Vergessene Dresdner Orte

  • Vergessene Dresdner Orte

    Meilenblatt von 1785 (Ausschnitt). Die Karte ist gewestet, zu sehen ist der Bereich nordwestlich der Neustadt mit den Scheunenhöfen und Neudorf.




    Der Frühling bricht an, und es wird mal wieder Zeit für ein neues Themengebiet. In diesem Strang möchte ich mich in bewährter Form auf Spurensuche begeben - aber diesmal nach verschwundenen und vergessenen Orten im heutigen Stadtgebiet. Den Anfang soll Neudorf machen. Zwar ist der Ort alles andere als verschwunden, jedoch können heute wohl die wenigsten noch etwas mit diesem Ortsnamen anfangen...

  • Unterwegs in Neudorf (Teil I)

    Fast vergessen und aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt ist heute die Ortschaft Neudorf. Ihre Geschichte begann am 15. März 1546, als 29 Altendresdner Familien per kurfürstlichem Erlass zwangsumgesiedelt wurden: Ihro khurfhürstliche Durchlaucht benötigte die Grundstücke zum Ausbau der Altendresdner Befestigungsanlagen.


    Da es sich bei den betroffenen Familien um ehemalige städtische Bürger handelte, erhielt die neue Gemeinde eine Reihe von Privilegien, von denen allerdings in der Folgezeit wechselweise die Stadt oder der Landesherr oder beide nichts mehr wissen wollten, so dass der Status des Ortes stets umstritten blieb. Obwohl er kein Stadtrecht besaß, wurde er doch oft als „Stadt Neudorf“ bezeichnet.



    Stadt Neudorf auf dem Dresdner Plan von 1866, dem Jahr der Eingemeindung nach Dresden. Noch beschränkt sich die Bebauung auf den alten Dorfkern, der in der Folge in Moritzburger Straße umbenannt werden sollte. Erkennbar auch die nördliche Fortsetzung der Dorfstraße über die Eisenbahn hinweg, die wiederum noch ihren alten Verlauf zum Leipziger Bahnhof nimmt.



    Bis ins 19. Jahrhundert blieb Neudorf eine arme Gärtner- und Häuslergemeinde. Erst der Bau der Leipzig-Dresdner Eisenbahn lockte zahlreiche Industriebetriebe an, so dass sich das einstige Bauerndorf langsam aber stetig zu einer Arbeitervorstadt mit stark proletarischem Einschlag entwickelte. Am 1. Januar 1866 wurde die Gemeinde Neudorf nach zähen Verhandlungen als „Vorstadt Neudorf“ nach Dresden eingemeindet. Wenige Jahre später, im Jahre 1874, erhielt Neudorf gemeinsam mit den Scheunenhöfen offiziell die Bezeichnung „Leipziger Vorstadt“, geschuldet der Lage an ebenjener Bahn. Der alte Name verschwand aus den Stadtplänen und geriet bald in Vergessenheit.



    Nunmehrige Leipziger Vorstadt 1897. Im selben Jahr wurde der Nordteil der Moritzburger Straße eingezogen und mit den neuen Bahnanlagen überbaut, die hier noch nicht eingezeichnet sind. Die Über- (oder besser Unterquerung) der Bahnanlagen geschah seit 1875 mittels Tunnel. Die Bebauung der einstigen Neudorfer Flur ist weit vorangeschritten.



    Auch die alten Dorfhäuschen wurden in der Folge durch Mietskasernen ersetzt, die letzten verschwanden erst in den 1990er Jahren. Völlig abgeschlossen wurde die Neubebauung der Leipziger Vorstadt jedoch nie: so unterblieb. z. B. der Bau des zentralen Weimarischen Platzes. Nur die auf die geplante Platzanlage hinführenden Straßenzüge erinnern heute an die nie vollendeten Planungen…




    Der Stadtplan von 1907 zeigt die nunmehr an der neuen Hochgleisanlage am Moritzburger Platz endende Moritzburger Straße, ebenso wie nie ausgeführte städtebauliche Planungen rund um den Weimarischen Platz.



    Grund genug, den verflossenen Stadtteil mit einer Begehung zu ehren. Nach kurzer Anreise mit der Linie 13 befinden wir uns am Moritzburger Platz, heutiges Nordende der früheren Dorfstraße. Blick auf den Bahndamm der Zufahrt zum ehemaligen Neustädter Güterbahnhof im Verlauf der alten Leipzig-Dresdner Eisenbahn. Bis 1897 wurde diese, damals schon Tunnel, von der weiter nach Norden über Pieschner Territorium verlaufenden Moritzburger Straße gequert. Die Verlängerung jenseits der Bahnanlagen heißt heute Weinböhlaer Straße.




    Am Eckhaus zur Bürgerstraße sind noch deutlich die fehlenden Verdachungen und Giebel der Fenster zu erahnen.




    Moritzburger Platz, Eingang der Bürgerstraße. Das Eckhaus rechts liegt in Pieschen, links ehemalige Neudorfer Flur. Die Bürgerstraße bildet hier die Grenze zwischen Pieschen und der Leipziger Vorstadt.




    Neugestaltete Platzanlage.




    Ehemaliges Unterdorf. Das Gros der Bebauung ist heute leider verschwunden.




    „Runde Ecke“ zur Gehestraße, dem einstigen Neudorfer Mittelweg. Auch diese war einst hausbestanden.




    Moritzburger Straße 76 und 80, die beiden allerletzten Häuser des alten Dorfes.





    Noch einmal die Nummer 80.




    Standort des Neudorfer Schulgebäude von 1855, abgebrochen 1902, dahinter…




    …erst nach der Eingemeindung errichtetes Gebäude der 8. Volksschule, heute 8. Grundschule, an der Konkordienstraße 12.




    Erweiterungsbau von 1892 im Hof.




    Konkordienstraße, Blick Richtung Gehestraße. Einst führte sie bis zur Großenhainer Straße durch (seit 1875 über die Concordienbrücke) und wurde durch den Umbau der Bahnanlagen unterbrochen. Das kurze Reststück jenseits der Bahn an der Großenhainer heißt seit 1898 Kunzstraße. In der Blickachse die Petrikirche.




    Nach der Eingemeindung begann man bald, die Dorfbebauung durch großstädtische Mietskasernen zu ersetzen – allerdings blieb das Vorhaben auf halber Strecke stehen, wie die vielen Baulücken zeigen.




    Einige der Dorfhäuschen überlebten den 2. Weltkrieg, nicht jedoch den Verfall zu DDR-Zeiten oder das nachwendliche Immobilienspekulantentum. Zahlreiche Grundstücke sind noch immer unbebaut und zeigen mitunter Rudimente der Altbebauung.




    Vergleichsbild: Nördlicher Teil der Moritzburger Straße (Unterdorf). Noch steht das 1902 abgerissene Schulhaus von 1855 und verstellt den Moritzburger Platz. Die Dorfhäuserzeile zur Rechten ist noch intakt.





    Blick nordwärts. Rechts einer der unsäglichen Kita-Neuwürfel, der wenig zu einem homogenen Gesamtbild der ohnehin recht gerupften Straße beiträgt. Hohe Häuser aus verschiedenen Epochen prägen ansonsten das einstige Gassendorf.




    Dessen rechte Straßenseite sehen wir hier.




    Neu angelegt wurde in den 1990er Jahren die Ilmenauer Straße. Sie setzt die Tradition der thüringischen Straßennamen in der Leipziger Vorstadt fort.




    Leider fielen dem monströsen und reichlich hässlichen Wohnblock damals auch die letzten Häusleranwesen des Oberdorfes zum Opfer. Ein wahrer Skandal, in meinen Augen!




    Rechts die „Pieschner Melodien“ – die sich in Wahrheit vollständig auf Territorium der Leipziger Vorstadt befinden. Wie wäre es geografisch korrekt mit „Neudorfer Kantaten“ gewesen?




    Mit der Neubebauung dürfte auch die Adresse Rosa-Steinhart-Straße relevant werden.


    http://www.frauenwiki-dresden.….php?title=Rosa_Steinhart




    Blick südwärts zur Leipziger Straße. Vom einstigen Dorfkern ist hier nichts mehr zu erkennen.




    Noch bieten sich auf der Moritzburger Straße zahlreiche Baulücken. Es gibt in Dresden sicher miesere Wohnlagen.




    Wir nähern uns der Einmündung des Dorfes in die alte Fahrstraße nach Meißen und Leipzig.




    Blick zurück in die Moritzburger Straße.




    An der Ecke Leipziger/Moritzburger Straße befindet sich das heute als Chinarestaurant genutzte ehemalige „Stadt Bremen“ von 1857, Nachfolgerin des „Oberen Gasthofes“. Ab den zwanziger Jahren erlangte der Tanzpalast als Filmtheater „Astoria“ lokale Berühmtheit, seit 1970 wurde der stark verfallene Saal als Probebühne des Staatsschauspiels genutzt.




    Die Postkarte zeigt das „Stadt Bremen“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts.


  • Unterwegs in Neudorf (Teil II)

    Beginnen wir den zweiten Teil mit dem „Stadt Bremen“ aus einer leicht geänderten Perspektive, einst und jetzt. In den 1990er Jahren wurde das Gebäude umfassend saniert und zunächst als lateinamerikanische Tanzschule genutzt. Dabei entstand auch der Arkadengang mit Fußweg, denn der alte Fußweg war viel zu schmal. Erst mit Erneuerung der Leipziger Straße konnte der Arkadengang wieder geschlossen werden, da nun ein richtiger Fußweg vor dem Gebäude zur Verfügung steht.





    „Stadt Bremen“ und Einmündung der Moritzburger Straße um die Jahrhundertwende. Noch besteht die dörfliche Bebauung gegenüber des „Stadt Bremen“. Der gelbe Wagen der Linie Postplatz-Pieschen (-Mickten) trägt die Liniennummer 17, so dass das Bild zwischen 1906 und 1909 entstanden sein muss.




    Anstelle des dörflichen Anwesens entstand in den 1930er Jahren dieses repräsentative Eckhaus im Stil der Zeit.




    Blick in Richtung Pieschen, hinter der Bahn der Anfang der 1990er Jahre geschlossene „Faunpalast“. Für uns als Kinder war dieses Kiezkino traditionell der cineastische Anlaufpunkt Nummer Eins. Leider musste der Saal einem schnöden Lebensmitteldiscounter weichen. Ein weiterer Skandal!




    Das ehemalige „Stadt Leipzig“ hatte ebenso wie das „Stadt Bremen“ ein Vorleben als Tanzpalast. Kurzer Nahverkehrs-Seitenblick: Straßenbahnanschluss erhielt Neudorf 1882 mittels der Pferdebahnlinie Postplatz – Pieschen, später Linie 17. Ab 1909 sollte für 60 lange Jahre die Linie 15 die Szenerie auf der Leipziger Straße beherrschen…




    Wir blicken in den Südteil der Moritzburger Straße Richtung Elbe. Städtebaulich ist dieser weniger interessant, dafür aber bietet er Straßenbahnhistorie zum Anfassen…




    Noch vor wenigen Jahren lag hier ein Straßenbahngleis mit geheimnisumwittertem Hintergrund. Auf dem Gleisplan von 1950 (aus dem DVB-Archiv) sehen wir dieses eingezeichnet.




    In der Straße selbst ist es nicht mehr sichtbar – diese wurde im Zusammenhang mit dem Elberadweg-Ausbau neu asphaltiert.




    Blick zurück, links das Schifffahrtsamt.




    Die linke Straßenseite wird von Einfamilienhäusern beherrscht. Am letzten Haus Richtung Elbe findet sich diese bemerkenswerte Straßenschilderkombination. Offenbar haben die Schilderbauer bei dem Zusatzschild geschludert…




    Durchaus eine nette Wohnlage, wenn nicht gerade die Elbe vorbeischaut.




    Am gepflasterten Elbufer treffen wir auf unser Gleis. Es diente in der Nachkriegszeit dem innerbetrieblichen Kies- und Sandtransport der Verkehrsbetriebe und war bis Mitte der 60er Jahre in Betrieb. Das Material wurde dabei am befestigten Elbkai mit Kähnen angelandet und auf Straßenbahn-Güterwagen verladen.





