Ich frage mich aber auch, wo denn die "ehrlichen" Kosten sind beim Autoverkehr, dem Fußballzirkus mit all den Nebenkosten, dem Rauchen und dem Alkohol, mei, da gibt es sogar Tote. Warum kommt man gerade bei einer Opernhaus-Sanierung mit "Ehrlichkeit" um die Ecke? Dass die Mehrheit dann urteilt, das sollte man sich lieber sparen und einen günstigen Neubau hinstellen, dürfte nahe liegen. Mir drängt sich der Eindruck auf als wolle man ein verschmerzbares Opfer auf dem Altar der Kostentransparenz dem Wahlvolk gegenüber bringen, damit sich die Wähler-Politik-Beziehung verbessern möge
Das kann ich sicher nachvollziehen, dennoch: Wofür die Politik nun Geld der Steuerzahler ausgibt und ob zu Recht und in welchem Umfang, ist irgendwo natürlich auch wieder Kernbereich aller Politik. Und die Meinungen gehen hier naturgemäß je nach persönlicher sowie politischer ggf. wirtschaftlicher oder sozialer Interessenlage im Zweifel weit auseinander. Im Fall von Stuttgart kommt natürlich - ähnlich wie in Bayern mit ihrer Landeshauptstadt + Oberbayern - dann auch irgendwann außerhalb von Stuggi zwangsläufig landesweit die Nachfrage auf, warum hier ein für ganz BW gedachter Kulturetat in dieser Höhe allein für die Landeshauptstadt ausgegeben werden soll.
Hier, aber auch sonst mit einem Konzept zu überzeugen sollte umso schwerer fallen, wenn allein eine reine Flickschusterei betrieben werden, d.h. im Großen und Ganzen nur der Status quo irgendwie hinüber gerettet werden soll. Das ist mir zu wenig. Ich denke, die Kultur braucht mehr, auch neue Impulse nach Jahrzehnten des baulichen Vernachlässigens, um noch viel mehr Menschen anzuziehen, auch die Kulturschaffenden selbst zu motivieren, sich auch immer wieder neu zu erfinden.
Neben Hamburg mit der Elbphilharmonie sind etwa auch Singapur, Oslo, Kopenhagen oder Reykjavik letzteren Weg erfolgreich gegangen.
Eigentlich hat aber auch Stuttgart mit dem Bau der neuen Stadtbibliothek bereits Erfahrung, dass - trotz aller für die Stadt so typischen Unkenrufe (insbesondere hatten ja die Grünen im Gemeinderat den Neubau sehr lange abgelehnt und bekämpft) - ein Neuanfang eingebettet in einem Neubau sehr wohl hervor ragend funktionieren kann, just im Kulturbereich, mit einem sagenhaften Anstieg der Nutzerzahlen im Vergleich zum unsäglichen Muff am Charlottenplatz (das neue Stadt Palais halte ich allerdings architektonisch wie konzeptionell für ziemlich misslungen, für mich ein Negativ-Beispiel einer Sanierung/Konzeptionierung). Auch in Sachen moderner Architektur war Stuggi plötzlich wieder auf der Landkarte.
Ich würde daher Stuttgart hier einfach den Mut wünschen (nicht einfach, und mit vielen Widerständen verbunden, ja), die Jahrzehnte des Unwohlseins und der Ratlosigkeit über die fahrlässig unausgegorene, half-cocked Kuturmeile hinter sich zu lassen und bitte endlich als einmalige städtebauliche wie kulturelle Chance zu begreifen, die es beim Schopf zu packen gilt, um zusammen mit den Bürgern - denn die Kultur soll ja ihnen zu gute kommen - eine große, überzeugende Lösung zu entwickeln, die die Menschen vor Ort, aber auch von außerhalb nachhaltig begeistert, entsprechend den obigen Positiv-Beispielen. Stuttgart kann ein weiteres charakterstarkes Wahrzeichen durchaus noch verkraften.