Boulevard West | Europacity

  • Frau Lüscher beschreibt die Laubengänge als 'charmant', naja im Allgemeinen werden Laubengänge wohl eher als 'assi' angesehen. Bin neugierig wie sich das hier entwickeln wird.
    Ansonsten bin ich schon mal erleichtert, dass das Gebäude einen etwas anderen Look haben wird, von daher hätte es schlimmer kommen können. Die Kubatur finde ich in Ordnung, die Größe stört mich jetzt nicht.

  • Frau Lüscher weiß nicht einmal wie der Kanal an der Heidestraße heißt. Im Statement in der Abendschau spricht sie vom Landwehrkanal!

  • naja im Allgemeinen werden Laubengänge wohl eher als 'assi' angesehen.


    Das Problem dieser Laubengänge ist, dass sie nur das EG umfassen. Entlang der Leipziger Straße zeigt sich, dass eingeschossige Laubengänge gedrückt wirken und zweigeschossige großzüging.


    In dieser Animation über das Viertel sieht man ab Sekunde 27 in dem "Phantasiegebäude" sogar eine zweistöckigen Laubengang. Das wirkt - auch abends - viel einladender.

  • da ist es wieder.. dieses wörtchen: "Nahversorgungszentrum"
    Das ist Stadtplanung der 60er Jahre!


    Retro-Stadtplanung passt doch wunderbar zum Retrotrend der "Neomoderne", die in den letzten Jahren mit Frau Lüscher in Berlin mehr als in jeder anderen europäischen Metropole erstarkte. Die Postmoderne, die unter ihrem Vorgänger Stimmann in Berlin aufblühte, man denke nur an den Potsdamer Platz, ward kaum noch gesehen. Das ist umso bedauerlicher, weil mit der "Europacity" die letzte große Leerstelle in prominenter Lage bebaut wird. Statt ein mutiger Fußabdruck für das 21. Jahrhundert zu sein sieht das alles sehr nach der Welt von Gestern, nach Moderne des 20. Jahrhundert, aus.

  • ^ Sehe ich anders. Auch wenn mir die Gestaltung der Umgebung des Hbf Berlin nicht gefällt, glaube ich eher dass tatsächlich versucht wird etwas 21st Century-mäßiges als Ensemble zu errichten. Extrem reduziert, befreit von hergebrachtem wie Dachformen oder jeglicher Fassadenzier entsteht hier Kubismus ein Reinstform, und zwar nicht nur ein, zwei Solitäre, sondern ein komplettes Ensemble. Als habe man bereits die Architekturhistoriker 2060 im Blick, die das ganze dann unter Denkmalschutz stellen sollen.

  • ^ und ^^ Das ist beides nicht stichhaltig, von welchem Entwurf redet ihr? Moderne war städtebaulich immer die Auflösung von Blockrandstrukturen – hier werden Blockrandstrukturen neu gebaut. Und der Robertneun-Block ist eben keineswegs so einheitlich wie die Ein-Gebäude-Blöcke am Hautbahnhof. Hier wechselt sowohl die Gebäudehöhe als auch die Fenster- als auch die Fassadenstruktur. Klar fehlt die Kulissentrickserei á la "Mall of Berlin", die verschiedene Häuser simuliert, wo es nur eines gibt. Sehr wohl gibt es aber die rhythmische Durchbrechung der Horizontale durch die Vertikale, wechselnde Fenster- und Balkonstrukturen und vor allem ein Material, das für die 60er-Jahre in Berlin vollkommen untypisch war: Backstein. In diesem Fall ist die Anleihe an die Backstein-Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts tatsächlich kein PR-Schnack der Juroren, sondern kaum zu übersehen.


    Aber um das Gebäude ging es in den letzten Beiträgen ja immer weniger, stattdessen wird eine Assoziationskette abgespult, um den üblichen Ressentiments gerecht zu werden: Lüscher, Rasterfassade, der Begriff Nahversorgungszentrum, die 60er-Jahre, die "Neomoderne" – und schon sollen Arkaden (!) "allgemein als assi angesehen" werden (so "assi" wie hier?) und alle fühlen sich in ihrer Verachtung bestätigt (auch wenn das Bild, das sie zeichnen, mit dem Entwurf kaum mehr zu tun hat). "Vergeistigt" fehlt noch, Pumpernickel.


    Mir gefällt der Entwurf gut, herausragend finde ich ihn nicht. Die Arkaden sind tatsächlich ein Stockwerk zu niedrig und ein bisschen mehr Abwechslung hätte es schon sein können. Was daran aber "extrem reduziert" bzw. "kubistisch" sein soll, ist mir ein völliges Rätsel.

