Markus40 So verkürzt ergibt das Zitat etwas andere/direktere Bezüge zwischen den Aussagen als beabsichtigt.
1) Den Vorwurf der kulturellen Aneignung empfinde ich langsam generell als inflationär und auch hier im konkreten Fall überzogen. Etwa bei den Gärten der Welt wurden auch verschiedene internationale und interreligiöse Stile der Gartenbaukunst nachgestellt (inklusive Bauwerken mit alt-tradierten kulturellen Symboliken) und niemand regt sich dort über irgendeine Aneignung auf. Teilweise sind die Bauten und Kunstwerke dort sogar offizielle Geschenke der betreffenden Staaten, durch einheimische Künstler geschaffen oder durch Botschafter der Länder eingeweiht worden.
Hier haben wir nun ein Haus der Weltkulturen und da ist es mE nur naheliegend, diese auch nach außen hin zu repräsentieren. Eine Konkurrenzsituation sehe ich ehrlich gesagt auch nicht, eher interessante perspektivische Bezüge. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, dass sich irgendeine indische Community darüber mokiert (und wir haben in Berlin eine recht große Indische Community). Vielmehr waren auch hier indische Kunsthandwerker beratend und gestaltend mit aktiv. Da finde ich es schon leicht vermessen, wenn man sich gewissermaßen stellvertretend empört. Übrigens: In Berlin steht auch eine kleine Kopie des Eiffelturms (ich meine nicht den Funkturm). Und sollte es in Frankreich oder China eine Kultureinrichtung mit deutschem Bezug geben, würde mich eine Nachbildung deutscher Baukunst auch keineswegs aufregen. Eher im Gegenteil, gerade wenn es halbwegs hochwertig und stilvoll gemacht ist.
2) Es ist doch völlig klar, dass die Rekonstruktion der Schlossfassaden einen anderen, lokal geprägten Hintergrund hat als die des Sanchi-Tores. Dennoch sind mE beide gleichermaßen vermittlungswürdig - gerade auch WEIL man die Schlossoptik sonst auch falsch deuten kann (trügerische Kontinuität) und auch weil sich die kulturelle Symbolik heute ebenfalls nicht mehr selbstverständlich erschließt. Aber eben auch, weil man genau durch diese Gleichbehandlung mal aufhört, die "fremde" Kultur gegenüber der eigenen Kultur zu exotisieren wie Du es offenbar ja auch befürchtest. Vielmehr reflektiert man so beide nebeneinander und lässt sie so nicht nur baulich in Korrespondenz zueinander treten. Das Humboldtforum soll heute ja auch entsprechend mehr leisten als ein traditionelles Ethnologisches Museum. Eher einen Dialog der Kulturen.