Potsdam: Wiederherstellung historische Mitte - Bauthread

  • Das ist deine Interpretation. Eine Meinung ist eine Meinung. Du ziehst doch auch schön vom Leder. Wer will schon eine treibende Kraft hinter der "Dritten Zerstörungswelle" sein? Ist das keine "absolutistische" Evidenz?


    Touche nummer zwei.


    Dass das Bankgebäude von Mies van der Rohe aus Iowa, USA offenkundig ein direktes Vorbild für das heutige FH-Gebäude im Potsdamer Zentrum ist wurde auch wieder von der jüngsten Fachliteratur bestätigt.


    Mmmhh, in welcher der Christian Klusemann recht deutlich schreibt das dass nur eine Vermutung ist ohne jegliche Beweise. Wenn du in deiner eigenen kleinen Welt leben willst, bitte schön. Die Thematik mit Mies van der Rohe habe ich hier schon oft genug zum besten gegeben. Es ist schlichtweg Blödsinn. Der mickrige Stahlpavillion aus Iowa ist wohl kaum das Vorbild per se. Eventuell die Systematik die dahintersteckt, im Gesamtwerks van der Rohes, aber selbst das ist aufgrund des anderen Konstruktionsansatzes recht weit hergeholt und eher Hermeneutisch aus den Hosentaschen gezaubert. Was mich aber bei einem Westdeutschen Kunsthistoriker, studiert in Marburg, aber nicht weiter wundert welcher seine Zugriffswelt an Architektur übermäßig Westlich konnotiert. Das muss ich glatt an den Australischen Deutschlandforscher Beattie denken welcher die Deutsche Einheit mal differenzierte zwischen "Western Success Stories" und "Eastern Horror Stories".
    Dasselbe beim Müther-Bau, keine deutliche Quelle, aber es liegt nun einmal nahe das eine Sowjetischer Bau bekannter war im Osten und auch dem Bau Pate stand. Wenn auch nur weit entfernt da Parabolide in der Architektur schon lange ein allgemeines Thema waren.


    Also ließ auch mal deine eigene genannte "Fachliteratur".


    Aber wahrscheinlich streitet Larry auch ab, dass der Berliner Funkturm etwas mit dem Eiffelturmmotiv zu tun hat oder dass das Brandenburger Tor die Prophyläen in Athen paraphrasiert. Kurz: da ist nichts zu machen.


    Interessante Sortierung. Aber solange es in dein Schwarz/Weiß-, A nach B-Schema passt.


    Ich weiß gar nicht, wie Du auf diesen Trichter gekommen bist. Irgendwas mit Geld war der Auslöser, um Architektur geht es Dir hier gerade jedenfalls nicht mehr...


    Ja es ging irgendwann lange davor einfach nur um das Vexiespiel was man mit den Löffel-Aussagen, Geld + Nutzung, machen kann bestimmten Leuten vorzuhalten, weiter nichts. Eine kleiner Stichler unter "Freunden". Denn da kommt dann immer die Totalität, wo es bei "eigenen Standpunkten" aufhört. Habe ich aber versaut da ich ohne nachzuschauen 300 Millionen geschrieben habe. Ging halt in die Hose und jetzt gibts mal wieder einen ewigen Aufguss-Kampf.

  • Larry du steigerst dich da in einen Popanz rein den du selbst zuvor aufgebaut hast. Odysseus hat eigentlich die richtigen Worte gewählt um die Diskussion zu erden (mehr Toleranz für andere Geschmäcker und "Wenn man ehrlich ist kommen in deutschen Innenstädten doch überhaupt nur ganz wenige Areale für Rekos in Betracht. Wie man sich an den paar Häusern so unglaublich abarbeiten kann."). Und du fängst danach wieder von vorne an und gipfelst argumentativ beim Chiffre des "Vexierspiel", das führt nirgendwo hin. Und wie Saxonia schon sagte "Also kurzum, du hast eine klare Meinung und wirfst "Rekoleuten" vor, dass sie ebenso eine haben?".


