WBM Neubau-Offensive Luisenstadt

  • Ich komme normalerweise nicht in die Gefahr landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu verteidigen, aber hier können sie kaum etwas anderes tun. Der Blockrand wird geschlossen und zur Lärmquelle hin entsteht eben Gewerbe, damit die Gesetz- und Verordnungslage eingehalten ist. Irgendetwas anders machen zu wollen hiesse auf Jahre an diesem Ort gar nicht zu bauen. Dass die Häuser wieder im aktuellen Lüscherstyle errichtet werden war schon während der Rotschwarzen Koalition so.


    Das andere ist die Verdichtung. Erstens spürt man diese ja überall innenhalb des S-Bahnrings. Baulücken, tankstellen, selbst provisorische Bauten am Kaiserdamm deren Grundstücke wir für Wohnungsbau vor zehn Jahren nicht mal im Vorbeifahren angeschaut haben, werden jetzt bebaut. Das ist gut.


    Allerdings zweitens ist das große Thema eher die Nachverdichtung der Nachkriegssiedlungen - in Ost- und West. Hier tritt die Bausenatorin aus Klientelgründen auf die Bremse und die Wohnungsbaugesellschaften bekommen nur etwa die Hälfte ihrer Pläne durch, z. B. an der Frankfurter Allee oder Karl-Marx-Allee. Hierzu würde es politische Entscheidungen benötigen: Nordseite der Leipziger Straße, Fischerinsel, Köpenicker Straße - und, und und. Der B-Plan am Molkenmarkt ist im 16. Jahr. Das Areal des ehem. Bauministeriums liegt auch schon 5 Jahre brach. Hierzu war schon der letzte Senat (rotschwarz) nicht in der Lage und r2g schafft es auch nicht.


    Stattdessen wird am Stadtrand gebaut und entstehen die gleichen Verkehrsprobleme wie in den 70ern, weil die Leute nicht mit dem OPNV von Nordspandau ins Zentrum kommen. Da hast Du Recht. Ich sehe nur in diesem Versagen überhaupt keinen Unterschied zu dem Vorgängersenat unter Rotschwarz.

  • Hier tritt die Bausenatorin aus Klientelgründen auf die Bremse


    Könntest Du mir das bitte erläutern? Ansonsten bin ich (diesmal) Deiner Meinung. ;)
    Es gibt eine Vielzahl an Gesetzten und Verordnungen die heute das Bauen beeinflussen und schließlich verzögern. Wobei ich nicht der Meinung bin, dass diese Gesetzte und Verordnungen falsch sind, sie passen aber nicht zu der aktuellen "Notlage" im Wohnungs- und Verkehrssektor. Hinzu kommt noch, dass es immer deutlichere Kapazitätsengpässe gibt (Fachkräftemangel aus verschiedenen Gründen).


    Was das WBM Projekt angeht, kann ich mich nur wiederholen: Man hätte vorher wissen müssen, dass dort kein Wohnhochhaus entstehen kann.

  • Dass Frau Lompscher aus Klientelgründen den Wohnungsbau ausbremsen würde, steht ja nun nicht in dem Brief der Wohnungsbaugesellschafften. Es werden 4 Punkte genannt, die nach Meinung der Wohnungsbaugesellschaften den Wohnungsbau bremsen würden:


    1. Unzureichende Übertragung von Baugrundstücken an die städtischen Wohnungsbaugesellschaften
    2. zu langsame Schaffung von Baurecht durch die Bezirke
    3. fehlende Baukapazitäten aufgrund der angespannten Marktlage
    4. Partizipation
    Der Vorwurf geht hier dahin, dass die vom Senat versprochenen Partizipationsmöglichkeiten zu vermehrten juristischen Klagen gegen Bauprojekte führen würden.


    Der erste Punkt ist tatsächlich wichtig, aber er ist keine neue Entwicklung, sondern er hängt damit zusammen, dass seit Ende der neunziger Jahre alle Senate keine vorausschauende Bodenvorratspolitik betrieben haben und deshalb das Land tatsächlich zuwenig Grundstücke besitzt. Allerdings gibt es derzeit Aktivitäten, um den Prozess umzukehren.


