Am Spreebord (ehem. WerkbundStadt-Areal) und BV Aera | Charlottenburg

  • Wenn alles so kommt :daumen:, zumindest nicht bis zur Unkenntlichkeit rundgelutscht wird, dann wird dieses Quartier eine ähnliche Bedeutung erlangen wie IBA `57 und ´87: die Vorwegnahme dessen, was zur Regel und zum Vorbild der Epoche wird. Die dichte Bebauung ist dabei ein klarer Ausdruck unserer Zeit, keine Flächen mehr zu verschwenden, die individuelle hochwertige Ausarbeitung der Fassaden als Ende der Monotonie und Serienmäßigkeit zu sehen.


    Ich würde da sofort wohnen wollen, fast egal welches Haus, nicht mal nur im DG.
    Parzelle 17 ist glaube ich mal als Anbau hierfür geplant worden ;)
    https://www.bsb-muenchen.de/fi…_sonthofen_ordensburg.jpg

  • Sensationell! Schaut euch das an, Leute, so aufregend, facettenreich, charaktervoll und schön kann zeitgenössische Architektur sein! Ich hatte das schon ganz vergessen und wäre vorbereitet gewesen, mich über irgendwas mit einem Natursteinsockel oder hochwertig erscheinendem Fassadenmaterial zu freuen. Aber das hier ist so viel mehr! Hoffentlich kommt es wirklich genau so.

  • Naja als zeitgenössisch möchte ich das nun nicht unbedingt bezeichnen.
    Die meisten Elemente mit denen hier gearbeitet wird, gibt es schon lange, dazu die Materialvorgabe Backstein, der eher als zeitlos als zeitgenössisch zu bezeichnen ist.
    Es wird eine Mischung aus Retro mit modernen Elementen werden, wenn das so kommt, auf jeden Fall mal ein Projekt das unverwechselbar erscheint, naturgemäss der Vorgaben aber auch mit sehr vielen sehr kleinen Wohnungen und extrem ökonomisch gebaut, wenn ich das richtig verstehe.
    Entscheidend wird auch sein, was die Wohnungen letztendlich kosten werden, ob als Eigentum oder Miete.

  • Einige sehr schöne Entwürfe. Ja, so gefällt moderne Architektur. :)
    Etwas schade finde ich, dass ausgerechnet der höchste und somit auffälligste Turm des Quartiers so uninspiriert und langweilig ist. Die anderen kleineren Türme sind hingegen echte Hingucker.

  • ^^ Putz ist ja in dem Sinne auch ein zeitloses Material. Einige Entwürfe zitieren die 20er-Jahre, ja, und gerade das macht sie doch sehr zeitgenössisch.

  • Zeitgenössisch ist kein Synonym für "noch nie dagewesen". Zumal es da ohnehin nichts noch nie dagewesenes mehr gibt, schon lange nicht mehr. Schon die Römer bauten auch mit Beton und rechtwinklige Glasfassaden gibt es auch schon seit vielen Jahrzehnten. Wenn zeitgenössisches Bauen also nur das Bauen ist, das noch nie dagewesen ist, dann gäbe es nur noch Historismus. Das wäre also eine seltsame Definition.


    Nein, das ist schon zeitgenössisch. Denn es ist ein wilder Stil- und Materialmix, wie es dem jeweiligen Architekten eben gerade gefiel. Ohne Konventionen oder einem bestimmten Stil treu zu sein. Damit passt diese Mischung wie die Fast aufs Auge ins 21. Jahrhundert. Auch die dringende Notwendigkeit wieder dichter zu bauen, also die automobile Stadt wieder zur fußläufigen Stadt zurückzubauen, was immer noch die klimatisch und gesundheitlich beste "Mobilitätswende" ist, ist sehr zeitgenössisch.


    Nicht umsonst ist das ein Projekt des Werkbunds. Wenn auch nur 90 % davon umgesetzt werden bin ich sehr angetan davon und revidiere gerne meine frühere Schmähung der zeitgenössischen Architekten.

  • Im von Whywolf_Larry freundlicherweise geposteten Link des Styleparkartikels https://www.stylepark.com/de/news/werkbundstadt-berlin
    heißt es:


    Nach 7 Jahren Mitgliedschaft sollte langsam mal bekannt sein, dass Zitate aus externen Artikeln hier nicht erlaubt sind und entsprechend gelöscht werden.
    Bato


    Dieser Gedanke ist so wahr wie entscheidend. Das Prinzip der Kollegen, mit denen man streiten, sich aber stets der höheren gemeinsamen Sache bewusst ist, lässt sich auch sehr gut auf das Forum übertragen.

  • Das hier manche die Dichte kritisieren, kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
    Man braucht sich doch nur einmal umschauen, wie begehrt die dichten Gründerzeitviertel heute sind und welches Leben dort herrscht.