    Und da sind wir doch schon beim Punkt der Gesamtdiskussion. Auch Klarenbach und anderen möchte man zurufen, seid toleranter, im großen Bild wird auch Potsdam weiterhin im Stadtbild von der Nachkriegsmoderne dominiert werden. Einige Rekos, mit denen man versucht markante Teile der historischen Mitte zu rekonstruieren hin oder her. Es muss euch nicht gefallen, aber ihr müsst es tolerieren. So funktioniert eine plurale Gesellschaft nun einmal. Es kann nicht nur immer nach der "reinen Lehre" einer einzelnen Fraktion gehen. Und damit wäre dann doch auch alles ausgetauscht und gesagt und wenn die Appellation an die Toleranz alleine nicht ausreicht, dann muss zum Modus der Mehrheitsentscheidung gegriffen werden. Diese fiel bisher in repräsentativen Gremien Potsdams immer pro Rekos aus, auch in der Bevölkerung gibt es hierzu m. M. n. eine deutliche Mehrheit (ich kenne zahlreiche Potsdamer - mit verschiedensten Meinungen, keiner davon positioniert sich aber so scharf gegen Rekos und so kompromisslos gegen die Wiederherstellung markanter Teile der historischen Mitte, mag auch daran liegen, dass es sich hier um ein Nerdforum handelt, welcher "normale Mitbürger" diskutiert schon in seiner Freizeit wochenlang über solch ein Thema in einem Webforum ;)).

  • Mittlerweile wurde die Unterschriftensammlung für das Bürgerbegehren beendet. Am nächsten Mittwoch werden die 17.000 Unterschriften übergeben, und wenn davon 13.600 Unterschriften gültig sind, und die Stadtverordnetenversammlung das Bürgerbegehren ablehnt, dann wird es im Herbst den Bürgerentscheid geben. Und dann wird man einschätzen können, ob die Mehrheit der Potsdamer wirklich die Abrisse will oder nicht.


    http://www.maz-online.de/Lokal…-Stimmen-fuer-das-Mercure


    Die Forderung nach Toleranz finde ich ja lustig. Da fordern einige Reko-Fans die Zerstörung zentraler Gebäude der Nachkriegsmoderne in Potsdam, wie des Hotels "Mercure", des FH-Gebäudes und des Wohnblocks am Staudenhof, und gleichzeitig plädieren sie für Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Bauepochen. Ich kenne keinen Moderne-Fan hier im Forum, der den Abriss vormoderner Gebäude fordert, aber ich kenne viele Reko-Fans, die ständig Abrisse moderner Gebäude fordern. Ihr bringt die Intoleranz in das Forum!


    Die Dinge wären ja nicht so zugespitzt in Potsdam, wenn es tatsächlich einen Ausgleich zwischen den Interessen gäbe, wenn beispielsweise die Reko des Stadtschlosses, die Reko des Palazzo Barbarini und die Reko des Langen Stalles mit dem Erhalt des FH-Gebäudes, des Hotels "Mercure" und des Wohnblocks am Staudenhof einhergehen würde. Das passiert aber nicht.


    In Berlin ist es gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Rekos und dem Erhalt zentraler Ensembles der Nachkriegsmoderne zu erreichen, mit dem Ergebnis, dass alle wichtigen städtebaulichen Entscheidungen von allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien getragen werden. In Potsdam dagegen wird noch immer eine Kahlschlagpolitik betrieben. In keiner anderen Stadt in Deutschland wird dermaßen rücksichtslos rekonstruiert wie in Potsdam. Da muss man sich nicht wundern, dass es ständig Ärger gibt.

  • @ klarenbach


    Also den Staudenhof jetzt als zentrales Gebäude der Nachkriegsmoderne zu deklarieren ist wahrlich mal ein Statement. :nono:


    So kann es in Potsdam wirklich keinen Ausgleich geben wenn scheinbar jeder Stein der dort nach 1945 versetzt wurde zum nationalen Kulturgut gemacht wird. Man sollte auch irgendwann mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückfinden und zwischen wirklichen kreativen Leistungen und Massenware von der Stange unterscheiden. Denn sonst wird es in Zukunft in Potsdam gar keinen Städtebau mehr geben wenn selbst Bauten wie der Staudenhof schon unantastbar sein sollen.:nono:

  • Dass es in Berline einen "Interessenausgleich" zwischen Reko-Befürwortern und Ablehnern gibt, kann man ja nun wirklich nicht behaupten. Ausser dem Schloß und der Bauakademie wird ja nichts mehr rekonstruiert, beim Schloß auch nur drei Fasssaden. Der Rest ist Schiessscharten-Mainstream. Wenn - was die Baumassen betrifft - sich die eine Seite zu 90% durchsetzt ist das nun wirklich alles andere als ein Ausgleich, aber eine völlig legitim getroffene Mehrheitsentscheidung des Parlamentes.