    Auch der zweite Punkt, der mit der personellen Ausdünnung der Bezirke zusammenhängt, geht auf das Konto aller Senate seit Ende der neunziger Jahre. Aber auch in diesem Fall erhalten die Bezirke mehr Geld, damit sie mehr Personal einstellen können.


    Den dritten Punkt kann der Senat nur begrenzt beeinflussen.


    Und der vierte Punkt spielte eine große Rolle während des Wahlkampfes 2016, und rot-rot-grün hat auch deshalb die Wahl gewonnen, weil sie mehr Partizipation versprochen haben. Deshalb ist nur demokratisch, wenn jetzt auch mehr Partizipation umgesetzt wird. Dass mehr Partizipation auch zu mehr Klagen führt, würde ich auch bezweifeln.


    Ich denke also, dass holzschnittartige Polterei nicht weiterführt, sondern eine differenzierte Analyse der Probleme. Und da denke ich auf jeden Fall, dass Berlin auf einem guten Weg ist.


    Und das Wohnhochhaus auf der Fischerinsel wurde ja nun durch diverse historistische Vereine, wie das Bürgerforum Berlin oder der Berliner Historische Mitte e.V., mit Unterstützung durch Hans Stimmann verhindert. Dass die jetzt zur Klientel von Frau Lompscher gehören, wäre mir neu.

  • Ich komme normalerweise nicht in die Gefahr landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zu verteidigen, aber hier können sie kaum etwas anderes tun.


    Konstantin, ich glaube unsere Meinungen liegen gar nicht so weit auseinander.


    Nur die Einschätzung, dass die WBM beim Bauvorhaben in de Köpenicker Straße kaum etwas anderes tun konnte, teile ich nicht. Die Ausbildung einer dreigeschossigen, aufgelösten Pavillon-artigen Randbebauung an dieser Stelle beweist, dass der Willen einen städtischen Raum auszubilden nicht vorhanden ist. Die Planung hat durch die fehlende Höhe und der zerklüfteten Baukörper einen Peripherie-Charakter bekommen. Die Spiegelung des Punkthochhäuschens an der Heinrich-Heine-Straße ist ein formales Spiel ohne erkennbaren Zugewinn an Urbanität oder Wohnfläche. Das Ganze ist aus dem Objekthaften der Architektur entwickelt.


    Interessant wird der Vergleich mit diesem Bauvorhaben in der Friedrichstadt werden. Auch hier eine ähnliche Situation im Schatten eines Scharounschen Riegels aus den Siebzigern.


    Bezüglich der Baupolitik des Senats hat sich tatsächlich zwischen RS und RRG wenig geändert. Gerade die Grünen müssten aus ihrem Verständnis der Dinge eigentlich vehement für eine städtische Nachverdichtung eintreten. Aber aus Klientelpolitik schützen sie offensichtlich lieber das kleine grüne Idyll im Kiez als das große Ganze vor den Toren der Stadt. Das ist umso mehr enttäuschend.

  • :offtopic:Ich störe mich an dem Begriff Klientelpolitik.
    Natürlich sind die Wohngegenden, die die Innenstadt umschließen nicht so schick und die Bewohner nicht so wohlhabend. Außerdem macht es Sinn solche Gebiete nachzuverdichten, da die Infrastruktur vorhanden ist.
    Aber trotzdem haben die Bewohner doch ein Recht auf Interessenvertretung oder Bestandsschutz.
    Übertragen auf andere Gebiete würden sich doch auch schwarze und gelbe Politiker schützend vor ihre Klientel stellen, wenn z.B. vor Villen in Zehlendorf
    ein Hochhaus mit Sozialwohnungen gebaut werden soll.


    Das von taxodium gegebene Beispiel in der Franz-Klühs-Straße zeigt wie man es besser machen kann.
    Es liegt nördlich des höheren Bestandes und beeinträchtigt diesen z.B. bezüglich Lichtverhältnissen kaum.
    Leider sind solche Gegebenheiten selten.