    Blick zurück. Hinter dem Baum beginnt der Pieschner Hafen.




    Weiche des Ladegleises, im Hintergrund das Micktner Elbufer. Auf dem kurzen Ausziehgleis wurden vermutlich Arbeitstriebwagen hinterstellt.




    Ladegleis im groben Pflaster des Elbkais.




    Zum Abschluss ein weiteres Kapitel Dresdner Nahverkehrsgeschichte. Wollte man bis Mitte der 1960er Jahre von der Leipziger Vorstadt ins Große Ostragehege gelangen, konnte man die Eisenberger Straße nutzen…




    …und traf an der Elbe auf die Fährstelle Eisenberger Straße – Onkel Toms Hütte.




    Linkselbischer Landepunkt im Ostragehege. Zum Kirchentag 2011 wurde die Fährverbindung kurz reaktiviert. Zu einer immer mal wieder diskutierten generellen Wiedereinführung kam es bislang aber leider nicht. Die im Netz kursierende Stilllegungsangabe „1992“ ist übrigens Unsinn – im Fahrplan von 1969 taucht sie bereits nicht mehr auf, und ich kenne sie zu meinen Lebzeiten auch nicht mehr.




    Mit diesem etwas schummerigen Blick auf die Dresdner Altstadt möchte ich meinen Beitrag beenden.


  • Vielen Dank, Antonstädter, für den wie immer sehr aufschlussreichen Rundgang. Eine schöne Idee, vergessene Orte aufzusuchen. Ich bin immer wieder überrascht, dass selbst von nicht so zentralen Orten wie dem ehemaligen Neudorf Postkarten existieren.

  • Vielen Dank auch von mir; und als ergänzenden Hinweis vielleicht noch:


    Das "Pieschen"-Heft der vermutlich vielen hier bekannten Reihe "Aus der Geschichte eines Dresdner Stadtteils" enthält auch einen Abschnitt zu Neudorf.

  • In den Scheunenhöfen (Teil I)

    ^ ^ ^ Dankeschön allerseits für das nette Viehdbäck! ^^^ Da lege ich doch gern mal nach…




    Typische Straßenszene des „szenigen“ Scheunenhofviertels. Wir bleiben also in der Leipziger Vorstadt.


    Am 6. August 1685 brach die Apokalypse über das seit 1549 auf kurfürstlichen Erlass mit der jenseits der Elbe gelegenen Residenz zwangsverheiratete Altendresden herein: Eine in der Meißnischen Gasse im Hause eines unachtsamen Kunsttischlers ausgebrochene Feuersbrunst vernichtete mit einem Schlage weite Teile des Städtchens. Erschwert wurde die Situation durch die innerhalb der Befestigungen gelegenen Lagerstätten der zahlreichen ortsansässigen Ackerbürger und Feldbesitzer, in und an denen die lodernden Flammen reichlich Labsal fanden. Als brandgefahrabwehrende Sofortmaßnahme wurden daher zeitgleich mit dem Wiederaufbau alle Scheunen im Stadtperimeter etwa einen Kilometer nach Nordwesten verfrachtet, auf dass sich eine solche Katastrophe nicht so schnell wiederholen möge. Da naturgemäß die räumliche Trennung von Wohn- und Arbeitsort wenig kommod erschien entstanden alsbald rund um die Scheunen weitere Wohn- und Wirtschaftsgebäude, und eine kleine dörfliche Ansiedlung kristallisierte sich heraus. Was blieb, war die alte Bezeichnung als „Scheunenhöfe“.


    Dumm nur, dass man sich als Hauptachse des neuen Dörfchens ausgerechnet die „Telle“, eine durch einen Altelbarm geformte natürliche Geländesenke, ausgesucht hatte. Noch heute gilt die mittlerweile als Rudolfstraße bezeichnete, sehr viel tiefer als die unmittelbare Umgebung gelegene einstige Dorfchaussee als ausgesprochen hochwassergefährdet, was auch in der örtlichen Architektur deutlich sichtbare Spuren hinterlassen hat. Dazu später mehr.


    Stadtplanausschnitt von 1866, Jahr der Eingemeindung der Scheunenhöfe. Ab 1874 bildeten sie gemeinsam mit dem benachbarten Neudorf den historischen Kern der nunmehrigen Leipziger Vorstadt, auch wenn sie in der Wahrnehmung der wohl meisten Dresdner heute einen Teil der ominösen „Neustadt“ darstellen – womit wiederum in aller Regel die Antonstadt gemeint ist.



    Die öde und sandige unmittelbare Umgebung bedeutete für die Scheunenhöfe lange Jahre der Isolation, die erst mit der Verlegung des Inneren Neustädter Friedhofes an die heutige Friedensstraße 1732 und dem damit einhergehenden regen Besucherverkehr ein Ende fand.


    Die ursprüngliche Bebauung wurde in der zweiten Hälfte des 19. und 20. Jahrhundert nahezu vollständig durch gründerzeitliche oder neuere Großwohnbauten ersetzt, so dass der ursprüngliche ländliche Charakter das Örtchens kaum noch nachzuvollziehen ist – die letzte alte Scheune fiel 1874. Die Umgebung wandelte sich in der Folge durch die Anlage neuer Straßenzüge und die Aufschüttung der „Telle“ in Richtung Elbe grundlegend – hieraus resultiert der heutige steile Anstieg der Rudolfstraße zur Lößnitzstraße. Nicht zuletzt das seit 1864 an der Lößnitz- und Friedensstraße ansässige Städtische Gaswerk, der Neu- und Ausbau der Bahnanlagen rund um die Neustädter Bahnhöfe und die damit einhergehende rasche Industrialisierung der Umgebung sorgten für ein abruptes Ende der ländlichen Idylle.



    Die einstigen Scheunenhöfe um 1903. Nach dem Neubau des Neustädter Bahnhofes und dem damit verbundenen Bau des neuen Leipziger Verbindungsbogens nördlich der Scheunenhöfe ist die heute bestehende städtebauliche Struktur bereits deutlich erkennbar – Hansa- und Fritz-Reuter-Straße sind noch im Planungsstadium.



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    Die Scheunenhöfe hatte ich vor etwa zwei Jahren schon einmal besucht. Anders als damals nähern wir uns allerdings von Norden. So präsentierte sich das Dorf zum Zeitpunkt der Eingemeindung 1867. In Kürze wird sich die Szenerie grundlegend wandeln. Im Hintergrund sehen wir die durch die niedrige Bebauung freigegebenen Türme der Neu- und Altstadt. (J.E. Assmann, SKD-Kollektion)




    Der gleiche Blick aus Höhe der Fritz-Reuter-Straße heute. Die Ansicht der Türme wird durch die hohen Wohngebäude des Industriezeitalters völlig verstellt. Unglaublich, dass jene teilweise nur wenige Jahre nach dem vorher gezeigten Aquarell entstanden.




    Innerer Neustädter Friedhof von 1732 an der Friedensstraße/Ecke Conradstraße. Dieser hat viel zur Verstädterung der ehemaligen Scheunenhöfe beigetragen. Der blaue Himmel verrät: Die Bilder stammen von 2015 – zur Zeit befindet sich hier eine Großbaustelle.





    Wenige Schritte weiter blicken wir durch die Conradstraße auf die in der „Telle“ gelegene Einmündung der Rudolfstraße, Hauptachse der Scheunenhöfe. (2015)




    Aus etwas näherer Distanz ein Vergleichsbild aus „Die kirchliche Vergangenheit von Dresden-Neustadt insonderheit der St. Petri-Gemeinde“, 1890 (SLUB). Es zeigt den Zustand der Straßenecke Rudolf-/Conradstraße um 1818. Auch hier erkennt man deutlich die „Telle“. Eine richtige Vergleichsaufnahme war heute wegen der Baustelle leider unmöglich.




    Statt der Häuschen findet man hier heute Kleingärten. Diese Mauer dürfte allerdings noch auf die dörfliche Ursprungsbebauung zurückgehen.




    Blick durch die Rudolfstraße in ganzer Länge nach Süden.




    Sehr augenfällig sind die merkwürdigen Erdgeschosszonen der meisten Häuser, bei denen es sich in Wahrheit um die Keller handelt.




    Künstlerisch gestaltete Sockelzone der Rudolfstraße 30. Was aber war nun der Sinn dieser Bauweise? Dazu im zweiten Teil.



  • In den Scheunenhöfen (Teil II)

    Die Rudolfstraße liegt wie beschrieben in einem Altelbarm namens „die Telle“, was einen deutlichen Niveauunterschied zu der westlich parallelen Hansastraße…




    …und der östlich parallelen Friedensstraße (hier gesehen 2015 durch die Ottostraße) zur Folge hat. Offensichtlich war eine Aufschüttung der Straße vorgesehen, was die heute über Straßenniveau liegenden Keller dahin verbracht hätte, wohin sie gehören: unter die Erde.




    Die auch heute noch immer wieder auftretenden Hochwasserereignisse bei erhöhtem Grundwasserspiegel zeigen augenscheinlich die Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme. Leider waren spätere Hausbauer weniger schlau, und von einer Auffüllung ist heute keine Rede mehr. Allerdings bleibt so die bemerkenswerte architektonische Besonderheit der Rudolfstraße erhalten: Wo sonst findet man das Erdgeschoss auf Höhe des ersten Stocks? Hier einige gründerzeitliche Beispiele.






    Bei der späteren Aufschüttung der Straße hätte man die Eingangstür leicht aus dem Keller in das Erdgeschoss verlegen können – alles war baulich dafür vorbereitet.




    Bis in die dreißiger Jahre wurde diese Bauweise beibehalten, hier am Wohnblock Ottostraße/Rudolfstraße, wo die Kellerfenster über Kopfniveau liegen.





    Den Großblöcken mussten Ende der Zwanziger allerdings bedauerlicherweise die letzten alten dörflichen Anwesen weichen. Hier besagte Ecke Rudolf-/Ottostraße im (ungefähren) Vergleich.





    Zwei weitere Türbeispiele aus den Endzwanzigern: Rudolfstraße 20 und 16. Bei letzterer ist die neue Eingangstür hoch droben im Erdgeschoss sogar schon vorhanden!!!





    Das wohl merkwürdigste Beispiel für einen typisch rudolfstraßigen Kellereingang liefert die jugendstilangehauchte Nummer 11. Hier hätte wohl ein Zimmer einer Erdgeschosswohnung für den neuen Eingang dran glauben müssen.





    Zwischen all der großstädtischen Bebauung liegen versteckt einige Überbleibsel der dörflichen bzw. vorstädtischen Vergangenheit, wie dieser Steinmetzbetrieb, der von der Nähe zum Inneren Neustädter Friedhof profitiert.




    Vor allem aber die etwas versteckt zwischen hohen Brandwänden liegende Rudolfstraße 9, das einzige Haus der Straße aus der Zeit vor 1866. Eine Geländeaufschüttung hätte das hübsche Häuslein definitiv nicht überlebt.




    Der Blick nordwärts von der Kreuzung Rudolf/Fritz-Hoffmann-Straße (ex Radebeuler Straße) offenbart hervorragend die gedachte begradigte Straßenlinie anhand der westlichen Straßenseite.




    Seitlicher Blick zur Friedensstraße mit dem alten Gaswerk, dem Ausgangspunkt der Industrialisierung des Scheunenhofviertels.




    Von den früher zahlreich vertretenen Kneipen hat so gut wie nichts überlebt. Die Reklame zeugt von besseren Zeiten.




    Detail des Bäckereigeschäftes an der Fritz-Hoffmann-/Rudolfstraße.




    Am gründerzeitlichen Südende der Rudolfstraße bietet sich manch interessantes Detail.




    Blick bergan zum südlichen Ende der Rudolfstraße an der Lößnitzstraße.




