Finanzplatz Frankfurt

  • Was da auf irgendwelchen G20 Summits beschlossen wurde, ist das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben wurde. Das sind Lippenbekenntnisse.


    Das ist natürlich nicht so. Gerade Basel III ist in Europa, d.h. in der Schweiz und der EU in konkrete Rechtsvorschriften umgesetzt worden. Die Umsetzung erfolgte durch eine EU-VO, die sog. CRR, die unmittelbar gilt und nicht eines nationalen Transformationsgesetzes bedarf, sie gilt also auch in der City. Könnte dir entgangen sein, dass ab einer bestimmten Bilanzsumme nicht mehr die nationale Bankenaufsicht zuständig ist, sondern die EZB-Bankenaufsicht in Frankfurt (Mod.!)? Ja es ist ein mühsames Geschäft, aber auch UK kann darüber nicht hinweggehen, egal ob Mitglied der EU oder nicht; im letzteren Fall halt ohne Mitbestimmungs- oder Vetorechte.

  • Ein Grund zu feiern! Ein schöner Arschtritt für die ****** EU!


    Ich halte Deine Schadenfreude für äußerst unangebracht und würde gerne Deine Argumente hören und keine Parolen, die aus der "Zeitung" The SUN stammen könnten. Wir reden hier von der schwersten politischen Krise der EU seit seiner Gründung, ich verspüre Schockstarre, Traurigkeit und Fassungslosigkeit. Cameron hat mit einer traumwandlerischen Leichtfertigkeit seinem Land großen Schaden (die Rezession ist vorprogrammiert) zugefügt und könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Abspaltung Schottlands führen.


    Kleinstaaterei und Nationalismus haben Europa ins Verderben geführt, das zeigt die Geschichte Europas der letzten 500 Jahre. Ich fürchte mich sehr vor dem Präzedenzfall, der durch diese kurzsichtige Wahl, verursacht worden ist. Polen und Ungarn werden bereits von europafeindlichen Demagogen regiert. Nun folgt man also den Leave-Parolen von Donald Trump, Geert Wilders und Marie Le Pen. Es muss doch klar sein, dass diese Politiker kein zukunftsfähiges Programm anzubieten haben. In Zeiten der Hyper-Globalisierung, welche übrigens maßgebend von den Briten (English als Lingua Franca) angestoßen wurde, ist das ein klarer Rückschritt.

    Das Wochen-Magazin "The Economist" hat es auf seinem Cover am besten auf den Punkt gebracht: "Divided We Fail"!!! Dieser Tag kennt nur Verlierer und kann höchstens lupenreinen Demokraten wie Vladimir Putin in die Karten spielen.

  • Keine Überraschung übrigens, die Chancen standen 50:50, nur wer ausschließlich Dt Medien konsumiert hat ist jetzt überrascht, da wurde bewusst einseitig und irreführend berichtet...


    Entschuldigung, aber Deine Behauptung stimmt so einfach nicht und ist zudem irreführend. Weder die New York Times, noch die Financial Times, der Economist, die Neue Züricher Zeitung, der Wall Street Journal oder Le Monde haben es kommen sehen. Von bewusst irreführender Berichterstattung der deutschen Medien, die ich in der Breite eher als sachlich und angenehm unaufgeregt einschätze, würde ich da nicht sprechen. Bitte verkaufe Deine Hypothese nicht als Faktum, besonders wenn Du damit die freie Presse in diesem Land als Kollektiv an den Pranger stellen möchtest.


    Es ist doch eher die sogenannte englische Sensationspresse oder Yellow Press wie The Daily Mirror, The Globe, The Daily Mail, News Of the World, The Times und The Sun die apokalyptische Schreckens-Szenarien geschürt und ein Zerrbild der EU entworfen haben. Die letzten beiden Outlets gehören dem Medien-Mogul und Erzkonservativen Rupert Murdoch, dem zufällig auch das Imperium "Fox News" in den USA gehört, das sich stark für Donald Trump einsetzt. Fox News hat es beinahe alleine geschafft, das öffentliche politische Klima in den USA nachhaltig zu vergiften und extrem zu polarisieren. Der selbstverliebte Australier Rupert Murdoch hat die Welt nachhaltig zu einem schlechteren Ort gemacht.

