Bürogebäude 'The Westlight' [Tiergarten | in Nutzung]

  • Also ich empfinde Abriss und Neubebauung als Verbesserung. Ich kann den Tumult einerseits nachvollziehen, weil es sich um ein relativ junges Gebäude handelt und es nun nicht gerade nachhaltig ist, in immer kürzeren Abständen neu zu bauen, aber dem Bestandsbau kann ich nichts abgewinnen. Ich finde ihn einfach klobig, mir fällt nichts ein, was ich daran schön fände. Sieht aus wie ein Gasometer auf Steroiden.


    Die Begründung für den Denkmalschutz würde ich gerne lesen.


    Es trifft zwar auch auf den Neubau zu, dass ich da nicht viel finde, was ich schön fände, der ist aber so halbwegs belanglos, dass er mich auch nicht stört. Wenigstens passt der in die Ecke und zeigt für mich deutlich mehr Bezüge zur Umgebung als der verprengt allein stehende Postmoderne-Bau der Volksbank.


    Ich wollte mich eigentlich nicht in den hier geäußerten Konsens einmischen, aber ich wundere mich zutiefst über die positive Meinung über das Gebäude.

  • ^^ Das und noch einiges mehr. Bei der Frage, ob ein Abriss klaglos hingenommen wird oder Debatten auslöst, spielen eine Menge von Faktoren zusammen. Architektonische Qualität und städtebauliche Bedeutung sind zwei davon, aber dazu kommen etliche andere: geschichtliche, architekturhistorische, soziale und natürlich auch sentimentale – letztere häufiger in Form einer Ost- als einer Westalgie, weil der Osten der Stadt nach der Wende stärker von sozialen Brüchen geprägt wurde, während im Westen die Kontinuität dominiert.


    Den Erhalt der Volksbank fände ich aus architektonischen und architekturhistorischen Gründen wichtig: Es ist ein sehr gelungenes Gebäude und ein typisches für seine Zeit. Städtebaulich ändert sich durch den neuen Entwurf wenig, stadtgeschichtlich ist es kaum relevant und sozial ist es ganz egal, da ein Bürohaus und noch dazu seit geraumer Zeit leer.


    Ich finde es, wie gesagt, schade, dass die Volksbank verschwinden soll – um andere hier im Forum (teils realistischer-, teils abwegigerweise) zum Abriss vorgeschlagene Gebäude würde ich aber viel stärker trauern. Zum Beispiel:


    - die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche als Ruinen-Moderne-Hybrid
    - das Wilhelmstraßen-Ensemble als Wohnort tausender Normalverdiener und Ausdruck einer vergangenen (welt-)historischen Konstellation
    - das Neue Kreuzberger Zentrum als Wohnort tausender Normalverdiener und Ausdruck einer städtebaulichen Epoche, die sich (zum Glück) schnell als Irrläufer entpuppt hat
    - das Haus des Lehrers mit dem BCC am Alex und das Europacenter am Breitscheidplatz, die als International Style at it's best aus dem Einerlei der Billig-Moderne in ihrer jeweiligen Hälfte der Stadt hinausragen
    - das Charlottenburger Kempinski als Symbol eines mondänen, weltläufigen Lebens in einer Stadt, die von Trümmern und ihrer Insellage im Kalten Krieg geprägt war


    Was die Initiative zum Erhalt der Volksbank betrifft: Ich fürchte, der Drops ist gelutscht. Wer sich ernsthaft für die Bewahrung der Postmoderne im Berliner Westen engagieren will, der sollte m.E. an den IBA 87-Bauten ansetzen. Die sind teilweise bereits zerstört, teils in traurigem Zustand und oft im Visier von Investoren, die sich an ihrer Stelle lukrativere Bauten vorstellen können. Es gibt also noch einiges zu retten, auch im Westen...

  • letztere häufiger in Form einer Ost- als einer Westalgie, weil der Osten der Stadt nach der Wende stärker von sozialen Brüchen geprägt wurde, während im Westen die Kontinuität dominiert.


    Um Loriot zu zitieren: achwas?


