Neubauvorhaben Hafenplatz (Kreuzberg)

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    Querbalken


    Obwohl ich ein großer Fan der Visionen der Studierenden war, finde ich das aufgrund der deutlichen Hochpunkte noch besser. Am allerbesten hätte mir gefallen, diese Türme mit dem 70er-Jahre-Bestand zu verbinden. Allerdings: Trotz des Profi-Renderings ist das alles wohl noch ähnlich unkonkret wie seinerzeit die akademischen Entwürfe.

  • Nachdem die beiden favorisierten Planungen am Berliner Hafenplatz, wortwörtlich zum Ausbau zur "europäischen Weltmetropole" (welch' Wortschöpfung!), dem Bezirks-Ausschuss vorgestellt wurden, gibt es nun eine komplette Präsentation im Netz. Das favorisierte Architektur/Planungsbüro sind federführend MVRDV und das Büro HenningLarsen, welche ja durchaus für Spektakuläres bekannt geworden sind. Die vorgeschlagene Dichte, kombiniert mit teilweise sacharin-süßer Investorenlyrik ist schon grenzwertig, aber scheint durch die heutige Ökonomie wohl vorgegeben zu sein.

    Die GFZ würde sich von 1,6 (Bestand) auf 4,0 bis 4,6 erhöhen (je nach Planungsvariante). Das wäre aber immer noch nur halb soviel wie bei der Maximalverdichtung am benachbarten Holzturm 'WoHo'-Projekt (mit schon fast grotesken Werten um 9,0 !).

    Etwas weniger spektakulär nun diese Planung (der Vollständigkeit und Projekt-Historie halber auch, bisher unbekannte (?), Vorstudien von 2019 und 2018). Hinweis: ab Seite 38 im PDF der aktuellen Planung beginnt der eigentliche Teil "Gestaltung":

    Aktuelle Planung Hafenplatz 2024 (123 Seiten)

    Vorstudie Stand Hafenplatz 2019 (9 Seiten)

    Vorstudie Stand Hafenplatz 2018 (15 Seiten)

    PS: Aus Zeitgründen hatte ich keine Möglichkeit anschauliches, visuelles Material hier direkt abzubilden (mit Copyright Hinweis), vielleicht findet sich dafür jemand im Forum?

    Copyright: MVRDV / HenningLarsen / Artprojekt / TTI Gruppe / Gewobag / Stadtentwicklungs-Amt über Anbieter 'Baustelle Gemeinwohl'.

    2 Mal editiert, zuletzt von Querbalken () aus folgendem Grund: Architekt ergänzt

  • Anbei Impressionen der zwei favorisierten Entwürfe zum "Kulturhafen" - eine Wohngebiets-Verdichtung am Hafenplatz, Kreuzberg, mit Komplett-Entfernung des aktuellen Bestandes von 1975:

    1) HenningLarsen (PDF)
    2) MVRDVT (PDF)

    Henning Larsen hebt, ganz unverkennbar, die Modularität des Entwurfes vor, benutzt sich gar der Metapher des Lego-Steins (sic!).

    Klar, sie verwenden Holzbau, und klar, recycleten Beton, damit kann man im Kreuzberger Bezirk sicher punkten!
    Sie selbst nennen es dann auch: "Radikal Seriell" – und preisen die kostengünstige Skalierung der Bauweise. Nun ja, es hat schon etwas von rasterförmiger Einförmigkeit in Richtung Mindcraft. Was auf dem Rendering dann noch cool aussieht, wirkt oft nach ein paar Jahren einfach – abgerockt.

    Der Entwurf von MVRDVT ist nun auch nicht extrem genial, (verglichen, was das Büro bei anderen Auftraggebern leistet), aber weist immerhin ein gewisses Spiel mit Materialität auf. Die Baukörper sind mehr gegliedert, immerhin ein Wille zur Gestaltung, auch Sichtachsen mit der Umgebung und das Einfügen mit dem Bestand, sind ansatzweise erkennbar.

    Wenn man sich die Baudenkmäler der IBA direkt daneben anschaut, in ihrer Kleinteiligkeit und gewissen naiven Verspieltheit, die übrigens seit einigen Jahren einer städtebaulichen Erhaltungsordnung unterliegen(!), frage ich mich schon, was der Bezirk jetzt mit diesen koloss- und klotzhaften Stadtplanungen vor hat? Klar, die GFZ wird fast verdreifacht, und das Ideal der Gartenstadt ist in dieser zentralen Lage vorbei. Trotzdem, das alles wirkt auf mich eher wie eine Filmkulisse aus 1984. Womit ja auch durchaus eine Aussage verbunden wäre.


    Henning-Larsen-web-11
    Henning-Larsen-web-40
    Henning-Larsen-web-22

    Copyright: HenningLarsen



    mvrdvt-web1
    mvrdvt-web3
    mvrdvt-web2


    Copyright: MVRDVT

  • man merkt, dass sich deine begeisterung zu diesen plänen extrem in grenzen hält :)

    betrachtet man die entwürfe von henning larsen, so stimme ich dir voll und ganz zu. da würde auch ich die begriffe koloss und klotz verwenden.