    In Potsdam liegen die Dinge ja anders, Der Lange Stall wird ja gar nicht rekonstruiert (im Gegenteil, das herrliche Unger-Portal wird mit einem Wohnbau in Belearen-Architektur ergänzt) und die jüngst beschlossenen Neubauten anstelle der Ungerschen Alten Post und des Einsiedlers sind in ihrer Provinzialität kaum zu überbieten. Da ist jede Rekonstruktion, auch wenn sie leider häufig nur die Fassade betrifft, eine Wohltat für die Architekturqualität. Die Moderne hat bis dato ihr versprechen auch selbst hochqualitative Architektur bieten zu können, nicht eingelöst. Was die überdimensionierten Bestandsbauten betrifft wollen ja selbst die Initiatoren des Bürgerbegehrens die Fassaden komplett umbauen.


    Ob es zu einem Bürgerentscheid kommt wird wage ich zu bezeifeln. Hierfür müssten nicht nur die erforderlichen knapp 14.000 Unterschriften gültig sondern auch die Fragestellung zulässig sein. Wer die brandenburgische Kommunalverfassung liesst wird schnell erkennen, dass das hier nicht der Fall ist. Ein Mercure-Abriß steht nach dem erneuten Eigentümerwechsel gar nicht mehr zur Debatte und der FH-Abriß ist vor langer Zeit beschlossen wirden, wogegen, auch wegen der B-Pläne, gar kein Bürgerbegehren zulässig ist. Der Staudenhof hat eine Frist bis 2022 - auch da ist kein Begehren zulässig.


    Das wissen die Initiatoren natürlich genau. Aus gutem Grund haben sie die Fragen vor Beginn der Unterschriftensammlung nicht juristisch durch die Stadt prüfen lassen. Nimmt man die Aussagen der FH-Befürworter zur Gestalt einer künftigen FH hinzu (Komplettumbau und völlige Veränderung des Aussehens wie bei der Bibliothek) spielen die Initiatoren mit der Sehnsucht der Menschen nach Nicht-Veränderung der Umwelt ihrer Kindheit, wollen aber tatsächlich etwas ganz anderes: die Blockade der Rathauskooperation aus SPD CDU und Grünen. Aber das wird uns sicher im Herbst noch beschäftigen. Die Juristen unter uns können sich schonmal warmlaufen! Die Rathauskooperation schweissen diese Attacken nur dichter zusammen.

  • ^
    Und wieder nicht darauf eingegangen, Konstantin, aber schon klar wenn du nicht auf die "Meinung" von Kunsthistorikern vertrauen könntest würden ja auch deine Kunsthistorischen Konstruktionen in Zweifel gezogen werden können. :D


    Dass es in Berline einen "Interessenausgleich" zwischen Reko-Befürwortern und Ablehnern gibt, ( ... )


    Also so wie Jahrhunderte zuvor. Nur das die aktuelle Architektur aufgrund ihrer Produktionsverhältnisse und einer Pluralistischeren Gesellschaft die es zu "Repräsentieren" gilt immer mehr zerfasert. Was ich zumindestens Architektonich bedauere.


    Die Forderung nach Toleranz finde ich ja lustig. Da fordern einige Reko-Fans die Zerstörung zentraler Gebäude der Nachkriegsmoderne in Potsdam, wie des Hotels "Mercure", des FH-Gebäudes und des Wohnblocks am Staudenhof, und gleichzeitig plädieren sie für Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Bauepochen. Ich kenne keinen Moderne-Fan hier im Forum, der den Abriss vormoderner Gebäude fordert, aber ich kenne viele Reko-Fans, die ständig Abrisse moderner Gebäude fordern. Ihr bringt die Intoleranz in das Forum!