    Wo denn bitte das? Westberlin war bis 1989 sein "eigener Herr", der Zoo der Fernbahnhof, das Rathaus Schöneberg der Regierungssitz, die City West das Zentrum - nicht nur für Westberlin, sondern auch für unzählige Lebenskünstler aus der Bundesrepublik, aber auch der "Augapfel" der Bundesrepublik und Bundespolitik, entsprechend gepampert und protegiert. Westberlin war der Stolz, das Aushängeschild und das "Schaufenster" der Bundesrepublik.


    Nach der Wende wurde Westberlin zum Anhängsel Ostberlins degradiert, die Mitte ist jetzt im Osten, die Szenekieze sind im Osten, der einzige Flughafen ist bald im Osten. Die Museen ziehen aus Dahlem in diese neue Mitte, in das Humboldtforum, die Westberliner Kliniken wurden zum Anhängsel der Ostberliner Charite gemacht, usw usw usw usw. Zeitweise wurde sogar diskutiert die FU abzuwickeln, man hat doch jetzt die Humboldt Uni!! Private und öffentliche Hand sind extrem auf Ostberlin fixiert und der stete Blues der gelernten DDR Bürger, die mit zur Schau gestellter Leidensmiene die Subventionsmilliarden mit demonstrativem Widerwillen "dulden", drängte sich dabei noch in den Vordergrund. "Ach wir armen, wir bekommen alles neu gemacht und mussten dafür Stasi und Blockwart aufgeben, oh Graus, diese Brüche!".


    Aber merkst du irgendwo was von Westalgie? Nö. Und die hab ich auch nicht. Ich würde weder im Ostberlin der 80er leben wollen - noch im Westberlin der 80er. 2017 ist goldrichtig. Nur, so ein ganz kleines bischen Kontinuität, von der du behauptest Westberlin habe reichlich davon, dürfte trotzdem auch in Westberlin bleiben.


    Denn wo du schon die IBA-Bauten zitierst, das sind mehrheitlich wesentlich schlechtere Beispiele der Westberliner Postmoderne (wenn man vom Wohnhaus am Checkpoint Charlie einmal absieht) als dieser Bau. Und im Gegensatz zu dem Gros dessen, was in Westberlin so an Postmoderne in den 80ern gebaut wurde, handelte es sich dabei nicht um einen Bau für Soziales Wohnen o. ä., ja, in der Tat. Und genau das macht ihn doppelt einzigartig. Im wirtschaftlich durchaus darbenden, abgeschnittenen Westberlin gab es nicht soviele private Großbauten in den 80ern in der City West, gar der Postmoderne.


    Da geht wirklich ein Brocken Westberlin für immer verloren. Und es gab nicht einmal eine Debatte darüber! Weil es der Landespolitik am A vorbeigeht, was in Westberlin geschieht. Und das stelle ich nicht jammernd, sondern zornig fest. Insofern hat DaseBLN sogar recht, nur anders als er das meinte, wenn er mich als "Wutbürger" bezeichnet. Ja, ich bin wütend darüber, was hier geschieht. Und damit bin ich offenkundig nicht alleine. Der größte Gefallen, den wir dem Senat tun könnten, ist die Sache einfach achselzuckend hinzunehmen. Und das ICC ist als nächstes auf der Abschussliste, "wetten"?


  • - das Wilhelmstraßen-Ensemble als Wohnort tausender Normalverdiener und Ausdruck einer vergangenen (welt-)historischen Konstellation


    Ist es nicht vielmehr Wohnort tausender privilegierter Ex-DDR-Funktionäre und Ferienwohnungsvermieter? Und ist der Bau in der Budapester Straße nicht genauso Ausdruck dieser welthistorischen Konstellation? Der alte Westen mit seiner besonderen zeitgenössischen Architektur ist schließlich genauso Geschichte wie die DDR und seine Architektur war als Insel im Umkreis von mehreren 100 km bzw. bis nach Wladiwostock einzigartig. Daher sehe ich nicht ein, warum DDR-Architektur allein aus diesem Umstand heraus schon einen höheren historischen Wert haben wollte, wie es manche unterstellen.

  • Kunstforum

    Nur mal, weil es hier schon öfters stand: nicht die Berliner Volksbank hat das Haus Mitte der 1980er Jahre gebaut, sondern die Grundkreditbank. In den 1990er Jahren war ich Kunde. Zu dem Gebäude einschl. Kulturforum ist die Volksbank durch Fusion gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde.