  • ^Da hast Du doch "Klientelpolitik" präzise beschrieben. Das ist in beiden Fällen zu kritisieren, wenn nicht gesamtstädtisch gedacht wird.

  • http://www.berliner-woche.de/m…cker-strasse-d139127.html
    Lompscher & Baustadtrat Gothe "kämpfen" demnach jetzt für das WOHNhochhaus.
    Laut Artikel behaupteten - nicht näher genannte - Kritiker, der "wahre Grund" für die BÜROhochhauspläne seien hohe Kosten der Architekturbüros Love architecture und Architektur Consult mit Tiefgaragen, begrünten Dächern und schicken Höfen - allerdings beim dreigeschossigen Flachbauriegel davor.

  • WBM Mitte Schmidstraße

    Bilder zuletzt hier


    Nachdem die langweilig-grauen Neubaukisten südlich der Schmidstraße seit längerer Zeit fertiggestellt sind, hier noch aktuelle Bilder des inzwischen ebenfalls fertiggestellten Neubaus nördlich der Schmidstraße.


    Immerhin mit Holz und kräftig farbigen Markisen:





  • Es ist schließlich der Entwurf von Love geworden --> klick mich. Ausschlaggebend ist. dass der Love-Entwurf die Verschattung der umgebenden Bestandsbauten weitestgehend vermeide, bepflanzte Innenhöfe hat und ein Urban Gardening Konzept, das die Anwohner in die Grüngestaltung miteinbeziehe.


    Naja, konsequente Fortführung des sozialistischen Städtebaus mitsamt seiner Plattenbauästhetik würde ich sagen.

    Das Projekt scheint sich ja ziemlich zäh zu ziehen. Wettbewerb 2015. Endlos lange Abstimmungsrunden 2018 und 2019. 2021 wurde mit der Wiederaufnahme des Projekts nach angepasster Planungsaufgabe begonnen. Baubeginn soll jetzt 2023, Fertigstellung Ende 2025 sein. Insgesamt sind 106 Wohneinheiten geplant. Die Visualisierungen 2021auf der Seite der WBM scheinen deutlich abgespeckt zu sein gegenüber denen auf der Seite der Architekten von LOVE von 2015.



    Copyright: WBM


    Hier der ursprüngliche Entwurf:



    Copyright: LOVE Home

  • Wie schön, dass das Projekt noch lebt. Wenn das funktioniert, gäbe es so viele Orte, an denen eine ähnliche Ergänzung vor bestehende Plattenbauriegel wünschenswert wäre. Nicht nur aus Gründen der Verdichtung sondern weil der städtische Raum an so vielen Orten in ähnlichen Situationen eine stärkere Kontur vertragen könnte.

    Aber wie schade, dass die Fassaden nach meinem Geschmack sich in der Überarbeitung dem Banalen stark angenähert haben. Ich mochte ja diese Fassaden-Favela. Als ob man aus Resten der Fertigteil-Industrie etwas Neues gezimmert hätte. Vielleicht war aber gerade die Vielfalt der Elemente das Problem. Zumindest steht ja gerade die Vielfalt im Widerspruch zur Idee der industriellen Bauweise. Nun scheint man sich auf eine Lochfassade mit wenigen verschiedenen Fensterformaten verständigt zu haben. Insgesamt wirkt das auf den Visualisierungen distanzierter und langweiliger.

    Ich bin trotzdem gespannt, wie das schließlich wirken wird. Übrigens, ist der Turm schlanker geworden?

  • Als Bewohner genau dieser Ecke kann ich dem Projekt ziemlich viel abgewinnen - Klar hätte auch ich mir eine anspruchsvollere Fassade gewünscht, jedoch vermittelt der Bau meiner Meinung nach recht gut zwischen den, die gegen dominierenden WBS70'er Rigeln und der aufgelockerten, zwischen Gründerzeit und modernem Bauen alternierenden Fortführung der Köpenicker Straße gen Osten.


