhauern der DDR hätte ich es zugetraut, einen figürlichen Brunnen mit Ausdruck und handwerklichem Können zu gestalten, beeindruckende Beispiele gibt es ja zuhauf, sogar in kleinen Städten. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es heutige Künstler/innen schaffen würden, anknüpfend an den barocken Geist ein eigenständiges und überzeugendes Werk zu schaffen und vor allem, ob sie damit heutige Jurys überzeugen könnten. Bei abstrahierten Adaptionen wie den Neptunbrunnen in Bremen oder Paderborn würden wohl vor allem die Unzulänglichkeiten ins Auge fallen.


    Bleibt noch die Variante eines schlichten, runden Granitbeckens mit Fontäne. Das wäre ein Kompromiss, gegen den keiner so richtig was sagen könnte. Es wäre weder allzu repräsentativ, noch gemütlich, noch kunstsinnig. Es wäre einfach funktional, durchschnittlich, irgendwie Ausdruck unserer Zeit. Es würde mich nicht wundern, wenn man der völlig aufgeblasenen Debatte um diesen Brunnen mit so einer simplen Lösung begegnet.

  • ... Bleibt noch die Variante eines schlichten, runden Granitbeckens mit Fontäne. Das wäre ein Kompromiss, gegen den keiner so richtig was sagen könnte. Es wäre weder allzu repräsentativ, noch gemütlich, noch kunstsinnig. Es wäre einfach funktional, durchschnittlich, irgendwie Ausdruck unserer Zeit. Es würde mich nicht wundern, wenn man der völlig aufgeblasenen Debatte um diesen Brunnen mit so einer simplen Lösung begegnet.


    Also wenn ich mir den von Backstein gezeigten Brunnen in diesem thread ansehe, dann kann ich mir soeinen fantastischen Brunnen auch sehr gut an der Südseite des Schlosses vorstellen, vor allem weil er mit dem Wasser spielt und auch für Kinder attraktiv und begehbar ist und nicht nur repräsentativ daherkommt..

  • In seinem Umfeld Europacity finde ich den "Wasserstein" auch passend, aber für den Schlossplatz? Ein Brunnen ohne ästhetischen oder historischen Bezug zu einem Umfeld, bei dem Ästhetik und Historie die Hauptrolle spielen?


    Man sollte übrigens nicht unterschätzen, welch großes Interesse Kinder an jedweder Umgebung haben. Das bedeutet nicht, dass sie in der Stadtplanung nicht berücksichtigt werden sollen. Ich ärgere mich im Gegenteil oft darüber, dass ihre ganz praktischen Bedürfnisse ignoriert werden. Allerdings beobachte ich an meinem Wohnort Leipzig, dass einige für Kinder in den letzten Jahren installierte Gerätschaften und Orte von diesen sorgfältig gemieden werden, während ganz konventionelle Brunnen sehr beliebt sind. Allerdings ist das Baden darin nicht ohne Grund verboten, die Stadt weist jedes Jahr erneut darauf hin. Würde mich wundern, wenn sich in Berlin weniger Algen bilden und Verschmutzungen kaum zu erwarten sind.

  • Ist für das Mosaik eigentlich schon ein neuer Platz gefunden oder soll es jetzt langsam vergessen werden? Zusammen mit einem neuen Brunnen würde es, mit all seinen Fehlstellen, eine interessante Authentizität an den Südlichen Schlossvorplatz bringen.

    Einmal editiert, zuletzt von Ziegel ()

  • Ziegel Dieser Spielplatz hat doch nichts mit einem Brunnen zu tun. Das Labyrinth finde ich selbst für Kinder etwas langweilig. Ansonsten kann ich mir auch schwer erklären, warum sie das nicht nutzen, ist aus der Ferne ohne Kontext aber auch schwierig einzuschätzen.


    Und natürlich mögen Kinder auch alte Brunnen. Wasser zieht eigentlich immer. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass ein Neptunbrunnen DAS Nonplusultra für Kinder ist oder dass moderne Brunnen abgelehnt werden (selbst jede flache Steinschale mit oder ohne Fontäne oder auch ein stilistisch einfaches aber technisch reizvolles Fontänenfeld wird begeistert genutzt). Auch der Neptunbrunnen wird natürlich immer mal wieder von groß und klein aktiv genutzt, er ist aber in der Tat auch oft recht verdreckt.