    Einfach nur Danke! :daumen:

  • Tut mir ein gefallen und schreibt einfach mal ein oder mehrere Tage nicht mehr in diesem Thread. Ihr dreht euch mit euren gegenseitigen Vorwürfen nur im Kreis und das bringt die Diskussion nicht wirklich voran. Danke!

  • Für mich als naturwissenschaftlich geprägter Akademiker ist Architektur sehr nützliche hohe Ingenieurskunst, die sich im Idealfall in ihrer Funktion im Einklang mit Mensch und Natur befindet.
    Daher bin ich gegen jegliche ideologische Überfrachtung des Architekturgedankens, egal welcher Couleur.
    Schade, dass es einige dabei nicht belassen können.
    Wir hätten es sonst doch sehr viel einfacher miteinander.

  • Ich muss ergänzend anfügen, dass ich mittlerweile auch grundsätzlich Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Volksentscheiden bekommen habe. Während ich dieses Instrument vor einigen Jahren noch als sehr wichtiges neues Element direkter Demokratie gesehen habe, bin ich mittlerweile der Meinung, dass sich das Instrument zu einem sehr destruktiven Mechanismus in der westlichen Welt entwickelt.


    Exemplarisch am Brexit sieht man, dass der Bürgerentscheid immer häufiger als bloßes Element dagegen gebraucht wird. Wirkliche Pläne was danach denn sein soll gibt es selten. Man will nur seiner Unzufriedenheit Luft machen und projiziert Themen in den Entscheid, die mit der eigentlich gestellten Frage kaum noch was zu tun haben.


    In Potsdam ist das ja beispielhaft zu beobachten. Es geht in Wahrheit doch gar nicht mehr um die 3 Gebäude sondern um Unzufriedenheit mit der gesellschaftlichen Entwicklung, um Entfremdung und Heimatgefühl. In Großbritannien muss jetzt der Brexit dafür herhalten. In Potsdam die historische Mitte. Die Frage ist ob man nicht noch einmal grundsätzlich überdenken sollte wie sinnvoll diese Elemente direkter Demokratie in einer repräsentativen Demokratie sind und wie man dieses Instrument in Zukunft nutzen will ohne die gesamte Gesellschaft zu polarisieren und gegeneinander aufzuhetzen.


    Denn eigentlich sollten direkte demokratische Elemente ja zu mehr Aufklärung führen. Ich habe den Eindruck dass es aber zum Jahrmarkt der Populisten und Halbwahrheiten wurde. Darüber sollte man auch mal debattieren.

  • Ist halt der Diskussionsthread hier.


    Die Forderung nach Toleranz finde ich ja lustig. Da fordern einige Reko-Fans die Zerstörung zentraler Gebäude der Nachkriegsmoderne in Potsdam, wie des Hotels "Mercure", des FH-Gebäudes und des Wohnblocks am Staudenhof, und gleichzeitig plädieren sie für Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Bauepochen. Ich kenne keinen Moderne-Fan hier im Forum, der den Abriss vormoderner Gebäude fordert, aber ich kenne viele Reko-Fans, die ständig Abrisse moderner Gebäude fordern. Ihr bringt die Intoleranz in das Forum!


    Als "Moderne-Fan" ist man da natürlich in einer komfortablen Position, wenn die Erschaffer der liebgewonnenen Nachkriegsmoderne fast alles, was vorher dort stand, planiert haben. Ansonsten ist der Abriss nicht-denkmalgeschützter Gebäude etwas völlig alltägliches. In Westdeutschland werden aller Orten Gebäude aus den 60ern und 70ern auch in zentraler Lage abgerissen. Kaum ein Hahn kräht danach. Warum jetzt DDR-Architektur plötzlich sakrosankt sein soll, erschließt sich mir nicht. Vielleicht doch die "Überlegenheit des Systems"?


    In Berlin ist es gelungen, ein Gleichgewicht zwischen Rekos und dem Erhalt zentraler Ensembles der Nachkriegsmoderne zu erreichen, mit dem Ergebnis, dass alle wichtigen städtebaulichen Entscheidungen von allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien getragen werden.


    Hurra, die Nationale Front lebe hoch! In einer Demokratie zählen Mehrheiten. Wenn man die hat, ist es völlig unnötig zu versuchen, noch andere mit ins Boot zu holen. Das dauert ewig, da die Meinungen entsprechend konträr sein dürften und am Ende sind noch weniger Menschen zufrieden, weil kaum jemand seine zentrale Forderung durchsetzen konnte.