    Das Gelände rund um die heutige Lößnitzstraße wurde nachträglich aufgeschüttet und schneidet der „Telle“ die einstige Fortsetzung Richtung Elbe ab. Deutlich wird der bemerkenswerte Niveauunterschied zum in der Senke des Altelbarms gelegenen Teil der Rudolfstraße, ebenso wie die baulich fixierte imaginäre Straßenlinie auf Erdgeschosshöhe der historischen Bebauung.




    Seit 2014 ebenfalls Geschichte: Der berühmt-berüchtigte „Goldene Pfeil“, die wohl letzte echte historische Kiezkneipe Dresdens. Offenbar haben einige ehemalige Stammkunden ihrem Unmut hierüber nachhaltigen Ausdruck verliehen, indem sie mittels kunstvoll gefasster Fassadenkalligraphie die Nachnutzer der Lokalität höflich aber bestimmt zum Verlassen derselben auffordern.




    Unglaublich, wovon es einst alles Ansichtskarten gab…



    Kurzer Abstecher zum alten Gaswerk an der Friedensstraße, bekannt als DREWAG-Gelände. Hier rumoren die Abrissbagger, um Platz für einen Grünzug und eine neue Grundschule zu schaffen. Einige Gebäudeteile sollen allerdings erhalten bleiben und werden auch künftig von der traditionsreichen Industriegeschichte des Areals zeugen, die auf das Jahr 1864 zurückgeht.




    Ein letzter Blick aus der Lößnitz- in die Rudolfstraße.




    Zum Schluss des Beitrages etwas Straßennamensgeschichte. Vor der Eingemeindung war die Hauptstraße der Scheunenhöfe namenlos. Adolf Hantzsch hat in seinem „Namenbuch der Straßen und Plätze Dresdens“ von 1905 allerdings Sensationelles zur weiteren Namensgebung zu vermelden. Ich zitiere:


    Rudolfstraße, hatte 1874 den Namen Hermannstraße erhalten, wahrscheinlich im Hinblick auf die für 1875 bevorstehende Einweihung des Hermann-Denkmals auf der Grotenburg bei Detmold. 1893 wurde sie mit dem Namen Rudolfstraße belegt, der wohl auf keine bestimmte Person Bezug nimmt.“



    Ein Straßenname ohne besondere Bedeutung also – aha! An die Scheunenhöfe an sich als solche erinnert im Stadtplan nunmehr nur noch die sehr kurze Scheunenhofstraße in der Antonstadt, obwohl sie, durch die Hochgleisanlagen der Bahn längst abgeschnitten, schon lange nicht mehr „ihre Richtung nach den sog. Scheunenhöfen“ nimmt. Diese können also mit Fug und Recht unter der Rubrik dieses Stranges eingeordnet werden. Schönen Abend!

  • Auf der Suche nach Altgruna (Teil I)

    Gruna, 1370 ersterwähnt, gehört seit dem Jahre 1901 zur Stadt Dresden. Von dem Bauerndorf um den alten Hauptplatz und die Rosenbergstraße haben schwere Kriegszerstörungen und die völlige Überbauung Ende der 1970er Jahre so gut wie keine Spuren übriggelassen. Die folgende Informationstafel in der Rothermundtstraße gibt Aufschluss über die Geschichte des Ortes, wenngleich das mit dem Straßenbahnanschluss seit 1873 natürlich völliger Humbug ist ;)



    Dabei sollte man aber nicht vergessen, dass bereits zum Zeitpunkt der Eingemeindung Pläne für einen kompletten Abriss des alten Dorfkerns und dessen Ersatz durch großstädtische Straßenzüge vorhanden waren. Deren Realisierung verhinderte der erste Weltkrieg, nur wenige Ansätze der Planung wurden tatsächlich noch umgesetzt.





    Luftbild von Gruna 1925 (Deutsche Fotothek). Am unteren linken Bildrand die Zwinglistraße und die Schneebergstraße, die helle Neubausiedlung zwischen Junghans- und Schlüterstraße unterhalb des jetzigen Hans-Erlwein-Gymnasiums wurde nach der Zerstörung nicht wieder aufgebaut. Ebenso ein Raub der Flammen wurde die Holzhaussiedlung an der Junghansstraße (heute KITA-Standort), wiederaufgebaut hingegen die großflächige Heimstättensiedlung („Kohlrabi-Siedlung“ ) in Bildmitte. Unten mittig eingekeilt zwischen großstädtischen Neubauten der Zwingli-, Schneeberg- und Leitmeritzer Straße (heute aufgelassen) der Ortskern von Altgruna mit seinen Bauerngehöften. Gut zu erkennen ist ebenfalls die durch Altgruna führende Rosenbergstraße in ihrem historischen Verlauf, diagonal den unteren Bildrand schneidend, zwischen Schlüterstraße und Rothermundtstraße, am rechten unteren Bildrand durch die noch vorhandenen Gründerzeitler erahnbar.



    Ab Mitte der zwanziger Jahre setzte eine völlig andere Art der Urbanisierung der bislang noch sehr ländlich geprägten Vorstadt ein: Die GEWOBAG schuf mit ihren, trotz schwerster Kriegszerstörungen weitgehend wiederaufgebauten und somit noch heute vorhandenen hochmodernen Wohnanlagen im Bauhausstil eine für Dresden völlig neue Art der Urbanität, die in ihrer pervertierten Form als Plattenbau-Großsiedlungen in den 1970er und 80er Jahren eine zunehmende Entstellung des Stadtbildes und die großflächige Vernichtung historisch gewachsener Strukturen und sogar ganzer zum Teil noch vollständig erhaltener Ortskerne mit sich brachte. Erinnert sei hier neben Altgruna an Altzschertnitz, Altprohlis, Teile von Altreick, aber auch die Zerstörung der althergebrachten Straßenstrukturen durch innerstädtische Großsiedlungen in der Johannstadt und Inneren Neustadt.




    Überblendung der Lage des Dorfkerns in Altgruna und der alten Rosenbergstraße über ein aktuelles Luftbild. Es zeigt, mit welcher Radikalität ab 1975 die trotz Kriegszerstörungen noch vorhandene jahrhundertealte Straßenstruktur überbaut wurde. Dabei fielen auch die letzten Häuser des Dorfkerns, und die Rosenbergstraße erhielt eine völlig neue Führung um das Neubaugebiet herum zur Bodenbacher Straße.


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    Begeben wir uns also auf Spurensuche. Wir beginnen an der Rothermundtstraße, die als einzige noch nennenswerte Reste des alten Ortskerns bewahren konnte.




    Die Rothermundtstraße von der Zwinglistraße gesehen. Rechts der Standort der „Grünen Wiese“, bis 1945 eine auch bei den Städtern beliebte Ausflugsgaststätte.




    Fast identischer Blick in die Rothermundtstraße nach 1900. Von den Gebäuden vorn hat sich nichts erhalten.




    Anstelle der „Grünen Wiese“ Parkplatz-Tristesse. Links die Rothermundt-, dahinter die Bodenbacher Straße.




    „Grüne Wiese“ aus fast gleicher Perspektive. Das Eckhaus Zwinglistraße/Bodenbacher Straße im Hintergrund existiert noch.




    Rothermundtstraße. Die kriegszerstörten Häuser des vorderen Teils wurden nach 1975 durch einen Neubaublock ersetzt.




    An die „Grüne Wiese“ erinnert das DREWAG--Häuschen in der Rothermundtstraße, wo man auch den eingangs gezeigten Text zur Ortsgeschichte findet.





    Anstelle des Neubaublocks befand sich bis 1975 die Einmündung der Rosenbergstraße.




    An der ehemaligen Einmündung der Rosenbergstraße in die Rothermundtstraße lag bis 1945 der Gasthof „Germania“. Standort und Blickrichtung sind in etwa identisch mit der vorherigen Aufnahme.




    Blick zurück in Richtung Zwinglistraße, rechts die völlig überbaute ehemalige Einmündung der Rosenbergstraße.




    Im weiteren Verlauf ist die Rothermundtstraße als einzige des einstigen Ortskerns noch weitgehend intakt und wirkt mit ihrem großzügigen Grün regelrecht idyllisch.




    Südliche Straßenseite der Rothermundtstraße mit typischer Vorstadtbebauung. Hier kann man Altgruna noch erahnen.




    Auf der nördlichen Straßenseite wurden einige Gründerzeitler errichtet. Dies waren Vorboten der nie umgesetzten hochurbanen Neubebauung der Grunaer Fluren.




    Entlang der für Gruna sehr ungewöhnlichen Klinkerfassaden der Rothermundtstraße.




    Eingang der Nummer 1b.




    Historisches Hausnummernschild der 3a.




    Der 90er-Jahre-Knochenpflasterfußweg würde mittlerweile der städtischen Gestaltungssatzung widersprechen.




    Neben der Nummer 1b wurde 1975 die Zufahrt zur Papstdorfer Straße angelegt, die rund um das Altgrunaer Plattenbaugeviert führt. Sie dürfte somit fast die einzige Straße in Dresden sein, die sich ausschließlich in einem Hinterhof befindet…




    Grunaer Kontraste: Gleich daneben Vorstadtidyll in der Rothermundtstraße. Die kleinteilige Bebauung stammt zumeist noch aus der Zeit vor der Eingemeindung 1901, Bombenlücken wurden nach der Wende adäquat gefüllt.






    Blick auf die Gründerzeitler in Richtung Zwinglistraße.




    Heute ist es die Rothermundtstraße, die in die (verlegte) Rosenbergstraße mündet. Das Eckhaus wurde prophylaktisch an einer nie gebauten Planstraße platziert. Bis zur Verlegung der Rosenbergstraße gab es eine provisorische Verbindung der Rothermundtstraße zur Bodenbacher Straße.




    Blick in nördliche Richtung entlang der „neuen“ Rosenbergstraße. Rechts der Rothermundtpark.




    Im Rothermundtpark. Dieser wurde ab 1874 zunächst als Privatgarten des Kommerzienrates Julius Ludwig Rothermundt errichtet, der sich in jenem Jahre in Gruna niederließ und als Wohltäter für die Gemeinde hervortat. Aus Dankbarkeit benannte diese umgehend eine Straße nach ihm. 1914 öffneten die Erben des 1890 verstorbenen honorigen Herrn seine Gefilde für das gemeine Volk.




    Denkmal an die Grunaer Gefallenen des Ersten Weltkriegs im Rothermundtpark.




    Die prächtige Villa des Kommerzienrates wurde am Landgraben an der Bodenbacher Straße anstelle der alten „Grünen Wiese“ errichtet, die anschließend zum gezeigten Standort an der Zwinglistraße abwanderte. Das kriegszerstörte Gebäude wurde 1974 abgerissen und durch einen Garagenkomplex ersetzt, dieser machte mittlerweile einem Seniorenheim-Neubau Platz, der aktuell seiner Vollendung entgegengeht.




    Die alte „Grüne Wiese“, heutiger Standort zwischen Rosenberg- und Liebstädter Straße. Der Blick schweift gen Gefilde der nahen Residenz, weiland gen Westen, im Vordergrund die heutige Bodenbacher Straße. Frequentiert man heute diese wenig einladende Verkehrsschneise, so mag man sich kaum ausmalen, wie pittoresk sich die unmittelbare Umgebung der sächsischen Hauptstadt bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts präsentierte.




    Damit beende ich den ersten Teil – der nächste wird sich näher mit dem eigentlichen Dorfkern befassen.

  • Auf der Suche nach Altgruna (Teil II)

    Im zweiten Teil begeben wir uns auf die Suche nach Überresten des kriegszerstörten früheren Bauerndorfes. „Altgruna“ ist heute nur noch auf Straßenschildern zu finden und hat nichts mit dem Dorfplatz gemein, der erst nach der Eingemeindung 1901 so betitelt wurde. Die entsprechende Neubenennung des Fußgängerbereichs entlang der Ladenpassage der Papstdorfer Straße erfolgte erst vor einigen Jahren und soll an das alte Dorf erinnern.




    Ausschnitt aus dem Stadtplan von 1968. Nur noch wenige Jahre wird die überlieferte Straßenstruktur überleben. Ab 1975 sollte sich der Charakter der Gegend radikal wandeln.




