Freiraumgestaltung Berliner Schloss/Humboldt-Forum

  • Nun, ich denke, die Argumente sind hier ausgetauscht und wir müssen hier nicht weiter hin und her diskutieren, aber eines möchte ich dann doch noch anmerken:


    Das sind die gesicherten Fakten. Wie irgendwelche Stiftungen, Fördervereine oder sonstige Zeitgenossen das Ganze nennen, ist mir daher ehrlich gesagt völlig egal bzw. es stößt mich vielmehr als geschichtslose und rückwärtsgewandte sowie in konkreten Einzelfällen regelrecht unappetitliche Spinnerei ab.

    Ich empfinde es als äußerst respektlos und abwertend, die "Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss" als offiziell vom Bund eingesetzte Institution und als Bauherrin und Eigentümerin des Berliner Schlosses in die Nähe von Spinnereien zu rücken, nur weil du dich offensichtlich nicht damit abfinden kannst, dass in Berlin Mitte wieder ein Schloss steht.

    Einmal editiert, zuletzt von tegula ()

  • Mir ist diese Debatte um Begrifflichkeiten und Deutungen des Baukörpers und seiner Funktion(en) nicht wichtig. Das Gebäude sieht schön und eindrucksvoll aus. Bei den Außenanlagen (für Manche „Funktionalisten“ lieber Humboldt-Forum-Platz?), geht es mir nicht um historisierende Preußen-, Schloss- oder Retro-Nostalgie, aber auch nicht um zeitgemäßen Purismus oder das Besitzstandsgezerfe der Bezirksfürsten:

    Das wunderschöne, hochwertige und berühmte Kunstwerk der beiden Rossebändiger steht derzeit an dem peripheren, kaum besuchten, wenig gepflegten Standort im Kleistpark, beziehungslos voneinander entfernt und wenig beachtet. Mitten im repräsentativen Stadtzentrum würde das Kunstwerk wieder im viel besuchten Blickbereich der Öffentlichkeit stehen, mit direkter Beziehung zu den Artefakten am alten Museum. Dadurch würde die gelungene, moderne Umfeldgestaltung am HF/Schloss nicht beeinträchtigt. Die Rückführung wäre kein großer Aufwand.

    Der Neptunbrunnen steht derzeit in weiter, leerer, stilfremder Umgebung, beziehungslos, ohne bauliche Fassung. In der baulichen Umgebung am HF/Schloss vor Portal II würde der plätschernde Brunnen den leeren, steinernen Platz beleben. Er wäre direkt im Sichtbereich der vielen Berliner und internationalen Besucher des HF. Die Finanzierung der Rückführung ist vom Bund gesichert (!).

    Beide Rückführungen sind primär ästhetisch begründbar und historisch legitimiert. Es geht um Wertschätzung und sichtbar machen vorhandener erstrangiger Kunst im Herzen Berlins. Diese Kunstwerke sind sehr viel mehr als das, was Manche abfällig spotten: „nur reine Dekoration“.

  • < Einspruch wenn Ihr gestattet Euer Gnaden!

    Die Rossebändiger stehen weder peripher noch an einem kaum besuchten, wenig gepflegten Standort. Auch stehen sie nicht beziehungslos sondern sich gegenüber, dazwischen befindet sich das frühere Alliierte Kontrollratsgebäude, der heutige Verfassungsgerichtshof und Kammergericht Berlins. Ein sehr ansprechendes und beeindruckendes klassisches Gebäudeensemble. Zusammen mit diesem und der schönen Parkanlage bilden sie ein stimmiges Ensemble und erfreuen täglich unzählige Spaziergänger, Jogger, Kinder der benachbarten Kita, Menschen die die Abkürzung durch den Park über die Königskollonaden nehmen, Beschäftigte der Justiz und Anwohner. Alles Dinge die man so aus der Ferne Stuttgarts nicht wirklich wahrnehmen kann. Deswegen kann ich Dir nicht wirklich bewusstes Verunglimpfen und Verschweigen dieser Tatsachen unterstellen.

    Ich habe nur einen Steinwurf von dort, nahezu 30 Jahre gelebt und es sehr genossen. Die Rossebändiger gehörten für mich immer zu diesem Ensemble wo sie ja inzwischen seit mehr als einem halben Jahrhundert stehen. Über die Zeit wachsen Beziehungen zu städtischen Kleinräumen, Statuen, Kunstwerken, Plätzen und seien es Bänke zum kurzfristigen Verweilen. Das alles jetzt hier zunichte zu machen nur um irgendeinen Zustand des “Schloß“- Umfeldes von vor 1937 wiederherzustellen halte ich für irrsinnig und falsch.

    Ebenso verhält es sich mit dem “plätschernden“ Brünnlein. Auch ein neuer Brunnen vermag zu plätschern und die Situation dort an der Südseite des Platzes verhält sich genauso wie von Baukörper trefflich beschrieben. Dort wo diese Kunstwerke jetzt seit mehreren Jahrzehnten stehen, werden sie absolut wertgeschätzt, von den Berliner und von seinen Besuchern.

  • Bauaesthet Beim gesamten ersten Abschnitt gehe ich weitgehend mit.


    Bei der möglichen Rückkehr der Standbilder und des Brunnens war ich erst zugeneigt und inzwischen zunehmend abgeneigt.


    Weder stimme ich zu, dass sie an ihren jetzigen Standorten verloren oder gar deplatziert wirken.

