Hier nun einige Hintergründe zu der geplanten Forschungsstation:
Das Nördliche Breitmaulnashorn wurde leider in der freien Wildbahn ausgerottet. Es gab zuletzt nur noch 2 Weibchen im tschechischen Zoo Dvůr Králové/Tschechien. Diese wurden zurück nach Kenya gebracht und dort seither streng behütet. Allerdings hat man der Tochter noch einige Eizellen und beiden Tieren Stammzellen entnommen. Auch bei anderen, inzwischen verstorbenen, Exemplaren hatte man Keim- und Stammzellen entnommen.
Ein IZW-Team hat es inzwischen geschafft, mit identischem Genmaterial der Südlichen Form (i.e. Keimzellen) künstlich Embryonen herzustellen. Zuletzt wurde so ein Embryo auch in eine Nashornkuh eingesetzt und hat sich erfolgreich entwickelt (leider starb die Mutter an einer Infektion, der Embryo hatte sonst 90% Überlebenschance). Parallel ist es dem MDC zudem gelungen, aus Stammzellen Keimzellen zu generieren, aus denen das IZW dann wiederum Embryonen erzeugen könnte. Damit hat man potentiell eine deutlich breitere genetische Basis.
Damit sind die wissenschaftlichen Grundlagen nun gegeben, bevor die letzten lebenden Nördlichen Breitmaulnashörner ausgestorben sind. Das ist wichtig, da die Nördliche Form teilweise anderes (nicht-angeborenes?) Sozialverhalten zeigt als die Südliche (z.B. rufen sie wohl anders) und die künstlich erzeugten Jungtiere dieses Verhalten im Idealfall von den lebenden Tieren noch lernen könnten.
Im nächsten Schritt müssen nun also möglichst schnell möglichst viele kleine Nördliche Breitmaulnashörner geboren werden. Da kommen die Zuchtzentren in Dvůr Králové und Berlin ins Spiel. In Tschechien soll die entsprechend umgebaute Anlage bereits im kommenden Jahr fertig werden. In Berlin lebten vorher keine Nashörner, sodass ein Areal inkl. Stallbauten umgestaltet und erweitert werden muss, auf dem bisher afrikanische Wildrinder (Büffel) und sonstige Huftiere leben. Das hier ist der geplante Standort:
Bild: Tierpark Berlin
Die Besucher werden dort künftig dann also bis zu 6 Kühe des Südlichen Breitmaulnashorns beobachten können und im Idealfall dann vielleicht auch zeitweise die kleinen Kälbchen des Nördlichen Breitmaulnashorns, bis diese dann nach Kenia fliegen.
Bis dahin soll diese heute präsentierte Statue, die ein afrikanischer Künstler aus Recycling-Material geschaffen hat, schon mal etwas Vorfreude schaffen (das ist übrigens wirklich nur Lebensgröße, adulte Männchen haben rund 1,90m Schulterhöhe)):
Bild: Tierpark Berlin
Das hier sind übrigens die beiden letzten lebenden Nördlichen Breitmaulnashörner, die aus verschiedenen Gründen leider nicht selbst als Ammen in Frage kommen.
Und das hier ist der kleine Embryo, der erfolgreich eingepflanzt wurde und bis zum Tod des Muttertieres gesund herangewachsen ist.
Mein Fazit: Ich finde das ganze trotz leicht unangenehmer Jurassic Park Vibes doch auch faszinierend und inspirierend. Es ist einerseits unglaublich traurig, dass wir so ein uraltes und sehr charismatisches Geschöpf (und nicht das erste oder vermutlich letzte) überhaupt so stark dezimiert und so fast vollständig ausgerottet haben. Gerade wenn ich mir so die letzten Lebenden der Art ansehe und dann den kleinen Embryo (testweise noch von der Nachbarart), dann sollte man es mE aber vielleicht wirklich versuchen, ihnen doch noch eine Zukunft zu ermöglichen. Dass so etwas maßgeblich durch Berliner Forschungseinrichtungen und im Berliner Tierpark stattfinden soll, kommt für mich sehr überraschend aber ist zugleich eine Chance. Der Erfolg könnte zudem ggf. auch noch diverse andere Tiere retten (klar: die Lebensräume müssen auch und vor allem direkt bewahrt werden, damit so was wirklich nur die Ausnahme bleibt).
Der Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem (selbst Tierarzt) hat es so ausgedrückt: Der Mensch hat die Art in diese Lage gebracht, also sollte der Mensch alle Mittel nutzen, sie falls möglich doch noch zu retten. Das bringt es mE ganz gut auf den Punkt.