  • Nachtrag: Mehr Bilder und ein bisschen Text zu dem Entwurf gibt es hier.


    Auch die Nutzung macht deutlich, dass es hier nicht um eine Neuauflage des Städtebaus der Moderne handelt. Der hat bekanntlich Wohnen, Einkaufen und Arbeiten in strikt separierten Stadtteilen angesiedelt; hier gibt es Wohnungen, Büros und Geschäfte in einem Gebäude. Das Wort "Nahversorgungszentrum" beschreibt nur einen kleinen Teil seiner Nutzung. Mit dem, was vor 50 Jahren unter diesen Begriff fiel, hat der Entwurf nichts gemein. Daran ändern auch empörte Ausrufezeichen nichts, Snitch.

  • Das Ganze wirkt viel zu steril. Der Potsdamer Platz steht in der Kritik, zu steril zu sein, obwohl er viel kleinteiliger ist als die zukünftige Europacity. Mit anderen Worten: die Europacity wird noch steriler wirken als der Potsdamer Platz.


    Einige Höhenabstufungen gefallen mir. Dennoch zu wenig Kleinteiligkeit. Zu wenig Vielfalt an Formen.


    ... entsteht hier Kubismus in Reinstform, und zwar nicht nur ein, zwei Solitäre, sondern ein komplettes Ensemble.


    Kubismus bedeutet aber nicht, daß man auf runde Formen verzichtet, oder?

  • Das wird wohl Vollbackstein - also keine Riemchen. Die Höhenabstufungen, Fensterkreuze und Fassadendifferenzierungen bringen Leben rein.


    Ich finde es top. Ich freu mich drauf. Das unter Lüscher vermehrt zu Backstein als Fassadenmaterial gegriffen wird, spricht für sie. Sie hat jedenfalls ästhetische Ansprüche und kann dem jetzigen unkultivierten Senat nur gut tun.

  • Das Wort "Nahversorgungszentrum" beschreibt nur einen kleinen Teil seiner Nutzung. Mit dem, was vor 50 Jahren unter diesen Begriff fiel, hat der Entwurf nichts gemein. Daran ändern auch empörte Ausrufezeichen nichts, Snitch.


    ey, ich habe nur ein einziges Ausrufezeichen verwendet... nicht elf! ;)


    Ich verstehe das übrigens anders: Dieses Gebäude IST das Nahversorgungszentrum für das GESAMTE Quartier. Und das wiederrum, ist sehrwohl typische Nachkriegsstadtplanung. Stadtrand, Neubauviertel in nähe eines Gewerbegebietes und irgendwo zwischen den endlosen Wohnblöcken gibt es ein Nahversorgungszentrum.

  • Fassade gut, Baukörper nicht. Viel zu sperrig. Eine Betonung eines kleinen Ecktürmchens wäre m.E. die bessere Wahl gewesen.


    Auf die Schnelle habe ich das mal zurechtgestümmpert:



    (C) ROBERTNEUN Architekten | Nachbearbeitung: Bato

  • ^ Gefällt mir im Original um ehrlich zu sein besser.


    Ich verstehe das übrigens anders: Dieses Gebäude IST das Nahversorgungszentrum für das GESAMTE Quartier. Und das wiederrum, ist sehrwohl typische Nachkriegsstadtplanung. Stadtrand, Neubauviertel in nähe eines Gewerbegebietes und irgendwo zwischen den endlosen Wohnblöcken gibt es ein Nahversorgungszentrum.


    Das ist so nicht ganz richtig. Die Wohnblöcke sind als Mischgebiet ausgewiesen, und erhalten teilweise auch kleinere Einzelhandelsflächen im Erdgeschoss. Das Sondergebiet als "Stadtteilzentrum" zeichnet sich eher dadurch aus, dass es größere Einzelhandels- und Büroflächen enthält, während sonst zumindest Wohn- und Büroflächen getrennt sind.

  • KaBa1 #24:
    Ich glaube, da verwechselst Du Laubengänge mit Arcaden. Das was Du meinst sind Arcaden.
    Laubengänge sind - vereinfacht gesagt - Erschließungsgänge zu den Wohnungen, die im Außenbereich verlaufen.

  • ... habe ich das mal zurechtgestümmpert...


    Mir gefällt dieser Entwurf weit mehr als der klotzig wirkende offizielle, die drei obendrauf aufgesetzte Geschosse wirken gekünstelt. Dein Entwurf betont mehr die Vertikalen, wirkt leichter und eleganter. Dass real irgend etwas umgeplant wird, ist aber unwahrscheinlich?