  • Ich bin irgendwie immer noch skeptisch und werde es wohl auch noch ein paar Jahre sein,ob das ganze wirklich auch so umgesetzt wird.Die EU Gegner wollen sich Zeit lassen und sich nicht einmal auf die 2 Jahre berufen/festsetzen.


    Irgendwie kommt mir das Ganze vor,wie ein Votum ohne ein richtiges Ergebniss,nur mit vielen Diskussionen.


    Es wird noch zahlreiche Proteste geben evtl. Abspaltung Schottlands etc.dass das ganze noch vermildern oder verhindern kann.


    Den Brexit sehe ich noch lange nicht.Wer weiß,ob die EU Gegner dann nicht doch noch das ganze sein lassen,es aus irgendeinem Grund ein neues Referendum gibt oder es einfach im Sande verläuft.

  • Eigentlich geht es hier ja um die Folgen für Frankfurt, aber das lässt sich ja kaum von der Diskussion über die Zukunft der gesamten EU trennen. Ich messe eine große Bedeutung der Frage bei, wie die Trennung nun abläuft, vor allem auch wie schnell. Einen "Verzicht" aus den Brexit kann ich mir nicht vorstellen, dass würde UK vollkommen zerreißen (wobei auch ein Bremain die bestehende Spaltung ja nicht überwunden hätte). Es wird dauern und UK wird mit dem Austritt wohl zeitgleich einen Sonderstatus bekommen, wenn es den denn will. Denn eine harten Trennung wird man wohl weder auf der Insel noch dem Kontinent wirklich wollen. Wie könnte der Sonderstatus aussehen? Ich denke, das Modell "Norwegen" oder "Schweiz" wäre eine Idee als Minimallösung. Dann könnte man es natürlich noch etwas pimpen. Dass man den Briten aber nur die Rosinen lässt, glaube ich nicht. Politisch sind sie sicher draußen, also auch mit der Möglichkeit zur starken Einflussnahme auf die weitere Entwicklung. Denn wenn man ihnen hier Sonderrechte anbietet, stehen gleich 10 andere Länder auf der Matte und wollen das auch. Das wäre dann ein echtes Problem. Die Entwicklung eines "besonderen" Status würde sich auch als Blaupause für andere Länder (Türkei...?) eignen. Insbesondere wenn man es dann noch mit einem Europa der 2-Geschwindigkeiten/Kerneuropa (oder wie immer man das nennen will) paart. Letzteres halte ich auch für unbedingt notwendig, wenn die EU weiter bestehen soll und auch Frankfurt ein echter Profiteur des Austritts werden sollte. Für das Kerneuropa gibt es nur die Flucht nach vorn. Das heißt engere Verzahnung und damit auch Kompentenzabgabe bei stärkerer demokratischer Legitimation. Das wird auch für Deutschland eine harte Nuss, denn bisher entwickelte sich die EU ja sehr in die von uns gewünschte Richtung. Ein "auf der Stelle treten" oder Rückführen auf eine reine Zoll- und Wirtschaftsunion könnte mE stark nach hinten losgehen. Das funktioniert genauso wenig wie das Euro-Konstrukt in seiner jetzigen Ausprägung bzw. würde sehr viel weniger bringen, als viele hoffen. Spannend ist für mich die Frage, ob und wer sich zu einem Kerneuropa bekennen könnte. Ich schätze die Bereitschaft dafür in Deutschland und BeNeLux am höchsten ein. Österreich wird - wenn sie nicht völlig durchgehen - sich dann anschließen, weil sie letztlich wirtschaftlich immer mit Deutschland gehen. Finnland und das Baltikum wären mE grds. auch daran interessiert. Ansonsten wäre ich sehr vorsichtig. Was ich mir aber jetzt schon sehr gut vorstellen kann ist, dass asiatische Firmen (oder sonstige Unternehmen von außerhalb der EU) bei einer Ansiedlung verstärkt auf Frankfurt setzen, nach dem Motto: sicher ist sicher.

