Gentrifizierung in Berlin
^ solche bezahlbaren Orte gibt es doch massenhaft. Sie sind die absolute Normalität, teures ist eher die Ausnahme in der Berliner Innenstadt. Es gibt in Berlin eine verbreitete Anspruchshaltung, dass an exklusiven Orten die Preise niedrig zu sein haben. Wer glaubt am Gendarmenmarkt für 10 € p.P. im Restaurant essen gehen zu müssen, der wird enttäuscht werden.
Mir gefällt die Argumentation von Gatriel sehr gut, weil er m.E. das Wesentliche erkennt und herausarbeitet. Jobs und Steuermehreinnahmen vs. verweilen im "arm aber sexy" Modus. Die Stadt Berlin sollte nicht ihre gesamten zur Verfügung stehenden Flächen an Investoren verkaufen, aber solche Areale wie das HdS auf jeden Fall. An diesen Ort gehört Wirtschaftstätigkeit und nicht "Wünsch Dir was".
Ich bin gegen den Verkauf von städtischem Wohneigentum, aber an diesem Ort sollte IMHO nichts Subventioniertes entstehen. Ich sehe auch keinen Grund, dort "billige" Mietwohnungen zu bauen. Die können in Ahrensfelde, Buckow, Buch gebaut werden.
Ich weiß nicht, wie man ernsthaft von Pariser oder Londoner Verhältnissen träumen kann (sofern man nicht Gatriel heißt und mit Gentrifizierung sein täglich Brot verdient): Selbst Leute mit fettem Bankergehalt können sich dort in den zentralen Lagen nur noch ein paar Quadratmeter Wohnfläche leisten, weil die Mieten völlig absurde Dimensionen erreicht haben. Das macht Innenstädte vielleicht lukrativ für Investoren, lebenswert macht es sie nicht. Und günstige Wohnungen in die Vorstädte zu verlagern, fördert die Ghetto-Bildung - mit allen sozialen Folgen, die man in Paris und London so wunderbar beobachten kann.
Es ist faszinierend, dass hier und andernorts so viele Leute Positionen vertreten, die ihren eigenen Interessen entgegenstehen. "Berlin muss endlich wie London werden" heißt doch für die allermeisten Berliner innerhalb des S-Bahn-Rings nichts als "Ich will mir in zehn Jahren meine eigene Wohnung nicht mehr leisten können". Man könnte auch sagen: "Hauptsache die reichen Leute verdienen weiter anständig Geld, auch wenn es zu meinem Schaden ist, denn a) sind Mieten, die ich mir leisten kann, Sozialismus und b) hat der Markt immer recht." Das ist Ideologie-Gläubigkeit in Reinform, auch wenn der Neo-Liberalismus es so gründlich geschafft hat, sich als anti-ideologische Wahrheitslehre zu tarnen...
(Und, nein, ich verlange nicht, am Gendarmenmarkt zu wohnen oder im Borchardt ein Mittagsmenu zu Sozialhilfepreisen zu bekommen.)