    „Altgruna“ heute. Anstelle des Ambulatoriums (Ärztehauses) rechts lag der Hof Altgruna 9 der Familie Fiedler, später in Besitz des Klotzscher Gutsbesitzers Theodor Merbitz.




    Häuser der Papstdorfer Straße, davor „Altgruna“, über die Wiesen am Rothermundtpark gesehen.




    Die Rosenbergstraße in ihrem neuen Verlauf. Die Hochhäuser markieren die Lage des alten Dorfkerns.





    Kurzer Abstecher nach „Altgruna“. Vor uns kreuzte dereinst die Rosenbergstraße.




    Ehemaliger Verlauf der Rosenbergstraße, Blickrichtung Hauptplatz (später Altgruna), am Findlingsbrunnen. Wir stehen in der heute als „Altgruna“ bezeichneten Fußgängerzone.




    Ein Vergleichsbild der Rosenbergstraße (Deutsche Fotothek) aus nahezu gleicher Perspektive vor der Zerstörung, kurz vor der Einmündung nach Altgruna. Nichts erinnert heute mehr an dieses Dorfidyll.




    Am alten Dorfkern vor sich hin verfallen die letzten baulichen Überreste des alten Dorfes. Beim Verwaltungsgebäude des VEB Madix handelt es sich nämlich tatsächlich noch um einen Teil des großen Bauerngehöftes Altgruna 8, in dem sich nach dem 1. Weltkrieg Max Dietze und Hermann Schäfer niederließen und zunächst feinmechanische Teile für die in Dresden ansässige Nähmaschinenindustrie fabrizierten. Nach Krieg und Zerstörung wurden die Gebäudereste ausgebaut und die nach der Wende abgewickelte, nunmehr volkseigene Firma spezialisierte sich zunehmend auf Hydraulikgeräte.



    Vergrößerter Ausschnitt aus dem im ersten Beitrag gezeigten Fotothek-Luftbild. Der rote Pfeil markiert das große, zur Fabrik umgebaute Gebäude. Es handelt sich sicherlich um eine ausgebaute ehemalige Scheune.




    Die Grüninsel mit Baumgruppe ist alles, was vom alten Dorf ansonsten übrig ist. Diese entstand auf dem 1875 verfüllten Dorfteich und markiert zwischen Verfall und Hinterhoftristesse noch heute die Lage des Dorfkernes.




    Die Gehöfte Altgruna 1, 2 und 3 auf einer alten Postkarte.




    Vergleichsblick. Anstelle der Gehöfte steht die ehemalige Wohngebietskaufhalle.




    Eine weiteres Postkartenmotiv, diesmal blicken wir nach Osten. Deutlich wird die Rundlings-Form des alten Dorfes. Im Vordergrund das bis 1901 als Gemeindehaus genutzte Anwesen Altgruna 7 genau auf der heutigen Einmündung der Calvinstraße.




    Aktuelles Vergleichsbild ohne weitere Kommentierung.




    Auch in ihrem nördlichen Verlauf weicht die heutige Rosenbergstraße von der historischen Führung ab. Früher mündete sie genau in die Schlüterstraße, heute östlich der Heynathsstraße in die Schneebergstraße.




    Altgruna (Rosenbergstraße), aktueller Anblick der südlichen Platzfront, rechts neben den Hochhäusern die einstige Einmündung der südlichen Rosenbergstraße.




    Altgruna (Rosenbergstraße), Blick aus der Calvinstraße nach Südosten mit den Resten der Nummer 8.




    Noch einmal ein Blick auf den alten Dorfplatz.




    Zum Abschluss des zweiten Teils präsentiere ich diese Verlaufsskizzen der maßgeblichen Altgrunaer Straßen aus dem Dresdner Adressbuch von 1929. Im letzten Teil geht es zur Zwinglistraße, dem heutigen Grunaer Ortszentrum. Vom alten ist ja so gut wie nichts mehr übrig…


  • Auf der Suche nach Altgruna (Teil III)

    Von der Rosenbergstraße folgen wir zunächst der Calvinstraße zur Zwinglistraße. Diese wurde 1929 angelegt und in der Folge teilweise mit zeittypischen Genossenschaftshäusern bebaut. Die Calvinstraße war Teil der Planungen der Jahrhundertwende, die auch den Abriss des alten Dorfkerns vorsahen, und zieht sich entlang des uralten Striesen-Grunaer Verbindungsweges und des Verlaufs des Landgrabens vor dessen Verlegung. Der Weg war in Gruna vorher namenlos.




    Eingang der Calvinstraße 6. Noch harren die Häuser der Sanierung. Ich habe zwar keine Belege, es kann aber in Anbetracht der Zerstörungen im Umfeld davon ausgegangen werden, dass sie analog zur GEWOBAG-Siedlung gegenüber aus ausgebrannten Kriegsruinen neu aufgebaut wurden.




    GEWOBAG-Siedlung an der Schneeberg- und Zwingliststraße. Die Häuser waren alle schwerst kriegszerstört und wurden nahezu originalgetreu ab 1949 wieder aufgebaut. In Anbetracht der Zeitumstände eine grandiose Leistung!




    Eckhaus Zwinglistraße/Schneebergstraße. Die Fensterformate offenbaren den Neuaufbau aus einem ausgebrannten 20er-Jahre-Korpus. Welch völliger Bruch zu den anschließenden Häusern, die noch vor dem 1. Weltkrieg errichtet wurden und die Zerstörungen recht glimpflich überstanden.




    Verschwunden hingegen sind das gegenüberliegende Bauhaus-Eckhaus Calvin-/Zwinglistraße und die gesamte anschließende, noch vor dem 1. Weltkrieg errichtete Häuserzeile bis zur Leitmeritzer Straße. Seit Ende der 1990er Jahre nimmt dieser architektonisch eher unterdurchschnittliche siffig-uringelbe Neubaublock deren Stelle ein, nachdem sie zuvor jahrzehntelang brach gelegen hatte. Wenigstens städtebaulich dürfte die neue Zeile daher einen Gewinn darstellen…




    An der Einmündung der Zwinglistraße. Links bildete dereinst die Leitmeritzer Straße deren Fortsetzung, heute noch erkennbar am Eckhaus Zwingliststraße 36.




    Besagtes Eckhaus ist das einzige Überlebende der gesamten vor dem 1. Weltkrieg errichteten östlichen Straßenfront der Zwinglistraße. Die beidseitige Anschlussbebauung fiel den Bombenangriffen und der Enttrümmerung zum Opfer. Das Eckhaus wiederum verlor seinen Turm.




    Zwinglistraße/Leitmeritzer Straße, Blick nordwärts, vor der Zerstörung.




    Der heutige Anblick besagter Ecke. Prägnant schiebt sich das mitten auf der ehemaligen Straße stehende Hochhaus ins Bild.




    Das Straßenschild am vormaligen Eck dürfte schon Einiges erlebt haben und seit Erbauung des Trägergebäudes kurz vor dem Ersten Weltkrieg die Ecke zieren.




    Blick in die ehemalige Leitmeritzer Straße. Deren Anlage und Benennung 1914 nach dem heutigen Litoměřice in der Česká republika reihte sich ein in die Namensgebung nach böhmischen Städten im Dresdner Südosten (Bodenbacher Straße, Teplitzer Straße, Aussiger Straße sind weitere Beispiele). Sie wurde jedoch nie vollendet und blieb Zeit ihres Bestehens eine Sackgasse, der Durchbruch zum geplanten „Platz 13“ an der Einmündung in die (dann begradigte) Rosenbergstraße erfolgte nach Kriegsausbruch und Inflationszeit nicht mehr.




    Blick entlang der ehemaligen Leitmeritzer Straße bis zum geplanten, aber nie gebauten „Platz 13“ in Höhe des Findlingsbrunnens. Mitte der 1970er Jahre wurde die Benennung der Straße aufgehoben und selbige ersatzlos eingezogen – sie war nach den Kriegszerstörungen eh nutzlos geworden.




    Zwinglistraße/Ecke Karcherallee. Hier befand sich anno dunnemals nicht nur die Haltestelle Zwinglistraße der Straßenbahn (bis Ende der 1990er Jahre), sondern bis zur Zerstörung 1945 auch das Grunaer Postamt.





    „Altgruna“ – Blick auf das Areal der entschwundenen Leitmeritzer Straße.




    Der Bielatalweg entstand parallel zur Zwinglistraße mit der Neubebauung vor den Plattenbauten um die Jahrtausendwende. Wir blicken zur neuen Zentralhaltestelle Zwinglistraße, im Volksmund „Zwinglistraße Hauptbahnhof“, mit einer einfahrenden Straßenbahn. Über eine mangelnde Nahverkehrsausstattung können sich die Grunaer in Anbetracht zweier Straßenbahn- und dreier Buslinien wirklich nicht beschweren!




    Bielatalweg: Es herrscht österliche Ruhe im ansonsten recht regen Geschäftsleben entlang der Zwinglistraße, von der wir uns hiermit verabschieden.





    Ein Antonstädter-Beitrag ohne Nahverkehrsbezug? Niemals!...


    …aber ich mache es kurz. Anschluss an die „Elektrische“ gen Dresden besitzt Gruna seit 1900, also noch zu Zeiten der Selbstständigkeit des Dorfes. Vorher besorgte ab 1889 ein Pferdeomnibus der „Deutschen Straßenbahngesellschaft in Dresden“ die Verbindung in die „Residenz“, wenn auch nur zur Lennéstraße, am heutigen Straßburger Platz. Nix also mit 1873! Tele-Blick entlang des DVB-Mastenwaldes der Stübelallee in Richtung Stadt.



    Endpunkt der Straßenbahn war an der „Grünen Wiese“, erst 1905 ging es weiter nach Seidnitz.




    Neben der erwähnten Omnibusverbindung der „Roten“ gab es 1895 bis 1899 auch eine solche der Dresdner Straßenbahn („Gelbe“ Gesellschaft), von Striesen über Gruna bis zum Gasthof Seidnitz. Im Blasewitzer Plan von 1895 ist die Linie eingezeichnet (gestrichelt), der „rote“ Omnibus der Konkurrenz fehlt merkwürdigerweise. Am Straßenbahnhof Geisingstraße in Striesen, damals seit drei Jahren zu Dresden gehörig, bestand Übergang zur Pferdebahnlinie Schäferstraße – Striesen der „Gelben“. Leider sind keinerlei Bilder überliefert.




    Zum Abschluss unserer Gruna-Begehung noch ein blumiger Frühjahrs-Balkonblick auf die Hochhäuser des Ortskerns. So wirken diese nicht mehr ganz so trist…



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  • Rund um Altstriesen (Teil I)


    Partie in Altstriesen um die Jahrhundertwende.


    Mit Striesen verbindet man heute in erster Linie die endlosen Würfelhausreihen Neustriesens in durchgrünten Straßen, das Einkaufszentrum rund um die Borsbergstraße, die Zigarettenherstellung oder die einst hier ansässige Kameraindustrie, deren Andenken heute architektonisch durch den markanten Turm des Ernemann-Baus und die dort untergebrachten Technischen Sammlungen gepflegt wird. Völlig aus dem öffentlichen Bewusstsein entschwunden ist hingegen das historische Ortszentrum des 1892 nach Dresden eingemeindeten einstigen Bauerndorfes. Kein Wunder, teilt es doch in vielerlei Hinsicht das Schicksal des benachbarten Gruna und ist heute physisch im Stadtbild kaum noch wahrnehmbar.




    Das Dorf Striesen auf einer Karte von 1785 (Karte ist gewestet). Noch durchfließt der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ab Gruna nach Blasewitz verlegte Landgraben direkt das Dorf, um in der Pirnaischen Vorstadt nahe der heutigen Gerichtsstraße in die Elbe zu münden. Der Landgraben war für die Bauern des Ortes lebenswichtig, sorgte er doch zum Einen für die Entwässerung der niedriger liegenden Ackerfluren vor allem im Hochwasserfall, zum Anderen aber auch stets für eine Frischwasserzufuhr im bewusst erhöht errichteten Dorfkern.