    - Gerade der Neptunbrunnen ist am jetzigen Standort ähnlich exponiert aber besser abgeschirmt vom Verkehr und wird sehr gut angenommen. Nur weil der stark verschuldete Bund statt dem weit stärker verschuldetem Senat für den Umzug bezahlen würde, macht es diesen Umzug noch nicht automatisch sinnvoller. Am jetzigen Standort müsste man dann zudem auch wieder eine Lösung finden und bezahlen.

    - Aber auch die Rossebändiger finden sich aktuell in einem schönen, passenden Ensemble wieder. Wenn man es nicht wüsste, würde man absolut glauben, es sei nie anders gewesen. Und peripher oder bedeutungslos finde ich den Standort auch nicht gerade. Nebenbei passen die Rossebändiger symbolisch auch gut zum ruhelosen, ungestümen und kaum zähmbaren (sowie letztlich dann leider selbstzerstörerischen) Wesen und Schaffen Kleists.


    Noch finde ich, dass das Umfeld des Humboldtforums unbedingt auf diese Werke angewiesen ist. Ich bin sehr gerne für Wasser und Grün und auch gerne für Kunstwerke. Tatsächlich würde ich mich dabei aber eher am Inhalt des Humboldtforums orientieren und zugleich eine harmonische Gesamtwirkung anstreben. Ich finde das Sanchi-Tor regelrecht erfrischend und absolut bereichernd dort.


    Edit: Camondo war schneller und bzgl. des Kleistparks auch sehr viel konkreter. Ich schließe mich da also sehr gerne an.

  • Was viele vergessen, der Denkmalschutz war in den 90ern nicht sehr froh darüber, dass der heutige Lustgarten wieder begrünt wurde. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er als Aufmarschplatz von Conrad Dammeier zur Olympiade 1936 steinern gepflastert. Durch die dunklere quadratische Reihung zu den Säulenreihen von Schinkels Museum in Richtung Schloss entstand so optisch eine starke Dynamik.

    Es ist doch wie so vieles in Berlin ein Augenzwinkern der Geschichte, dass gerade beim Gegenüber des Lustgartens bei den Verantwortlichen die Sehnsucht nach gepflasterter Weite siegte. Berlin, du bist so wundersam...

  • Es handelt sich um einen völlig modernen Bau mit einigen historisierenden sowie einzelnen modernen Innen- und Außenfassaden...


    Du willst mitreden und glaubst uns erklären zu können, was genau das Berliner Schloss/Humboldt-Forum ist oder nicht ist, wenn du noch nicht mal eine Rekonstruktion richtig zu bezeichnen weißt.
    Du hast also entweder keine Ahnung wovon du redest, oder aber du weißt genau wovon du redest, aber du äußerst dich absichtlich in einer abfälligen Art und Weise mit: "historisierenden"...
    Falls Ersteres zutrifft, würde ich dir zu Google/Wikipedia raten. Es ist nicht unsere Aufgabe oder der Ort dir zu erklären, was eine Rekonstruktion ist und was ein historisierender Baustil ist.

    Abgesehen davon wurde weitaus mehr rekonstruiert als man oft weiß oder zugibt:
    - Drei Außenfassaden
    - Drei Hoffassaden
    - Drei Innenportale
    - Vier Portaldurchfahrten
    - Die Kuppel
    - Die Proportionierung und Aufteilung des gesamten Inneren des Schlosses, um die Rekonstruktion von Innenräumen möglich zu machen.

    Darüber hinaus steht das Gebäude im westlichen Bereich immer noch auf seinen Originalfundamenten und Kellern.
    Das ist alles schon etwas substanzieller als immer wieder suggiert wird mit der abfälligen Aussage, es wurden einem Neubau nur ein paar rekontruierte Fassaden vorgehängt.

    Zu guter Letzt, sind sich eigentlich alle hier bewusst, dass selbst das Humboldt-Forum bzw. die Stiftung Humboldt Forum, die ja selbst so ihre Problemchen mit dem Berliner Schloss hat, sich darüber im Klaren ist, dass sie sich im Berliner Schloss befindet und sie nur eine derzeitige Nutzerin des Gebäudes ist? Ein Verweis zu deren Impressum und Kontaktseiten sollte darüber mehr Klarheit verschaffen:

    https://www.humboldtforum.org/de/impressum/

    https://www.humboldtforum.org/de/kontakt/

    Ein shot für jede "Stiftung Humboldt-Forum im Berliner Schloss" Erwähnung und wir liegen bald alle betrunken unterm Tisch. ;)

  • Treverer Dir ist schon klar, dass da lediglich mehrfach der Stiftungsname genannt wird und es somit exakt das selbe Argument bleibt, das auch schon vorher genannt wurde?


    Beim Begriff "historisierend" hast Du hingegen Recht. Ich habe ihn tatsächlich allgemeiner verstanden (i.e. nicht historisch erhalten, sondern lediglich dem historischen Vorbild nachempfunden/ historisch anmutend). Dass jene Nachempfindung bei diesem Begriff nicht (ganz) originalgetreu ausfällt, war mir tatsächlich nicht bewusst und entsprechend war es auch nicht mal abwertend gemeint.


    Es macht im Ergebnis aber gar keinen Unterschied. Ich finde die Rekonstruktion ja auch durchaus gelungen und habe nie etwas anderes gesagt/gemeint. Trotzdem und trotz einzelner originaler Fragmente bleibt es für mich aber ganz eindeutig ein Neubau mit teilweise historisch anmutendem Gewand. Übrigens, da wir ja genau sein wollen: auch bei der Kuppel ist nur die äußerlich angebrachte Hülle/ Fassade rekonstruiert, der gesamte Kern ist neu und die Nutzung ebenfalls. Auch die Portale sind mE Teil besagter Hülle. Einer Hülle, die klar zeigt, dass sie praktisch fast keinerlei Patina besitzt und somit in ihrer Entstehungszeit ähnlich viel mit der Kaiserzeit zu tun hat wie ein Tesla.


