Freiraumgestaltung Berliner Schloss/Humboldt-Forum

  • Wäre das Humboldtforum überhaupt gebaut worden, hätte man die Bevölkerung vorher gefragt?

    Der Bau des Humboldtforums wurde mit einer Mehrheit im Bundestag beschlossen. Und die im Bundestag sitzenden Parlamentarier sind vom Volk gewählt. Die damalige Bundestagsentscheidung hat den Wählerwillen widergespiegelt. Insofern wurde die Bevölkerung sehr wohl gefragt.

  • Hier im Forum jedenfalls findest Du ausser dem Argument, dass es ein bisschen grüner sein könnte und mehr schattenspendende Bäume fehlen, was ich sehr gut nachvollziehen kann, eigentlich keine negativen Anwandlungen.

    Ich hätte präzise die vielen vollversiegelten Flächen benennen sollen, mit denen sind, auch hier im Forum, eigentlich alle sich zu Wort Meldenden unzufrieden, oder?


    Zahlen habe ich natürlich keine und das auch nicht behauptet. Umgekehrt lässt sich auch nicht belegen, dass eine Mehrheit derer, die das Umfeld des Schlosses kennen, zufrieden sind. Aber es gibt eine rege Debatte und offenbar erzeugt der Ort den Bedarf dazu.


    Die hitzigen Diskussionen über Pro und Contra Rossebändiger, aber auch zu anderen Themen haben in den letzten Kommentaren zu mehr als genug "negativen Anwandlungen" geführt. Mir war es zuviel.


    Vielleicht habe ich die etwaig vielen Kommentare überlesen, die sich rundum zufrieden mit dem Schlossumfeld zeigen. Es mag auch diese geben.


    Dass ich behauptet hätte, die Rekonstruktion von Außenanlagen sei jemals offizielle Zielstellung gewesen, ist eine unwahre Unterstellung. Warum muss man mit solchen Mitteln diskutieren? Das behaupte ich nicht, wenngleich immerhin Ansätze in dieser Richtung "angedacht" waren, als der Bund/Haushaltsausschuss Geld für die Kollonaden und die Umsetzung des Brunnens angeboten hat.


    Mit einer Mehrheit ist immer die Mehrheit der Interessierten gemeint. Wenn eine Partei oder Koalition im Parlament die Mehrheit stellt, werden die Nichtwähler ja auch ausgeblendet.

    Man kann nur spekulieren, ob das Humboldtforum, der BER, der Umzug des Bundestags nach Berlin etc. z. B. die Mehrheit der Deutschen bei einer Befragung überzeugt hätte.

    Aber das Humboldtforum im Schloss ist sehr wahrscheinlich das Gebäude mit der höchsten Legitimität in Deutschland. Hervorgegangen aus einer Bürgerinitiative, empfohlen von einer internationalen Expertenkommission, beschlossen vom Bundestag mit Zweidrittelmehrheit sowie vom Berliner Senat unterstützt und dann errichtet auch mithilfe abertausender Spenden. Korrekter geht es gar nicht mehr. Deshalb finde ich es mehr als ärgerlich und respektlos auch gegenüber diesem Entstehungsprozess, wenn das Projekt immer wieder so verächtlich gemacht wird.

  • Die Frage wird jetzt sein, wie man den Brunnen konzipiert. Wird es ein historisierendes Design oder wagt man etwas?

    EIn Wagnis wäre heute ja wohl eindeutig eher das Historisieren.

    Einmal editiert, zuletzt von HelgeK ()

  • Ich bin mit der Umfeldgestaltung zunächst sehr zufrieden. Ich könnte mir Veränderungen natürlich vorstellen. Das größte Manko sehe ich garnicht in der weitreichenden Pflasterung. Das Steinerne kommt gut rüber und ist toll ausgeführt. Jetzt kann ergänzt werden und dabei hoffentlich auf Historisches zurückgegriffen werden - oder eben zeitlos.


    Zeitlos wären zB Brunnen aus Naturstein in reduzierten Formen und Bäume in regelmäßiger Anordnung am südlichen Schlossplatz.


    Zu verbessern ist die Straße. Schade und merkwürdig, das der Mittelstreifen hier nicht gepflastert wurde sondern nur schraffiert. Vermutlich irgendeine DIN?

  • Ich bin einigermaßen schockiert das manche mit dem Schlossumfeld zufrieden sind. Wie kann man ernsthaft mit dieser steinernen Wüste zufrieden sein? Manchmal erklärt sich für mich hier im Forum, warum unsere Städte so trist und grau aussehen, wie sie aussehen.