  • Wir nennen es Demokratie


    Die Dinge wären ja nicht so zugespitzt in Potsdam, wenn es tatsächlich einen Ausgleich zwischen den Interessen gäbe, wenn beispielsweise die Reko des Stadtschlosses, die Reko des Palazzo Barbarini und die Reko des Langen Stalles mit dem Erhalt des FH-Gebäudes, des Hotels "Mercure" und des Wohnblocks am Staudenhof einhergehen würde. Das passiert aber nicht.


    Natürlich nicht - weil die Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung etwas anderes beschlossen hat und die Stadtverwaltung das umzusetzen hat.


    Wir nennen es Demokratie.


    Demokratische Mehrheitsentscheidungen muss die unterlegene Minderheit nicht nachvollziehen können, aber zumindest respektieren. Auch Sie.

  • Selbstverständlich werde ich jeden Ausgang des Bürgerentscheides akzeptieren.
    Ansonsten hat solch ein konsensuales Vorgehen wie in der Berliner Mitte den Vorteil, dass es dann kein Volksbegehren gibt, das die ganzen Beschlüsse wieder einkassiert, weil es kaum jemanden gibt, der unzufrieden ist. In Berlin haben sich der Berliner Historische Mitte e.V., die Gesellschaft historisches Berlin, das Bürgerforum Berlin, das Forum Stadtbild Berlin e.V. und der Stadtbild Berlin e.V. zusammengetan, um am 22. Oktober 2015 eine Petition für die Rekonstruktion der Berliner Mitte zu starten. Und was war der Erfolg? 480 Unterschriften, und das in über 8 Monaten. Im viel kleineren Potsdam sind dagegen seit dem April über 17.000 Unterschriften zusammengekommen. In Berlin hat man aus dem Tempelhof-Desaster gelernt, in Potsdam dauert alles offenbar etwas länger.

  • Selbstverständlich werde ich jeden Ausgang des Bürgerentscheides akzeptieren.


    Als Demokrat sollten Sie nicht nur isolierte Bürgerentscheide zu Einzelthemen respektieren, sondern auch den generellen Volkswillen, wie er sich in Wahlen ausdrückt (und dann in den Entscheidungen der gewählten Vertreter). Und da sprechen die Entscheidungen der gewählten Bürgervertreter der Stadt Potsdam seit langem eine klare Sprache.


    Das werden Sie hinnehmen müssen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt - jedenfalls solange keine anderen politischen Mehrheiten in Sicht sind. Aber danach sieht es ja nicht aus.


    Sie können natürlich wieder mal eine Revolution anzetteln, aber dafür erscheint mir Ihr Verein mittlerweile zu systemkonform geworden zu sein, was ich sehr begrüße (und zu hüftsteif, aber unter Nachwuchsmangel leiden die Altdemokraten ja auch).


    Den Vergleich solcher baulicher Mediokritäten wie des Potsdamer FH-Baus und des Mercure-Hotels mit dem Berliner Flughafen Tempelhof ist übrigens geradezu "blasphemisch". Baulich und aufgrund seiner historischen Bedeutung spielt letzter in einer anderen Liga als erstere. (Gegen die Randbebauung des Tempelhofer Flughafengeländes habe ich übrigens auch gestimmt.)

  • Appell für einen Kompromiss mit theretischer Herleitung

    Da dies der Disskussions-Strang ist, bitte ich zu entschuldigen, dass ich Absätze lang am Thema vorbeischreibe – am Ende komme ich darauf zurück.


    Als Demokrat sollten Sie nicht nur isolierte Bürgerentscheide zu Einzelthemen respektieren, sondern auch den generellen Volkswillen, wie er sich in Wahlen ausdrückt (und dann in den Entscheidungen der gewählten Vertreter).


