To whom it may concern,
ich bin Angestellter eines internationalen Konzerns mit Hauptsitz in den Vereinigten Staaten. Ohne näher auf die Firma oder meine Funktion einzugehen möchte ich hier verraten, dass wir gerade planen unsere ganzen EMEIA Aktivitäten in FFM zu bündeln. Bisher waren diese in London gebündelt. Das geht nicht über Nacht, das wird ein mehrjähriger Prozess sein. Die Entscheidung wurde aber gestern getroffen und intern kommuniziert.
Durch ihre Mischung aus Selbstüberschätzung und Trotz haben sich die Briten da ein Eigentor geschossen, das noch viele Jahre lang Strukturveränderungen zu Ungunsten der Briten bedeuten könnte. Und die "Zinseszins-Effekte" sind sowieso unabsehbar. Eine Investition, die jetzt nicht in UK getroffen wird, kann in der Zukunft keine Folgeinvestitionen in UK nach sich ziehen, keinen Folgekonsum in UK, kein Folgewachstum in UK, und immer so weiter. Und eben umgekehrt in Frankfurt!
Abgesehen vom Zollchaos und ähnlichen Kurzzeiteffekten ist das also ein "gift, that keeps on giving". Zumindest für Frankfurt. Uns wird das jetzt locker 3 Jahre beschäftigen. Ich weiss nicht wie repräsentativ das ist. Der Brexit ist aber noch lange nicht wirtschaftlich vorbei, nur weil er demnächst politisch vorbei sein wird. Möglicherweise wird auch unsere Präsenz in Berlin im Zuge der Bündelung nach Frankfurt verlegt. Möglicherweise ernähre ich mich dann auch bald von grüner Sauce und Apfelwein. Will sagen, oft nutzen Firmen solche Umstrukturierungen gleich zum großen Wurf. Das heißt, das muss keine Milchmädchenrechnung sein, nach dem Motto ich addiere x Stellen in Frankfurt und substrahiere x Stellen aus London, fertig. Der Grund für Londons bisherige Bedeutung in der globalisierten Welt war ja genau dieser Klebe-Effekt, eine Art Gravitation der Bedeutung. Und je größer die Bedeutung Frankfurts ist, desto größer wird die Bedeutung Frankfurts in Zukunft werden, desto größer wird die Bedeutung Frankfurts in Zukunft werden, und so fort.
Grüße von der Spree an den Main!