  • Stimme da Megaxel zu. GB wird wahrscheinlich nicht komplett rausfliegen aber Sachen wie der EU Pass für Banken werden von der EZB mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt werden. Ergänzend zu den Staaten die ein Kerneuropa vertiefen wollen: Frankreich und Italien sind auch sehr daran interessiert. Ein 2 Geschwindigkeitssystem für Europa kann ich mir durchaus vorstellen. Davon würde natürlich dann auch Frankfurt stark profitieren, denn man ist ja jetzt auf jeden Fall schonmal Finanzbehördenhochburg, dementsprechend würde sich dann auch ein Sog auf dem Finanzplatz einstellen.

  • Wobei die Finanzbehördenhochburg mit der - weniger bekannten - Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA noch wachsen könnte. Den Wegzug aus London im Brexit-Fall hat der EBA-Vorsitzende schon verkündet (FAZ). Nach Frankfurt? Es sind zwar bisher nur rund 150 Stellen - aber bestimmt gut dotierte. Und Behörden wachsen ja gerne unaufhaltsam ...

  • Ich denke, das Modell "Norwegen" oder "Schweiz" wäre eine Idee als Minimallösung.


    Das Schielen der Briten auf einen EWR-Status wie Norwegen oder Island wäre ein Witz.


    Das EWR-Abkommen vom 2. Mai 1992, das die Mitgliedstaaten der EFTA (mit der Ausnahme der Schweiz) und die Mitgliedstaaten der EU geschlossen haben, dehnt den Europäischen Binnenmarkt auf Island, Liechtenstein und Norwegen aus, sodass er insgesamt 31 Länder fasst. EWR-weit gelten insbesondere die vier Freiheiten des Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs, mit Sonderregelungen für Agrarwaren.


    Das bedeutet nichts anderes, als dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die die Briten mit dem leave-Votum eigentlich loswerden wollen, genauso wieder akzeptieren müssten wie ganz viele andere Regeln, die die vier Grundfreiheiten mit sich bringen, ohne allerdings in den Gremien der EU vertreten zu sein. Die Freiheit des Waren- und Dienstleistungsverkehrs bedeutet vor allem Rechtsangleichung und das heißt nichts anderes als Übernahme ganz vieler Regeln. Wenn britische Firmen z.B. Rolltreppen oder Aufzüge in der EU verkaufen wollten, müssten sie die Produkthaftungsrichtlinie beachten, eine dieser verhassten Regeln, die das britische Volk angeblich so versklaven und die erzwingen, dass britische Rolltreppen x m/s schnell sein sollen und nicht x yards/s.


    Nicht wirklich, oder?

  • Ich glaube wir sollten London noch nicht völlig abschreiben und Frankfurt und Paris überweberten, jetzt gibt es grosse Ungewissheit, aber wenn einen Vertrag zwischen UK und EU in trockenen Tüchern ist, und wenn wieder die alte Konflikte in der restlichen EU und Eurozone in den Vordergrund auftauchen, da wird keine EU Stadt für das Kapital zu verführerisch, London im Gegensatz, würde zum sicheren Hafen in Europas. Also, noch ist es alles völlig offen, vor allem was die mittel und langfristige Zukunft Frankfurt betrifft

  • Ich kann nur auf folgenden Artikel hinweisen:


    http://www.faz.net/aktuell/wir…kein-brexit-14303605.html


    So wird es meiner Meinung nach ungefähr laufen.Der Brexit wird kein richtiger Brexit.


    Es wird ungefähr die Mitte zwischen Gegnern und Befürwortern sein.Man muss sich von den klassischen Gedanken a la Norwegen oder Schweiz lösen.GB wird eine Extra Sonderstellung bekommen,so dass es nur theoretisch zu einem Brexit kommen wird,aber praktisch bleibt fast alles beim alten.GB war auch so immer nur ein halber EU Mitgliedsstaat ohne Euro usw. und wird es auch weiterhin bleiben,nur dass es offiziell nicht mehr zur EU gehören wird.