    Leider weicht der Anblick einer monotonen Drefaltigkeit aus Parkplatz, Gebäuderigel und (meinem Empfinden nach) zu dicht stehendem Grün einer zwar ansehnlicheren, jedoch auf den ersten Blick nicht wirklich abwechslungsreicheren Zeile...

  • Ich muss ganz ehrlich sagen das mir die neue Fassade sogar besser gefällt als der ursprüngliche, etwas chaotisch wirkende Entwurf.


    Die ganze Gegend aber bleibt schwierig. Dieses Kraftwerk das als Veranstaltungsfläche genutzt wird, ist grottesk hässlich, man müsste wenigsten diese Schlote entfernen...


    Interessant: Die niedrigen Gebäude wirken fast wie Townhouses - das ergibt womöglich einen schönen Kontrast zu dem hässlichen Plattenbauriegel dahinter und lockert das ganze etwas auf.

  • Dem kann ich überhaupt nicht zustimmen. Der modern-helle, dynamische Siegerentwurf ist (mal wieder) zu einem grauen Entlein mutiert, das jegliche gestalterische Raffinesse des Ursprungsentwurf vermissen lässt.


    Und schon wieder stelle ich mir die Frage, wieso überhaupt teure Architektenwettbewerbe ausgelobt werden, wenn die Sieger später ihre Entwurf bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln können.

  • Ich frage mich allerdings, ob diese großmaßstäbliche Vollversiegelung für nur 2 Obergeschosse noch in die Zeit passt. Alle reden vom Klima, und dann wird in solch einem Maßsstab so viel Baugrund "behutsam" bebaut, um es mal sehr euphemistisch auszudrücken. Finde ich absolut unmöglich. Dass hier "Verschattungsängste" von Menschen, die 50 Meter und mehr entfernt wohnen, eine sinnvolle Bebauung verhindern, erinnert mich an die üblichen 3 Leute in der S-Bahn auf insgesamt 8 Sitzplatzen, die man bekneten muss, damit sie netterweise etwas zusammenrücken, um für die dicht stehenden Leute im Gang etwas Platz zu machen.

  • das sehe ich ähnlich. wir befinden uns in der mitte berlins und es wird ein riegel mit nur 2 OG gebaut!?! ernsthaft‽ hier sollte doch mindestens in traufhöhe gebaut werden!! aber ausreichend bezahlbarer wohnraum ist in dieser stadt wohl nicht mehr gefragt bzw gewollt ...


    mich würde mal die begründung interessieren. und es muss keiner mit dem argument der verschattung kommen, denn der neubau entsteht nördlich!! verschattung entsteht nur durch den alten 10geschosser dahinter, dh beklagen dürften sich -wenn überhaupt- nur die bewohner des neuen BV

  • Ich stimme @UrbanFreak zu. Die neue Fassade gefällt mir besser. Weniger laut und wirkt sehr "steinern", was für mich immer ein Plus ist. Das Fassadenmaterial wird hier ausschlaggebend sein.

    Ich bin gespannt, was es mit dem Karo-Muster auf sich hat. Ob es Platten mit Fugen werden (plastisch, interessant) oder irgendwas anderes?


    Bei der Frage mit der Bauhöhe bin ich gespalten, aber eher auf der Seite "für Niedrig-Riegel".

    - Die Niedrigkeit des Riegels fügt der Stadt auch eine weitere optische Schicht hinzu.

    - Was die Verschattung betrifft: Hier geht's sicher eher um 20 als um 50 m.

  • Was die Verschattung betrifft: Hier geht's sicher eher um 20 als um 50 m.

    und selbst bei einer entfernung von 20m entsteht durch das neue BV keine (!!!!) verschattung. selbst dann nicht, wenn man den riegel in traufhöhe bauen würde

  • In Zeiten von brutaler! Wohnungsnot, von Mangel an Bebauungsflächen und einer kaum aufzuhaltenden Klimakatastrophe finde ich Fragen nach einer weiteren ästhetischen "Schicht" mega negligibel. Man kann sich auch alles schön reden.