Suhrkamp-Verlagssitz (Rosa-Luxemburg-Platz)

  • Ich laufe da jeden Tag vorbei. Sieht aus, wie ne Lagerhausblechkiste. Aluminium ist zudem alles andere, als edel. Es ist weder preislich noch in seinen Eigenschaften hochwertig und leicht zu bearbeiten. Wäre das Dach mit Kupfer verkleidet oder glänzend statt matt, könnte man vielleicht drüber reden...Kreativität ist hier auch wieder 0 zu erkennen. Das schwarze Gebilde nebenan ist zwar auch nicht ansehnlich, aber wenigstens interessant. Edel ist es vielleicht insofern, dass es nun den harmonischen Abschluss der Kreuzung zu einem der unansehnlichsten Orte der Innenstadt darstellt.


    Aber bei dem Wetter verschmilzt es wenigstens weitestgehend mit der Wolkendecke. Mal schauen, was der Rest bieten wird.

  • Den Begriff 'edel' würde ich auch nicht wählen, wenn eine Fassade mehr von Karosserie hat als von Architektur. Dadurch erscheint der Bau eher ephemer und ein bisschen wie Wegwerfarchitektur. Wenn ein Bau in einem montierten Gehäuse daherkommt, frage ich mich schon vor der Eröffnung, wann das Teil wohl recycled wird.

  • ^und ^^: Jetzt wurde das Haus in diesem Strang schon als Betonbunker, als Zeilenbau, als Lagerhalle und als Auto charakterisiert. Immerhin scheint es die Phantasie anzuregen...

  • Für mich ist es ein recht eleganter Betonbau, der mir nach dem, was ich bis jetzt gesehen habe, auf ähnliche Weise gut gefällt wie z.B. das Aufbau-Haus am Moritzplatz oder das eine Gebäude in Richtung Dorotheenstadt (Klotz mit Fenstern nur ganz oben), dessen Name mir gerade entfallen ist.


    Stadträumlich wirkt die Straßenecke auf mich im Beitrag #154 (letztes Bild), nahezu perfekt!


    Auch das vor einigen Posts kritisierte 90er-Jahre-Gebäude gegenüber finde ich zumindest auf oben genanntem Bild gut.


    Marco


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    2 Mal editiert, zuletzt von Bonteburg () aus folgendem Grund: *Grammar*

  • Ich bin ebenfalls sehr auf das Endergebnis gespannt, grundsätzlich aber schon jetzt positiv gestimmt. Die Kombination von Metall, Beton und Glas, welches insbesondere das Erdgeschoss sehr offen und einladend wirken lassen wird, gefällt mir sehr gut.
    Dennoch ist es zuletzt sehr schleppend vorangegangen. Teile der Fassade sind seit Wochen nicht geschlossen worden. Ich hoffe, dass die Restarbeiten nun zügig beendet werden und man im Sommer bereits das Zusammenwirken von Geschäften im EG und dem kleinen Platz auf der Südseite erleben kann.


    Ich hatte letzte Woche kurz nach dem Sonnenaufgang ebenfalls ein Foto gemacht, das ich noch zeigen kann. Um diese Uhrzeit wirkt die Kreuzung fast unwirklich, so ganz ohne Verkehr.


  • Der vollständige Abbau der Baurüstungen am Suhrkamp-Bau dürfte bald erfolgen, dennoch möchte ich schon jetzt drei aktuelle Bilder beisteuern:


    Detail



    Hier kann man recht gut den Knick am größeren Gebäudeteil erkennen sowie den schmalen Balkon, der dadurch entsteht:



    Alle Bilder von gestern & von mir & gemeinfrei

    Einmal editiert, zuletzt von ElleDeBE ()

  • Danke für die Fotos, ElleDeBE!


    Ich hatte mir den Beton etwas heller, bzw. grauer (sieht auf den Fotos eher bräunlich aus) und mit einer gröberen Textur vorgestellt, aber warten wir ab, wie das Endergebnis aussieht.

  • Schick! Es hat ein bisschen was von Aufbau/Modulor (Bauformen mit 'gewissem Trick', schlichtes Material, auch mal eine Fläche ohne Fenster). Dass es hell (fast weiß) ist finde ich eher einen Gewinn. Ich kannte auch die dunkleren Renderings nicht bzw. habe sie vergessen.


