Bahnhof Diebsteich + Thyssenkrupp-Areal [im Bau]

  • Es geht nicht darum am Diebsteich eine Verladestation zu bauen, sondern überhaupt mal eine neue Verladestation (Ort offen) zu planen. Der Planfeststellungsbeschluss ist da ziemlich eindeutig und verpflichtet die Bahn dazu. Anscheinend wurde das Thema eher stiefmütterlich behandelt, so dass das Gericht heute die Konsequenz gezogen hat.



    Planfeststellungsbeschluss Hamburg Diebsteich


    Dieser Teil des Planfeststellungsbeschlusses wurde jetzt moniert, da dieser für das Gericht nicht ausreichend ist. Der Planfeststellungsbeschluss in diesem Punkt also konkretisiert werden muss.

  • Danke, Ole, fuer die Zusammenfassung der Plan-Auflagen. Es bleibt etwas unklar was die DBAG denn eigentlich diesbezueglich nun letztlich geplant hatte. Die Tatsache dass die Bahn generell eine neue PKW-Verlade-Anlage zu schaffen hat ist sicherlich vom Vorhabentraeger nicht gaenzlich ignoriert worden. Man sollte also bei der DBAG nicht voellig unvorbereitet sein.


    Ich frage mich auch, ob die Bahn tendenziell nach kurzer Zeit weiterbauen kann sofern das Gericht zu dem Schluss kommt, dass die dann erfolgten Nachbesserungen des Plans ausreichend sind und mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitnah umgesetzt werden koennen. Oder muss man schlimmstenfalls 'ewig' warten bis ggf auch noch die letzte (moeglicherweise in Zukunft noch eingereichte) Klage gegen den Bau der PKW-Station (wo-auch-immer) letztinstanzlich abgewiesen wurde?


    Wäre nicht auch Harburg eine Alternative?


    Selbstverstaendlich nicht. Eine neue Verlade-Anlage muesste, wenn sie nicht am Diebsteich selbst ist, logischerweise noerdlich / westlich des Bahnhofes liegen und nicht suedlich davon.


  • Selbstverstaendlich nicht. Eine neue Verlade-Anlage muesste, wenn sie nicht am Diebsteich selbst ist, logischerweise noerdlich / westlich des Bahnhofes liegen und nicht suedlich davon.


    Nun, alle Autozüge ab Hamburg fahren Richtung Süden. Ist es da nicht naheliegend die Verladung nach Süden zu verlagern?
    Das würde sogar den Hauptbahnhof und die Verbindungsbahn entlasten.


    Warum also "Selbstverstaendlich nicht"?

  • ^^ Nein. Naemlich weil:


    a) der Planfestellungsbeschluss glasklar besagt die Vorhabentraegerin (DBAG) habe sicherzustellen, dass die neue Verladeanlage fuer PKW zwar nicht direkt am, jedoch aber in raeumlicher Naehe zum neuen Bahnhof erstellt werden muss. Der Begriff 'Naehe' ist auslegbar. Suedlich der Elbe faellt jedoch sicherlich nicht darunter.


    b) Autoreisezuege nicht nur von Auto-Reisenden genutzt werden sondern auch von Passagieren ohne Auto, die den Zug als normalen Nachtzug benutzen. Da diesen (allein schon aus wettbewerbsrechtlichen Gruenden) nicht zugemutet werden kann zu Fuss zu einem abgelegenen PKW-Verladepunkt zu marschieren, werden die Autoreisezuege zukuenftig einen kurzen Zusteige-Halt an einem gut erschlossenen Bahnhof machen muessen. Also zum Beispiel am Neuen Bf Altona-Diebsteich und/oder am Hauptbahnhof. Da alle Autoreisezuege nach Sueden fahren, muss die PKW-Verladung natuerlich (trassen-)noerdlich von eben diesen Halten liegen. Wo sollten in deinem Beispiel denn z.B Reisende ohne PKW einsteigen wenn der Zug von Hamburg-Wilstorf nach Sueden abfaehrt - etwa in Maschen?


    c) Das 'Argument' der Trassen-Entlastung (Verbindungsbahn) nicht stichhaltig ist: Die Trasse und der Hauptbahnhof sind zwar hochbelastet, nicht aber zu den Uhrzeiten zu denen die (generell sehr wenigen) Autoreisezuege fahren. Verglichen mit dem aktuellen Stand am heutigen Bahnhof Altona waere eine Verladeanlage noerdlich / westlich von Diebsteich zudem aufkommensneutral.


    d) die Mehrheit der Autoreisezug-Nutzer von noerdlich der Elbe kommt. Hamburger (die zu 80% noerdlich der Elbe leben) und Skandinavier auf dem Weg nach Sueddeutschland / Oesterreich / Schweiz. Ein Autozug-Bahnhof im Sueden waere unvorteilhaft.