    Striesen wurde erstmals 1350 urkundlich erwähnt und blieb Jahrhunderte lang ein, recht bedeutendes, Bauerndorf im unmittelbaren Einzugsbereich der Residenz. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte eine rege Bautätigkeit auf den vorherigen Feldfluren nördlich des Dorfkerns in Richtung Blasewitz ein, und das schachbrettartige Straßenraster von Neustriesen mit seinen charakteristischen „Kaffeemühlenhäusern“ entstand – eben jenes Ortsbild, mit dem man die heutige Vorstadt allgemein assoziiert. Der verkehrliche Anschluss an die Residenz mittels Pferdebahn beschleunigte die Entwicklung, und nach der Eingemeindung 1892 siedelten sich besonders südlich der Schandauer Straße an der Ortsgrenze zu Seidnitz und Gruna bedeutende Industrieunternehmen an. Noch heute werden hier Tabakwaren produziert, die traditionsreiche optische Industrie der Ernemann-, später Zeiss-Ikon- und letztlich Pentacon-Werke sollte die Wende allerdings nicht überleben.




    Altstriesen auf dem Dresdner Detailstadtplan von 1912. Der große Dorfplatz, ab 1889 als Wettinplatz bezeichnet, trägt seit der Eingemeindung den Namen Markgraf-Heinrich-Platz, 1921 wird er analog zu den meisten ehemaligen Dorfkernen im Stadtgebiet in Altstriesen umbenannt. Die Verstädterung der seit zwanzig Jahren als Vorstadt zu Dresden gehörenden ehemaligen Landgemeinde ist weit fortgeschritten, der Dorfkern selbst blieb bis auf eine Gründerzeit-Häuserzeile an seiner Nordfront von all den Veränderungen bis 1945 weitgehend unberührt.



    Die Luftangriffe trafen den Stadtteil im wahrsten Sinne des Wortes bis ins Mark. Der alte Dorfkern wurde völlig ausradiert, die letzten Reste in den 1960er Jahren zugunsten einer industriellen Wohnbebauung beseitigt. Auch die gründerzeitliche Bebauung rund um die Borsberg- und Schandauer Straße erlitt schwerste Zerstörungen und ist heute bis auf wenige Reste verschwunden. Altstriesen blieb zwar als Straßenname erhalten, außer der Lage hat es mit dem alten Dorf aber nichts mehr gemein.



    Überlagerung eines aktuellen Luftbildes und des Stadtplans von 1912. Interessant ist, dass der Dorfplatz selbst zwar heute in einem Innenhof aufgegangen und damit kaum noch wahrnehmbar ist, die auf ihn hinführenden Straßen allerdings sind alle samt und sonders noch in ursprünglicher Form vorhanden. Wir werden uns im Folgenden dem alten Dorf im Uhrzeigersinn annähern, beginnend an der Spenerstraße.


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    Unsere Spurensuche beginnt an der Haltestelle Spenerstraße am alten Pferdebahnhof Striesen. Näheres zu dessen Geschichte findet sich hier. Im ersten Beitrag nähern wir uns Altstriesen von Westen.




    Blick in die Borsbergstraße um 1910 und heute.





    Kurzer Abstecher zur Haltestelle Mosenstraße, 2014 und einst.





    Ebenfalls ein Bild von 2014: Abrupt endet die historische Bebauung an der Borsbergstraße kurz hinter der Krenkelstraße. Wie eine historische Insel hat hier an der ehemaligen Grenze zwischen Dresden und Striesen ein kleiner, aber zusammenhängender Teil der Gründerzeitbebauung überlebt.




    Zurück zu unserem Ausgangspunkt an die Kreuzung Borsbergstraße/Spenerstraße - Bertold-Brecht-Allee. Trostloser Blick in letztere, bis 1963 Carlowitzstraße. Die Entscheidung, wertvollstes innerstädtisches Bauland mit Eigenheimen zu vergeuden würde man heute so wohl nicht mehr treffen – sie entstammt einer Zeit, als urbanes Wachstum in den ostdeutschen Metropolen undenkbar erschien.




    Es handelt sich tatsächlich um nahezu denselben Blick!




    An der Ecke Carlowitzstraße/Borsbergstraße wurde in den 1930er Jahren dieses repräsentative Sparkassengebäude errichtet. Ein langes Leben hatte es nicht. (Deutsche Fotothek)




    Seit Kurzem schmückt die Ecke dieser wahrlich metropolitane Küchenstudiopalast. Wer derartige Gewerbegebietshütten an einer solchen Stelle genehmigt, gehört mit Schimpf und Schande aus dem Dorf gejagt!




    Nicht minder trostlos zeigt sich noch immer der Südabschnitt der Spenerstraße. Ihren grünen Mittelstreifen durfte die Straße allerdings behalten.




    Fast könnte man meinen, Altstriesen sei ein paar Meter westlich an die Haydnstraße umgezogen. Auch hier innerstädtische Eigenheime, wobei das Ganze an dieser Stelle erheblich besser passt, wie wir noch sehen werden.




    Gegenüber Gewerbetristesse an der Spenerstraße. Einst befanden sich hier die Stallungen des Straßenbahnhofs.




    Blick in die Haydnstraße, im Hintergrund die vor wenigen Jahren rekonstruierte Dachlandschaft des kriegsbeschädigten Erlweinbaus des heutigen Martin-Andersen-Nexö-Gymnasiums.




    Ein erster Seitenschwenk nach Altstriesen. Einst mündete die Spenerstraße hier auf den Dorfplatz. Direkt auf dessen westliches Ende wurde 1962/63 der weithin sichtbare Versorgungskontor des Maschinenbauhandels geklotzt und zerstörte damit unwiderbringlich die gewachsene historische Straßenstruktur. Wir werden ihm noch mehrfach begegnen.




    Ecke Haydnstraße/Spenerstraße. Bis vor wenigen Jahren völlig allein auf weiter Flur befand sich das Eckhaus im Stil der neuen Sachlichkeit, dessen besondere Geschichte eine Gedenktafel offenbart.





    Ecke Haydnstraße/Spenerstraße, die ab nun nur als Fußweg zu ihrem Nordteil weiterführt. Wir aber begeben uns zu einem ganz besonderen und fast unbekannten Großstadtidyll.




    Zwischen Spenerstraße (Fußweg) und Tittmannstraße erstreckt sich der letzte verbliebene Abschnitt des einst von Gruna bis zur Mündung am alten Landgraben entlangführenden Weges. Der Graben ist verschwunden, jedoch ist dies der wohl einzige Ort, an dem man noch etwas dörflich-altstriesnerisches Flair schnuppern kann. Grandios! Insofern passt dann auch die direkt südlich anschließende Eigenheimbebauung an der Haydnstraße.






    Altstriesener Kontraste. Bis zur Überbauung mit dem Kontor Anfang der 1960er Jahre mündete der Weg direkt auf den alten Dorfkern.




    An der Tittmannstraße hat man „Am Landgraben“ sogar ein eigenes Straßenschild spendiert. Wer weiß wohl heute noch um die Bedeutung dieses unscheinbaren Pfades?




    An der Kreuzung Tittmannstraße/Merseburger Straße scheint die städtebauliche Welt noch in Ordnung.




    Dies ändert sich beim Schwenk nach rechts. Auch die Merseburger Straße mündete einst direkt in den Dorfplatz ein, heute führt sie auf einen nichtssagenden 60er-Jahre-Block zu, wie sie heute typisch für den Bereich um Altstriesen sind.




    Die Grenze zwischen totalzerstörtem Ortskern und wie durch ein Wunder verschonter Bebauung ist noch immer deutlich sichtbar. Offenbar wurde direkt über dem wohl aus der Luft gut erkennbaren Dorfanger eine ganzes Bombengeschwader ausgeklinkt, während die umgebenden Straßen recht glimpflich davonkamen.




    Mal wieder: Altstriesener Kontraste. Gaslaterne, 60er-Jahre-Block, Maschinenbaukontor. Im Hintergrund der beginnende Nordteil der Spenerstraße.




    Im Dorfkern war die Spenerstraße zwischen Merseburger Straße und Haydnstraße wegen der dörflichen Bebauung unterbrochen, und es war ein Umweg über Altstriesen nötig. Der sicher geplante Durchbruch wurde nie umgesetzt und unterblieb paradoxerweise auch nach dem Abbruch der Ruinen. So kündet der Fußweg noch heute indirekt von der Präsenz des alten Dorfes!




    Heute verebbt die Merseburger Straße in einem unansehnlichen Garagenkomplex.




    Früher führte sie direkt in das Dorf und war hier bereits von einigen alten Gehöften flankiert. Der Standort dürfte dem vorigen fast entsprechen.




    Damit haben wir die westlich in das Dorf mündenden Straßen alle abgeklappert und beenden den ersten Teil der Altstriesen-Begehung mit einem Planausschnitt von 1884, also acht Jahre vor der Eingemeindung.



    Die neuen Planstraßen wurden vom Gemeinderat nach amerikanischem Vorbild mit Buchstaben (für Straße in Ost-West-Richtung) und Zahlen (für solche in Nord-Süd-Richtung) bezeichnet. Die noch nicht ausgeführte Planstraße 5 ist unsere Spenerstraße. Echte Straßennamen gab es erst nach der Eingemeindung.

  • Rund um Altstriesen (Teil II)

    Im zweiten Teil schauen wir uns die nördliche und östliche Umgebung Altstriesens an und begeben uns unmittelbar in den Dorfkern hinein. Beginnen wir mit einigen Mauerresten im Hinterhof der Spenerstraße.




    Der nach Plänen von Paul Wolf 1930 an der Ecke Spener-/Wormser Straße errichtete Wohnblock muss einen gewaltigen Kontrast zu der unmittelbar anschließenden dörflichen Bebauung geboten haben!





    Alemannenstraße, Blick südwärts in Richtung Altstriesen. Wieder schiebt sich das unvermeidliche Maschinenbaukontor ins Bild. Die Alemannenstraße war auch damals bereits eine Sackgasse südlich der Wormser Straße, denn der geplante Durchbruch nach Altstriesen erfolgte nie.




    Kurzer Sprung an die Nordwestecke von Altstriesen. Durchgang von der Alemannenstraße.




    Blick in das baracköse Kontorgelände im ehemaligen Verlauf der Merseburger Straße. Wir befinden uns genau entgegengesetzt der Position im vorigen Beitrag…




    Merseburger Straße von Altstriesen gesehen – ein Vergleichsbild.




    Wir folgen indes weiter der Wormser Straße bis zur Rosa-Menzer-Straße, bis 1946 Markgraf-Heinrich-Straße. Sie präsentiert sich hier mit intakter Gründerzeitbebauung.



    Blicke in die Rosa-Menzer-Straße gen Altstriesen. Auch hier zeigt sich, ähnlich wie bereits in der Merseburger Straße, noch immer deutlich der Totalzerstörungsrand.






    Die ehemalige Markgraf-Heinrich-Straße war Teil des uralten Striesen-Blasewitzer Communicationsweges. Entsprechend lagen auch an ihr bereits die ersten dörflichen Gehöfte. Das gründerzeitliche Eckhaus im Hintergrund offenbart die Einmündung in den Markgraf-Heinrich-Platz, später Altstriesen.




    Vergleichsbild heute. Die zerstörte Bebauung ist einfachen Wohnblocks gewichen.




    Rosa-Menzer Straße von Süden. Auch aus dieser Richtung ist sehr gut erkennbar, wo genau die Altbebauung wieder einsetzt.




    Blick ums Eck in die Eilenburger Straße. Auch sie, wie sollte es anders sein, ging einst direkt bis zum Dorfplatz.




    Im zerstörten Eckhaus Eilenburger Straße 3/Markgraf-Heinrich-Straße, das die nordöstliche Platzecke von Altstriesen bildete, hatte die „Erdkugel“ ihr Domizil, eine der zahllosen Striesener Eckkneipen.