    Wenn für Dich diese nachgebildeten Teile einer Hülle bereits das eigentliche Schloss ausmachen, dann darfst Du Dir Deine Welt ja gerne so deuten. Ich werde mir trotzdem weiterhin die Freiheit nehmen, dies als völlig absurd anzusehen. Und schon gar nicht leitet sich mE ein Anspruch daraus ab, auch im Umfeld oder Inneren des Baus weitere Rekonstruktionen vorzunehmen oder inzwischen umgewidmete Elemente an den Standort zurück zu holen. Ich glaube eher, einige leben dann endgültig ihre Illusionen und wollen diese auch proportional zur Rückkehr des Gesamtbildes umso stärker der Allgemeinheit aufzwängen (hätte übrigens früher nie gedacht, dass irgendwann tatsächlich mal so argumentiert wird und hielt entsprechende Warnungen für völlig abwegig, aber jetzt erlebt man es ja leider live).


    P.S.: Da ja heute so gerne auf Wikipedia verwiesen wird, vielleicht mal meinerseits der Eintrag "Schloss" auszugsweise als Deutungshilfe:

    Ein Schloss ist ein Gebäude oder Gebäudekomplex, das bzw. der im Auftrag des Landesherrn oder anderer Mitglieder des Adels errichtet wurde und dem Gebrauch durch Adelige diente, etwa als Residenz. Es bezieht diese Bezeichnung unabhängig von der Größe oder der künstlerischen Gestaltung seiner Fassade. Stattliche Schlösser gingen häufig aus mittelalterlichen Burganlagen hervor, einige Schlösser gründen auch auf früheren Klöstern.

    Sowie explizit im Eintrag "Berliner Schloss"

    Nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Umzug der Regierung nach Berlin entstand das Humboldt Forum an dem Ort des alten Schlosses bis Ende 2020 als Neubau, mit der Fassade und in der Dimension des Berliner Schlosses. Durch die museale Nutzung des Gebäudes soll es sich in das Gesamtkonzept der Museumsinsel einfügen.


    Das Berliner Schloss hatte als Residenz der Hohenzollern grundsätzlich eine andere Funktion als das Humboldt Forum. Es bildete damals mit dem Alten Museum (Kultur), Berliner Dom (Evangelische Kirche), Zeughaus (Militär) ein programmatisches Gebäudeensemble im Mittelpunkt der preußischen Hauptstadt.

    Ich wüsste nicht, dass ein preußischer Adliger die Fassadenrekonstruktion beauftragt und in dem Bau residiert hätte. Aber vielleicht zählt man Herrn von Boddien ja großzügig als amtierenden Adligen und vielleicht hat er ja sogar mal in einem der Zimmer übernachtet...

    Einmal editiert, zuletzt von jan85 ()

  • Es geht mir um eine Verlagerung der Debatte von historisch, preußisch, DDR-bezogenen, „Denkmal schützenden, gewohnheitsbedingten“ Standort-Besitzansprüchen hin zu städtebaulichen, ästhetischen und für die breite Öffentlichkeit möglichst wirksamen Standortpräferenz der Kunstwerke.


    Camondo wenn Euer Merkwürden gestatten, Kommentar zu den Rossebändigern:

    Ensemble im Kleistpark durchaus eindrucksvoll. Einverstanden

    Lage im Kleistpark: jedenfalls im Vergleich zur Museumsinsel abgelegen

    Besucherverkehr: im Kleistpark überwiegend örtlicher Freizeit-, Durchgangsverkehr der Bewohner.

    Auf der Museumsinsel deutlich größerer Verkehr von ganz Berlin, Deutschland und international

    Position: vor dem Kontrollratsgebäude zu weit auseinandergestellt, z. Teil verdeckt (30 – 40m?).

    Vor HF am Portal IV: am Durchgang direkt gegenüber korrespondierend (10 – 15 m?)

    Für deine (Camondo) sehr persönliche, emotionale Bindung an ehemaligem Wohnort habe ich Verständnis, ist aber für den Gesamtberliner städtebaulich-ästhetischen Vergleich nicht maßgebend.

    Geschichte (wenn schon): Der Standort war nicht „irgendein Zustand des Schloß-Umfeldes von vor 1937“, sondern am Portal IV des Schlosses der Zielpunkt von U.d.Linden von 1844 bis 1945, also 101 Jahre und somit doppelt so lang wie im Kleistpark.


    jan85 Kommentar zum Neptunbrunnen:

    Exponierte Lage: heute weithin sichtbar: einverstanden.

    passende Einbindung nicht einverstanden. Weder stilistisch passendes, direktes bauliches Umfeld noch passende Platzgestaltung: Der Siegerentwurf für das Rathausforum/MEF sieht einen langgedehnten Park mit weit entfernter Bebauung vor. Er berücksichtigt den vorgegebenen Barockbrunnen. Dieser wird dort im Stil immer ein Fremdkörper sein. Passender zur geplanten Lösung am Fernsehturm wären moderne Wasserspiele.

    „keine Angewiesenheit, Notwendigkeit“: Damit kann man jede Lösung abwürgen.


    Ich achte Eure Meinungen, aber bei allem Respekt: emotionale Bindungen, gewohnheitsgemäße Wertschätzungen örtlicher Bewohner, Jogger und Kinder, Standortzeiten, Finanzierungsaspekte sind keine langfristig bedeutsamen, städtebaulich-ästhetischen Argumente.