    Marco

  • Menschlichkeit

    In den Niederlanden, wo das Niveau des Städtebaus und der Architektur in der Regel noch niedriger ist als in Deutschland, hat diese Art der Verschandelung der urbanen Umwelt, bereits politische Dimensionen erreicht. Thierry Baudet, der rechtsintellektueller Kopf des Forum voor Democratie (FvD) hat Rem Koolhaas Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.


    Die Art wie an dieser Stelle gestalterische Inkompetenz mit sprachlichem Geschwurbel verknüpft wird, erinnert stark an den niederländischen Stararchitekt. Liebe Forumskollegen lese bitte doch noch mal die Seiten 4-6 dieses Threads und die Argumente in den Beiträgen von Pumpernickel, Bato, TowerMaranho, Saxonia und meiner Person. Es muss nicht immer alles wiederholt werden.


    Architektur ist, wenn sie schon als Kunst betrachtet werden kann, immer noch eine angewandte Kunst die von der gesamten Bevölkerung einer Stadt genutzt und akzeptiert werden können muss. Woraus beziehen Architekten das Recht sich als Seher und Heilsbringer mit einer bewusst inkompatibelen Formensprache zu profilieren: „Das Gebäude ist (..) Teil unserer Arbeit an der Auflösung des rigiden Blockrandkonzeptes der hierarchisch geprägten Stadt Berlin zugunsten eines offeneren, heterarchischen Systems“.

    Die Antwort wird häufig nach einigen Dezennien (oder noch schneller) durch den Abrissbagger gegeben.

    Einmal editiert, zuletzt von Taxodium ()

  • ^"...rechtsintellektueller Kopf.. " Mehr brauch man nicht wissen.
    Das Gebäude mit seinem Nachbarn wird zu einem architektonischen high-lite in Mitte.
    Ich freu mich drauf.

  • Woraus beziehen Architekten das Recht sich als Seher und Heilsbringer mit einer bewusst inkompatibelen Formensprache zu profilieren


    inkompatible Formensprache ... inkompatibel zu was?


    Es kommt immer auch darauf an, in welchem Umfeld Architektur gebaut wird. Wo ist das Problem, wenn man eine solche "inkompatible" Suhrkamp-Zentrale an einer Stelle baut, wo mit dem L40 doch bereits moderne Architektur vorhanden ist?


    Würde man diese Suhrkamp-Zentrale neben dem Berliner Stadtschloss bauen, hätte ich ein großes Problem damit. Baut man diese Suhrkamp-Zentrale jedoch neben dem L40, geht das absolut in Ordnung.

  • Würde man diese Suhrkamp-Zentrale neben dem Berliner Stadtschloss bauen, hätte ich ein großes Problem damit. Baut man diese Suhrkamp-Zentrale jedoch neben dem L40, geht das absolut in Ordnung.


    Diese Aussage ist ein Offenbarungseid. In Berlin gibt es übrigens viele Architekten die nur all zu gerne eine Suhrkamp-Springer-Taz-Zentrale neben dem Schloss bauen würden um sich damit als „Moderner Architekt“ auszeichnen zu können. Es ist bereits mit dem ThyssenKrupp-Bau versucht worden. Bei der Bauakademie gibt es vehemente Bestrebungen.

  • Ich habe mir den Bau sehr häufig und intensiv angeschaut und denke (und habe es auch schon zu begründen versucht), dass es eines der intelligentsten Entwürfe ist, die in Mitte in den letzten Jahren realisiert wurden. Es korrespondiert damit ausgezeichnet mit dem intellektuellen Anspruch Suhrkamps. Und dass es nicht jedem gefällt, – geschenkt. Es muss ja auch nicht jeder Suhrkamp-Bücher lesen oder verstehen können.

    2 Mal editiert, zuletzt von ElleDeBE ()

  • Diese Aussage ist ein Offenbarungseid.


    Inwiefern?


    Es korrespondiert damit ausgezeichnet mit dem intellektuellen Anspruch Suhrkamps.


    bla bla blub ....


    Und dass es nicht jedem gefällt, – geschenkt. Es muss ja auch nicht jeder Suhrkamp-Bücher lesen oder verstehen können.


    Aber du verstehst natürlich die Suhrkamp-Bücher, weil du so clever bist.


    Architektur ist keine Angelegenheit, die nur für Eliten da ist.