    Sind wir schon so tief gefallen, dass wir loben und erste Preise verteilen müssen wenn nicht alles bloß weiß-grau verputzt wird? Die Verklinkerung ist gut, aber daraus kann man mehr machen.

  • Sind wir schon so tief gefallen, dass wir loben und erste Preise verteilen müssen wenn nicht alles bloß weiß-grau verputzt wird?


    Nun, das ist die extreme Reduktion, die u.a. von Nothor hoch gelobt wird. Lese hier:


    Extrem reduziert, befreit von hergebrachtem wie Dachformen oder jeglicher Fassadenzier entsteht hier Kubismus ein Reinstform, ...


    Davon mal abgesehen, dass Kubismus mehr ist, als Kanten und rechte Winkel zu produzieren.


    Die Verklinkerung ist gut, aber daraus kann man mehr machen.


    Nochmals: Es ist nicht erwünscht, mehr daraus zu machen.


    Ich frage mich ohnehin, woher die Nachfrage kommen soll, um ein solch riesiges Neubaugebiet mit Leben zu füllen. Ok, die Nachfrage nach Wohnraum ist groß. Aber man will hier ja nicht nur Wohnraum schaffen, sondern auch Arbeitsplätze ansiedeln. Und woher sollen die vielen Arbeitsplätze und Unternehmen kommen, um die neu entstehenden Gewerbeflächen zu füllen? Soll in jedes Erdgeschoss ein Aldi-Discounter oder Matratzen-Concord einziehen? Ist das dann Stadtplanung für's 21 Jahrhundert?

  • ^ Auch an Dich die Frage: Was an diesem Entwurf ist "extreme Reduktion"? Bzw. andersherum: Was wäre für Dich nicht "extrem reduziert"? Stuck an der Fassade? Und wer wünscht was nicht? Nenn' mal Ross und Reiter, damit die Leser hier beurteilen können, ob Du ein gutes Argument hast oder nur eine Verschwörungstheorie.


    Und was Dein rethorisch-pathetisches "Ist das dann die Stadtplanung...?" elegant umschifft, ist die Frage, was denn auf so einer innerstädtischen Großbrache anderes anzusiedeln wäre als Wohnungen, Büros und Geschäfte. Was ist denn Dein Gegenvorschlag: Nur Wohnungen, damit die Leute zum Brötchenholen das Auto benutzen müssen? Die nächste Shoppingmall mit ganz vielen Parkplätzen drumherum? Oder einfach so lassen und warten, ob vielleicht ein Prenzlauer-Berg-mäßiger Gründerzeitkiez samt Patina und alter Bäume von allein aus dem Boden wächst?


    Ich habe auch so meine Bedenken, ob es heute noch möglich ist, lebendige Stadtviertel aus einem Guss zu bauen. Ich mache dafür aber erstens keine sinistren Ideologen verantwortlich, die "es nicht wünschen" und finde zweitens die Pläne für das Europaviertel sehr viel gelungener als z.B. die für die Europaallee in Frankfurt. Rechts und links der Heidestraße werden wirkliche Blockrandstrukturen gebaut, bei denen zumindest die Chance besteht, dass sie sich mit der Zeit mit Leben füllen.


    Sind wir schon so tief gefallen, dass wir loben und erste Preise verteilen müssen wenn nicht alles bloß weiß-grau verputzt wird?


    Kannst Du Dir vorstellen, dass mir der Siegerentwurf gefällt, ohne dass ich vorher gefallen wäre?


    Auf die Schnelle habe ich das mal zurechtgestümmpert:


    In der Regel bin ich ja ein Freund Deiner Alternativ-Visus. Diesmal aber nicht. Die Proportionen des Originals gefallen mir besser.


    ey, ich habe nur ein einziges Ausrufezeichen verwendet... nicht elf! ;)


    Das heißt drölf!!1!!1! :cool:

  • ^ Ganz deiner Meinung verehrtes Architektenkind, zumal wenn man sich die Lage ansieht. Genau zwischen Prenzlberg und Moabit gelegen und einen Steinwurf vom Hbf und Regierungsviertel entfernt. Davor ensteht gerade ein neuer Business-District gleich um die Ecke ist Bayer ehemals Schering diverse Forschungseinrichtungen Hochschulen und Institute. Also, dass es dort nicht lebendig werden würde kann ich mir nicht vorstellen. Ich stelle mir auch gerade in diesen neuen Quartieren sehr viel mehr Einzelhandel als nun die hundertausendste Shopping-Mall vor. Kirchen werden ja wohl in den neuen Quartieren leider erst garnicht mehr geplant. Schön wärs wenn man auch sowas wie eine Markthalle bauen würde!!!!!!!!!!! elf Ausrufezeichen