    Altstriesen gibt es heute noch als Straßennamen. Mit dem lebendigen einstigen Dorf hat die langweilige Vorstadtbebauung allerdings außer dem Namen nichts mehr gemein.




    Wenigstens die Hausnummernschilder atmen altdresdner Flair….




    Ehemalige Ostseite des Dorfplatzes südlich der Eilenburger Straße.




    Mitten auf dem einstigen Dorfanger – heute befindet sich hier Hinterhofgrün und eine Autoteilstation. Zumindest hat diese den passenden Namen.




    Natürlich darf auch die obligatorische Kindertagesstätte nicht fehlen.




    Vergleichsblick entlang der bis 1945 intakten Südseite des Dorfplatzes. Diese lag in etwa in einer Flucht mit dem links sichtbaren KITA-Gebäude.




    Die Gründerzeitzeile der „Wettinhäuser“ an der nördlichen Platzkante entstand 1889, dem Jahr des Wettinjubiläums, ebenso wie ein entsprechendes Denkmal in Platzmitte. Gleichzeitig wurde der Dorfplatz adäquat umgetauft, nur um schon 1893 nach erfolgter Eingemeindung wieder die Titulierung zu wechseln und sich ab nun Namen Markgraf-Heinrich-Platz zu nennen. Die Brandwand zeigt: Es fehlt noch das Eckhaus zur Markgraf-Heinrich-Straße. Auf jeden Fall entstellten die hohen Häuser den alten Dorfkern bereits merklich. Links anschließend die Merseburger Straße.




    Heute nimmt die langgestreckte 60er-Jahre-Zeile Altstriesen 19 bis 33 die Stelle ein. Die Hausnummern hat sie mit ihren Vorgängern gemein! Dummerweise werden die Häuser aber jetzt nicht mehr vom Platz aus (KITA-Gelände!), sondern von hinten angedient.




    Die „Wettinhäuser“-Nachfolger von der Alemannstraße aus gesehen.





    Blick über die weitläufige Westseite des Dorfplatzes zwischen Geisingstraße links und Merseburger Straße rechts. Ein Vergleichsbild ist heute nicht mehr möglich. Der südlichen Umgebung von Altstriesen und der Geisingstraße widmen wir uns im letzten Teil.




    Den zweiten beenden wir mit einem Plan von 1893. Die Striesener Straßen haben statt ihrer Koordinaten nunmehr echte Namen erhalten, der Einverleibung in die Residenz sei Dank!


  • Rund um Altstriesen (Teil III)

    Wir wenden uns nun dem Süden des Dorfes zu und beginnen eher unspektakulär. Verschwunden ist auch das Prinzengäßchen, das hinter den südlichen Altstriesener Gehöften diagonal von der Schandauer Straße zur Geisingstraße verlief. Hier blicken wir genau in dessen Verlauf.




    An der Südostecke Altstriesens, zwischen Prinzengäßchen und Markgraf-Heinrich-Platz, lag mit der Nummer 28 das Petermannsche Gut. Die Bilder entstammen der Deutschen Fotothek und zeigen wohl den Blick aus Süden vom Prinzengäßchen aus auf das Anwesen. Ein wahres Großstadtidyll!






    Auch die ursprüngliche Bebauung der nach der Eingemeindung als Schandauer Straße bezeichneten Straße J, Teil der Pillnitzer Chaussee, ist im Bereich von Altstriesen nahezu völlig verschwunden. An dieser Stelle gleich westlich der Haltestelle Bergmannstraße befand sich dereinst der „Sächsische Prinz“, ein weiteres sehr beliebtes und traditionsreiches Lokal, das im Feuersturm unterging.




    Vergleichsbild mit gastronomischer Einrichtung. Links mündete das Prinzengäßchen auf die Schandauer, das seinen Namen nicht überraschenderweise vom Gasthof zu seiner Rechten erhielt und dessen Verbindung mit dem Dorfe sicherte.




    Lithographie mit Striesens ältester gastronomischer Einrichtung, die auf das Jahr 1756 zurückdatiert werden kann. Damals wurde die Pillnitzer Chaussee aus dem Ortskern heraus südlich um diesen herum geführt, was den Bau einer Ausspanne in unmittelbarer Dorfnähe natürlich wünschenswert erscheinen ließ.




    Legitimer Nachfolger des Prinzengäßchens ist dieser unscheinbare Durchgang im Wohnblock entlang der Schandauer.




    Dieser ist nicht unerheblich lang und nimmt etwa zwei Drittel des Raumes zwischen Geisingstraße und Bergmannstraße ein.




    Früher ging es da doch etwas abwechslungsreicher zu. In der vermeintlichen Baulücke in Bildmitte verbergen sich der „Sächsische Prinz“ und das zugehörige Gäßchen. Die Übereinstimmung des Standortes lässt sich durch das Schulgebäude am Pohlandplatz im Hintergrund ganz rechts erahnen. Hinter den prächtigen neuen Häusern duckte sich verschämt das alte Dorf.




    Ähnliches gilt für die andere Straßenseite. Auch hier der Blick in Richtung Bergmannstraße. Das Eckhaus vorn gehört zur heute getilgten späteren Köchlystraße (1929 bis Ende der 1960er Jahre).





    Bleibt als letztes noch die ehedem nach Altstriesen führende Geisingstraße. Wieder das unvermeidliche Maschinenbaukontor.




    Nichts erinnert mehr an das dörfliche Idyll von einst. Ein letztes Altstriesener Haus stand an der Geisingstraße und wurde erst vor wenigen Jahren plattgemacht. Schade drum!




    Ehemaliger Straßenverlauf im Werksgelände.




    Höhe Einmündung des Prinzengäßchens in die Geisingstraße.




    Blick zur vormaligen Einmündung der Geisingstraße nach Altstriesen, linkerhand befand sich die südliche Häuserzeile des Dorfplatzes.




    Grafik nach Adrian Zingg: Die spätere Ecke Altstriesen/Geisingstraße Ende des 18. Jahrhunderts. Die Strohdeckung der Häuser wich später Schindeln und Dachziegeln.




    Heute findet man in unmittelbarer Nähe diesen nicht minder lauschigen Garagenkomplex.





    Kann jemand weiterhelfen?




    Daneben diese vertrauenerweckend wirkende Karrosseriewerkstatt mit zum Beitrag passender Adresse.




    Ein letzter Blick vom Ende der Geisingstraße zum alten, verschwundenen Dorfkern.




    Noch einmal ein eine historische Geisingstraßen-Partie.





    Ich ende auch diesmal mit betreffenden Auszügen aus dem Dresdner Adressbuch 1929. Alle relevanten Straßen sind noch fast unverändert vorhanden, außer dem Dorfplatz selbst. Ironie des Schicksals...





    Schöne Woche!

  • Die Gerbergemeinde (Teil I)

    Im Jahre 1835 wurde das heutige Gebiet der Wilsdruffer Vorstadt offiziell der Stadt Dresden zugeschlagen. Deren Kern bildeten die Fluren des Dörfchens Poppitz, dessen uralter Dorfkern etwa hinter der Herkuleskeule am Sternplatz zu verorten und nach totaler Kriegszerstörung und vollständiger Überbauung heute im Stadtraum nicht mehr wahrnehmbar ist. Neben „dem Poppitz“ gingen auch Fischersdorf (ebenfalls 1945 ausgelöscht) sowie die Viehweiden- und Gerbergemeinde in der neuen Vorstadt auf. Die alten Namen verschwanden aus dem kollektiven Gedächtnis und sind heute wohl nur noch den wenigsten bekannt.


    Grund genug, sich auf Spurensuche zu begeben. Beginnen möchte ich dabei mit der unmittelbar vor dem Wilsdruffer Tor in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zwinger gelegenen Gerbergemeinde. Das anrüchige Gewerbe wollte man in der Stadt nicht dulden. So wurde das „Gerberhaus vor dem Wilischen Thore“ bereits 1412 erstmals erwähnt. In der Folge entwickelte sich rund um die spätere Gerbergasse, heute Theaterstraße, eine kleine Gemeinde, die sich bald über die Richtstätte am Rabenstein bis in den Bereich des Maternihospitals, heute Elsa-Fenske-Heim, erstreckte. Die Nachbarschaft des Weißeritzmühlgrabens lockte weitere Gewerbe an: Besonders erwähnenswert sind der kurfürstliche Münzhammer am Eingang der Ostra-Allee und der benachbarte „Kuttelhof“ der Fleischerinnung.




    Gebiet der Gerbergemeinde markiert auf einem Stadtplanausschnitt von 1912. Die südliche Grenze bildete der Weißeritzmühlgraben entlang der Kleinen Zwingerstraße (ehemals Ostabschnitt der Kanalgasse) und die Fischersdorfer Flur, die nördliche die Mittelgasse (seit 1867 Mittelstraße), deren östlicher Teil ab 1879 als Käufferstraße bezeichnet wurde. Durch das mittelalterliche Gassengefüge von Gerber- und Viehweidengemeinde schneidet diagonal die ab den 1860er Jahren durchgebrochene Wettinerstraße (Schweriner Straße).


    Noch ist der historische Kern der alten Vorstadt, die Gerbergasse, parallel zur Ostra-Allee hinter dem damals im Bau befindlichen Schauspielhaus vorhanden. Nach Fertigstellung des Schauspielhauses wurde sie in Theaterstraße umbenannt. Zur gleichen Zeit verschwanden schon vor der Zerstörung die letzten alten Dorfhäuschen.



    Nur wenig haben die Straßendurchbrüche und großstädtische Überbauung der Gründerzeit, Kriegszerstörungen und anschließende Neubebauung von der noch Mitte des 19. Jahrhunderts sehr dörflich geprägten Gerbergemeinde übriggelassen. Markantestes Überbleibsel dürfte wohl der alte Brunnen der Gemeinde sein, der leicht verrückt von seinem ursprünglichen Standort heute an der Herta-Lindner-Straße ein eher abseitiges Dasein führt: der Queckbrunnen.




    Gerbergemeinde auf einem aktuellen Luftbild (Themenstadtplan Dresden). Die dichte Bebauung und enge Straßenstruktur der Vorkriegszeit ist fast vollständig verschwunden. Nur wenige Straßen sind in ihren Grundzügen noch vorhanden, darunter die Schweriner Straße, die Theaterstraße und die Stiftsstraße (heute Alfred-Althus-Straße). Die meisten ehemaligen Straßenzüge der Gerbergemeinde sucht man sowohl auf dem Stadtplan als auch vor Ort vergebens: keinerlei physische Reste sind von Stiftsplatz, Kanalgasse, Mittelstraße oder Käufferstraße mehr vorhanden. Die früher von der Stifts- zur Wettiner Straße führende Palmstraße existiert nur noch (oder besser: wieder seit etwa 2000) als kurzer Stumpf. Dafür zieht sich die überbreite Schneise der vom Freiberger Platz zum Postplatz verlängerten Freiberger Straße mitten durch bis 1945 engstens bebautes Gebiet.



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    Die Begehung der Gerbergemeinde beginnt am Postplatz vor dem ehemaligen Wilsdruffer Tor. Wir blicken aus dem Zwingergraben Richtung Ostra-Allee. Dort, wo sich seit 1913 das Schauspielhaus von Lossow und Kühne erhebt, lag direkt am Rande der Gerbergemeinde der kurfürstliche Silberhammer. (Bild von 2016).




    Vergleichsbild (Staatliche Kunstsammlungen). Links das „Turmhaus“, das ursprüngliche Hotel Weber, Mittig der Münzhammer, rechts der Malersaal am Malergäßchen.




    Ostra-Allee und Schauspielhaus. Die Allee selbst lag auf landesherrlichem Territorium, die Gerbergemeinde begann unmittelbar westlich, wobei der Weißeritzmühlgraben die Grenze bildete.




    Gleiche Perspektive. Der Silberhammer wurde 1886 nach Muldenhütten verlegt. 1898 verfiel der alte Barockbau dem Abbruch. Jahrelang lag das Gelände dann brach, bis 1911 der Neubau des Schauspielhauses begann.