  • Ich möchte mich nicht ständig wiederholen, aber Architektur ist keine Kunst im Sinne einer bildenden oder literarischen Kunst. Das Ziel ist nicht dass ein Architekt sich durch seine Kunst verwirklichen muss, sondern dass er ein komplexes Gebrauchsobjekt mit künstlerischen Aspekten schafft. Durch die Rochade der historischen „Modernen“ (Bauhaus 100 Jahre, etc.) zu den bildenden Künstlern hat es ein enormer gestalterischer Qualitätsverlust gegeben, verstärkt durch die gewandelte ökonomische und technische Rahmenbedinungen des Bauens.


    Mittlerweile wird diese Gestaltungsunfächigkeit als State of the Art verkauft und nur ganz implizit tritt der Verlust in Erscheinung, z.B. durch den riesen Erfolg von rekonstruierten historischen Bauten. Die dann natürlich mit aller Macht verteufelt werden.

  • ^^ Schlecht gelaunt?


    Und ja, Architektur ist nicht nur für Eliten da. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Architektur geben darf, die sich nicht allen sofort erschließt.

  • ^ Das ist das berühmte Totschlag-Argument. Denn jeder kann von sich behaupten, daß er es besser weiß als der andere.


    Du machst es dir definitiv zu einfach. Du versuchst nämlich, dir die Deutungshoheit über diese Suhrkamp-Zentrale anzueignen. Und genau deswegen bin ich schlecht gelaunt. :)


    Es bleibt die berühmte Frage, warum man da ausgerechnet ein Gebäude hinbauen soll, daß sich dir erschließt. Man könnte da nämlich auch ein Gebäude hinbauen, daß sich anderen Usern des DAF-Forums erschließt. Du must nur lesen, was Taxodium zeitgleich so schreibt. Taxodium sieht die Sache offensichtlich ganz anders. Was du als "intellektuellen Anspruch" deklarierst, sieht Taxodium als "Gestaltungsunfähigkeit" und "inkompatible Formensprache".

  • Ich habe mir den Bau sehr häufig und intensiv angeschaut und denke (und habe es auch schon zu begründen versucht), dass es eines der intelligentsten Entwürfe ist, die in Mitte in den letzten Jahren realisiert wurden.


    Über Intelligenz kann an ja bekanntermaßen streiten. Ich halte diese verschachtelte Kiste für einen weiteren Tiefpunkt. Ich finde das gesamte Ensemble antiurban, total verbaut, den Blockrand mal wieder völlig missachtend, um mit aller Kraft "Hier bin ich" zu schreien. Das ganze Konzept ist rein individualistisch angelegt. Daher passt es vielleicht auch gut in die heutige Zeit, gesellschaftlich ist es, wenn wir intellektuell werden wollen, ein fatales Signal.


    Und es ist letztlich wieder der Geburtsfehler der gesamten Moderne, der hier zum Tragen kommt. Jeder Bau will sich abgrenzen, will für sich auffallen, will im Mittelpunkt stehen. Daher kann die Moderne auch gut Solitäre, aber sie versagt völlig, wenn es um die Herstellung von Ensembles geht.


    Denn wenn jeder den anderen übertreffen, den anderen kontrastieren will, dann kann gar keine harmonsiche Einheit entstehen, sondern es entsteht ein Spiegelbild der zerbrechenden und sich fragmentierenden Gesellschaft. Und genau das lässt sich hier beispielhaft veranschaulichen.


    Es korrespondiert damit ausgezeichnet mit dem intellektuellen Anspruch Suhrkamps. Und dass es nicht jedem gefällt, – geschenkt. Es muss ja auch nicht jeder Suhrkamp-Bücher lesen oder verstehen können.


    Im Gegensatz zum Buch, dass ich nicht lesen muss, wenn es mir nicht gefällt, muss aber die gesamte Stadtgesellschaft mit dem hier Gebauten klar kommen, somit hinkt der Vergleich. Und da hat Architektur eben auch eine gesamtgesellschaftliche und integrierende Funktion. Und genau das leistet der Entwurf eben nicht. Er integriert nicht, sondern er setzt sich kalt, abweisend und bunkerartig von der Umgebung ab. Ich finde das kein gutes Signal für einen renommierten deutschen Verlag.