  • Insgesamt ein schlechter Tag fuer Hamburg, weil das Gericht die wirtschaftlichen interessen der Oesterreichischen Bahn (und einiger weniger privater Anbieter) und die Bequemlichkeit einer verschwindend kleinen Minderheit (Autozug-Nutzer) aus formal-rechtlichen Gruenden hoeher bewertet (bewerten muss?) als die Interessen der weiten Mehrheit der Hamburger Buerger und taeglichen Bahn-Nutzer.


    Verstehe ich nicht - inwiefern ist dies eine schlechte Entscheidung für die Mehrheit der Bahn-Nutzer?


    Diebsteich bedeutet für einen nicht unerheblichen Teil der Pendler, einmal mehr umsteigen zu müssen als bisher. Ein Vorteil gegenüber Altona ergibt sich für fast niemanden. Altona ist, so wie es ist, noch voll funktionsfähig.


    Mindestens wird nun eine Autoverladungsmöglichkeit erzwungen. Das offensichtliche Bestreben der Bahn, dieses Thema "auszusitzen", wird nicht belohnt. Im besten Fall scheitert das Projekt - aber davon ist realistisch betrachtet wohl nicht auszugehen.

  • Diebsteich bedeutet für einen nicht unerheblichen Teil der Pendler, einmal mehr umsteigen zu müssen als bisher. Ein Vorteil gegenüber Altona ergibt sich für fast niemanden. Altona ist, so wie es ist, noch voll funktionsfähig.


    Genau so ist es. Der neue Bahnhof Diebsteich wird so wie er bisher geplant ist für die große Mehrzahl der Nutzer, besondes die Pendler in den Regionalbahnen, deutliche Verschlechterungen mit sich bringen.
    Wurde ihr ja auch schon mal diskutiert.


    Nein. Naemlich weil:


    Danke, das sind alles Punkte die dafür sprechen, die Autoverladung im Bereich Nordwest zu belassen.
    Wenn allerdings jetzt an dem Standort am Diebsteich noch eine Autoverladestation zugeplant werden würde wäre das nicht optimal. Denn Platz, den dieser einnehmen würde könnte sinnvoller genutzt, etwa um die Einbindung in den Hamburger ÖPNV im Vergleich zum heutigen Bahnhof Altona auf gleichen Niveau zu halten.


  • Man kann hier einmal wieder sehr schoen sehen, dass Gerichte nicht immer zu sinnvollen Urteilen kommen, die wirklich im Namen des Volkes sind. Die heutige Entscheidung wird natuerlich das gesamte Projekt erheblich verzoegern und weit ueber 99% der Bahnreisensen muessen fuer laenger als geplant auf verkehrliche Verbesserungen warten, bzw. mit Provisorien leben, damit eine kleine (vergleichsweise priviligierte) Minderheit, die weniger als 1% der Reisenden am Bahnhof Altona darstellt nicht ‚benachteiligt‘ wird.


    Eine solche Bewertung kann man nur vornehmen, wenn man die Entscheidung nicht kennt. Das Gericht sagt überhaupt nichts zu der Frage, ob eine Autoverladung überhaupt und ggf. wo vorzusehen ist. Die Autoverladung ist eine Serviceeinrichtung von DB Netz bzw. DB Station & Service. Für die Stilllegung von Eisenbahninfrastruktur gibt es ein besonderes Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass die Stilllegung nicht allein aufgrund von betriebswirtschaftlichen Erwägung der bundeseigenen Bahnunternehmen entschieden wird; es gibt auch noch nicht-bundeseigene Bahnunternehmen, die in diesem Geschäftsfeld tätig sind. Das Netz liegt in öffentlicher Veranwortung, u.a. deshalb gibt es die rechtliche Trennung von Netz und Betrieb. Das Gericht rügt, dass weder die Stilllegung der alten Anlage noch die Schaffung der neuen Anlage hinreichend geregelt ist. Unter bestimmten Voraussetzungen darf man so etwas in ein anderes Verfahren auslagern, im vorliegenden Fall lägen die Voraussetzungen dafür, die Errichtung der Autoverladenalage in ein anderes Verfahren zu transferieren, nicht vor.