    Ein etwas organischere Variante wie beim verlinkten Beispiel von Camondo fände ich durchaus reizvoll.


    Mit einer etwas naturalistischer anmutenden Einbettung könnte es sogar an den zweiten Humboldtbruder Alexander mit seiner stärkeren Affinität zu den Naturwissenschaften und der Geographie erinnern. Ich denke da z.B. an eine flache, eher raue und urtümlich anmutende Landschaft wie im von Humboldt bereisten Feuerland mit verstreuten geysirartigen Fontänen und diversen sanften Fließgefällen sowie flachen felsartigen Formationen mit ersten, noch eher rudimentären kulturell deutbaren Elementen wie Höhlenmalerei, einfachem Schmuck etc. Zu den Straßen hin könnte man Sitzgelegenheiten mit Blick zum Schloss und der Brunnenanlage schaffen. Gleichzeitig würde es den Platz umgekehrt zu den Straßen hin abschirmen (hinter die "Bänke" könnte man auch noch Hecken o.ä. pflanzen).


    Für mich wäre das eine sehr reizvolle aber sehr viel harmonischere Idee als der überwuchernde Bewuchs der Schlossfassaden, der ebenfalls an Südamerika aber mehr an den Amazonas erinnern (aber vermutlich auch einfach provozieren oder zumindest polarisieren) sollte.


    In meinen Augen gehört das Werk der beiden eigentlich ohnehin untrennbar zusammen und das darf sich mE sehr gerne auch am Humboldtforum zeigen. Mit einer eher flachen Anordnung würde es den Schlossfassaden zugleich maximale Resonanzflächen erhalten. Ein potentielles Problem wäre nur, dass es anders als etwa beim Sanchi-Tor im Inneren des Humboldtforum dann keine entsprechenden Angebote für nawi-affine Menschen gibt und man dafür eher zum deutlich entfernten Naturkundemuseum müsste.

  • Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass ein Neptunbrunnen DAS Nonplusultra für Kinder ist oder dass moderne Brunnen abgelehnt werden

    Das habe ich auch nicht behauptet. Mein Ansatzpunkt war nur, dass "für Kinder gemacht" und "kindgerecht" oft nicht deckungsgleich ist und dass man zweitens nicht automatisch davon ausgehen sollte, dass so etwas wie z. B. ein Brunnen keinen Mehrwert für Kinder hat, nur weil er nicht explizit für Kinder gestaltet wurde.


    Im Übrigen tut man halt den Kindern auch keinen Gefallen, wenn sie ausrutschen oder in dreckigem Wasser plantschen.


    Das Humboldtforum hat einen inhaltlichen Bezug zu seinen beiden Namensgebern. Das ganze Forum ist ein lebendiges Denkmal für die Ideen und Leistungen der Humboldts, sodass ich ein rein symbolisches Denkmal, das zusätzlich davorgesetzt wird, für etwas überflüssig halte.


    Man mag eine isländische Geysirlandschaft vor dem Schloss ja für hübsch halten, aber auch hier ist die Frage: hätte das genug ästhetischen oder historischen Bezug zum Ort? In meinen Augen wäre es nur einer der ironisierenden Kontrapunkte, die vor allem Albernheit ausstrahlen, auch wenn du es wahrscheinlich nicht so gemeint hast.


    Die Idee mit Hecken zur Straße hin, davor Bänke (und davor Beete?), das kann ich mir hingegen gut vorstellen. Vielleicht wäre sogar noch irgendwo Platz für einen kleinen Kiosk. Vielleicht hat Paris einen abzugeben.

  • Das soll jetzt ein Hinterhofcharakter an einer vielbefahrenen T-Kreuzung sein.


    Mit Verlaub - das ist Quatsch! Solche Provokationen erschweren eine bereichernde Diskussion.


    Ich spreche mich nicht unbedingt für eine Translozierung oder eine Kopie aus, halte beide Wege aber für gangbar. Warum muss man sich dafür beschimpfen lassen?

    Bei der Forderung der Versetzung habe ich die Heftigkeit verstanden - es wird etwas weggenommen und damit eine liebgewonnene Begebenheit zerstört. Bei einer Kopie, ist das nicht der Fall. Das Ishtartor ist auch die Kopie einer Kopie und nicht für diesen Kontext entworfen. Ich finde es ganz nett. Die Qualität ist jedenfalls erstklassig.