  • Schon Pniower, der Gestalter des heutigen Kleistparkes nach dem Krieg, bezeichnete die Rossebändiger als zu klein und eher als Notbehelf - der unpassende plumpe Sockel tut sein Übriges, ihre einstige Aufstellung am Schloss - korrespondierte mit dem Amazonen des alten Museums. Auch wenn mittlerweile sich Generationen an den Anblick vor dem Gerichtsgebäude gewöhnt haben mögen- so empfinde ich die Aufstellung dort für die Wirkung der Skulpturen als unpassend- die Figuren driften auch viel zu weit auseinander und verkriechen sich fast ins Gebüsch - die gesteigerte Dramatik die sich aus dem Duo in bewegter Form gerade in der räumlichen Nähe zueinander ergab wird so abgewürgt, weil sie für die Distanz viel zu klein geraten sind, die ursprüngliche Spalieridee zur Aufstellung bei der Entstehung der Skulpturen wird erst recht nicht mehr erreicht.

    Die Skulpturen vereinzeln sich durch die Art der jetzigen Aufstellung eher - und sind als auf einander bezogenes Paar deutlich kraftloser.


    Das hat pniower wohl auch so erkannt und benutzt sie recht willkürlich lediglich als beliebige Übergangsdekoration ohne auf die Inszenierung als sich wechselseitig in ihrer Wirkung beeinflussende Kunstwerke sonderlich einzugehen.


    Im Prinzip wiederholt sich mit der aktuellen Art der Aufstellung des Sanchi- Tores ein ähnlich lapidarer und unbeholfener Umgang mit der Reduktion auf ein recht beliebig ausgewähltes rein dekoratives Moment.

    Das Tor kann seine zweckeigenschaft gar nicht mehr darstellen, es dient weder dem Zu- noch Ausgang zu irgendwas und lenkt auch keine Wege sondern steht ohne stützenden Bezug einfach so rum und macht sich nahezu gemein mit dem Gerümpel aus Fahrstuhl und Erklärkästen die Aussehen wie Parkscheinautomaten - ich weiß nicht ob das wirklich angemessen ist mir gefällt es einfach nicht.


    Auch wenn’s bloß die mittlerweile 3te Kopie ist.

    Die Qualität der mit modernen Mitteln in frästechnik hergestellten Replik ist wirklich überzeugend und könnte beispielhaft für andere Verwendungen sein.


    Der einzige charmante Gedanke der mir zum Ort fürs Sanchi an diesem Ort einfällt ist neben dem dringend notwendigen Aussensignal fürs HF, die Vorstellung dass man dem nach antikischer Gestalt errichteten Brandenburger Tor im Westen ein antikes Tor im Osten gegenübergestellt hat.


    Zumindest Symbolisch stehen sich damit zwei unterschiedliche kulturelle Traditionslinien der Antike von Osten und Westen ebenbürtig gegenüber auch wenn man diese Geste durch die leicht verschwenkte Strassenführung und die Linden dazwischen schwerlich sichtbar nachvollziehen kann.


    Umso bedauerlicher ist die fade Inszenierung des Sanchis.


    Der Idee, aus der Aufstellung des Sanchis, ein Initial zu einem schrulligen Exot. Skulpturenpark zu machen den man vor die Schlossfassade stellt - kann ich gar nichts abgewinnen.


    Die Barockfassade verträgt diese Gestaltkonkurrenz leidlich und die Kommunikation von einer europ. Fürstenfassade mit exot. Schaustücken erscheint mir gerade mit Hinblick auf die sehr kritische und eifrige Provinenzbetrachtung von völkerkundl Exponaten innerhalb der Mauern des HF als äußerst fragwürdiges Signal.


    Ich musste da unweigerlich an die chinesischen Bronzeinstrumente in Potsdam vor der Orangerie denken, die 1901 mit der Sühnemission des Prinzen Chun nach dem Niedergeschlagenen Boxeraufstand dort wie Trophähen aufgestellt waren- bis sie 1919 wieder rückübereignet wurden.


    Ich halte für Präsentationen von Exot. Schaustücke den rel. neutralen Hintergrund des Stellaflügels nach wie vor für geduldiger, angemessener und weniger verfänglich. Den Begasbrunnen braucht es auf dem Rathausforum m.M.n gar nicht, der Ort schmückt sich hier mit etwas was ihm gar nicht wirklich steht ich fänd ne Großversion von dem Krähenfüßenbrunnen des Alex viel passender.

  • Alle Jahre wieder die gleiche Diskussion. Das ist schon sehr ermüdend. Alles schon tausendmal durchgekaut.


    Im Übrigen sollten diejenigen, die das Sanchi-Tor gern vor der Stella-Fassade gesehen hätten, sich erstmal ortskundig machen. Der Platz ist einfach sehr beschränkt. Man möchte doch das Tor von allen Seiten sehen, drumherum gehen und zwar mit Abstand. Das wäre vor der Stella-Fassade nicht möglich. Und trotzdem hält man stur daran fest. Realitätsfremd.

  • Es wurde doch oft genug erklärt, dass das Schlossumfeld nicht nach historischen Vorbild rekonstruiert wird, sondern entsprechend der Nutzung als Humboldtforum.

    Daher auch die Aufstellung des Sanchitores und der Verzicht von all den historischen Skulpturen und des Brunnens und der Mosaike.

    Warum kann man das nicht akzeptieren und endlich aufhören immer wieder von den Rossebändigern, dem Brunnen und der Säule anzufangen? Das war niemals Teils des Konzeptes und des Beschlusses.