    Zudem muss die Planungsbehörde entsprechend den oben dargelegten Vorgaben ohne Abwägungsfehler ausschließen, dass eine Lösung des offengehaltenen Problems durch die bereits getroffenen Feststellungen in Frage gestellt wird. Außerdem dürfen die mit dem Vorbehalt unberücksichtigt gebliebenen Belange kein solches Gewicht haben, dass die Planungsentscheidung nachträglich als unabgewogen erscheinen kann. Der Vorbehalt setzt deswegen eine Einschätzung der später zu regelnden Konfliktlage wenigstens in ihren Umrissen voraus (...). Die danach notwendige Einschätzung der später zu regelnden Konfliktlage dürfte vorliegend kaum möglich sein , da weder der Planfeststellungsbeschluss noch die vorgelegten Unterlagen eine Aussage zu dem Standort für die neue Verladeeinrichtung für Autozugverkehre enthalten. Unter diesen Umständen kann der erkennende Senat insbesondere nicht erkennen, dass die Variantenabschätzung, die der planfestgestellten Variante (Ersetzung des Kopfbahnhofs durch einen an anderer Stelle zu errichtenden Durch-gangsbahnhof) zugrunde liegt, sachgerecht vorgenommen werden konnte.
    Vielmehr dürfte für eine ordnungsgemäße Variantenabschätzung eine zumindest grobe Abschätzung der Auswirkungen erforderlich sein, die sich aus der Verlegung der Verladeeinrichtung ergeben können. Da der Planfeststellungsbeschluss und die vorgelegten Unterlagen hier-zu keinerlei nhaltliche Aussage enthalten, lässt sich nicht feststellen, dass diese Abschätzung vorgenommen wurde.


    Es muss demnach wenigstens Ansätze einer Idee geben, wie man den Autozugverkehr handhaben will, und diese Idee muss dargelegt werden. Das Gericht gibt auch nicht vor, dass diese Verkehrsform überhaupt erhalten bleiben muss; nur: wenn der Vorhabenträger sie mit guten Gründen abschaffen und die erforderliche Infrastruktur stilllegen will, muss er sich ans Verfahren halten. Das Thema im Ungefähren zu halten geht nicht und birgt außerdem ein noch viel schwerwiegenderes Problem:


    Die Anordnung, die Vorhabenträgerin habe sicherzustellen, dass die neue Verladeanlage für Autoreisezüge zusammen mit dem Bahnhof Hamburg Altona (neu) in Betrieb genommen werden kann, dürfte dieses Defizit nicht ausgleichen können. Denn aus dieser Bestimmung wird bereits nicht hinreichend deutlich, dass der Betrieb der bestehenden Verladeeinrichtung erst dann aufgegeben werden darf, wenn auch die neue Verladeeinrichtung für Autozugverkehre errichtet worden ist. Selbst wenn die Bestimmung dahingehend auszulegen wäre, dass die bestehende Verladeeinrichtung und damit der Bahnhof Hamburg-Altona (alt) erst dann außer Betrieb genommen werden darf, wenn auch die Verladeeinrichtung verlegt worden ist, so läge darin ersichtlich keine adäquate Bewältigung der durch die Planung aufgeworfenen Probleme. Denn dann könnte die Situation eintreten, dass bei einem Scheitern der Verlegung der Verladeeinrichtung auch der möglicherweise bereits weitgehend einschließlich der Gleisanlagen fertiggestellte Bahnhof Hamburg-Altona (neu) im Hinblick auf die Bestimmung A.4.17 nicht vollständig fertiggestellt und in Betrieb genommen werden dürfte. Sollte die Verlegung der Verladeeinrichtung scheitern, so würde damit letztlich die vollständige Umsetzung des gesamten Vorhabens - Verlegung des Bahnhofs Hamburg-Altona - scheitern. Dieses Risiko scheint auch nicht aus der Luft gegriffen, weil nach dem Planfeststellungsbeschluss und den vorgelegten Unterlagen bisher weder der Standort der neuen Verladeeinrichtung feststeht noch die Planung sich auch nur auf einige wenige Standorte konzentriert hat. Insgesamt spricht daher einiges dafür, dass im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss die Verlegung der Verladeenrichtung für Autozugverkehre im Wesentlichen geregelt werden müsste. ...


    Im Grund kann die Bahn froh sein, dass ihr die entscheidenden Hinweise auf Verfahrensfehler schon im Eilverfahren gegeben wurden. Ob der Fehler wirklich nur ein Darstellungsproblem im PFB ist, wissen wir nicht. Es kann ja sein, dass DB Netz sich schon Gedanken zur Verladestation gemacht hat, nur haben sie keinen Eingang hier gefunden; schlecht wäre, wenn es dazu bislang gar keine Überlegungen gäbe.