    Bzgl. Mehrheiten: Lasst uns doch eine nicht-repräsentative Umfrage hier im Forum starten. Gibt das die Technik her? Ich hätte nämlich bisher auch vermutet, dass die meisten das Forumsumfeld gerne verändern würden.

  • ^ Rotes Rathaus schränkte ja ein: "zunächst sehr zufrieden" und sagte ja, dass er sich weitere Gestaltungen vorstellen kann. Ich sehe das ähnlich, es ist schon alles gut gemacht, aber das bedeutet nicht, dass es nicht noch besser werden könnte.


    Nicht ganz einverstanden bin ich mit dem Wunsch nach einem "zeitlosen" Brunnen. Zeitlosigkeit kann bei Gebäuden richtig sein und glücken, siehe Chippi. Aber hier, wo es um einen Brunnen geht, schiene sie mir doch Fehl am Platz. Zeitlosigkeit bedeutet oder ist der Gefahr ausgesetzt, dass etwas seine Zeitlichkeit oder Geschichtlichkeit verbirgt, nie jung (und provokativ war), sich nie durchsetzen musste gegen den eigenen Zeitgeist, daher auch nie zum Klassiker werden konnte. "Zeitlosigkeit" ist in diesem Sinne häufig eine Kompromissformel, die besagt: Etwas, was sich so anpasst, dass es niemanden weh tut. Aber das bedeutet eben auch: niemanden wirklich begeistert, nie geliebt wurde, gleichgültig lässt.


    Und ist es nicht genau das, woran die heutige Architektur am meisten krankt? Dass – korrespondierend mit einem übergroßen Sicherheitsbedürfnis – eine allgemeine Mutlosigkeit herrscht und das vorrangige Ziel zu sein scheint, nicht unnötig anzuecken, keinen Streit auszulösen? Beobachten wir nicht regelmäßig, wie alles Markantere aus Renderings allmählich nivelliert wird, dass selbst retroaktiv anstößige, aber ausdrucksstarke Gebäude der Moderne verschwinden oder zu grauen Mäusen umgestaltet werden?


    Hier geht es um einen Brunnen, da wenn nicht hier, wo sonst sollte noch etwas gewagt werden? In diesem Sinne kann ich mir beides eher vorstellen: Eine (manche provozierende) Rückversetzung des Neptun-Brunnens oder etwas flamboyant-Neues, das nicht etwa pubertär den Kontrast um des Kontrasts willen sucht, sondern einen (neo-)barocken Geist mit heutigen (gestalterischen, technischen) Mitteln neu interpretiert, das im besten Fall beweist, das Ökologie vital und lebenslustig sein kann... Eine entsprechende Ausschreibung fände ich interessant: Entweder Rückkehr des Neptun-Brunnes oder etwas wirklich Neues und Frisches.

  • Also wenn ich mir historische Fotos vom Schlossumfeld anschaue, muss ich feststellen, dass es damals halt auch nur ne steinerne Wüste mit nem großen Brunnen in der Mitte war. Würde man den Neptunbrunnen an exakt der Stelle wieder hinsetzen, müsste wahrscheinlich die Straße um einiges schmaler werden, damit der Brunnen seine Wirkung entfalten kann. Oder man rückt den Brunnen näher ans Schloss heran, was möglicherweise dann wie reingequetscht aussehen könnte.


    Foto Heinrich Zille / Wikipedia

  • Den bbz-Entwurf des Schloßplatzes verstehe ich so: Um bei der meinungsgewaltigen, minimalistisch-bauhaus-fixierten Frau Lüscher eine Siegesschance zu haben, musste bbz einen kargen schmucklosen Entwurf vorlegen. Das hat funktioniert und führte zu dem siegreichen Ergebnis. Die moderne Terrassengestaltung und der Baumhein gefallen mir beide gut. (Im später scheps dazugestellten Sanchi-Tor sehe ich keine Bereicherung). bbz hielt seinen Siegerentwurf ausdrücklich offen für spätere Ergänzungen: Daraus ergab sich die gute, allerdings unfertige „Zwischen“-Lösung, die sowohl die Gasrohrverlegung für den Neptunbrunnen als auch das vorbereitete Fundament für die Rossebändiger enthält. Auch eine inzwischen aus Klimagründen geforderte Grünbepflanzung kann nachgerüstet werden, ohne die bbz-Lösung zu zerstören. Alles ist möglich, um den Schloßplatz passend zum Humboldt-Forum/Schloss zu einem schönen, praktischen, klimagerechteren Schmuckstück im Zentrum weiter auszubauen. Senat, Experten und unsere streitfreudigen Forumsmitglieder müssten sich nur einen Ruck geben und Nägel mit Köpfen machen.