  • Entschuldigung, aber Deine Behauptung stimmt so einfach nicht und ist zudem irreführend


    Das ist deine Meinung, ich sehe das komplett anders. The Sun und Fox News usw sind natürlich nicht neutral, aber ich war selbst in London vor wenigen Wochen und die BBC Berichterstattung war extrem neutral während unsere Nationale Presse fast nur einseitig berichtet hat, eigentlich wie zu allen Themen, u.a auch Trump. Um beim Frankfurt-Bezug zu bleiben; der Lokal-Journalismus in Deutschland (zB FR, FNP) hat ein deutlich höheres Niveau. Die Nationale Medien hier sind aber auch nicht besser als zB Putins Medien und nicht neutral.

  • Von hoffentlich rationaler Politik und irrationalen Scheichs

    Nun versuche ich mich auch mal an einer hoffentlich nicht zu langen Analyse und kurz zu deren Auswirkungen auf Frankfurt.


    Zur Berichterstattung im Vorfeld: Da hat niemand fehl-informiert. Die Medienöffentlichkeit ist den Demoskopen gefolgt, die einen knappen Vorsprung für das IN-Lager vorausgesagt haben. Was wohl die rational einfachere und sicherere Entscheidung gewesen wäre. Da konnte man sich auf die Schotten stützen: Die haben am Ende in ihrem Referendum ja auch auf Sicherheit und nicht auf Risiko gesetzt. Letztlich war das pragmatischere Konzept einer EU-Mitgliedschaft aber offensichtlich nicht anziehend genug, um gegen die Verärgerung und das Pathos eines "Independence-Days" zu bestehen. Das sollte der EU massiv zu denken geben, ob sie wirklich ein überzeugendes Konzept ist - offenbar nicht. Und nicht nur der scheidende Britische Premier hat sich die Finger verbrannt, Labour hat ebenso schlechte Arbeit geleistet, ihre eigenen Wähler von ihrer Stay-In Position zu überzeugen. Alle sind Ursache für dieses Ergebnis (von 'Schuld' oder der unglücklichen Wortwahl einer 'Britischen Krankheit', wie ich heute im ZDF einmal gehört habe, will ich da nicht reden. Das ZDF ist EU freundlich, entsprechend ist die Reaktion. Das kann man ihnen eigentlich ebenso wenig zum Vorwurf machen wie großen Teilen der englischen Boulevard-Presse, die traditionell eher EU skeptisch ist und entsprechend berichtet hat. Neutral ist, was man selbst für neutral hält).
    Was danach heute/gestern geschah ist Unsicherheit und etwas Panik, aber viel viel Schauspiel. Die einen feiern einen Sieg, der - wenn er vollkommen ausgekostet wird - ihr Land zu einem unbedeutenden Felsen im Atlantik machen könnte, und die Vertreter der EU stellen sich allen Ernstes vor die Presse und tun so, als wollen sie an UK ein Exempel statuieren. Beides geschieht aus absurden politischen Motiven. Dabei sind beide vollkommen aufeinander angewiesen. Allerdings: der aktuelle Zustand der Beziehung ist für beide offensichtlich suboptimal, also wird man einfach einen neuen finden müssen. Das muss doch kein Weltuntergang sein, eher ein Neuanfang. Ein Land das dermaßen vom Dienstleistungssektor abhängig ist muss Teil des Binnenmarktes bleiben - da werden sie die Personenfreizügigkeit letztlich mehr oder minder anerkennen müssen. Und die EU, wirtschaftlich in weiten Teilen sowieso schon angeschlagen, kann nicht auf 15-20% ihrer Wirtschaftleistung verzichten. Für die Briten wird sich bis auf ein paar weniger Abgeordnete in Stasbourg, aber auch weniger Mitsprache bei der Gesetzgebung wenig ändern. Die EU wird jenen Nationen, die nicht mehr sein wollen als Teil eines Binnenmarktes nicht dauerhaft einen anderen Status vorenthalten können, ohne ihr eigenes wackliges Konstrukt zum Einstrutz zu bringen.
    Dass das gleich zum allgemeinen Säbelrasseln in Europa führen wird, kann ich nicht nachvollziehen. Der Gedanke eines geeinten Europas ist ein schöner Gedanke, aber nur weil die Norweger nicht Teil davon sind, sind noch keine Wikingerhorden über Schweden hergefallen. Wenn etwas Krieg verhindert, dann wohl eher wirtschaftlicher Erfolg in gegenseitiger Abhängigkeit, wie auf dem europäischen Binnenmarkt und nicht unbedingt die idealistische Institutionalisierung der EU. Wie der wirtschaftliche Erfolg (möglichst vieler Teilnehmer) auf diesem Markt erreicht wird, ist eine andere Frage, aber wohl eher die, die über Krieg und Frieden entscheidet.
    Für unsere wunderschöne Stadt Frankfurt am Main wird sich wirtschaftlich wohl wirklich nicht viel ändern. Vielleicht wird es ein paar Zweigstellen mehr geben, aber mehr wohl nicht. Was mir dazu in Deutschland fehlt, ist diese schützende Hand, die die britische Regierung seit jeher über die City gehalten hat - weil deren prosperieren Grundlage für das prosperieren des ganzen Landes ist. Deutschland ist weit weniger abhängig von seinem Finanzsektor als UK, zudem gefühlt politisch insgesamt eine Nuance weiter links. Wenn die City nach Frankfurt käme, wäre sie doch vor nichts und niemandem mehr sicher. Luxembourg wäre doch das attraktivere Ziel.
    Bei allen langfristigen Überlegungen eines Homo Oeconomicus gibt es ja trotzdem noch die Panik und die Unsicherheit dieser Tage. Wenn die sich lange genug hält, kann ich mir schon vorstellen, dass der ein oder andere Scheich und Oligarch vorsichtshalber doch mal eine Wohnung in Frankfurt erwirbt - nach dem Motto: Man kann ja nie wissen, wohnen muss man da wahrscheinlich nie. Daher mache ich mir um den Frankfurter Wohnungsmarkt im Luxus-Segment, auch wenn ich, wie gesagt, sonst wenig wirtschaftliche Auswirkungen auf die Stadt sehe, keine Sorgen. Die Wohnungen im Porsche Tower werden sich verkaufen wie geschnitten Brot... bzw. wie Magnumflaschen Krug Champagner.