    Dagegen sind die aufgelockerten Siedlungen der letzten 50 Jahre durchweg gescheitert. Da ist man ja schon froh, wenn kein Sozialer Brennpunkt entsteht, mehr als Schlafstädte hat man aber nicht gebaut.


    Stadt funktioniert nur mit Dichte, nur so kann sich Leben in den Straßen entwickeln.

  • ^
    Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Dass ich nicht von mir auf andere schließen kann ist mir klar. Und nur weil mir die 3,8 GFZ zu hoch sind bedeutet das nicht gleich, dass ich mir eine 1 wünsche.


    Dein letzter Absatz ist mir außerdem viel zu pauschal.

  • ouyawei
    Jeder der Dichte mag, kann gerne nach Tokio oder in eine Legebatterie umziehen, das ist jedem selbst überlassen.
    Ich glaube mit Dichte wird sehr viel Schindluder getrieben und warum dicht gebaut wird, hat meist weniger dem Ziel der von allen viel beschworenen Urbanität zu tun sondern in der Regel mit Gewinnmaximierung bzw. Kosteneffizienz und so wird es auch hier sein.
    Selbst wenn ein Plan oder Modell gefällig und attraktiv aussieht, möchte ich trotzdem nicht dort wohnen, das ist alles, was ich angemerkt habe.


    Ich freue mich trotzdem über das Projekt, es wird sicherlich gut angenommen, allerdings bin ich neugierig auf die Miet- bzw. Kaufpreise.

  • Und nur weil mir die 3,8 GFZ zu hoch sind bedeutet das nicht gleich, dass ich mir eine 1 wünsche.


    Welche Zahl zwischen 1 und 3,8 darf es denn sein? Das Gebiet ist zentrumsnah, in der Nähe einer U-Bahn-Station. Grundsätzlich gilt eine GFZ bis 3,0 in Kerngebieten, doch diese kann der Stadtrat überschreiten lassen - einige Areale im Düsseldorfer Quartier Central erreichen eine GFZ um 5,0 und gar darüber (LaTete, Ara Ubiorum == Ciel&Terre) - ähnliche Dichte erreichen viele Projekte in Frankfurt. Dabei handelt sich um relativ kleine Städte, Berlin hat einige Mio. Einwohner. Da könnte man durchaus mit London vergleichen, wo aktuelle Projekte weit über 5,0 liegen - sogar mehrere Kilometer von der City entfernt.


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    Jeder der Dichte mag, kann gerne nach Tokio oder in eine Legebatterie umziehen ...


    Wenn wir jetzt aus dem Buch der Sprüche zitieren, gerne - was soll denn die Messlatte sein wenn nicht andere Städte mit mehreren Millionen Einwohner? Dass auch in Berlin die Bevölkerung wächst und innenstädtische Grundstücke knapp geworden sind (weswegen man sie bei jedem Projekt maximal nutzen sollte), dürfte bekannt sein.


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    Wenn der letzte Absatz von ouyawei 'zu pauschal' sein sollte, kann ich gerne mit diesem schnell ergoogelten FNP-Artikel dienen, der erklärt, wieso Frankfurter Nordend mit einer GFZ von 2,5 als besonders vielfältig und lebenswürdig gilt (2,5 als Durchschnitt für den ganzen Stadtteil - manche Quartiere dürften weit darüber liegen). Sicher - man braucht vielfältige Gestaltung und Durchmischung, damit die Dichte nicht erdrückend wirkt. Soweit ich die darüber verlinkten Entwürfe durchblättern konnte, sollte die Gestaltung durchaus vielfältig sein - also ein Vergleich mit 'Legebatterien' hinkt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • ^
    Du weißt was das Wort "subjektiv" bedeutet?


    Wenn ja hättest du mir auch nicht erklären müssen welche Bebauungsdichte für welche Stadtlage normal ist oder nicht, denn ich schrieb von meinem subjektiven Empfinden.


    Eine GFZ von 3,5 - 4 mag in den dichtesten gründerzeitlichen Blockrandvierteln normal sein. Normal sind dann aber auch durchschnittlich um die 500 Einwohner pro ha und nicht wie hier in etwa das doppelte. Die absoluten Spitzenwerte bei reiner Wohnbebauung liegen in Berlin übrigens bei 700 (in nur rund 20 der insgesamt etwa 14.500 bewohnten Blöcke bzw. Blockteilflächen). Kann man mögen, muss man aber nicht.