    OVG Hamburg, Beschluss vom 15.8.2018 -1 Es 1/18 P -

    2 Mal editiert, zuletzt von tunnelklick () aus folgendem Grund: Rechtschreibung

  • Da hast du natürlich Recht und wahrscheinlich konnte das Gericht kaum anders entscheiden.


    Das ändert jedoch nichts an meiner grundsätzlichen Einschätzung, dass wir summa summarum eine Kombination aus...


    a) bestehender Gesetzeslage


    b) typischen Klagewegen und Verfahrensdauern


    c) Wertungen und Einschätzungen der Gerichte


    ...vorliegen haben, die zu Urteilen und Entscheidungen führt, welche dann für die Mehrheit der Betroffenen Bevölkerungsgruppen nachweislich deutlich negative Auswirkungen haben.


    Für mein 'Empfinden' gehört (unabhängig vom rechtlichen Status) die Autoverladung nicht zu den volkswirtschaftlichen Kernaufgaben der Bahn. Die Netzinfrastruktur der Bahn sollte in meinen Augen den Interessen der überwiegenden Mehrzahl der Deutschen gelten.


    Das heisst: zuverlässiger Personenverkehr. Zuverlässiger Güterverkehr.


    Sonder- und Nischenprodukte (Autoreisezug, etc.) die nur einer verschwindend kleinen Minderheit nutzen, sollten keine Grundaufgabe der DB sein.


    Natürlich sollten Autoreisezüge auf dem Netz der DB diskriminierungsfrei fahren dürfen. Allerdings sehe ich nicht ein, warum Installationen für Nischenpudukte von der Allgemeinheit bezahlt und vorgehalten werden müssen. Wer Autozüge anbieten will, der sollte selbst eigene Auto-Verladerampen vorhalten müssen.


    Das würde auch sicherstellen, dass einzelne 'Komfortprodukte' nicht von der Mehrheit der 'normalen' Bahnnutzer quer-subventioniert werden (müssen). Ich frage mich z.B. ob die DB Netz in Zukunft die tatsächlichen Kapital- und Betriebskosten einer neuen Auto-Verladestation auf die ein bis zwei täglichen Auto-Züge umlegen darf...


    Dass nun die Allgemeinheit und 99% der Bahnnutzer Nachteile zu erleiden haben, weil ein man verlangt dass ein absolutes Nischenprodukt ohne grössere gesamt-volkswirtschaftliche Relevanz 'bedient' werden muss, finde ich mehr als misslich.


    Salopp gesagt: 99.9% der Deutschen Bahnnutzer zahlen drauf (finanziell und weil sich der Bahnhof an sich verzögert), damit ein Österreichisches Unternehmen eine geringe Anzahl vorwiegend Skandinavischer Reisender befördern kann.


    Rein rechtlich 'ist es wohl so'. Sinnvoll ist es sicher nicht. So ein Planrecht ist nicht im Sinne des Wohles der Mehrheit der Menschen.

    4 Mal editiert, zuletzt von Midas ()

  • Ich meine, gegen die Verfahrensdauer ist hier nichts zu erinnern. Der Beschluss des EBA datiert vom 29.12.2017, im Januar hat das EBA die sofortige Vollziehung angeordnet, kurz drauf wurden Anfechtungsklage und Eilantrag gestellt und Ende März begründet; die Antragserwiderung des EBA und Repliken wurden bis Anfang Juli gewechselt, entschieden wurde jetzt am 15.8.2018, nach nicht mal acht Monaten - das ist für Verwaltungsgerichte nicht schlecht.


    Und die Gesetzeslage ist eigentlich auch klar, EBA und Vorhabenträger wissen eigentlich genau, was zu tun ist, und die Rechtsprechung kennen sie auch; wenn aber aus welchen Gründen auch immer, nicht sorgfältig gearbeitet wird, passiert halt so was. Der Komplex "Autoverladeeinrichtung/Stilllegung/Verlegung" wurde offenbar nicht sorgfältig abgearbeitet, so dass am Ende eine inhaltlich unbestimmte Formulierung in den PFB kam (die @Ole oben zitiert hat). Die Gründe des Gerichts sind an diesem Punkt durchaus nachvollziehbar. Die weitergehenden Rügen des VCD (Fehler bei der Umweltverträglichkeitsprüfung) sind vom Gericht als unbegründet abgewiesen worden, ebenso der Antrag eines Bürgers, der das Vorhaben grundsätzlich ablehnte.