    Der oben genannte Artikel in der FAZ ist übrigens wirklich gut!

  • EBA

    Wobei die Finanzbehördenhochburg mit der - weniger bekannten - Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA noch wachsen könnte. Den Wegzug aus London im Brexit-Fall hat der EBA-Vorsitzende schon verkündet...


    Der EBA-Vorsitzende sprach listigerweise von einer anderen "europäischen Hauptstadt". Frankfurt scheint also nicht auf seiner Wunschliste zu stehen. Dabei wäre Frankfurt die folgerichtige Wahl, ist hier doch schon die Aufsicht für den EUR-Raum angesiedelt.

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    Frankfurt (Sitz der EIOPA & EZB-Aufsicht) und Paris (ESMA) sind aus der Wahl ausgeschlossen, da bereits europäische Finanz-Aufsichtsbehörden dort sitzen. Es wird wohl ziemlich sicher Madrid werden, da Mailand ebenso keinen Hauptstadt-Status hat.


    Die Nationale Medien hier sind aber auch nicht besser als zB Putins Medien und nicht neutral.


    Gerne kannst Du eine andere Meinung haben, aber Deine Verallgemeinerungen sind bewusst provokativ formuliert und betteln regelrecht nach einem Konter. Mit diesem absurden Statement wäre ich sehr vorsichtig, besonders wenn Zehntausende aus Putins Russland fliehen, da dort keine freie Meinungsäußerung getätigt werden darf (und Oppositionspolitiker auf offener Straße erschossen werden). Türkei, Polen und Ungarn entwickeln sich leider gerade in diese Richtung, obwohl man sich diese demokratischen Rechte mit viel Blut und Geduld einst erkämpfen musste. In Hong Kong merkt man den Vorher/Nachher Effekt von freier zu unfreier Presse sehr deutlich.


