Quartier Krystallpalast

  • Die LVZ berichtet hinter der Bezahlschranke über das Areal:
    - autoarmes Quartier
    - 600 Bewohner
    - 230 Pkw- und 700 Fahrradstellplätze


    LINK


    Auf Leipzig.de etc. habe ich dazu nach kurzer Recherche noch nix gefunden.

  • Bebauungsplan Nr. 426

    Vorlage - VI-DS-03368
    Betreff: Bebauungsplan Nr. 426 "Neubebauung Brandenburger Straße/ Hofmeisterstraße/Hahnekamm; Stadtbezirk Mitte, Ortsteil Zentrum-Ost;
    Satzungsbeschluss
    https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1005209


    Hier unter anderem:


    7 Bebauungsplan Teil A: Blatt 1 Planzeichnung, Planzeichenerklärung
    8 Bebauungsplan Teil A: Blatt 2 Zeichnerische Darstellung zur Fassade,
    9 Bebauungsplan Teil B: Text
    10 Begründung zum Bebauungsplan


    Der CDU-Fraktion fällt es offensichtlich sehr schwer anzuerkennen, dass sich das Mobilitätsverhalten junger urbaner Haushalte der oberen Mittelschicht (für andere werden die Neubauten kaum bezahlbar sein) und kaum weniger gut betuchter Studierender 2017 ff. von dem 1977 oder 1987 im Westen der Republik unterscheidet. Das nennt man dann wohl konservativ.


    Sehr interessant ist auch, dass es nach Auffassung der CDU-Fraktion Leipzig an anderer Stelle Investoren nicht zugemutet werden kann, sie bei 30 % der Wohnungen zu Mietpreis- und Belegungsrechten (Sozialwohnungen) zu verpflichten, solange die Fördermittel aus dem entsprechenden Programm des Freistaates dafür zur Verfügung stehen. Hier wollen sie den Investor "wegen des Vorrangs der Berücksichtigung des Gemeinwohls" dazu zwingen, auf eigene Kosten ein zweites Tiefgaragengeschoss zu bauen, "was wegen der Grundwassersituation vor Ort vermutlich die Kalkulation gehörig durcheinanderbringt". So setzt halt jede_r seine/ihre eigenen Prioritäten.


    An der Hofmeisterstraße entsteht ein sogenanntes "autoarmes Quartier". Warum die CDU-Fraktion gegen eine Reduzierung der PKW-Stellplätze im Rahmen dieser Investition gestimmt hat, erklärt Stadtrat Ansbert Maciejewski:


    „Autoarmes Quartier“ verlagert Probleme nur in die Nachbarschaft
    http://www.cdu-fraktion-leipzi…nur-in-die-nachbarschaft/


  • Der CDU-Fraktion fällt es offensichtlich sehr schwer anzuerkennen, dass sich das Mobilitätsverhalten junger urbaner Haushalte der oberen Mittelschicht (für andere werden die Neubauten kaum bezahlbar sein) und kaum weniger gut betuchter Studierender 2017 ff. von dem 1977 oder 1987 im Westen der Republik unterscheidet. Das nennt man dann wohl konservativ.


    Die Diskussion um das autoarme Quartier gab es hier ja schon mal - und wie gesagt darf man sicher bezweifeln, ob gerade das angesprochene zahlungskräftige Klientel ökologisch bewusst auf Erst- und vielleicht auch Zweitwagen verzichten will und kann. Wenn es das nicht tut, geht der Schuss natürlich nach hinten los. Die Kraftfahrzeuge verschwinden dann eben nicht elegant in der Tiefgarage, sondern verstopfen öffentliche Parkflächen - und auch gerne mal Flächen, die noch nicht einmal zum Parken gedacht sind.


    Es wird ja abseits unverbindlicher Hinweise auch keinen Regelungsmechanismus geben (können), der das unterbindet. Was das Mobilitätsverhalten junger urbaner Haushalte angeht - da gibt es natürlich welche, die bewusst auf das Auto verzichten (Haushalte, die es sich nicht leisten können, sind hier ja irrelevant). Aber ist das wirklich das Klientel, das sich von einem solchen - mit Verlaub - Schickeria-Objekt angezogen fühlt? Und was passiert mit all den lobenswerten Vorsätzen, wenn die Realität mit unschönen Wegen zu Arbeitsplatz und Kinderbetreuung zuschlägt? Es ist schon auffällig, dass das Parkchaos im politisch grünsten Stadtviertel Leipzigs am schlimmsten zuschlägt (Schleußig).


    Aber vielleicht ist es sinnvoll, hier ideologische Scheuklappen abzulegen und das autoarme Quartier einfach als Experiment zu sehen. Es wird sich ja zeigen, ob das so funktionieren kann.