  • Endlich lerne ich mal, worum es bei dem endlosen Streit um den Brunnen geht.


    Der Effekt, wenn man von der Rathhausstraße auf den Vorplatz zugeht, ist enorm.

    Ich dachte vor einigen Monaten, ich sei plötzlich in Wien oder St. Petersburg oder so.


    Alles ist riesig und wirkt sehr clean.


    Sehr gut möglich, dass der Neptunbrunnen (oder überhaupt irgendein weiteres Stadtmöbelstück) dort der Stimmung schaden könnte.

  • ... Ausserdem war eine Rekonstruktion der Aussenbereiche des Humboldt Forums nie auch nur angedacht und nie das Ziel der Gestaltungswettbewerbe. Mag sein, dass Dir das nicht passt, aber so ist es.

    Zwar war vom Auftraggeber Senat keine Rekonstruktion der Außenbereiche des HF "angedacht", aber vom Senat wurde ein Wettberwerb ausgeschrieben, den bbz gewann und der realisiert wurde. Da liegen zwei Hasen im Pfeffer: Der eine Hase liegt darin, dass in diesem für Berlin zentral wichtigen und gestaltungssensiblen Gesamtprojekt Bauwerk und Umfeld zwei unabhängige und oft gegeneinander arbeitende Auftraggeber (Bund und Senat) auftreten. Der andere Hase liegt darin, dass eine allseits akzeptable Gesamtlösung durch anhaltende einseitig fixierte, politische, ideologische, restaurativ-nostalgische, bauhaus-puristische, kunst- und schmuckfeindliche, modernistische, oft polemisch aggressive Standpunkte verhindert wird.



    Zitat von Rotes Rathaus

    Zeitlos wären zB Brunnen aus Naturstein in reduzierten Formen und Bäume in regelmäßiger Anordnung am südlichen Schlossplatz.


    Den Begriff "Zeitlos" in der Gestaltung der Architektur und Kunst verstehe ich nicht so, dass man ein Objekt dem modernen Zeitstil des Umfeldes entsprechend alle Stilelemente früherer Epochen entfernt. Ich verstehe unter "zeitlos" die dauerhafte Wertschätzung eines Objektes. Ein barockes oder impressionistisches Gemälde, ein dorisch-griechischer Tempel oder der Eifelturm behält (hoffentlich) seine zeitlos hohe Wertschätzung unabhängig davon, ob das Objekt geschickt mit der Umgebung harmoniert. Dennoch ist auch die rücksichtsvolle Harmonie mit der Umgebung anzustreben. Das gilt auch für den Neptunbrunnen und die Rossebändiger.

  • Zeitlos bedeutet für mich etwas anderes. Es bedeutet, das dem Objekt die Herstellungszeit nicht anzusehen ist. Es gibt zum Beispiel Altägyptische Sitzmöbel, die erstaunlich modern wirken.


    Heute wäre ein Objekt - sagen wir ein Brunnen- zeitlos, wenn er relativ massiv aus Stein ist, keinen sichtbaren Beton präsentiert, eine symmetrische Gestaltung aufweist, ein Becken bildet usw.


    Die Außengestaltung und auch der Ostflügel sind da schon ziemlich in Ordnung, was die Zeitlosigkeit betrifft - anders die großartige Barockfassade und Kuppel mit Schriftzug und Kreuz, das ist nicht zeitlos. Das alte Museum dann schon wieder eher, relativ schlicht und klassizistisch.


    Den Begriff der steinernen Wüste finde ich schon ziemlich unpassend. Auf beiden Seiten gibt es Wasser, Bäume sind auch vorhanden, weitere Pflanzen, die Fassade bietet eine fulminante Bebilderung- natürlich größtenteils aus Stein. Das Pflaster ist einfach wunderschön hergestellt.


    Ich kann nur sagen: Wer ein Schloss im Park will

    soll nach Potsdam fahren. Es ist ein Stadtschloss.

  • Die Außengestaltung und auch der Ostflügel sind da schon ziemlich in Ordnung, was die Zeitlosigkeit betrifft - anders die großartige Barockfassade und Kuppel mit Schriftzug und Kreuz, das ist nicht zeitlos.

    Wenn ich Dich richtig verstehe, soll der schmucklose Ostflügel zeitlos sein, weil er im Gegensatz zur Barockfassade keinen Schmuck besitzt?


    Schmucklosigkeit ist nicht zeitlos, sondern geschmacklos.

  • Ich empfinde den Ostflügel gar nicht als schmucklos. Im Gegenteil, er ist hochwertig verkleidet und bildet mit der Ufermauer eine harmonische Einheit. Dabei geht der Blick sogar noch ins Grüne.