    Dass es Rechtsschutz gegen solche Vorhaben gibt, ist geltendes Verfassungsrecht; aber es stimmt, "Rechtsstaat" ist manchmal mühsam.


    Autoreisezüge sind nur Aufgabe der DB AG, wenn sie es sich zur Aufgabe macht, aber es gibt nunmal die Infrastruktur dafür und sie steht jedem Marktteilnehmer zu Verfügung, das hat gar nichts mit der DB zu tun. Für ihre Nutzung werden Trassenpreise, Stations- und Serviceentgelte erhoben. Für die Stilllegung von Infrastruktur gibt es ein Verfahren, für jede Weiche die ausgebaut, jedes Abstellgleis, das abgebaut wird und jeden Güterschuppen, der nicht mehr gebraucht wird; es gibt Aberdutzende Entscheidungen des EBA, jedes Jahr. Nur ist dieser Weg hier nicht beschritten worden; was es nicht gibt, ist Stilllegung durch die Hintertür, heißt Schaffung vollendeter Tatsachen ohne Angabe, wohin das führen soll und warum. Da liegt der Hund begraben. Erstaunlich eigentlich, dass ihnen hier dieser Lapsus unterlaufen ist.


    Zur Erinnerung: vor der Bahnreform, also bis in die 90er hinein, als die Bundesbahn Milliarden DM Schulden aufgehäuft hatte, sind von der Bundesbahn (ich sprech jetzt mal nur von der alten BRD) Tausende angeblich unrentable Streckenkilometer stillgelegt worden; weite Landesteile wurden erst vom Güterverkehr und dann von jedem Bahnverkehr abgehängt. Seit der Bahnreform und der Regionalisierung des Bahnverkehrs ist das nicht mehr so leicht möglich, weil die Netzverantwortung, einer politischen Forderung folgend, aus dem Unternehmensbereich heraus zur öffentlichen Aufgabe gemacht wurde und die Stilllegungsentscheidung nicht mehr nur dem betriebswirtschaftlichen Kalkül der DB AG folgt; Stillegung ist unter Umständen ein verkehrspolitisches Thema, weshalb die Frage, ob es künftig Autoreisezüge überhaupt nicht mehr geben soll, bestimmt nicht einsam und allein der Bahnvorstand in Berlin treffen sollte. Viele der seinerzeit stillgelegten Strecken werden heute in Verantwortung der Länder und Verbünde mit großem Erfolg betrieben.

  • Ich meine, gegen die Verfahrensdauer ist hier nichts zu erinnern.


    Ich meinte allerdings nicht die Dauer, die das Verwaltungsgericht brauchte um jetzt zu seinem aktuellen Urteil zu kommen. Ich meinte die voraussichtliche Dauer des gesamten Verfahrens, bzw. der gesamten Verfahren, die es absehbar in Zukunft noch brauchen wird um mit dem Bau dieser wichtigen Infrastrukturmassnahme beginnen zu koennen.


    Ein anderes aktuelles Beispiel auf Hamburg (siehe Ueberschrift hier) illustriert dieses Problem glaube ich mehr als deutlich. Solche Auswuechse dienen niemandem mehr ausser den Heerscharen von Juristen und Gutachtern die als einzige davon profitieren.


    Dass es Rechtsschutz gegen solche Vorhaben gibt, ist geltendes Verfassungsrecht; aber es stimmt, "Rechtsstaat" ist manchmal mühsam.


    Naja, in Deutschland ist es nicht nur muehsam, sondern extremst muehsam und langwierig. Das hat nichts mit 'Rechtsstaat' an sich zu tun, sondern mit weltfremden und realitaetsfernen Gesetzen, Regularien, Auflagen und Klagewegen.


    Ich vergleiche Deutschland ja nicht auch mit Nigeria oder Nordkorea. Es gibt durchaus Europaeische Staaten in denen hochkomplexe und grosse Infrastruktur-Projekte durchaus noch in einem 'vertretbaren' Zeitrahmen rechtsicher zu Planen und Auszufuehren sind. Die Niederlande oder Belgien beispielsweise sind schliesslich weder Unrechtstaaten noch Diktaturen.

  • Die Niederlande oder Belgien beispielsweise sind schliesslich weder Unrechtstaaten noch Diktaturen.


    Vor allem haben diese Länder Umweltverbände, die ausgehend von der Notwendigkeit einer Maßnahme konstruktiv an einer Lösung mitarbeiten.
    Aber das gehört eigentlich in einen anderen Thread hier.