  • Nun ja, es heißt "autoarm", nicht autofrei. Ich erinnere noch mal an die Zahlen:


    - über 600 Bewohner_innen - 230 PKW-Stellplätze, die CDU hätte gern 460
    - 0,7 PKW-Stellplätze pro Wohnung statt ein bis zwei Stellflächen pro Wohnung
    - 2 Parkplätze für 10 Studierende statt 5
    - 26 Stellplätze für 4500 Quadratmeter Büro- und Praxisfläche, üblich wäre das Fünffache
    - zwei neue Hotels mit zusammen 470 Betten - 39 Stellflächen, halb so viel wie sonst üblich


    Wieviele reguläre Stellflächen pro Haushalt gibt es in Schleußig? Wieviele Autos passen vor ein Haus mit 8, 10 oder 12 Wohnungen?


    Und man muss Google nicht mögen, um darauf hinzuweisen, dass im Zentrum europäischer Metropolen derzeit so gebaut werden soll:


    Neues Google-Hauptquartier am King’s Cross in London: 92.903 Quadratmeter Innenfläche - 20 mal mehr als die Gewerbefläche in unserem Fall:
    4 Pkw-Parkplätze, 686 Stellplätze für Fahrräder
    https://www.theguardian.com/te…-construction-kings-cross


    PS:


    Eine Zusammenstellung auf http://www.autofrei.de/index.p…-es-autofreie-wohngebiete


    Wo gibt es autofreie [oder autoarme] Wohngebiete?


    In Deutschland gibt es in Freiburg, Münster, Köln, Hamburg, München, Kassel, Bremen, Berlin, Frankfurt a.M., Karlsruhe, Aachen und Düsseldorf autofreie oder autoarme Wohnprojekte (die aber z.T. noch nicht umgesetzt worden sind). Im benachbarten Ausland sind solche Gebiete u.a. in Kopenhagen, Amsterdam, Wien, Bern und in Großbritannien zu finden.


    Beispiel Hamburg-Barmbek, Saarlandstraße:
    Statt sonst üblich 0,8 Stellplätze pro Wohneinheit müssen nur 0,15 Stellplätze nachgewiesen werden.


    Beispiel München-Messestadt Riem:
    Ursprünglich sollten nur 0,75 Stellplätze pro Wohnung in einer Gemeinschaftsgarage ohne fest zugeteilte Stellplätze gebaut werden. Die SPD kippte das Konzept aber sehr schnell, baute noch einige Parkhäuser, der Leerstand beträgt ca 40%.

  • ^ Danke, dass du die Antwort auf Philipps Beitrag schon gegeben hast. Schleußigs Parkplatzsituation ist kein Resultat autobegeisteter Einwohner, sondern basiert auf der dichten und gründerzeitlichen Struktur des Viertels. Auf geschätzt 10 Wohnungen pro Wohnhaus in der Brockhausstraße beispielsweise kommen vielleicht drei Stellplätze für PKW davor in Frage. Tiefgaragen, Stellplätze im Hof und dergleichen gibt es dort gar nicht bzw. kaum. Schleußig ist für meine Begriffe zudem eines der wenigen Viertel in Leipzig, wo Einwohner gezielt auf das eigene Auto verzichten, obwohl man sich manchmal ein oder gar zwei teure eines deutschen Premiumherstellers leisten könnte.


    Ansonsten ist es beim Krystallpalast-Areal nun wirklich Quatsch mit Soße, von einem Schickeria-Objekt zu schwadronieren. Die Neiddebatte können wir bitte gleich wieder begraben.

  • Als Ergänzung zu oben und weil Behauptungen vom häufigen Wiederholen auch nicht wahrer werden, ein etwas älterer Text aus der Planungsrundschau Nr. 5 mit dem Schwerpunkt: Alternative Mobilität (Sommer 2002):


    http://www.planungsrundschau.d…schau05/texte/akawnol.htm


    Stadtrat Ansbert Maciejewski (CDU-Fraktion): "Eine Verpflichtung zum Verzicht auf ein eigenes Auto kann schließlich weder bei Mietern, noch bei Eigentümern juristisch durchgesetzt werden."
    http://www.cdu-fraktion-leipzi…nur-in-die-nachbarschaft/


    Die Kraftfahrzeuge verschwinden dann eben nicht elegant in der Tiefgarage, sondern verstopfen öffentliche Parkflächen - und auch gerne mal Flächen, die noch nicht einmal zum Parken gedacht sind. Es wird ja abseits unverbindlicher Hinweise auch keinen Regelungsmechanismus geben (können), der das unterbindet.

  • Ansonsten ist es beim Krystallpalast-Areal nun wirklich Quatsch mit Soße, von einem Schickeria-Objekt zu schwadronieren.


    Erstbezugsmieten in der Lage liegen mit Blick auf aktuelle Angebote durchaus im Bereich von 10 Euro/qm kalt. Bei einer durchschnittlichen Bestandsmiete von 5,39 Euro (laut kommunaler Bürgerumfrage 2016) wird auch das Krystallpalast-Areal eine Adresse für Besserverdiener werden (und nein, für Neid sehe ich keinen Grund).