    Und all diese Befürworter brauchen sich nicht wundern, wenn man sie als reaktionär bezeichnet denn genau das verkörpert diese Haltung für mich auch, weil wider besseren Wissens das nicht akzeptiert wird und so tut als seien das ideologische oder politische Entscheidungen oder sonstige Verschwörungsmytgen werden angedeutet. Das ist einfach unredlich und vergiftetend.

    Und je länger ich diese Diskussionen hier lese, desto mehr bin ich überzeugt von der Richtigkeit des jetzigen Konzeptes.

  • Es wurde doch oft genug erklärt, dass das Schlossumfeld nicht nach historischen Vorbild rekonstruiert wird, sondern entsprechend der Nutzung als Humboldtforum.

    Daher auch die Aufstellung des Sanchitores und der Verzicht von all den historischen Skulpturen und des Brunnens und der Mosaike.

    Warum kann man das nicht akzeptieren und endlich aufhören immer wieder von den Rossebändigern, dem Brunnen und der Säule anzufangen?

    Ganz einfach: Wer hat oft genug was erklärt??? Es hat nie eine ganzheitliche Projektorganisation mit Lenkungsausschuss und Projektmanagement für das Gesamtprojekt Schloss/Humboldt-Forum, Schlossplatz, Einbindung in das städtebauliche Umfeld und künstlerische Beratung gegeben! Stadtdessen haben die politischen Instanzen Bund, Senat, Baudirektion, Architektenlobbies und Bezirksfürsten stets gegeneinander gearbeitet und, auch aus sturen ideologischen Gründen, auf ihre Hoheitsrechte gepocht. Es gab nie ein abgestimmtes Gesamtkonzept, das endlich zu akzeptieren wäre, sondern entsprechend Bezirksgrenzen und Baulinien getrennte macht- und hoheitsbedingte Teilkonzepte. Heute sind das die Folgen.

    Es geht gar nicht darum, das neue durchaus gelungene Schlossumfeld komplett "mit all den historischen Skulpturen" nach historischem Vorbild rückwärts abzuwickeln und zu rekonstruieren, sondern darum, nur die zwei oder drei erhaltenen, wertvollsten Kunstwerke in diesen zentralen Stadtraum zurückzuführen, wo sie ihre verbindende Funktion zwischen Bauwerk und Umfeld wiedergewinnen, statt die noch unbefriedigende Leerfläche des Schlossplatzes mit exotischen Hinguckern aufzufüllen. Deshalb ist diese Diskussion um das Herz Berlins nicht beendet. Das hat auch nichts mit einer "reaktionären Ecke" zu tun.

  • Das eine ist halt ein LustGARTEN und das andere ein SchossPLATZ.

    Ja und Nein. Der heutige Lustgarten war Exerzierplatz, Aufmarsch- und Paradenplatz diverser Staatssysteme. Zwischendurch erinnerte man sich immer wieder daran, dass er auch etwas mit Garten zu tun hat und dann erlebte er diverse Phasen als Grünfläche. Hierbei ist wichtig zu verstehen, dass ihn die DDR nie als Garten verstand und die Pflasterung aus NS-Zeit nicht in Frage stellte. Darin liegt m. E. auch ein Hinweis, dass man sich anscheinend nie ganz sicher war, wie denn dieser städtebaulich einmalige und hochzentrale Platz zu nutzen ist. Als Garten (mit oder ohne Betretungserlaubnis) oder als Repräsentationsplatz?

    Möchte man den heutigen Lustgarten logisch zu Ende denken, müsste die Grünfläche über die Straße UdL bis an die Hauswand des "Stadtschlosses" herangeführt werden.

    Warum man nicht zumindest die Rossbändiger als Gegenüber von Löwenkämpfer und Amazone aufstellt bleibt mir rätselhaft. Wenn sie schon am Kleistpart unabkömmlich sind, so hätten Plastiken zumindest eine Logik in das ganze Geviert gebracht. Vom Staatsrategebäude schaut die nachgebaute ältere Schlossfassade ja auch der jüngeren nachgebauten Schlossfassade zu.


    Zu Ihrem Hinweis zum "SchlossPLATZ" möchte ich ebenfalls erwidern, dass sich dieser historisch korrekt nur auf der Südseite befindet. Der Schlossplatz erhielt aber im Grund erst durch seine Anlage samt Neptunbrunnen ein zentrifugales Gewicht im Stadtgefüge. Ansonsten wäre er wie heute eben nur eine Straßenkreuzung samt verkehrlich nach deutscher Logik korrekter Fahrradabstellraum mit Sitzgelegenheit gewesen. Ein Platz im Sinne der europäischen Kulturgeschichte ist etwas anderes.

  • ... Warum kann man das nicht akzeptieren und endlich aufhören immer wieder von den Rossebändigern, dem Brunnen und der Säule anzufangen? Das war niemals Teils des Konzeptes und des Beschlusses.


    Das da ein allgemeingültiges "Konzept" oder ein "Beschluss" gewesen wäre, saugst du dir doch gerade aus den Fingern. Über die letzten 20+ Jahre gab es ein ständiges Hü und Hott von Seiten des Bundes und von Seiten Berlins wie genau das Umfeld des Schlosses aussehen soll. Die Meinung änderte sich stets mit der Besetzung des Bundes und des Senats.
    Zwischenzeitlich hatte der Bund sogar Geld in Aussicht für die Kolonnaden des ehemaligen Nationaldenkmals und für die Rückkehr des Neptunbrunnens in Aussicht gestellt. Vergessen?
    Der jetzige Landschaftsarchitektonische Entwurf ist auch nicht aller Tage Abend, denn es wird bereits über eine erneute Umgestaltung des südlichen Schlossplatzes mit mehr Grün oder einem Brunnen geredet. Wir befinden uns noch immer nur im Prozess der Gestaltung des Schlossplatzes.