    Vielleicht gibt es einen schönen skulpturalen Brunnen in Istanbul, den man kopieren könnte. In Rom sind es natürlich Dutzende - aber das wäre den Kritikern wieder nicht recht, zu christlich.


    Den Kuhfladen vom Europaviertel finde ich für diese Lage ungeeignet. Es sollte etwas sich auftürmendes und ausdrucksstarkes sein. Vielleicht doch ein modernes Kunstwerk, welches sich ausdrücklich auf den Neptunbrunnen bezieht. Ich mag durchaus die absaufende Mauer an der Invalidenstraße.

    Ich würde einen Brunnenpaar, zwei gleiche, mit hohen Schalen über deren Ränder das Wasser in ein größeres Becken läuft befürworten. Eine klassische Form, die Moderne Skulpturen beinhalten könnte.


    Sollte der Förderverein aber die Kopie zum großen Teil über Spenden finanzieren, so wäre das ein sehr starkes Argument!

  • ^Die Idee war selbstverständlich nicht als ironisierend bzw. provozierend gemeint, übrigens aber auch nicht als "Denkmal" im eigentlichen Sinne. Ich fände es nur schön, wenn im Humboldtforum nicht nur Humboldt drin, sondern auch etwas mehr Humboldt dran ist und man ggf. sogar das Werk beider Humboldts etwas miteinander verbindet/versöhnt.


    Das Sanchi-Tor als Repräsentant der unglaublich faszinierenden indischen Kultur(en) finde ich in der Hinsicht schon mal gelungen, aber noch etwas "verloren" auf dem weiten Areal. Dazu würde ich also so oder so gerne noch was ergänzen, wobei es schon geschmackvoll wirken und harmonisieren muss. Den "Kuhfladen" vom Europaplatz mag ich gerade, weil er schlicht und unaufdringlich aber zugleich gefällig und geradezu organisch wirkt und das Auge mit dem Wasserspiel beschäftigt.


    Die Idee mit einer etwas stärkeren Ausgestaltung der Brunnenfläche und der Umgebung im Stile Feuerlands (liegt übrigens in Südamerika nicht auf Island) kam mir, weil das Teil der berühmten Humboldtschen Expeditionen war UND weil es in seiner Charakteristik an vielen Stellen ein landschaftlich wie kulturell besonders urtümliches bzw. ursprüngliches Flair ausstrahlt. Daher könnte man mit eher einfachen Mitteln vermitteln, wie (frühen) Kultur(en) direkt aus der Natur (i.e. aus Wasser und einem oft durchaus rauen und kärglichen Land) entstanden ist/sind. Das hätte dann gewissermaßen auch eine universelle Symbolik, die sich in vielen vorgeschichtlichen Artefakten und überlieferten Schöpfungsmythen rund um den Globus wiederfindet.


    Neben Sanchi-Tor aber auch dem ebenfalls genial-schlichten Sternenhimmel in der U-Bahn-Station könnte so etwas mE den Geist ansprechen und zur Reflektion anregen. Zudem sollte man mE bei aller Begeisterung für die Kultur nie vergessen, dass es neben einem unendlich reichen und bewahrenswerten globalen Kulturerbe auch ein mindestens ebenso wichtiges und wertvolles aber bedrohtes Naturerbe gibt und das die Kultur eben immer auf der Natur gründet und diese erweitert.

    Die UNESCO führt ja entsprechend auch zwei Welterbekategorien, von denen die eine aber leider meist vergessen wird. Tatsächlich finden sich im Humboldtforum übrigens auch diverse Bezüge, wie die Natur oder aber auch die Sonne als göttliche Lebensspenderin z.B. in Südamerika verehrt wurden.


    Ich kenne jedenfalls kaum einen besseren Ort in Berlin, um beides miteinander zu versöhnen, als das historisch bedeutsame Areal Museumsinsel (wiederum UNESCO-Weltkulturerbe) in Verbindung mit dem Humboldtforum (zumal mit der nahen Humboldt-Uni) im Geiste der beiden Humboldtbrüder. Schließlich wollten die Humboldts den bekannten Horizont erweitern, haben in der Ferne aber auch in der Geschichte und im Inneren nach Sinn und Zusammenhängen gesucht.


    Ich ahne aber, dass viele meine Ausführungen nicht so "fühlen" werden und vor allem vermutlich sehr viel komplizierter und verkopfter wahrnehmen werden als ich sie eigentlich meine.