    Malersaal am Malergäßchen vom Beginn des 18. Jahrhunderts, abgebrochen 1902. Erst 1914 bis 1916 erfolgte der Neubau der Handelsschule an seiner Stelle, diese wurde nach den Kriegszerstörungen vereinfacht wiederaufgebaut.





    Kaum vorstellbar, dass sich gegenüber dieser wenig einladenden Baulichkeiten die Langgalerie des Zwingers erstreckte!




    Das alte Hotel Weber, von der Ostra-Allee gesehen, rechts noch angeschnitten der Münzhammer, dazwischen die Zwingerstraße, hier einst Teil der Annenstraße vor der Umlegung zur Marienstraße.




    Wir befinden uns am Eingang der Gerbergasse am heutigen Postplatz und blicken zum Zwinger. Das Gelände des Hotel Weber, das die nicht mehr benannte Große Zwingerstraße begrenzte, ist seit 1968 unbebaut.




    Vergleichsbild vor der Jahrhundertwende: Einmündung der Gerber- in die Zwingerstraße. Noch herrscht an der Gerbergasse eher dörfliche Atmosphäre, doch die kleinen Häuschen sollten bald verschwinden. Ganz rechts erahnbar die Fassade des Hotel Weber.




    Münzhammer zwischen Gerbergasse (links) und Ostra-Allee (rechts) vor dem Abbruch.




    Der Kuttelhof lag an der gegenüberliegenden Ecke der Gerbergasse, die wir hier rechts sehen. Auch er wurde Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen, um repräsentativen Wohn- und Geschäftshäusern Platz zu machen. Doch bis zuletzt blieben die Lebensbedingungen in weiten Teilen der Wilsdruffer Vorstadt äußerst prekär. Die weitreichenden Abriss- und Sanierungspläne wurden nie vollständig umgesetzt, zynischerweise erledigten diese erst Harris‘ Bomber Command und die abrisswütigen Städteplaner der Nachkriegszeit.




    Vergleichsbild. Die Zwingerstraße (seit 1904 Große Zwingerstraße) ist heute überbaut.




    Kuttelhof Richtung Zwinger gesehen.




    Nun aber geht es in die Gerbergasse, historischer Ortskern der seit Anfang des 15. Jahrhunderts bekannten Gerbergemeinde. In der heutigen Theaterstraße war bereits in den 1920er Jahren nichts mehr von der dörflichen Ursprungsbebauung erhalten.




    Vergleichsbild um 1900. Der Kupferhammer ganz vorn rechts ist schon abgerissen.




    Gerbergasse Höhe Einmündung Malergäßchen rechts). Der Malersaal ist bereits abgerissen, ein Bretterzaun umschließt die Brachfläche. (Deutsche Fotothek)




    Vergleichsbild, rechts das Schauspielhaus.




    Der Malersaal überbrückte den Mühlgraben und damit die Grenze zur Gerbergemeinde.




    Nur der Name des benachbarten Gäßchens zwischen Handelsschule und Schauspielhaus erinnert an das Gebäude.




    Malergäßchen, im Hintergrund die Langgalerie des Zwingers. Höfische Pracht und armseligste Lebensverhältnisse lagen in der Gerbergemeinde engstens beieinander.




    Dem Abriss geweihte Häuschen an der Gerbergasse. Der Straßenknick am Übergang zur Mittelgasse (Käufferstraße) ist heute nicht mehr vorhanden, stattdessen kreuzt die Herta-Lindner-Straße und führt rechts zur Ostra-Allee durch.




    Gründerzeitliche Mauerreste an der heutigen Theaterstraße. Noch vor Jahren war die Erdgeschosszone weitgehend intakt. Viele der Dorfhäuschen mussten dem Neubau des Stadthauses im Hintergrund weichen.




    Heutiges Straßenschild. Nichts erinnert mehr an die Gemeinde der Gerber und ihr schmutziges Gewerbe, das man in der Stadt nicht dulden wollte.




    Die gegliederte Baumasse des Schauspielhauses erlaubt interessante Blickbeziehungen. Hoffentlich wird im Zuge des weiteren Wiederaufbaus auch hier die Außengestaltung nebst Straßenbeleuchtung dem üblichen Dresdner Standard angepasst.





    Das Stadthaus wird derzeit durch eine Rohrleitung entstellt, weshalb ich auf Bilder weitgehend verzichtet habe. Der großzügige Schwung der Fassade entspricht dem einstigen Winkel von Theater- und Käufferstraße.




    Selbst die originalen Fußwegplatten der Käufferstraße sind als letzte bauliche Überreste derselben hier noch vorhanden und verraten den originalen Straßenverlauf! Die neue Herta-Lindner-Straße kreuzt die alte Straße in weiterer Distanz, entsprechend musste der Fußweg durch Anpflasterung an den neuen Verlauf angepasst werden und der heutige Vorplatz des Stadthauses entstand.



    Herta-Lindner-Straße in Richtung Ostra-Allee. Vor der Zerstörung wäre dieser Durchblick nicht möglich gewesen. Auf dem heutigen Straßenverlauf stand das Gewerbehaus, die Käufferstraße knickte nach rechts in die Gerbergasse/Theaterstraße ab.


  • Die Gerbergemeinde (Teil II)

    Von der einstigen Gerbergemeinde hat nur ein bauliches Relikt die Zeiten überstanden und steht heute leicht versetzt vom ursprünglichen Standort an der Herta-Lindner-Straße. Erwähnt wurde der Queckbrunnen bereits 1461.




    Von einem Storch bekrönt wird er seit etwa 1735, denn angeblich verhalf sein Wasser kinderlosen Frauen zur Fruchtbarkeit. Das heutige Tierchen ist längst nicht mehr das originale.




    Weitere Ansichten der in den 1990er Jahren liebevoll und umfassend sanierten ältesten Dresdner Brunnenanlage.






    Queckbrunnen am originalen Standort, Blickrichtung Gerbergasse. „Am Queckbrunnen“ knickte an jener Stelle in Richtung Übergang von Käufferstraße und Gerbergasse ab. Heute befindet sich hier der Kreuzungsbereich Am Queckbrunnen/Herta-Lindner-Straße/Theaterstraße, in Bildmitte läge das Stadthaus.




    Heutige Ansicht der Situation, die nicht wiederzuerkennen ist.




    Bild aus der Deutschen Fotothek. Der Blick geht entlang „Am Queckbrunnen“ in Richtung Herzogin Garten, im Hintergrund ist die Orangerie erkennbar. Der Brunnen stand direkt auf der nach ihm benannten Straße.




    Diese existiert noch heute, mündet nun aber geradlinig ohne Knick auf die Herta-Lindner-Straße.




    Am Queckbrunnen einst, Blick in südliche Richtung. Rechts das Katholische Waisenhaus.




    Katholisches Waisenhaus. Heute erhebt sich hier, zwischen Herta-Lindner- und Grüner Straße, ein einfacher Nachkriegsblock. Den Brunnen findet man wenige Meter südlich an den Straßenrand in eine Grünanlage versetzt.




    Letzter Blick auf die ehemalige Käufferstraße. Anhand der Straßenkurve und des abgewinkelten Neubaus rechts man sehr schön die völlig veränderte Führung der Herta-Lindner-Straße. Die Käufferstraße als Teil der Mittelgasse führte schnurrgerade in Verlängerung der Stadthausfassade zur Wettinerstraße.




    Auf der heute restlos verschwundenen Mittelgasse, nördliche Grenze der Gerbervorstadt zur Viehweidengemeinde, waren bis zuletzt noch viele der alten Häuschen aus dem 18. und frühen 19. Jahrhundert vorhanden. So pittoresk wie sie schien war die Realität allerdings kaum: Die Straße gehörte neben der Kanalgasse zu den verrufensten Ecken Dresdens und bot den Ärmsten der Armen ein kärgliches Obdach. Am schlechten Ruf änderte auch die 1867 erfolgte Hochstufung zur Mittelstraße nichts.
    Kein Wunder, das hier spätestens in den 1920er Jahren Pläne zur umfangreichen „Sanierung“ des Gebietes existierten, die einem Totalabriss gleichgekommen wäre. Beim Wiederaufbau in den 1960er Jahren nahm man dies gern auf und auf die historischen Straßenzüge leider ebensowenig Rücksicht. Heute liegen hier durchgrünte Hinterhöfe, und geben der einst hochurbanen Vorstadt das Gepräge einer Schlafstadt auf der grünen Wiese.




    Auch die Stärkengasse, die in Nord-Süd-Richtung zwischen Wettinerplatz und Palmstraße verlief und den Stiftsplatz östlich begrenzte, ist heute in Innenhofgrün verschwunden. Der Blick geht zur Jakobikirche auf dem Wettinerplatz, der auf Viehweiden-Territorium angelegt wurde und uns daher im Moment nicht interessiert.




    Alfred-Althus-Straße, einst Stiftsstraße, am Rabenberg. Wir blicken zur Ehrlichstraße, die die Grenze zur Viehweidengemeinde bildete. Deren östliche Fortsetzung bildete früher die Mittelgasse, über die man vor dem Bau der Wettinerstraße am schnellsten zur Gerbergasse gelangte.




    Eine düstere Geschichte hat der Stiftsplatz, der bis 1846 Am Rabenstein hieß. Hier befand sich bis Mitte des 17. Jahrhunderts die Dresdner Richtstatt. Um den anhaftenden üblen Ruf der Gegend zu entschärfen erfolgte die Umbenennung, die jedoch auch nichts daran änderte, dass wir uns hier inmitten der „Slums“ der wachsenden Großstadt befanden. Man beachte übrigens den angeschnittenen Balkon des Hauses rechts…




    …denn dieses, als Kopfbau zwischen Stiftsplatz und Palmstraße gelegen, ist das einzige Vorkriegshaus der Gegend, das Zerstörung und Nachkriegsabrisse überlebt hat. Nur dem Eingeweihten dürfte aber bekannt sein, dass es einst die Ecke Stiftsstraße/Stiftsplatz vermittelte. Vorn die Palmstraße.




    Der Stiftsplatz war vor allem bekannt durch die Trödelhallen, in denen sich die Bedürftigen zu kleinsten Preisen mit allerlei Gebrauchtkram eindecken konnten. Im Hintergrund kreuzt die Stärkengasse.




    Auch hier gehen wir auf archäologische Spurensuche. Die ehemalige südwestliche Platzecke, gleichzeitig Standort der spätmittelalterlichen Richtstatt. Anstelle des diagonal stehenden Blocks der Nachkriegs-Ermischstraße standen die Trödelhallen mitten auf dem verschwundenen Platz.




    Neben dem früheren Eckhaus ist noch ein Rudiment des Fußweges des Stiftsplatzes erhalten. Der anschließende 90er-Jahre-Neubau steht auf historischer Parzelle.





    Eingangsportal des verlorenen Gründerzeitlers an der Stiftsstraße.




    Die westliche Einmündung der Palmstraße war nach der Enttrümmerung noch vorhanden, wurde aber erst um 2000 wieder benannt. Einst führte die Palmstraße parallel zur Mittelgasse bis zum Postplatz.





    Auch die Palmstraße war von noch von vorstädtischer Bebauung in teilweise akustesten Verfallszuständen geprägt. Kleine Handwerker, Fuhrunternehmer, Tagelöhner, Wäscherinnen, Arbeiter, aber auch das horizontale Gewerbe und allerlei sonstige zwielichtige Gestalten bevölkerten das Viertel, das der feine Bürger mied wie der Teufel das Weihwasser.




    Und das trotz nahen kirchlichen Beistands: Blick über den Freiberger Platz zur Annenkirche. Die Poppitzer und Fischersdorfer Fluren werden uns noch einmal getrennt beschäftigen. Wir machen hier jedenfalls Schluss und widmen uns als nächstes dem nördlichen Nachbarn der Gerbergemeinde: der Viehweide.




    Zum Schluss die mittlerweile traditionellen Adressbuchauszüge zu den Straßen der Gerbergemeinde, diesmal von 1927/28.