  • ^^ Wie z.B. die Linie 52 der Amsterdamer U-Bahn, lt. Wikipedia:
    1996 beschlossen,
    Baubeginn 2001,
    geplante Fertigstellung 2011,
    Eröffnung 21.7.2018;
    geplante Kosten 1,46 Mrd €,
    tatsächliche Kosten (Stand 2016) 3,1 Mrd €
    für 9,8 km, davon 6 km unterirdisch

  • Als jemand der sehr regelmaessig in Amsterdam ist (Gruss an alle Leidensgenossen des stets ueberfuellten KL1778) muss ich sagen, Du hast ein schlechtes Beispiel ausgesucht:

    - Erstens kann man immer Einzelbeispiele fuer oder gegen jede These bringen. Sie sagen nichts ueber einen generellen Trend aus.


    - Zweitens sind die Projekte nicht vergleichbar. Die von Dir besagte U-Bahn ist um den Faktor X komplexer und aufwaendiger, 10km, davon zwei Drittel unterhalb des Grundwasserspiegels durch die historische Altstadt von Amsterdam.


    - Drittens war ein grosser Teil der Verzoegerung nicht auf juristische, sondern politische Auseinandersetzungen zureuckzufuehren.


    - Viertens entstand ein ebenso grosser Teil Verzoegerung erst nach Baubeginn durch technische Probleme bei der Umsetzung, nicht im Vorwege durch juristische Scharmuetzel (die es natuerlich wie ueberall sonst auch hier gab).


    Kurz: Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Wenn Du schon nach Amsterdam schaust, dann nimm bitte ein Neubau-/Ausbauprokjekt, das vom Umfang, Aufwand, Lage, vergleichbar mit dem Bf Altona-neu am Diebsteich ist. Praktischerweise gibt es eines das wie die Faust aufs Auge passt: Den Bahnhof Amsterdam Zuid, quasi den Diebsteich von Amsterdam was Lage und Groesse angeht.

  • Das ändert jedoch nichts an meiner grundsätzlichen Einschätzung, dass wir summa summarum eine Kombination aus... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Ich würde noch...


    d) mangelhafte Planung von Seiten des Vorhabenträgers bei der Beantragung des PFB, sei es aus Inkompetenz oder durch Vorgaben des Managements, unliebsame Themen lieber gar nicht erst zu konkretisieren


    e) mangelhafte Funktionsausübung der Planfeststellungsbehörde (in diesem Fall des EBA), sei es aus Inkompetenz oder politisch durch die Fach- und Rechtsaufsicht des BMVI gesteuert


    ...hinzufügen.


    Es ist ein wenig absurd, den schwarzen Peter jetzt dem Überbringer der Botschaft zuzuschieben, da die Unzulänglichkeiten schon Monate zuvor intern oder durch Prüfung des EBA hätten auffallen müssen.


    Naja, in Deutschland ist es nicht nur muehsam, sondern extremst muehsam und langwierig. Das hat nichts mit 'Rechtsstaat' an sich zu tun, sondern... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Wie hätten denn die Niederlande oder Belgien auf so eine Situation reagiert? Im Prinzip gab es doch nur die Möglichkeit, einem Eilantrag stattzugeben, um Fakten einzufordern, bevor diese mit der Baggerschaufel geschaffen werden - oder jene, darauf zu vertrauen, dass vage Andeutungen zur Aufrechterhaltung von Infrastruktur im Sinne der Allgemeinheit eingehalten werden und die bestehende Gesetzlage trotz konträrer wirtschaftlicher Interessen schon nicht mit Füßen getreten werden wird.


    Hättest du dir ein gerichtliches Befassen mit der Rechtmäßigkeit erst nach Vollendung des Bauwerkes gewünscht?


    Für mein 'Empfinden' gehört (unabhängig vom rechtlichen Status) die Autoverladung nicht zu den volkswirtschaftlichen Kernaufgaben der Bahn. Die ... (Mod: Zitat gekürzt. Für den gesamten Text das blaue Quadrat anklicken.)


    Zusätzlich zu den wertvollen Aussagen von tunnelblick möchte ich hinzufügen, dass es gar nicht nur um die Autoverladung geht, sondern dies nur der offensichtlichste Mangel war, der es dem Gericht erlaubt hat, an der Stelle alle weiteren Prüfungen abzubrechen. Und wenn dabei erst einmal der Eindruck entstanden sein sollte, dass hier politisch was durchgeboxt werden soll, könnten noch interessante andere Aspekte kritikwürdig erscheinen.