    In Deutschland hat man in den letzten 150 Jahren sehr schlechte Erfahrungen mit der Unterdrückung der freien Meinungsäußerung gemacht. Ich hoffe, dass ich die Beispiele nicht aufzählen muss. Das Resultat ist: Heute werden Sueddeutsche, Spiegel, Zeit, FAZ, Handelsblatt, WAMS oder die Wirtschaftswoche von vielen neutralen, internationalen Instanzen mit journalistischen Preisen nur so überhäuft und das völlig zurecht. Der Sueddeutschen Zeitung kam bei der Veröffentlichung der Panama Papers aufgrund des exzellenten Rufs sogar eine zentrale Rolle zu, da man Angst hatte, dass englische Zeitungen hier zögerlicher gehandelt hätten (aus Angst vor der Wirkung auf ihre Finanzbranche).


    Zudem wünsche ich mir keine Trump-Berichterstattung, die seine offensichtliche Unkenntnis von zentralen Themen, die jeder Fünftklässler wissen müsste, übersieht. Diesen Fehler hatte man schon bei George W. Bush gemacht, den man als sympathischen Dumpfkopf verniedlichte gegenüber dem angeblich langweiligen Al Gore (der einen hohen dreistelligen IQ vorzuweisen hatte). Das Resultat waren dann Kriegstreiber wie Cheney, Rumsfeld und Rice, von denen sich die USA erst in 20 Jahren wieder erholen wird. Es gehört zur journalistischen Pflicht seine Lügen und bewussten Fehlinformationen sofort richtig zu stellen und nicht zu relativieren. Das ist das Brot und Butter Geschäft eines vernünftigen Journalismus und Murdochs Presse hat die Lügen der Leave Kampagne ebenso relativiert. Es ist eine Schande, dass selbst eine angesehene Zeitung wie "The Times", die ebenso Murdoch gehört, sich auf dieses Niveau herab gelassen hat.


    Mir ist die Auswirkung auf Frankfurt übrigens relativ schnuppe. Die Stadt wird sich auch so sehr gut entwickeln. Was nützt mir ein boomendes Frankfurt, wenn die EU drum herum auf den Abgrund zuschlittert und UK nun auch in die Rezession fallen wird? Jetzt geht es darum die grassierende Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich, Italien und Spanien zu bekämpfen, die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen und die Steueroasen trocken zu legen. Die Engländer haben entschlossen, dass sie lieber den Kopf in den Sand stecken wollen. Mal sehen welche Halbwertzeit diese Strategie haben wird.

  • Der EBA-Vorsitzende sprach listigerweise von einer anderen "europäischen Hauptstadt". Frankfurt scheint also nicht auf seiner Wunschliste zu stehen. Dabei wäre Frankfurt die folgerichtige Wahl, ist hier doch schon die Aufsicht für den EUR-Raum angesiedelt.


    Frankfurt kann es nicht werden.
    Die Aufsicht für die Euro Banken ist bei der EZB angesiedelt. Und die EBA überwacht die Banken der gesamten EU.
    Zudem ist mit der EIOPA bereits eine der drei Hauptaufsichtsbehörden der EU für die Finanzindustrie in Frankfurt angesiedelt.

  • Golden Age: Deutsche Medien, besonders ÖR, haben sicherlich eine außerordentliche Qualität. Sie berichten verantwortungsvoll, heizen keine Stimmungen an. Leider liefern sie mir zu den wichtigsten Themen selten neue Erkenntnisse, man liest überall die gleiche weichgespülte Soße. In der Euro- wie schon in der Flüchtlingskrise hätten die Medien die Diskussion vorantreiben müssen. In beiden Fällen fragte man sich immer wieder entsetzt, wo das alles hinführen soll und schaute hilflos auf die Medien. Doch von denen kam und kam nichts. Um neue Erkenntnisse und kontroverse Meinungen zu finden muss man sich schon im Ausland umsehen. Da hieß es beispielsweise: Deutschland sollte im eigenen Interesse und im Interesse Europas den Euro verlassen. Hierzulande wäre das eine unglaubliche Aussage. Aber die Alternativen sähen so aus: Haftungs- und Transferunion, weiter wie bisher (jährliche Hilfsmilliarden für den Süden, auf Dauer nicht durchzuhalten), politische Union (wäre verantwortungslos, weil nicht von den Bürgern gewünscht und die Rechte stärkend) oder Warten darauf dass andere Länder den Euro verlassen, in diesem Fall müsste Deutschland auf hohe Forderungen verzichten. Solche Fragen interessieren einen doch brennend, die Medien warten aber immer ab, bis von der Politik selbst etwas kommt. Das ist mir ehrlich gesagt zuviel Rücksicht auf den armen, verwirrten Leser. Momentan sieht es doch so aus, als würden die Unsicherheiten für die Eurozone und damit für den Finanzplatz Frankfurt trotz Brexit noch länger bestehen bleiben, als die für London, wo nach Abschluss der Verhandlungen Klarheit bestehen wird. So fällt es mir jetzt auch schwer, mir ein Urteil über die Aussichten für Frankfurt zu bilden.