    *Seufz* Ich hätte dieses Bürgerbegehren nicht unterstützt, auch wenn ich Potsdamer wäre, aber Sie machen es sich hier mit ihren Ausführungen in Sachen Demokratietheorie zu leicht: Man kann Bürgerentscheide nicht als "isolierte Einzelthemen" gegen einen in der SVV-Mehrheit repräsentierten "generellen Volkswillen" ausspielen, weil in einem Bürgerentscheid ein spezifischer Wille zum Ausdruck kommt, der den Willen der Volksvertreter in diesem Punkt aufhebt. So ist es vorgesehen in einer Kommunalverfassung mit plebiszitären Elementen, die vom Landtag beschlossen und also im Sinne des "generellen Volkswillens" legitimiert ist.


    § 15 dieser Kommunalverfassung regelt sehr präzise, wann ein Bürgerentscheid erlaubt ist, welche Form er haben muss und womit er sich befassen kann. Ist er zulässig und bekommt er eine Mehrheit, hat er die juristische Wirkung eines "endgültigen Beschlusses der Gemeindevertretung" und kann nur durch einen weiteren Bürgerentscheid aufgehoben werden (§ 15, Absatz 5). Bekommt er keine Mehrheit, ist er nichtig. So einfach ist das. Ob der jetzt anstehende Bürgerentscheid mit der Kommunalverfassung vereinbar ist, steht auf einem anderen Blatt; das müssen im Zweifel die Gerichte klären. Ist er es, gibt es weder theoretisch noch praktisch einen Grund, sein Ergebnis für undemokratisch zu halten.


    Zitat von Odysseus

    Während ich dieses Instrument vor einigen Jahren noch als sehr wichtiges neues Element direkter Demokratie gesehen habe, bin ich mittlerweile der Meinung, dass sich das Instrument zu einem sehr destruktiven Mechanismus in der westlichen Welt entwickelt.


    Wird jetzt vielleicht überraschen, aber ich teile die Skepsis: Nicht nur, aber vor allem auf nationaler Ebene lassen sich Volksentscheide wunderbar dazu nutzen, Ressentiments gegen "die da oben" zu schüren und sich selbst als einzig wahre Stimme "des Volkes" in Szene zu setzen. Dazu kommt, dass die Ja/Nein-Logik dazu neigt, Gewinner und Verlierer zu produzieren, statt Kompromisse zu fördern (siehe Brexit). Hier ist das repräsentative System mit seinen checks and balances, seiner Gewaltentrennung und seinen oft mühseligen, auf Interessenausgleich bedachten Verhandlungen, Anhörungen und Beratungen zweifellos überlegen.


    Andererseits zeigt m.E. gerade die Brandenburger "Volksgesetzgebung" auf Landesebene, dass es auch anders geht: Es handelt sich um ein dreistufiges Modell, dass in seinen ersten beiden Stufen nur den Landtag dazu nötigt, sich mit einem Antrag oder einem Gesetzentwurf zu befassen. Erst die dritte Stufe ist dann wirklich ein Volksentscheid. Es hat sich gezeigt, dass es in der Regel weder die Initiatoren noch die Landtagsmehrheit auf eine Kampfabstimmung ankommen lassen und sich spätestens nach Stufe Zwei zusammensetzen, um einen Kompromiss auszuhandeln. So kürzlich nach dem erfolgreichen Volksbegehren gegen Massentierhaltung – die rote-rote Koalition stimmte weiten Teilen des Begehrens zu, während im Gegenzug die Initiatoren auf eine ihrer Kernforderungen verzichteten. Möglich war das, weil beide Seiten eine Alles-oder-Nichts-Abstimmung scheuten. Auf diese Weise können Volksentscheide zu einem Teil der repräsentativen Demokratie werden, statt zu ihrem Widerpart.


    Ich fände es wunderbar, wenn dieses Beispiel auf Potsdamer Ebene Schule machen würde: Stadtverwaltung und Initiatoren sollten es nicht auf den großen Kladderatsch einer Abstimmung ankommen lassen, die die Stadt spalten würde, sondern einen Kompromiss aushandeln. Die grobe Kompromisslinie könnte z.B. darauf hinauslaufen, Staudenhof und FH abzureißen, den Hotelturm aber zu erhalten. Für so eine Entscheidung haben beide Seiten a) allen Grund und b) ein Mandat.