    Aber wenn wir schon beim Intellektuellen sind, so finde ich es fatal, dass sich die Kulturlobby seit Jahrzehnten die gleiche Geschichte immer wieder erzählt. Und noch schlimmer ist, dass diese Entwürfe nach Jahrzehnten noch immer gekauft werden. Das schlimmste, was ich seit Jahren immer wieder lesen muss, sind diese standardisierten Begründungen von Architekturwettbewerben, die nur noch von Erklärtexten für so manche moderne Installationskunst übertroffen werden.


    Ja, es gibt vorzügliche moderne Architektur und ja, es gibt extrem tolle moderne Kunst. Aber es wird unter dem Deckmantel des Intellektuellen auch so viel Schrott an den Mann gebracht, dass es einen teils fröstelt. Und gerade bei vielen moderen Kunstprojekten muss man doch ehrlich feststellen, dass diese Form der Kunst weder massentauglich noch kommerziell vermittelbar ist, sondern dass sich der ganze Betrieb in weiten Teilen über Steuern finanziert.


    Ich jedenfalls kann diesem Waschbetonmonster (jeder weiß, wie das altern wird), dass sich mit einer Vehemenz in der Vordergund spielt und dabei architektonsich einfach auf einem tot gerittenen Gaul sitzt, gar nichts abgewinnen.


    Und auch, was hier intellektuell anspruchvoll ist, mag ich nicht zu erkennen. Es ist Architektur der 90-er mit einer fatalen städtebaulichen und gesellschaftlichen Botschaft. Und gerade deswegen wohl architekturpreisverdächtig. Leider!

    2 Mal editiert, zuletzt von Odysseus ()

  • Und ja, Architektur ist nicht nur für Eliten da. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Architektur geben darf, die sich nicht allen sofort erschließt.


    Das Problem ist aber, dass eine ganze Reihe der sogenannten "Elite" genau das indirekt wollen. Man will sich von der breiten Masse, die man in Wahrheit weder in der Philharmonie, noch im Museum oder sonstwo im Kulturbetreib haben will, abgrenzen.


    Alles was kommerziell erfolgreich ist, gilt im Kulturbetrieb schon fast als verdächtig. Man schaue mal, wie mit erfolgreichen Architekten oder Künstlern umgegangen wird.


    Das Fatale dabei ist, dass die Kultureliten mit der Allgemeinheit eigentlich nichts zu tun haben wollen, aber das Geld nur zu gerne nehmen. Denn keine Philharmonie, kein Schauspielhaus, kaum ein moderner Künstler trägt sich aus sich heraus. Somit nimmt man die Steuergelder sehr gerne, ansonsten soll man die Kreise der Elite aber nicht stören. Und dann baut oder produziert man eben so, dass die breite Masse damit einfach nichts anfangen kann und von sich heraus weg bleibt.


    Denn man hat sowohl in der Kunst wie auch in der Architektur eine jahrhundertealte Symbiose aufgegeben. Nämlich jene aus ästhetischer und inhaltlicher Funktion. Früher konnte ich mir ein Rubensbild nur aus ästhtischer Sicht anschauen. Ob es mir gefällt oder nicht. Ob ich erkenne, welche Götter oder Personen auf dem Bild waren, war völlig egal. Und trotzdem konnte auch der Experte über die inhaltliche Aussage eine vertiefte Beziehung zum Werk finden.


    Und gerade diese ästhetische Komponente geht heute sowohl einem Teil der modernen Kunst und fast der gesamten modernen Architektur ab. Warum funktioniert die Elbphilharmonie? Weil sie eine ästhetische Komponente hat, mit der alle etwas anfangen können.


    Und warum funktioniert das Suhrkamp Gebäude nicht? Weil ihm diese Komponente fehlt. Nur ich habe den Eindruck, dass es genau so gewollt ist, dass man den Zugang zu den normalen Menschen gar nicht will, eben weil man sie für zu dumm hält und sie in Wahrheit gar nicht ansprechen will. Daher ist das Signal dieser Bauten so verheerend, weil es die Spaltung dieser Gesellschaft auf traurige Art und Weise verbildlicht. Und in ihr ist auch der Unwille eines Teiles der Elite versinnbildlicht, aber auch so mal gar nicht etwas an diesen Dingen verändern zu wollen, weil man sich moralisch überlegen fühlt. Und daher finde ich diese Art des Bauens so schimm, weil dem ein extrem schwieriges Menschenbild zugrunde liegt!