  • Wie ich bereits sagte, und ich bitte ggf meine Beitraege noch einmal entsprechend zu lesen, kritisiere ich nicht in erster Linie das Gericht, sondern mehr die Deutsche Rechtslage und die in meinen Augen voellig unzeitgemaessen Planungs- und Verfahrenswege.


    Meiner Ansicht nach gehoert das Deutsche Planrecht reformiert. Es stammt aus einer Zeit, deren Rahmenbedingungen so heute nicht mehr existieren. Die Welt hat sich in den letzten 30 Jahren massiv veraendert und ich habe den Eindruck, dass wir es in weiten Teilen mit obsoleten Planverfahren haben die in letzter Konsequenz oft eben nicht mehr zu Ergebnissen fuehren die fuer eine Mehrheit der Buerger sinnvoll sind.


    Was formaljuristisch korrekt ist muss noch lange nicht sachdienlich und sinnvoll sein. Wenn zum Beispiel in Wettbewerben ueber den Lauf der Jahre hinweg neue innovative Win-Win-Loesungen fuer Teilbereiche eines grossen (Bau-) Vorhabens gefunden werden, die in allen Belangen besser sind als die ursprueglich angdachten und bereits planfestgestellten Loesungen – und wenn diese dann nicht realisiert werden koennen, weil ansonsten der gesamte Planfeststellungsbeschluss juristisch in Gefaehr geraten bzw. ein jahrelanges Planaenderungsverfahren mit unsicherem Ausgang notwendig machen wuerde, so dass am Ende aus formalen Gruenden wissentlich die schlechtere Loesung realisiert werden muss: Wem genau ist mit so einem Planrecht noch wirklich gedient?


    Davon abgesehen werden die ausufernden Verfahrensdauern in der Praxis gern genutzt um Projekte durch die ‚kalte Kueche‘ bzw durch ‚die Hintertuer‘ zu verhindern. Zum Beispiel weil man weiss, dass eine Klage – mit sehr geringer Erfolgswahrscheinlichkeit – dennoch das Potenzial hat ein Projekt um Jahre zu verzoegern und dessen Kosten um (Millionen) zu steigern.


    Man (z.B. Verbaende) klagt also oft nicht um die Klage selbst letztlich zu gewinnen, sondern nur deswegen um bewusst Mehrkosten und Verzoegerungen zu erzeugen, in der Hoffnung, dass ueber die Jahre – unabhaengig von der juristischen Situation – die politische Unterstuezung fuer das Projekt broeckelt oder die Finanzierung ausgeht. Auch hier die Frage: Wem genau ist mit so einem Planrecht noch wirklich gedient?


    Ein Beispiel fuer solche Auswuechse ist in meinen Augen das Ende 2006 deutlich erweiterte Verbandsklagerecht in Deutschland. Diese wahrscheinlich gut-gemeinte neue Recht hat sich in der Praxis zu einem reinen Planverhinderungsrecht entwickelt, das oft aus genau oben genannten Gruenden genutzt wird.


    Allersdings sollten wir vielleicht langsam von dieser Grundsatzdiskussion wegkommen und uns wieder mehr auf das Projekt an sich fokussieren...

    Einmal editiert, zuletzt von Midas ()

  • Allerdings sollten wir vielleicht langsam von dieser Grundsatzdiskussion wegkommen und uns wieder mehr auf das Projekt an sich fokussieren...


    Gerne.


    Man kann hier einmal wieder sehr schoen sehen, dass Gerichte nicht immer zu sinnvollen Urteilen kommen, die wirklich im Namen des Volkes sind.


    Du könntest ja mal erläutern, wie in deinen Augen ein solches "sinnvolles Urteil" aussieht.

  • ^^ Wie ich jetzt schon mehrfach - und ich denke recht ausfuehrlich, geschrieben habe - ist damit in erster Linie gemeint, dass im Planungsrecht endlich eine sinnvolle(re) und deutlich entschlackte Gesetzgebung 'her' muss die es ueberhaupt erst einmal erlaubt innerhalb weniger eines Jahrzehnts ein groesseres Planungs-/Bauprojekt halbwegs rechtsicher auf die Beine zu stellen.


    'Sinnvolle' Urteile kann das beste Gericht der Welt nicht faellen, wenn die Gesetzeslage unsinnig / praxisfern / realitaetsfremd ist.

  • Dann ist deine oben zitierte Feststellung allerdings irreführend, da sie suggeriert, dass das Gericht auch zu einem sinnvollen Urteil hätte kommen können. Zumal du weiter argumentiert hast, dass dafür lediglich auf die Partikularinteressen der Autozugnutzer weniger hätte eingegangen werden müssen. Aber das war wahrscheinlich ebenfalls eine falsche Lesart?