    Für einen Brunnen muss auch geklärt werden wie viel Platz dafür vorhanden ist. Ein Brunnen der von Schloss her betrachtet werden kann und vlt. auch begehbar ist und gleichzeitig zur Straße hin abgrenzt wäre perfekt.

  • .... zeitlos ist für mich zum Beispiel der Brunnen in Mitten des Lustgartens. Obwohl eine Schöpfung aus Anfang der 2000er jähre ist er aber so gestaltet, dass er auch noch in 10 oder 50 Jahren angenehm wirkt. Ebenso verhält es sich mit der enormen runden Granitschale obwohl diese schon seit fast 200 Jahren dort steht und auch kein Brunnen ist.

    Solch einen neuen Brunnen könnte ich mir sehrwohl als Pendant zur Granitschale auf der Südseite es Humboldt Forums vorstellen.

  • Ich habe bei zeitlos auch an die Granitschale vor dem Alten Museum gedacht, das ist ein sehr gutes Beispiel. Aber eben auch das Pflaster um das Humboldtforum herum oder die Graniteinfassung der Schlossterrasse.


    Hier mal zwei Bilder von vorhin aus der Wüste:




    Dass dem südlichen Schlossplatz etwas fehlt, hält ja die Brunnendiskussion am Leben.

  • Ich zeige hier nochmal ein Foto des Ostflügels mit Uferwand:



    Man könnte sagen, das er weitgehend Schmucklos ist aber sehr hochwertig ausgeführt und auf keinen Fall geschmacklos. Das ist für sich genommen schon ein Bauwerk erster Güte - natürlich nicht mit der Schlüterfassade zu vergleichen mit ihren außerordentlichen Kunstwerken.

  • Ich würde sagen, sie hat keine Verzierungen, wie z.B. die Barockfassaden, aber eine schmückende Fassadenverkleidung, ist also nicht schmucklos...


    Sei's drum... schlussendlich geht's ums Gefallen und mir gefällt sie! Wären alle vier Seiten so, wäre es mir zu monoton, so aber empfinde ich die Ostseite als erfrischend, neben all der barocken Zierde.

  • Sorry, aber für mich hat der Hang (Wahn) der deutschen zum "schnörkellosen", den harten Rastern, einfach immer eine Assoziation zur Nazi Architektur. Beispiel: ehemalige Reichszeugmeisterei in München. Wie viele andere empfinde ich es als hart, unkreativ, unsensibel, kalt und unwirtlich. Ich kann als nur als Mahnmahl für den Wahnsinn einer verirrten Architekturepoche akzeptieren. Selbst NYC's Glas-Wolkenkratzer versprühen mehr Charme als dieser unpassende Klotz.


    https://up.picr.de/45731395lf.jpg

    (c) SZ


    https://up.picr.de/45731409bo.jpg

    (c) https://www.rp-technik.com/de/…ce/humboldt-forum-berlin/


    Eingebundene Bilder wurden geurlt. Bitte Richtlinien für das Einbinden von Bildern beachten.

    Und insbesondere in diesem thread bitte ans Thema halten. Die Diskussion über die Ostfassade wurde bereits an anderer Stelle zu Genüge durchgekaut.

    Bato

  • ... es ist relativ müßig sich hier im thread für die FREIRAUMGESTALTUNG immer wieder über das pro und contra der Ostfassade auszulassen. Einfach der falsche thread!

    In Ergänzung meines Posts zum Lustgartenbrunnen möchte ich den Blick vielmehr in Richtung Lustgarten lenken. Dies ist der Lustgarten des ehemaligen Schlosses und nicht des Domes oder der des Museums oder des Marstalls. Als solcher steht er historisch in absolutem Kontext zum ehemaligen Schloß, dessen Fassadenordnung und Symmetrie. Es ist mal wieder typisch Berlin, dies völlig außer acht zu lassen, aus Unwissen oder Nichtwollen, lasse ich mal dahingestellt. Aber es fällt mal wieder sehr auf, das immer alles Einzeln betrachtet wird dann zu Wettbewerben für die einzelnen Bereiche aufgerufen wird und der Blick für's Ganze völlig verloren geht oder einfach nicht da ist. Sowas wäre in anderen Ländern/Städten nicht denkbar. Der Lustgarten muß unbedingt zum Schlossumfeld gezählt werden.

    Deswegen sollte man schleunigst die im Wettbewerb auch angedachte Verkehrsberuhigung direkt vor der Nordfassade angehen. Durch die jetzige Situation wird das ehemalige Schloss von dem dazugehörigen Garten getrennt. Erst wenn hier wieder eine Einheit hergestellt ist macht die restliche Gestaltung im direkten Umfeld Sinn.