    Edit:


    die BBC Berichterstattung war extrem neutral


    Das ist mir auch sehr positiv aufgefallen. Der ÖR in Deutschland ist qualitativ gut, aber nicht neutral. Die politischen Ansichten der Journalisten treten regelmäßig deutlich zu Tage. Das wäre an sich kein Problem, wenn die vertretenen Ansichten sich stärker unterscheiden würden.

  • Ich lehne mich mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass sich die Stadt durch den Brexit sehr stark verändern wird.


    Wie viele Arbeitsplätze in einem ersten Schwung in Frankfurt entstehen werden, vermag ich kaum zu beurteilen. Ganz wichtig erscheint mir aber die Hoffnung, dass Frankfurt mittelfristig ein Stück des Kuchens abbekommen wird. Denn diese Hoffnung macht die Realisierung der derzeit geplanten und in Pipeline befindlichen Bauprojekte sicher ein ganzes Stück wahrscheinlicher.


    Die Hochhauscluster in der Stadt werden dichter werden, Neubaugebiete wie das Europaviertel und der Osthafen werden eine großstädtische Atmosphäre erhalten. Frankfurt wird überall die Veränderung seines Stadtbilds vorantreiben können und bald weit und breit die einzige Stadt mit richtiger Innenstadtausstrahlung sein.


    Und so eine beeindruckende Stadt wird ihre Nutzer schon finden - Bewohner wie Unternehmen. Mehr Einwohner und neue Unternehmen wiederum werden weitere Dynamik in der Stadterneuerung entfalten.


    Frankfurt hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre sehr gewandelt - bezüglich seiner Architektur, aber auch bezüglich seines Lebensgefühls. Die Stadt wirkt hungrig nach mehr: nach Kultur, nach coolen Locations, nach neuer Innenstadt. Ich glaube, dass der Brexit der Startschuss eines noch viel größeren Booms ist.