  • Stand der Dinge 1 Jahr später: http://www.handelsblatt.com/un…ckstein/20567272-all.html
    Demnach sind die Entwürfe für die einzelnen Gebäude fertig, das Genehmigungsverfahren kann noch 2 Jahre dauern.
    Unterdessen hat der Bundestag einem Gesetz zugestimmt, wonach in einem ,Urbanen Gebiet‘ dichter und höher gebaut werden darf.
    Nichtsdestotrotz ist ein Rückschlag noch immer möglich, als Beispiel wird die Siedlung Wiesenfeld in München genannt.

  • Dass ein B-Plan für eine Umwandlung von Gewerbe in Wohnen, der noch gar nicht aufgestellt ist, in zwei Jahren festgesetzt wird ist wenig wahrscheinlich. Das vom Bundestag beschlossene "Urbane Gebiet" der BauNVO hielt hierbei auch nur zum Teil.

  • Heimlich, still und leise wurde im übrigen noch im alten Jahr der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan VII - 3-2 am 20.12.2017 gefasst.
    Das Verfahren geht jetzt also den gewohnten Gang.


    Zudem haben sich die Grundstückseigentümer, der Bezirk Charlottenburg sowie der Werkbund Berlin am 17.11.2017 auf eine Kooperation geeinigt:


    https://www.berlin.de/ba-charl…essemitteilung.649505.php


    Es bleibt zu hoffen, dass dieses spannende Projekt verwirklicht werden und bei erfolgreicher Durchführung als Musterbeispiel für den urbanen und durchmischten Städtebau des 21. Jahrhunderts jenseits der Ketten der Charta von Athen dienen kann.

  • Der Gewerbeimmobilienentwickler Investa Real Estate und der Wohnimmobilienentwickler Baywobau haben inzwischen große Teile des zu bebauenden Grundstücks erworben: https://www.tagesspiegel.de/wi…nt-konturen/21242540.html
    Viele Gutachten seien anzufertigen – unter anderem zum Lärmschutz; im Rahmen einer umfassenden Bestandsaufnahme lasse Investa die bisher ausstehenden Fachgutachten im laufenden B-Plan Verfahren erstellen, noch in dieser Jahreshälfte sollen sie vorliegen, "gesponsort" vom Betreiber des benachbarten Heizkraftwerks, Vattenfall.


    Nach Vorstellungen von Charlottenburgs Baustadtrat Schruoffeneger soll diesen Sommer der Bebauungsplan ausgelegt werden.

  • https://www.morgenpost.de/berl…ers-wird-viel-gebaut.html
    Inzwischen haben demnach die Grundstückseigentümer die Federführung bei dem Projekt übernommen, der Werkbund sitzt allerdings noch im Beirat und hat ein Vetorecht.
    Normalerweise dauerten Bebauungsplan-Verfahren etwa zwei Jahre, frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2020 könne das Bauvorhaben starten. Mit den Investoren sei bereits ein städtebaulicher Vertrag vorverhandelt, der die Wünsche des Bezirks enthalte.


    Der Verein Werkbund streite nun mit den Investoren und denke sogar an den Ausstieg: https://www.tagesspiegel.de/be…d-entstehen/23155224.html
    Laut Eigentümer und u.a. Baustadtrat Schruoffeneger habe der Werkbund seinen Rückzug angekündigt. Dagegen gebe es laut Werkbund-Vorsitzendem in Berlin, Uli Hellweg, noch keine definitive Entscheidung - und kündigte für den 30. Oktober ein Mitgliederforum an.


    Laut Baustadtrat Schruoffeneger drehe sich der Streit um die Überarbeitung der städtebaulichen Entwürfe. Die Investoren nominierten demnach zwei der bereits involvierten Architekten, nämlich Jan Kleihues aus Berlin und Christoph Ingenhoven aus Düsseldorf, und schlugen zusätzlich das bisher unbeteiligte Berliner Büro Grüntuch Ernst vor. Vor rund zwei Wochen sei ein Klärungsversuch ergebnislos geblieben. Der Werkbund habe darauf bestanden, den Zuschlag anderen aus dem Kreis der Architekten zu geben (Paul Kahlfeldt sowie Bernd Albers und Tobias Nöfer).




    Unterdessen sind Pläne zumindest von einem der 32 (ursprünglich 33) Architekten aufgetaucht: http://www.heidevonbeckerath.c…werkbundstadt-berlin.html
    http://www.heidevonbeckerath.c…werkbundstadt-berlin.html
    http://www.heidevonbeckerath.c…werkbundstadt-berlin.html
    http://www.heidevonbeckerath.c…werkbundstadt-berlin.html

  • Der Verein Werkbund streite nun mit den Investoren und denke sogar an den Ausstieg [...]


    Laut Tagesspiegel ist dieser (der Ausstieg) gestern erfolgt, allerdings entlang anderer Argumentationslinien als zuvor beschrieben, nämlich aufgrund "spekulativer Geschäfte" und mangelnder "Einhaltung der Zielvereinbarung".