    Auch ich finde es schade, dass das Gebäude abgerissen wird. Das neue Gebäude wird scheinbar, um es positiv auszudrücken, eine Hommage an das benachbarte Aquarium.


    kabelschmidt

  • Juhu, endlich mal wieder eine tief ideologisch geführte Diskussion im Berlin-Forum :goodnight:


    In der Abendschau lief übrigens am heutigen Abend ein Beitrag über das BV. Gezeigt werden sogar Archivaufnahmen von der Grundsteinlegung im Jahre 1983.
    Seitens des Investors werden nochmal die Ineffizienzen des Gebäudes betont, der Architekt des Neubaus kommt zu Wort und prophezeit seinem flexibel umgestaltbaren und nachhaltigen Entwurf eine wesentliche längere Lebensdauer als dem abrissbedrohtem Vorgänger. Auch Anwohner können ihre Sorge darüber äußern das neue Hochhaus könne ihre Loggia verdunkeln.

  • @Pumpernickel


    Eigentlich wollte ich mich an Thread-Entgleisungen nicht mehr beteiligen. Aber hier kann ich nicht anders. Lieber Admin – nicht vergessen diese Antwort in den Boulevard of Spam zu verschieben.


    Entschuldigung, aber du bist offenbar zu jung und man hat dir Unfug erzählt. Als waschechter „Wessi" kann ich dir vollkommen qualifiziert mitteilen, dass Berlin für uns damals eine eher runtergekommene Insel war, nur ein Anhängsel der Bundesrepublik das nicht wirklich Deutschland war, sondern eine noch immer besetzte Sonderzone. Es gab sogar Spendenaufrufe durch Fernsehwerbung mit Harald Juhnke, damit Berliner Kinder, die kein Umland kennen mal raus kommen. Gewiss war Berlin alles, aber nicht der Stolz oder gar das Aushängeschild der Bundesrepublik, sondern der niemals endende Friedhof für Subventionsmilliarden und Wehrpflichtflüchtige. Die West-Berliner haben uns damals auch oft genug abfällig als Wessis bezeichnet, wenn man mal zum Zwangsbesuch via politisch motivierter Klassenfahrt dort war und dabei normales Hochdeutsch sprach. Und wenn man auch noch Bekannte dort hatte, die Ureinwohner waren, dann merkte man sehr schnell, dass die Insellage ohne Umland generell zu einer Abneigung von allem führte, was nicht Berlin war. West-Berlin war das perfekte Gegenteil einer Metropole, denn es fehlte jeglicher dauerhafter Austausch mit einem Umland.


    Die „neue Mitte“ ist die ursprüngliche Mitte. Der Großteil Westberlins ist historisch ein eingemeindetes Anhängsel von (Ost)Berlin. Bis zum Groß-Berlin-Gesetz gehörten vom späteren Westteil nur Wedding, Tiergarten und Kreuzberg zu Berlin. Im Prinzip war also der Hauptteil von Westberlin 1989 bereits wesentlich länger von Berlin getrennt als es davor politisch überhaupt dazu gehörte. Die Trennung wurde einfach nur wieder korrigiert.

  • Zurück zum Thema

    Der jetzt vorgesehene Kotz ist städtebaulich eine einzige Katastrophe. Wenn man an der Stelle schon höher hinaus will (was ich absolut befürworte) dann aber bitte gleich richtig. Vielleicht nicht in der Messeturmdimension, aber ein FlatIron an der Stelle wäre schon angemessen.

  • Abendschau

    Habe mir gerade den Abendschaubeitrag angesehen. Was kann man dazu noch sagen: es wird ein karakteristisches, hässlliches Gebäude durch ein karakterloses, hässliches Gebäude ersetzt. Das ist kein Fortschritt.
    Nebenbei ist es ein Novum in Berlin, dass ein ernstzunehmender Architekt, der in der Vergangenheit (z.B. in der Spandauer Vorstadt) doch recht ansehnliche Bauten gestaltet hat, seinen Entwurf mit den Qualitäten der Gebäudetechnik (!) anpreisen muss. Und umbauen kann man jedes Gebäude. Vielleicht wäre es in diesem Fall sinnvoll das Gebäude bereits vor Bauanfang umzubauen.

  • Immerhin wird der Neubau, im Vergleich zum Bestandsbau, einen Straßenbezug durch Geschäfte haben. Der postmoderne Klopper ist nicht besonders einladend und innenstadttauglich.