    Und wo wir bei Anschuldigungen von Unredlichkeit sind und beim Unwillen Konzepte bzw. Beschlüsse zu akzeptieren...
    Schau mal 100 Meter rüber zum Schinkelplatz und der zukünftigen Bauakademie(?). Es wurde 20+ Jahre darauf hingearbeitet, den Schinkelplatz wieder herzustellen und dann Schinkels Bauakademie nach Bundessatzung wieder aufzubauen. Das ist mehr Konzept bzw. Beschluss als das Hü und Hott um den Schlossplatz.
    Urplötzlich, nach Dekaden, schert aber die neu geformte Bundesstiftung Bauakademie aus und will nun doch nicht mehr Schinkels Bauakademie aufbauen, sondern etwas Neues, worüber Berlins Sentasbaudirektion hingegen empört ist.
    Wenn ich nicht falsch liege, befürwortest du doch das Vorgehen der Bundesstiftung alte Konzepte/Beschlüsse nicht zu akzeptieren.
    Glashaus...Steine...


    Zitat gekürzt.

  • Treverer Beim zweiten Absatz gehe ich mit. Da sollte man mE an den Beschlüssen festhalten, zumal man hier ja explizit wieder eine Bauakademie schaffen will und bereits alles entsprechend vorbereitet hatte (anderes Thema).


    Bei der Freiraumgestaltung des Humboldtforums gehe ich dagegen nicht d'accord. Ja, der Bund hat unterschiedliche Ansätze für weitere Rekonstruktionen gemacht. Inzwischen sind aber auch Dinge geschehen, die den Förderverein und sein "frommes Streben" sowie seine Unterstützer in ein anderes Licht gerückt haben. Selbst Herr von Boddien hat sich mehrfach sehr fragwürdig gebärdet und so Kredit verspielt. Seither emanzipieren sich die Verantwortlichen des Humboldtforums zunehmend und auch von Seiten des Bundes ist seither kein erneuter Vorstoß mehr unternommen worden. Zuständig für die Freiflächen ist mW aber ohnehin primär der Senat und der hat bekanntlich einen Wettbewerb durchgeführt. Im Ergebnis bleiben zwar weitere Rekonstruktionen bzw. Rücktransporte von historischen Elementen theoretisch weiter möglich, sie sind aber nicht explizit vorgesehen. Die Grundrisse, Straßenverläufe etc. sind zudem bereits nicht mehr komplett identisch und es wurden inzwischen mit dem Einheitsdenkmal sowie dem Sanchi-Tor auch schon langfristig(!) andere Elemente eingefügt, die eher zum Humboldtforum einerseits sowie zur modernen Geschichte bzw. zum modernen Selbstverständnis der Bundesrepublik andererseits Bezug nehmen als zu irgendeiner Schlossästhetik der Preußenära. Wie u.a. dem Wikipedia-Zitat zu entnehmen war, aber wohl auch allgemein bekannt ist, herrscht am gesamten Platz und Umfeld eine völlig andere Funtionsaufteilung als damals, was sich plausiblerweise dann eben auch an der Freiraumgestaltung zeigt.


    Das sind dann einfach mal Tatsachen, die man zur Kenntnis nehmen könnte und mE sollte. Man kann sich natürlich auch dagegen stemmen (und ich kann einige der Ausführungen grundsätzlich auch nachvollziehen und ohnehin als andere Meinung gelten lassen). Das Selbstverständnis bis hin zu einer Art von "heiligem Zorn" mit der diese Forderungen teilweise vorgetragen werden (dazu zähle ich übrigens nach wie vor, dass die Existenz eines tatsächlichen Schlosses wider aller Logik behauptet wird), empfinde ich dann aber doch als befremdlich und kaum noch seriös nachvollziehbar. Mir kommt das wie eine fixe Idee vor, von der man irgendwann einfach nicht mehr abweichen kann, auch wenn die Welt sich schon längst weiter dreht.


    P.S.: Endell Ich habe nirgendwo einen "schrulligen, exotischen Skulpturenpark" gefordert. Sehr wohl kann ich mir aber weitere Elemente wie das Sanchi-Tor vorstellen, wenn man ihnen angemessen Raum gibt und sie ggf. auch harmonisch in Grünflächen etc. sowie Didaktik einbettet (das wären dann auch eher ein paar statt dutzende). Nirgendwo habe ich zudem von einer Unterwürfigkeit geschrieben, noch empfinde ich das Sanchi-Tor als erniedrigt oder entblößt zur Schau gestellt. Backstein hat doch eindrucksvoll demonstriert, dass sich mit dem Sanchi-Tor reizvolle neue Perspektiven/ Sichtachsen zum Umfeld ergeben. Zumindest hier begegnen sich europäische und außereuropäische Perspektive gewissermaßen auf Augenhöhe, was man für das Humboldtforum als Institution ja erst noch anstrebt. Die von Dir selbst angeführten kulturellen Bezüge zum Brandenburger Tor sind ebenfalls spannend.

  • Die Grundrisse, Straßenverläufe etc. sind zudem bereits nicht mehr komplett identisch und es wurden inzwischen mit dem Einheitsdenkmal sowie dem Sanchi-Tor auch schon langfristig(!) andere Elemente eingefügt, die eher zum Humboldtforum einerseits sowie zur modernen Geschichte bzw. zum modernen Selbstverständnis der Bundesrepublik andererseits Bezug nehmen als zu irgendeiner Schlossästhetik der Preußenära

    Hier möchte ich zum einen nachfragen, welcher Straßenverlauf heute mit dem historischen (also vor der Schlosssprengung) nicht übereinstimmt? Bis auf einen nicht gestalteten Schlossplatz sind nach meinem Verständnis alle Raumbezüge in etwa so vorhanden, wie es mal war.