  • Ich kann mich nur wiederholen, auch wenn es fuer die Mitleser hier dann langweilig und anstrendend wird. Ich bin kein Jurist und habe daher weder den Anspruch noch Lust auf juristische Feinheiten oder Formulierungen einzugehen, was wahrscheinlich auch fuer die Mehrheit der der Teilnehmer und Mitleser eines Architekturforums nicht im Sinne der Sache ist.


    Vorweg: Es ist in Deutchland durchaus erlaubt als Privatperson eine andere Ausfassung zu haben und zu einer anderen Bewertung aller moeglichen Fragestellungen zu kommen, als zum Beispiel im speziellen Falle ein Gericht.


    Es ist zudem falsch, Gerichtsurteile als ‚gottgegeben‘ darzustellen, so als haetten Gerichte keinerlei Entscheidungsspielraum um innerhalb bestehender Gesetze zu unterschiedlchen Urteilen zu kommen. Im Gegenteil: wir sehen eben dies jeden Tag in allen moeglichen anderen Zusammenhaengen.


    So ist das Gericht hier in seinem Urteil zu dem Schluss gekommen, dass im vorliegenden Planfeststellungsbeschluss weder die Stilllegung der alten PKW-Verladeanlage Anlage noch die Schaffung der neuen Anlage hinreichend geregelt ist. Entgegen der Sichtweise mancher Juristen ist dies jedoch (unter anderem auch) ein Werturteil. Das Gericht haette beispielsweise auch zu dem Schluss kommen koennen, dass die Stilllegung der alten PKW-Verladeanlage Anlage und die Schaffung der neuen Anlage im Gesamtkontext durch den Planfeststellungsbeschluss sehrwohl hinreichend geregelt ist.


    Es ist ein Abwaegungs-Urteil was man als ‚hinreichend‘ ansieht und was nicht. Ein anderes Gericht haette moeglicherweise anders entschieden.


    Von daher bleibt es meine Ansicht, dass in diesem konkreten Falle – letzlich wie auch immer – eine Entscheidungsfindung zustande kam, die fuer die grosse Mehrheit der Betroffenen nachteilig ist, weil ein fuer Hamburg wichtiges Grossprojekt erheblich verteuert und wohl erheblich verzoegert wird.


    Ob der ‚Fehler‘ (in Anfuehrungszeichen!) dabei an den Richtern, der Genehmigungsbehoerde, dem Antragsteller, oder den Gesetzen und Prozederes (oder alldem) lag ist mir letztlich egal. Im Gegensatz zu Juristen gilt mein Interesse nicht vornehmlich dem Prozess an sich, sondern dem Endergebnis.


    Man kann Dinge auch ergebnisorientiert betrachen. Wenn mein Essen im Restaurant furchtbar schmeckt, dann ist es mir erst einmal egal ob der Koch sich verkocht hat, ob der Einkauefer des Restaurants schlechte Lebensmittel besorgt hat, oder ob der Kellner auf dem Weg zum Tisch in die Suppe gespuckt hat. Als Gast sage ich: Das Restaurant ist schlecht. Ob dann Koch, Kellner oder Einkaeufer versagt haben interessiet mich erst in zweiter Linie. Bei diesem Urteil ist es nicht anders.


    Wie gesagt: Dies ist eine Phantomdiskussion ohne Wert. Moegen Juristen den Fall sezieren und bewerten – einen funktionierenden Bahnhof bekommen wir davon auch nicht.


  • Warum nicht ganz woanders?
    Wäre nicht auch Harburg eine Alternative?


    Tja, da lag ich wohl garnicht so falsch. Das HA berichtet heute darüber, dass gleich drei Standorte im Bezirk Harburg im Rennen sind. Neben dem Geände nahe dem Harburger Bahnhof soll ein Standort an der Seehafenstraße gute Chancen haben.


    Vielleicht hat die Verzögerung ja etwas Gutes. Der S-Bahn Chef möchte die S4 West mittel- bis langfristig bis Izehoe verlängern und damit die Regionalzüge zum HBF überflüssig machen. Damit hätten wir dann 3 S-Bahnlinien die sich auf 2 Gleise drängeln, selbst ohne die fehlende Verbindung des Bahnhofs an die S1/S11 Richtung Blankenese/Wedel und Flughafen.
    Ich sehe es jetzt schon komme, kaum ist der Bahnhof in Betrieb, wird schon der Umbau geplant.