  • Also ich muss sagen ich bin wirklich entsetzt das nun ausgerechnet dieser gelungene Bau für so einen 08/15 Bau weichen muss. :nono: Es gibt so viele banale Bauten in der City-West wo mal was getan werden könnte und dann werden ständig ausgerechnet die anspruchsvolleren Gebäude geschliffen. Erst der schöne Gründerzeitbau gegenüber dem IHK-Gürteltier in der Fasanenstraße und jetzt das. Kann dem Ganzen nix positives abgewinnen. Die Höhe passt dort nicht, die Fassade passt nicht, die Form passt nicht. Der Bestandsbau hingegen fügt sich in Form und Gestalt da wunderbar ein, die Fassade weist sogar eine bemerkenswerte Detailtreue auf...einfach nur schade :(

  • Immerhin wird der Neubau, im Vergleich zum Bestandsbau, einen Straßenbezug durch Geschäfte haben. Der postmoderne Klopper ist nicht besonders einladend und innenstadttauglich.


    Was bedeutet bitte "innenstadttauglich"? Nicht jedes Gebäude in einer Innenstadt muss über Geschäfte verfügen und Frequenzbringer für Passantenströme sein. Diese fehlende Funktion könnte man den umliegenden Gebäuden ebenfalls vorwerfen. Jetzt wird dieses Gebäude vor seinem Abriss noch schnell zum Sündenbock gestempelt. Nach dem Motto: Der Bau ist schließlich selbst schuld, daß er abgerissen wird. :nono:


    Die fehlende Belebung dieses Gebietes liegt doch nicht an einem einzelnen Gebäude. Jetzt werden die allgemeinen Probleme des ganzen Gebietes an einem einzelnen Gebäude festgemacht, und zwar am besten Gebäude. Eine solche Argumentation ist abstrus.

  • ^ ... und trotzdem muss nicht jedes Gebäude in einer Innenstadt über Ladenlokale verfügen. Wenn dir Ladenlokale so wichtig sind, dann sorge bitte in den umliegenden Gebäuden für diese Flächen.

  • Reden wir Tacheles. Es geht dir nicht um Innenstadttauglichkeit oder andere vorgeschobene Argumente. Es geht dir darum, dass es ein Bau der Postmoderne ist. Deswegen hast du mit einem Abriss kein Problem.

  • Ich mag den Bau.


    Wenn ich zwischen beiden wählen könnte, würde ich das jetzige Gebäude vorziehen.

  • Das Stadtbildprägende am jetzigen Bau ist doch die aussergewöhnlich gegliederte Fassade. Zumindest diese hätte man als schützenswert klassifizieren können und den höheren Neubau einfach dahinter bauen können. Wenn man gewollt hätte. Das hätte auch noch originell wirken können, ähnlich wie bei der ElPhi. Aber der ganze Vorgang ist so typisch Berlin. Generell wurde und wird ein Großteil der Stadt alle 30 Jahre neugebaut oder verändert. Das wurde schon in den 20ern besungen.

  • In der Berliner Zeitung spricht der Architekt Grüntuch unverstellet über sein Projekt. Die Höhe sei dem Baurecht geschuldet, nicht dem Entwurf.


    Dann allerdings gerät Grüntuch ins fabulieren: der Volksbank-Bau sei nur für einen Nutzer nutzbar, sein Neubau für viele. Und npch verblüffender: allein dadaurch, dass in seinem Neubau die Fenster geöffnet werden könnten, ergäbe sich eine massive Energieeinsparung.


    Die Grünen in Berlin gelangen schon bei weitaus kleineren Projekten in Wallung und dozieren über "graue Energie", intelligente Nach- und Weiternutzungen sowie ökologische Fassaden. Wenn es um den Abbruch eines verhaßten Baues der Postmoderne geht ist von alledem nichts mehr zu hören. Ab absurdestens ist jedoch die Öko-Argumentation von Herrn Grüntuch, weil bis dato immer das Gegenteil galt: Energiesparen geht nur, wenn wir die Lüftung und Heizung den Maschinen überlassen, da ist dann schnell vom "Störfaktor Mensch" die Rede.


    Merke also, wie so häufig: Es gibt gute und böse Abrisse sowie gute und böse Neubauten. Die Sachargumente müssen sich einordnen.