  • Die Viehweidengemeinde (Teil I)

    Direkt nördlich an die Gerbergemeinde angrenzend lag die sogenannte „Viehweidengemeinde“. Als „Viehweide“, der Name ist sicherlich aussagekräftig genug für die einstige Nutzung, bezeichnete man noch bis 1851 offiziell den heutigen Schützenplatz am 1554 angelegten Schießplatz der Büchsenschützen. Die Schießbahn ist noch heute hinter dem chießhaus entlang der heute unbenannten Moritz-Kloß-Straße erkennbar.


    Im 15. Jahrhundert siedelten sich auf dem Gelände, das vorher vornehmlich der Viehhaltung diente, die ersten Siedler an. Nach Anlage des Herzogin Garten ab 1623 erlebte die Gemeinde einen wahren Bauboom. Den vorstädtisch-dörflichen Charakter bewahrten die Straßen und Gassen der kleinen Gemeinde vor allem nördlich der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchgebrochenen Wettinerstraße und der in diesem Zusammenhang fast durchgehend großstädtisch neu bebauten Grünen Straße.




    Viehweidengemeinde auf dem Stadtplan von 1912 markiert. Das Zentrum des nördlichen Teils der nunmehrigen Wilsdruffer Vorstadt lag traditionell am Schützenplatz, doch auch um den 1898 benannten Wettinerplatz kristallisierte sich zwischen Gasanstalt und Wettingymnasium ein städtisches Zentrum heraus, dessen Mittelpunkt die Jakobikirche bildete.



    Die ehemalige Viehweidengemeinde ist wohl der einzige Bereich aller altstädtischen Vorstädte, in dem die historische Struktur trotz massivster Kriegszerstörungen noch heute fast vollständig nachvollziehbar ist. Dies lag zum Einen an der völligen Vernachlässigung des Gebietes um den Schützenplatz zu DDR-Zeiten, ein systematischer Neuaufbau erfolgte hier nicht. Zudem hat ein relativ hoher Anteil historischer Bauten überlebt, besonders in Richtung Schweriner und Könneritzstraße – mit Schießhaus und Volkshaus haben am Schützenplatz zwei der bedeutendsten Bauten der Vorstadt überlebt.


    Andererseits nimmt die in den letzten zwanzig Jahren entstandene Bebauung durchaus Rücksicht auf die historische Struktur, so dass man hier, trotz sicherlich mitunter diskutabler Einzelarchitekturen, von einer gelungenen Stadtreparatur sprechen kann, die bislang noch nicht abgeschlossen ist.




    Viehweidengemeinde auf einem aktuellen Luftbild. Während der Bereich südlich der Schweriner Straße, wie in der Gerbergemeinde, als Totalverlust zu verzeichnen ist, sind die städtischen Strukturen nördlich davon weitgehend intakt bzw. repariert. Das Nöfer-Projekt an der Könneritzstraße wird den Stadtteil abrunden, so dass wir hier in wenigen Jahren die einzige altstädtische Vorstadt finden werden, die noch (oder wieder) echte urbane Strukturen aufweist.


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    Ausgehend vom Queckbrunnen ist es bis zur Viehweide nur ein Katzensprung. „Am Schießhaus“ wartet die vieldiskutierte Sandsteinmauer, Relikt der Originaleinfriedung des Herzogin Garten, auf ihre Sanierung in den entstehenden neuen Wohnkomplex.




    Blick in die fast wieder durchgehend geschlossene Grüne Straße.




    An der Zusammenführung von Am Schießhaus, Schützengasse, An der Herzogin Garten und Feigengasse ist wieder ein intimer Platz entstanden, der, wie man sieht, zum Verweilen einlädt.




    Ein etwas verschatteter Blick in die seit kurzem wieder fast vollständig bebaute Schützengasse. Man mag über so manchen Neubau streiten, aber es ist durchaus ein gelungener Straßenzug mit einem interessanten Mix aus Alt und Neu entstanden.




    Das heutige Schießhaus entstand 1767 und hat die Wirren der Zeit wie durch ein Wunder überstanden. Nach Ende der eigentlichen Nutzung diente es als Wohnhaus, Chemische Untersuchungsanstalt und ist heute eine beliebte Gaststätte.





    Vorkriegsimpressionen. Zwischen dem Kopfbau an der Schützengasse, dessen Nachfolger sich merklich am historischen Vorgänger orientiert, und dem Schießhaus die aktuell nicht benannte Moritz-Kloß-Straße, die Anfang der 1970er Jahre noch in den Stadtplänen eingetragen war und sang- und klanglos verschwand.





    Gegenüber des Schützenhauses die wiedergeborene Feigengasse.




    Blicke aus nördlicher Richtung auf den namenlosen Platz am Schießhaus.





    Auch die Trabantengasse erstand im Zuge der Neubebauung der letzten Jahre wieder auf.





    An deren Ende findet sich im Nachbargrundstück ein Rest des originalen Straßenplanums nebst Fußwegen. Man beachte das unterschiedliche Bodenniveau!




    Am Schützenplatz. Die hochhausartige Erweiterung des Volkshauses entstand 1929/30.




    Vorher befanden sich hier noch dörfliche Häuschen, die nach und nach den Gewerkschaftsneubauten weichen mussten.




    Noch unbebaut ist die Kriegslücke an der Nordseite des Platzes zwischen Laurin- und Ritzenbergstraße.




    Impressionen der Grünanlage in Platzmitte, die durchaus Verweilqualität aufweist.







    Südliche Platzfront, einst und jetzt.





    Erster Erweiterungsbau des Volkshauses von 1912.




    Das Hotel „Zum Schwan“ in der Ritzenbergstraße wurde 1902 zum ersten Teil des Volkshauses umfunktioniert. Der gesamte gründerzeitliche Straßenzug in Richtung Könneritzstraße wurde zerstört. Das Gelände harrt noch der Wiederbebauung.





    Auch an der Laurinstraße und der Westseite des Schützenplatzes bestehen noch Baulücken, die demnächst durch das Nöfer-Projekt geschlossen werden.





    Noch steht das Fabrikrudiment der geplanten Neubebauung im Weg.




    Volkshaus-Ansichten.





    Zurück zum Schießhaus. Im zweiten Teil widmen wir uns der Schützengasse und dem Wettinerplatz.


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  • Die Viehweidengemeinde (Teil II)

    Hochwassermarke am Schießhaus. Durch die Lage unweit von Elbe, Weißeritz und Weißeritzmühlgraben war die nördliche Wilsdruffer Vorstadt oft von Hochwasser bedroht.




    Blicke in die aktuell namenlose Moritz-Kloß-Straße entlang der ehemaligen Schießbahn. Ein wahrhaftiges Idyll mitten in der Stadt.





    In der Moritz-Kloß-Straße um die Jahrhundertwende. Auch hier herrschten zum Teil erbärmliche Lebensverhältnisse.




    Ab in die frisch sanierte Schützengasse.




    Auch hier fällt die qualitätsvolle Gestaltung des Stadtraums ins Auge. Selbst Wandkandelaber-Repliken wurden angebracht.




    Alt und neu. Impressionen von der nördlichen Straßenfront. Hinter den Häusern verläuft parallel die Moritz-Kloß-Straße.






    Dekonstruktivistischer Konzertsaal der Musikhochschule.





    Vorkriegsvergleich.




    Durchblick Richtung Am Schießhaus.




    Der heute das Umweltzentrum beherbergende Dreiseithof der Schützengasse 18 gilt als ältestes Gebäude der Wilsdruffer Vorstadt und lässt sich bis ins 17. Jahrhundert zurückdatieren.




    Daneben haben von der Ursprungsbebauung nur diese beiden Häuschen Kriegszerstörungen und die diversen Abrissorgien überlebt.




    Mustergültig saniert: Das Umweltzentrum. Fachwerk ist normalerweise nichts, was man mit dem innerstädtischen Dresden verbinden würde.




    Moritz-Kloß-Straße, Blick nach Osten.




    Schützengasse, Blick vom Wettinerplatz.





    Straßenschild am Eck des ehemaligen Wettingymasiums, heute Musikhochschule, dahinter der Wettinerplatz.




    Blick über die dreieckige Grünanlage des Wettinerplatzes in Richtung Kraftwerk. Hier stand einst die Jakobikirche.




    Vergleichsbild mit Kirche.





    Das markante Eckhaus Grüne Straße/Schweriner Straße. Letztere wird sich bald wieder geschlossen zeigen.




    Wie auf dieser historischen Postkartenansicht.




    Daneben das Gymnasium Wettinianum von 1879 bis 1884, heute Musikhochschule.




    Kommen wir zur Jakobikirche: Erbaut wurde diese 1897 bis 1901. Die durchaus erhaltenswürdige Ruine wurde 1953 beseitigt. Informationstafel am Wettinerplatz.




    Original-Kirchentür, seit 2011 am alten Standort als Denkmal platziert.




    Jakobikirche, Apsis. Die Kirche war nahezu in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet.



    Der „Vorgängerbau“: Die Kapelle des Ehrlichen Gestifts, die für den Neubau abgebrochen wurde, hatte äußerlich wenig mit einem repräsentativen Kirchenbau gemein.




    Der gleiche Blick heute.




    Blick in die Alfred-Althus-Straße, rechts das Reaktanzenhaus.




    An dessen Stelle stand bis zum Abbruch das Ehrliche Gestift.




    Dann ging es zu einem Abstecher ins Kraftwerk. Siehe der dortige Beitrag.




    Restaurant Otto Schiller an der Ecke Stiftsstraße/Ehrlichstraße.




    Dieselbe Ecke heute, mit geändertem Straßennamen.




    Dort, wo heute das Straßenschild steht, mündete dereinst die von der Gerbergasse kommende Mittelgasse, Grenze von Viehweide- und Gerbergemeinde.




    Wir verlassen die historische Viehweidegemeinde und blicken noch einmal auf das sanierte Eckhaus, das heute Büros der Theater beherbergt.




    Auch hier zum Abschluss die Straßendiagramme aus den Adressbucheinträgen von 1927/28.


  • Erst einmal vielen Dank für diese Begehung. Aus beruflichen Gründen bin ich dieser Gegend sehr verbunden (und wäre mal fast in die Schützengasse gezogen). Ein paar kleine Ergänzungen und Fragen.



    Auf beiden Bildern ist auf dem Gelände des späteren Schauspielhauses noch ein "Gründerzeitler" zu sehen: Beim ersten Bild eher im Hintergrund und beim zweiten links an der Ecke. Das scheint doch ein ziemlich herrschaftliches Gebäude gewesen zu sein? Wurde das dann beim Bau des Schauspielhauses auch einfach abgeräumt?


    Für die Handelsschule musste wohl nicht nur der Malersaal weichen, sondern auch ein Teil der weiteren Bebauung.


    An den Häuserrest in der Theaterstr. kann ich mich auch noch gut erinnern - da gab es noch eine Beschriftung "Moritz Schubert"; ich glaube, es war ein Ofenbauer. Das erste Obergeschoss war auch noch nutzbar gewesen; ich war in dem Haus mal drin, bevor es abgerissen wurde.


    So weit erst mal bis hierher.


  • Kommen wir zur Jakobikirche: Erbaut wurde diese 1897 bis 1901. Die durchaus erhaltenswürdige Ruine wurde 1953 beseitigt. [...]


    Als gebürtiger Zwickauer kann ich anmerken, dass der Architekt der Dresdner Jakobirche, Jürgen Kröger, sich auch für die Zwickauer Moritzkirche in der Nordvorstadt verantwortlich zeichnet. Die ist, auch im Innern mir ihrer Ausmalung, wunderbar erhalten, bzw. restauriert.
    Die Ähnlichkeiten sind doch sehr auffällig. Ebenso das changieren damaliger Architekten zwischen den Baustilen. Während die Zwickauer Kirche deutlich neugotische Züge trägt und mit ihrem Backstein gut in die Zwickauer Gründerzeitlandschaft passt, kam die ein par Jahre später gebaute Dresdner Jakobikirche äußerst romanisch daher.