  • Es ist schon sehr bezeichnend wie die üblichen Verdächtigen reagieren, wie ein trotziges Kind dem der Lolli weggenommen wurde. Das britische Volk hat entschieden, und diese Entscheidung ist verdammtnochmal zu respektieren! Punkt!
    Anstatt jetzt angebliche Populisten als Schuldige zu brandmarken, sollte man eher in sich gehen, und überlegen, warum es zu diesem Votum kam. Fakt ist doch, dass die EU sich zu einer zentralistischen, teils regelrecht sozialistischen, regulierungswütigen Bürokratiekrake entwickelt hat, die auf der einen Seite zwar ohne demokratische Legitimation (in Deutschland durfte das Volk noch nicht mal über den Vertrag von Lissabon abstimmen) tief in nationale und regionale Angelegenheiten hineinregiert, aber auf der anderen Seite weder Willens noch in der Lage ist seine Grenzen wirksam zu schützen, den Single-european-Sky umzusetzen oder eine Streitmacht aufzustellen um die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik mit Leben zu füllen. Von der katastrophal schlechten Figur die die Union in den aktuellen Banken-, Schulden- , Euro- und Asylkrisen abgibt, wo sie sich bisher nur durch Handlungsunfähigkeit/willen und widersinnige Fehlentscheidungen ausgezeichnet hat, ganz zu schweigen.
    Kompetenzen müssen zurück an die nationale und regionale Ebene, Beschränkung der EU-Zuständigkeit auf Themen die wirklich von Bedeutung für den gesamten Kontinent sind. Schritte in Richtung Transfer- oder gar Sozialunion, und jegliche Anreize zur Armutsmigration sind definitiv zu vermeiden / rückgängig zu machen. Europa der Vaterländer statt Vaterland Europa! Und vor allem die Bürger auf dem Kurs mitnehmen, anstatt sich belehrend aufzuspielen. Dann hat man die Chance die Union noch zu retten, und irgendwann vielleicht auch die Briten wieder auzunehmen.
    Ein alternativloses "weiter so" darf es daher nicht geben, sonst war UK tatsächlich der Dominostein der die ganze Union zu Fall brachte. Die nächsten Austrittsreferenden (Schweden, Niederlande, ...) sind möglicherweise nicht mehr weit. Für Deutschland besonders tragisch, da die von Cameron vor einigen Monaten verlangten Forderungen sämtlichst auch in Deutschem Interesse gewesen wären, zumal jetzt ein trotz Briten-Rabatts extrem wichtiger Netto-Zahler wegfällt, und auf Deutschland somit noch mehr Lasten hinzukommen. Außerdem werden sich die Stimmgewichte noch mehr zu den nicht gerade durch Liberalität, Prosperität, halbwegs gesunde Finanzen oder Reformanstrengungen auffallenden Südeuropäern und Franzosen verschieben. Es steht zu befürchten, dass sich das ganze noch mehr in Richtung Transfer- und Haftungsunion entwickelt, mit Deutschland als Zahlmeister. Das kann nicht gut gehen. Die gemeinsame Währnung ist ja schon das beste Beispiel wie eine zum Teil vielleicht gut gemeinte Friedensidee letztlich zu enormen Unstimmigkeiten und Animositäten zwischen den Völkern geführt hat, wie sie vor 20 Jahren niemand mehr für möglich gehalten hätte.
    Frankfurt dürfte daher einer der wenigen Orte sein, der tatsächlich die Chance hat vom Brexit zu profitieren. Doch fürchte ich, dass zumindest langfristig die negativen Folgen auch hier überwiegen werden.

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    Ich weiß jetzt nicht genau, wen du mit den üblichen Verdächtigen meinst, aber ich kann nicht erkennen, dass irgendjemand unangemessen reagiert hätte. Wer respektiert denn die Entscheidung nicht? Wenn man sagt, dass man sich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte und traurig über die Entscheidung ist, ist das doch völlig ok. Das hat nichts mit Trotz zu tun, sondern ist ebenfalls die freie Meinungsäußerung, die jedem, übrigens auch Politikern, zu steht.


    Nochmals zum weiteren Ablauf: Eine Sonderlösung für UK dürfte offenbar sowohl den Briten als auch den meisten EU-Staaten am liebsten sein, damt die wirtschaflichen Schäden nicht zu groß werden. Klingt also nicht unwahrscheinlich: Mehr als Norwegen, aber weniger als die Vollmitgliedschaft.


    Wenn die Lösung für UK zu bequm ist, stehen aber gleich 10 andere Länder auf der Matte und wollen das auch für sich. Einige Kröten muss UK also schlucken, die Frage ist nur, welche.


    Ich kann mir nicht vorstellen, dass UK den gleichen politischen Einfluss, also auch eine Vertretung im EU-Parlament oder der Kommission, behält. Das wäre ja sonst wieder Exit vom Brexit. Auf der anderen Seite könnten dabei Änderungen beschlossen werden, die auch auf andere Länder angewandt werden, die ebenfalls eine losere Union wollen, wenn im Gegenzug keine Widerstände gegen eine Kernunion ander Nationen aufgebaut werden.


    Spannend wird auch, wie man die Lösung dann "verpackt". Ich glaube auch, dass es lange dauern wird, bis man eine Einigung hat.


    Frankfurt wird zumindest ein bisschen profitieren. Jedenfalls wird Frankfurt jetzt ständig als Alternative zu London genannt. Das ist ja schon einmal eine gute Werbung. Hier hat man auch schnell reagiert: https://welcometofrm.com/


    Und so lange das Gezerre andauert, werden die Banken und andere sicher ein Standbein in Frankfurt unterhalten oder aufbauen. Auch neue Ansiedelungen außerhalb der EU könnten Frankfurt dann den Vorzug geben. Motto: Sicher ist sicher.