  • Ich kann das alles inhaltlich nachvollziehen, aber mir der Abgabe der Unterschriften ist die Zeit für einen "Kompromiss" ja vorbei. Da der Stadt der Hotelturm nicht behört kann sie ja nur die Ankaufsbemühungen einstellen - das hat sie eh' getan (weil der Eigentümer nicht verkaufen will). Ich fürchte jedoch, dass dies den Initiatoren nicht reicht.


    Also geht eben alles seinen Gang. Wie es vermutlich laufen wird habe in #507 dargelegt.

  • Man kann Bürgerentscheide nicht als "isolierte Einzelthemen" gegen einen in der SVV-Mehrheit repräsentierten "generellen Volkswillen" ausspielen


    Das tue ich ja auch nicht.


    Beide Wege der Gesetz- (bzw. in diesem Falle Satzungs-)Gebung sind, wo zugelassen, natürlich gleichwertig: der über Parlamente und der über direkte Volksabstimmungen.


    Mein Kommentar war lediglich eine kleine Spitze gegen unseren Mitforisten Klarenbach, der die Entscheidungen der gewählten Vertreter in Potsdam grds. diskreditiert (weil sie ihm ihnhaltlich nicht passen), nur um dann anzukündigen, einen Bürgerentscheid werde er natürlich respektieren (weil er in seinem Sinne ausgehen könnte).


    Von diesen Fassadendemokraten haben wir in Deutschland meiner bescheidenen Meinung nach im 20. Jahrhundert genug gehabt. In der Demokratie ist es wie im Sport: Größe zeigt man in der Niederlage. Gewinnen kann jeder.

  • Ich denke, dass solche Bürgerbegehren und Bürgerentscheide zu einem System von "checks and balances" dazugehören. Es ist ja nicht so, dass ständig Bürgerbegehren gestartet werden, sondern sie sind nur dann erfolgreich, wenn eine kritische Masse an Unzufriedenheit vorhanden ist, und diese ist nur dann vorhanden, wenn die Regierenden sich nicht um Kompromisse bemühen. Daher werden Bürgerbegehren tendenziell dazu beitragen, dass die sich die Regierenden um konsensuale Lösungen bemühen müssen.

    Und das Potsdamer Bürgerbegehren hat nur deshalb binnen kurzer Zeit soviel Zustimmung erreicht, weil es in er Stadt eine massive Unzufriedenheit mit der Baupolitik gibt und weil es seitens der Stadtspitze keine Bemühungen gab, einen Konsens zu erreichen. Daher hat das Bürgerbegehren viel Unterstützung erfahren, und wie der Bürgerentscheid ausgeht, werden wir sehen. In Berlin dagegen wird es wohl kein Volksbegehren zur Berliner Mitte geben, weil es hier andere Akteure gibt, die einen anderen Politikstil pflegen.


    Immerhin zeigen die Auslassungen von Carlo, dass die Argumente der Reko-Fans sehr dünn sein müssen, wenn sie zu persönlichen Pöbeleien greifen.

  • In Potsdam war noch kein Bürgerbegehren erfolgreich und hat zum Bürgerentscheid geführt, Klarenbach. Das wird auch diesmal so sein.


    In Berlin gibt es deshalb kein Volksbegehren zur Mitte weil sich ausser 200 Freaks für die Mitte kein Schwein interessiert - und nicht wegen einem "anderen Politikstil" der Regierenden.

  • In Potsdam war noch kein Bürgerbegehren erfolgreich und hat zum Bürgerentscheid geführt, Klarenbach. Das wird auch diesmal so sein.


    Vermutlich.


    In Berlin gibt es deshalb kein Volksbegehren zur Mitte weil sich ausser 200 Freaks für die Mitte kein Schwein interessiert - und nicht wegen einem "anderen Politikstil" der Regierenden.


    Es ist wirklich drollig, dass unser Meister Klarenbach jetzt Berlin als Beispiel für das angeblich so gelungene Miteinander gesellschaftlicher Kräfte im Ringen um die beste städtebauliche Lösung anpreist (und Potsdam als angeblich genaues Gegenteil davon).


    Als (nicht gebürtiger, aber dem Wohnort nach) Berliner weiß ich nicht, ob ich bei solchen Behauptungen lachen oder weinen soll. Wenn es hier soviel bürgerschaftliches Engagement gäbe wie in Potsdam, hätte Berlin ein paar Probleme weniger.