    Ich persönlich halte dieses "Sanchi-Tor" für den Gipfel der Verkitschung des öffentlichen Raumes. Hierbei sehe ich vor allem zwei Dinge, die diese Unternehmung namens "Humboldtforum" allmählich in völlige Wirrnis versinken lassen.

    Zum einen ist es nach meinem Empfinden unanständig wichtige Zeugnisse anderer Kulturen als Kopie im öffentlichen Raum auszustellen. Dies hat für mich etwas Obszönes, so wie heute die Buddha-Statuen am Wühltisch eines jeden Baumarktes angekommen sind. Ja hier würde ich wirklich von kultureller Aneignung sprechen. Vielleicht passt auch noch ein Nachbau einer afrikanischen Stammeshütte oder gar die Freiheitsstatue vor das Schloss - Grotesk!

    Zum anderen entbehrt es nicht einer gewissen Lächerlichkeit bzw. Unglaubwürdigkeit und zudem mangelnden Intellekt, wenn man einerseits den Verweis eines Königs auf das Christentum in der Kuppel entschärfen will (wobei ich gegen Hinweistafeln hierbei nichts hätte). Andererseits aber die Symbole ursprünglich "außereuropäischen" Religionen kritik- und kommentarlos in den Raum stellt, hierbei aber die Konsequenzen durch Religion in diesen Regionen (insbesondere Indien) übergeht. Das ist dann geistiges Niveau auf "Bullerbü", mehr nicht.


    Ich schreibe diesen Kommentar etwas schärfer, da ich selber ein Fan des Wiederaufbaus des Schlosses und auch der Idee der außereuropäischen Sammlungen darin war. Was hier aber mittlerweile entsteht ist nicht mehr meins und wird so glaube ich auch den Exponaten nicht mehr gerecht. Da vermisse ich doch mittlerweile die subtile Wirkung wie sie in Dahlem herrschte.

    Mehr und mehr machen die Debatten über das Humboldt-Forum auf mich den Eindruck, als ginge es zum einen mehr um die gewissheitliche Absicherung der Weltoffenheit und zum anderen um das verlockend verbotene Berauschtsein am ehemaligen Kolonialismus des heutigen Deutschlands, als um das was es eigentlich sein soll: Ein Museum!

  • Markus40 So weit ich informiert bin, könnte u.a. der Neptunbrunnen nicht mehr exakt in der ursprünglichen Form platziert werden. Er wäre entweder zu dicht am Rand oder müsste entsprechend ein Stück verrückt werden. So oder so würde das die räumliche Wirkung beeinflussen. Übrigens hat der Brunnen an seinem jetzigem Standort mW auch ein anderes Becken. Man müsste also entweder auch hier Abstriche machen oder das Becken in historischer Form rekonstruieren.


    Wie gesagt, empfinde ich das Sanchi-Tor keineswegs als obszön oder kulturell vereinnahmend. Es steht dort doch recht selbstbewusst in Blickbeziehung zu diversen herausragenden Bauwerken, oder? Noch empfinde ich es als naive Verklärung einer fremden, exotischen Kultur oder Religion. Mich würde aber sehr interessieren, warum man es so wahrnimmt/ liest. Umgekehrt störe ich mich aber auch nicht an der Kuppelinschrift oder am Kreuz. Passend und klug fände ich es ja, wenn man sowohl Humboldtforum bzw. in dem Fall konkret seine Reko-Fassaden mit allen möglichen religiösen und monarchistischen Symbolen als auch das Sanchi-Tor und seine Symbolik durch Erklärtafeln oder ähnliche Didaktik entsprechend einbettet. So würde man wiederum europäische bzw. regionale und internationale/ globale Kultur auf Augenhöhe präsentieren und rezipieren. Schließlich sind die Schlossfassaden gewissermaßen ja nicht weniger rekonstruiert und somit als originalgetreue Kopie im öffentlichen Raum inszeniert als das Sanchi-Tor. Und auch unsere eigene Geschichte wird uns mangels Erlebbarkeit irgendwo fremd/exotisch (die akademische Welt spricht in beiden Fällen von Alteritätserleben). Noch besser wäre es wie gesagt, wenn das auch im Inneren Entsprechung findet (etwa, indem man die Berlin-Ausstellung gegen ausgewählte Elemente deutscher und europäischer Kulturen austauscht. Der Berliner Senat scheint ja für eine mögliche Umwidmung seiner Flächen offen zu sein - aber wiederum ein anderes Thema).

  • Der heutige Lustgarten war Exerzierplatz, Aufmarsch- und Paradenplatz diverser Staatssysteme. Zwischendurch erinnerte man sich immer wieder daran, dass er auch etwas mit Garten zu tun hat und dann erlebte er diverse Phasen als Grünfläche.

    Auf dem Gebiet des heutigen Lustgartens wurde 1573 ein Küchengarten angelegt. 1645-46, zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, wurde das Areal umgestaltet und ist seitdem als Lustgarten bekannt. 1713 wandelte Friedrich Wilhelm I. den Lustgarten zum Exerzierplatz um, bis er 1798 wieder zur abgesperrten Rasenfläche gemacht wurde. In den 1820ger Jahren erfolgte entsprechend der Pläne von Schinkel die Fassung des heutigen Lustgartens mit dem Bau des Königlichen Museums und der erneuten Herrichtung zur Parkanlage. Zwischen 1936 und 1989 folgte ein erneutes Intermezzo als Aufmarschplatz für Nazis und Kommunisten und die Nutzung als Parkplatz, bis der Lustgarten in 1998 in seine heutige Form und Nutzung gebracht wurde.