    MVRDV hingegen begeistert mich schwer. ich sehe diesen entwurf als perfekten übergang zum potsdamer platz bzw zukünftig als bindeglied zw potsdamer platz und der urbanen mitte am gleisdreieck.


    fennpfuhler tor, ULAP, jetzt hafenplatz ... berlin entwickelt sich seit einigen monaten endlich in die richtige (und mMn auch alternativlose) richtung

  • Um es nicht falsch zu verstehen, ich finde die Vorschläge alle besser als den Bestand in seiner jetzigen Form (und Zustand).

    Auch begrüße ich den Willen, hier mehr Urbanität verschaffen zu wollen, ohne gleich in die Hybris 'Vertikales Dorf' zu verfallen, die Ära Lüscher wird langsam ad acta gelegt.

    Plus: es sind ja auch noch Vorstudien, keine Feinplanungen. (Wobei diese aus Kostengründen wahrscheinlich dann eher noch schlichter ausfallen werden). Aber etwas mehr Wagnis, Akzent würde ich mir schon wünschen: Ein Zickzack, Dreieck, Rundung, Torbogen ... anbei, die IBA Bauten, einen Block weiter ... die, wie ich finde, gut gealtert sind, und doch auch weiterhin erstaunlich kontemporär wirken.



    966px-IBA-87-Berlin-052-vlnr-Haus-Rucker-Co-Nalbach-Nalbach-Kohlmair-v-Sartory-Wohnbebauung-am-Mendelssohn-Barholdy-Park.jpg

    Quelle: Wikipedia / Wikimedia

  • Für solche Diskussionen mag ich das DAF so sehr. Tendenziell geht es mir im konkreten Fall eher wie mr_ilaischa (finde den unteren Entwurf sehr spannend und würde ihn gerne so oder ähnlich am Standort realisiert sehen) aber ich kann auch gut den anderen Standpunkt verstehen und ich mag die respektvolle und argumentativ begründete Art des Austausches.

  • Ich finde beide Entwürfe interessant und gut für den Ort, bevorzuge aber MVRDVT – wegen der glatteren Kante zum Mendelssohn-Barholdy-Park.


    Gestalterisch gehe ich fast davon aus, dass das immer noch alles sehr Studiencharakter hat. Obwohl: Wenn dass schon in Richtung Ergebnis geht, bin ich damit auch recht zufrieden. Auch hier wieder: MVRDVT punktet mit mehreren Farben. Bin sehr gespannt auf die weitere Entwicklung!

  • Für mich haben beide Entwürfe zu sehr den Anschein einer Megastruktur und mal wieder wird man vom omnipräsenten Raster erschlagen. Mir ist aufgefallen, wie jede derzeitige Quartiersplanung in Berlin kaum noch voneinander zu unterscheiden ist, alle Gebäue sind ineinander verschobene Kuben mit Holz/Alu Raster und irgendwo noch ein bisschen Backstein und reichlich Grün, um dem Ganzen einen Anstrich von Menschlichkeit zu geben.


    Ich hätte mir für das Areal auf Straßenebene einen kleinteiligeren Blockrand gewünscht, der punktuell von Hochhäusern >100m akzentuiert wird.

    Wie Querbalken bereits schreibt, sind die IBA-Bauten eine zunehmende Bereicherung für Berlin. Auch wenn die Gestaltung einiger Gebäude naiv ausfällt, so zeigen sie doch alle wenigstens jene Gestaltungslust, die den heutigen Entwürfen vollkommen abhanden gekommen ist.


    Aber wenn man denn absolut irgendwas Großes hinsetzen will, dann hätte es auch was futuristischer werden dürfen. Da wirkt selbst der 30 Jahre ältere Potsdamer Platz moderner.


    Auch wenn es sich hier möglicherweise um Platzhalterfassaden handelt, wird der finale Entwurf angesichts der gewünschten seriellen Bauweise wohl nicht groß davon abweichen.

  • Ich steh dem BV Hafenplatz auch eher skeptisch gegenüber - ich finde es generell schwierig wenn für ein ganzes sogenanntes lebhaftes Innenstadt-Quartier, mit hoher Verdichtung nur ein einziges Büro betraut werden soll für mich schließen sich Ziel und Glaubhaftes Ergebnis unter solchen Voraussetzungen eigentlich aus.


    Die Bemühung von MVRDV, mit Staffelungen, fraktalen Fassaden und verschiedenen Farbigkeiten - dem Quartier, Lebendigkeit einzuhauchen sind sicher ein löblicher Versuch und sieht f.m. nach einem richtigen Weg aus.


    Sichtbar wird für mich aber auch, dass der geäußerte Ideenpool einer einzelnen Handschrift hier stark limitiert ist.