    Sowohl der historische Ursprung, als auch die mit Abstand längste Zeit seiner Nutzung liegen in seiner Funktion als Garten- bzw. Parkanlage, nicht als Exerzierplatz. Der heutige Lustgarten funktioniert, eignet sich hervorragend zum verweilen und betrachten der umliegenden Sehenswürdigkeiten, ist bei Touristen extrem beliebt und besonders im Sommer proppenvoll. Ich sehe da 0,0 Gründe für eine Veränderung. Und ganz sicher nicht für eine Rückbesinnung auf die Stein- und Kieswüsten vergangener militaristischer oder faschistischer Zeiten.


    Möchte man den heutigen Lustgarten logisch zu Ende denken, müsste die Grünfläche über die Straße UdL bis an die Hauswand des "Stadtschlosses" herangeführt werden.

    Die Logik erschließt sich mir nicht ganz. Kannst du das bitte mal ausführen?

  • So weit ich informiert bin, könnte u.a. der Neptunbrunnen nicht mehr exakt in der ursprünglichen Form platziert werden. Er wäre entweder zu dicht am Rand oder müsste entsprechend ein Stück verrückt werden.

    Bei dem Argument würde ich entgegnen: Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Zumindest im Bereich des Hochbaus gibt es kein offensichtliches Hindernis.



    Noch empfinde ich es als naive Verklärung einer fremden, exotischen Kultur oder Religion. Mich würde aber sehr interessieren, warum man es so wahrnimmt/ liest. ... Schließlich sind die Schlossfassaden gewissermaßen ja nicht weniger rekonstruiert und somit als originalgetreue Kopie im öffentlichen Raum inszeniert als das Sanchi-Tor.

    Die Schlossfassaden stehen für eine äußerliche Rekonstruktion eines Gebäudes, das den umliegenden Stadtraum ja wesentlich mitgeschaffen hat, somit kulturgeschichtlich ja (mit Unterbrechnung) aus seinem Grund heraus an diesem Ort entstand. Oder nehmen wir den Tuilerien-Palast, wer weiß ob nicht auch mal die Pariser auf die Idee kommen diesen zu rekonstruieren?

    Die Rekonstruktion eines verlorengegangenen Bauwerks das im kollektiven Gedächtnis blieb an historischer Stelle halte ich nicht für verwerflich. Würde man das Berliner Stadtschloss, den Reichstag oder nehmen wir den Tuilerien in Las Vegas, Rieno oder Macao als (billige) Kopie hinstellen entspricht das der Geisteshaltung des Ortes, die für sich spricht. Würde man diese Bauwerke aber an national bedeutende Orte in wichtigen Kapitalen wie z. B. in Paris, Peking, Moskau, Washington, Istanbul und Co. setzen, so halte ich das für höchst unanständig und falsch, sogar inakzeptabel. Was den Fall des Sanchi-Tores neben seiner aus meiner Sicht vulgären Zurschaustellung an einem der bedeutendsten (und hochfrequentiertesten) Orte Berlins samt Produktion aus Röttbacher Mainsandstein (!) besonders bemerkenswert macht ist, dass man am alten Standort in Dahlem durchaus verstand solche religiösen Monumente zwar etwas abgeschieden, aber dem spirituellen Hintergrund doch subtil würdevoll zu präsentieren.

    Auf das heutige Tor aus Sanchi vorm Schloss fehlt nur noch eine rot blinkende Leuchtwerbung mit der Aufschrift: "Wir sind so weltoffen!"

    Zum einen ist es für mich wirklich eine kulturelle Aneignung an dieser Stelle, zum anderen sehe ich dadurch allmählich eine Konkurrenz bzw. einen Kampf zwischen dem äußerlich rekonstruierten Stadtschloss und seiner Historie und dem darin befindlichen Museum entstehen. Die restlichen historischen Figuren im Umfeld kann man nicht wieder aufstellen, einen Abguss der Engländer aus Indien aber schon. Ich habe deine Ausführungen hierzu gelesen und nehme diese auch ernst, jedoch muss ich bei meinem Urteil hierzu bleiben: ein obszöner Vorgang.



    Hallo JimmyMcGill, ich glaube wir schreiben aneinander vorbei, ist etwas unübersichtlich geworden in dem Strang. Ich verweise auf meinen Beitrag #1.446 in dem ich nur darauf aufmerksam machte, dass der Lustgarten ja mal gepflastert war und nach dessen Wiederbegrünung nun gegenüber Stein und Pflaster soweit das Auge reicht durchsetzte.

    In #1.455 antwortete ich einem Mitglied hier auf seine Gegenantwort, dass "Platz" und "Garten" nicht klar zu definieren sei. Und hier kam meine Reaktion, dass wenn man den Lustgarten ernst nehmen wolle, so müsse er am Schloss beginnen. Da aber UdL dazwischen ist und sein bauliches Umfeld zumindest städtebaulich einen Platz definiert scheint die Idee von Pflasterung oder gar eines Stadtplatzes über die Zeiten nie ganz verschwunden zu sein. Ich selber fordere hier weder dies noch das, ich finde es nur bemerkenswert, dass zum einen die DDR die Pflasterung und Entwidmung des "Gartens" nie in Frage stellte und zum anderen in der Nach-Stimmann-Ära anscheinend bei den Planern eine Sehnsucht nach gepflasterter Weite gegenüber bestand. Ich selber schließe daraus nichts, es ist nur eine Wahrnehmung von mir, die anscheinend mit dem Ort an sich zu tun hat.