    Dementsprechend erscheint das ganze, zwar vordergründig attraktiver gestaltet als übliche vergleichbare Stadträume wirkt aber wenn man sich nicht stärker einer detailbewussten ausdifferenzierung der Gebäude widmet genauso perpetuell und wenig stimulierend wie herkömmliche modernistische Raumbilder für Großwohnsiedlungen.


    Larson mit seinem ästhetisch schwierigem Rezept aus dem letzten JHD. Ist für mich überhaupt keine Option.


    Das ganze stößt schon durch seinen, spröden Industrienorm-Rationalismus völlig ab und kann im Ausdruck, den Gedanken an einen freundlich orientierten, empathischen und sozialen Stadtraum überhaupt nicht bedienen.


    Für So etwas die tristen Betonbauten abzureißen, is für mich eher Satire.


    Frei Nach Heine braucht es hier entsprechend jenes „hölzerne pedantische Volk, den rechten Winkel in jeder Bewegung und im Gesicht“ - das zu dieser Architektur am besten passt.


    Larsens Vision steht damit in der besten Tradition der dominanten sauertöpfischen Sittenlehre eines längst schrumpelig und unglaubwürdig gewordenen Modernismus, der mit dem Induviduum nie wirklich was anzufangen wusste, weil es nie eine Größe war der man sich in seiner sozialen und emotionale Wirkung gegenüber verantwortlich fühlen musste.


    Es ging eher um produktiongefälligkeit Rationalität, Effizienz und ihr Horizont taugt lediglich zur schaffung nüchterner Apparatearchitektur die sich mit ihrer Funktion als effektive verstauungsmöglichkeit für ein maschinisiert betrachtete Subjekte zufrieden gibt.


    Diese Vorstellung Agglomeration von sterilen Rasterwürfeln, wirkt jetzt schon eher wie die nur zu bekannte schlechte Angewohnheit, flächeneffizient Wohnraum in nüchternen Grosseinheiten zur Deckung von Basisbedürfnissen zu installieren.

    Eine Anonyme, stimuliarme, deprimierende Wohnraumstapelei die das Problemviertel für mich bereits in den Genen hat.


    Irgendwie sollen da dann bei aller Impuls- und Unterhaltungsarmut gefälligst positive Stimmungen und Schwingungen aus dem bedachten soz. Milleu erwachsen, gibt ja schließlich noch den Grünflächenanteil

    der die Flucht aus der klinischen Monotonie, in die architekt ausgelagerte Abteilung - fürsorglich bereitgestellter soz. begegnungsraum darstellen soll.


    Schon Soziologen und Evolutionsbiologen haben zur Wirkung dieser Architektur mit geringster Individualität und Expression zu bedenken gegeben dass sie aufgrund des geringen Stimulations- kommunikations- und informationswertes die selben alarmierenden und nervösen Reflexe beim Individuum hervorrufen wie bei einer drohenden Gefahr.


    Das kann und sollte nicht das gewünschte Ergebnis von Architektur sein die den Lebensraum von Menschen primär beschreibt.

  • Nach über 1 Jahr, gibt es wieder ein Bericht, wie es "weitergeht "über den Neubau am Hafenplatz.

    Ob es ein Abriss gibt oder ein Neubau Ist noch nicht offiziell.


    Das Gebäude, was damals als Studentenwohnheim Diente, soll weichen für ein Neubau. 5 Gebäude, sollen weichen für den Neubau. In ihnen befinden sich 358 Wohnungen und 361 Gewerbeeinheiten, die zum Teil noch bewohnt und genutzt werden. Die Initiative Offene Mitte Berlin fordert ihren Erhalt und schlägt Sanierung als Modellprojekt für die Bauwende vor. Das große Gebäude genannt auch "Pyramide" Hier ( Gebäude ) soll weg. Laut Einschätzung des Senats sei das Gebäude auch sanierungsfähig fals das Gebäude erhalten bleibt.


    Ein Teil des Projekt gehört Hedera Group. Webseite.


    Aktuell leben in alten Gebäude ca. 200 geflüchtete und es Ist notwendig ein Ersatzwohnung zu finden bei Fall eines Abriss.

    Auch Mieterinnen und Mieter mit befristeten Verträgen befürchten Verdrängung.


    Geplant ist : ist ein Nutzungsmix aus 60 Prozent Wohnen und 40 Prozent Gewerbe, darunter auch Räume für kulturelle Zwecke. Aktuell arbeiten Vier Architekturbüros im Rahmen einer Ideenwerkstatt erste Vorschläge für das neue Quartier.


    Meiner Meinung nach bin ich auch dafür, dass das Gebäude weichen soll ,wenn Einwohner Ersatz Wohnung bekommen sollten.


    Etwas Mehr Infos ⬇️


    Quelle : Entwicklungsstadt.de


    Webseite , des geplanten BV . ( Auf Englisch)


    © MVRDY Oder auch Zuletzt hier / Visu.


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  • Naja, mal nach Hedera Bauwert suchen (Google) und es entstehen ernsthafte Zweifel, dass dort noch etwas passiert (jedenfalls von diesem Bauträger)