    Entsprechend ist es schon regelrecht belustigend, wenn der OB im LVZ-Artikel meint, die reduzierte Stellplatzzahl sei ein "Versuch, die Mietpreisentwicklung an der Stelle zu begrenzen". Wohl doch eher ein Versuch, den Gewinn zu maximieren. Nein, auch das ist kein Neid, sondern nur logisch. Fahrradbügel sind erheblich günstiger als Tiefgaragenstellplätze - und mit der richtigen Lage/Ausstattung wird man die Wohnungen schon zum gleichen Preis anbieten können.
    Falls es mit Vermietungsbeginn (konnte auf die Schnelle dazu nichts finden) anders kommt, lasse ich mich aber gerne eines Besseren belehren. :)

  • Ich halte dagegen und tippe auf eine Kaltmiete zwischen 13 und 14 Euro/m² nach Fertigstellung. Ansonsten Zustimmung, gerade auch bei der Preisbildung auf angespannten Wohnungsmärkten. Irgendwie amüsant, dass die Geschichte mit der angeblichen Kostenmiete bei renditeorientierten Wohnungsunternehmen und privaten Vermieter_innen immer wieder erzählt und anscheinend auch geglaubt wird.

  • Verdrängung, Rendite, Schickeria: Aber an die Natur, die sich hier in den letzten 7 Dekaden ihren Lebensraum zurückgeholt hat, denkt "Stadt für alle" natürlich wieder nicht. Karl ist allen egal *traurigguck.

  • Hallo Cowboy, kannst Du uns bzw. mir bitte den Sinn Deines Einwurfes erklären. Wer hat sich denn hier und an anderer Stelle gegen eine Bebauung des Geländes ausgesprochen, um Karl den Käfer nicht zu vertreiben? Wo war hier und an anderer Stelle von Verdrängung von Tieren oder Menschen die Rede? Vielen Dank!

  • Autoarme bzw. -freie Siedlungen bedeuten ersteinmal, daß der Investor clever den "Zeitgeist" für sich instrumentalisiert hat, denn es verbleiben ihm deutlich mehr Flächen zur Bebauung und damit mehr Gewinn. Da die Bewohner nun trotzdem Autos haben werden (ob nun tatsächlich weniger als im Schnitt oder nicht, es lässt sich nicht steuern,nicht vorschreiben und schon gar nicht kontrollieren) erfolgt ein Hineindrängen des Parkens in andere Quartiere zu Lasten der dortigen Anwohner. Im Übrigen beißt sich solch ein Vorhaben mit den deutschlandweit anstehenden Novellierungen der Bauordnungen, welche (in Niedersachsen z.B. bei Wohngebäuden mit mind. 4 Wohnungen) Ladestationen für Elektroautos vorschreiben.

  • Die kernstädtischen Ortsteile haben bis auf Ausnahmen wie Leutzsch unter 250 bzw. 250 bis unter 350 private PKW pro 1000 Einwohner_innen. "Die wenigsten Privat-Pkw je 1 000 Einwohner gab es Ende 2014 wie bereits in den Vorjahren in Volkmarsdorf (179), Neustadt-Neuschönefeld (199) und Zentrum-Südost (196). Danach folgten Lindenau (229), Alt-Lindenau (239) und Reudnitz-Thonberg (241) (Stand 31.12.2014, S. 28 https://www.leipzig.de/fileadm…ericht_Leipzig_2015_1.pdf). In Schleußig (siehe oben) und Zentrum-West gab es Ende 2014 323 PKW (privat und gewerblich) je 1000 Einwohner_innen, in Zentrum-Nordwest (Waldstraßenviertel) 348.


    230 PKW-Stellplätze für ca. 600 Bewohner_innen entspricht 383 Stellplätze für 1000 Bewohner_innen, also mehr als in der gesamten Nachbarschaft.

  • Zusätzlich zu meinen oben angebrachten grundsätzlichen Darlegungen wäre dann zu diskutieren, ob wir dann hier noch von einem autoarmen Viertel sprechen können. Zu den erwähnten PKW/EW-Zahlen stellen sich allgemein einige Fragen: leben in den entsprechenden Vierteln besonders viele sozial Schwache, die sich kein Auto leisten können? Ist es freiwilliger Verzicht oder sind es besonders viele Alte ohne Führerschein oder besonders viele Junge (Studenten)? Wie verhält sich das Ganze zur BMVI-Verkehrsprognose 2030, welche einen jährlichen Individualverkehrszuwachs von einem Prozent prognostiziert?

  • Snirtje Bra: Dazu steht einiges in der von LE Mon. hist. verlinkten PDF-Datei, S. 28. Der Bericht nennt begrenzte Stellplätze in den zentrumsnahen Ortsteilen, bessere ÖPNV-Anbindung, eine andere Bewohnerschaft (was auch immer man damit meint...) aber auch die unterdurchschnittlichen Einkommensverhältnisse in einer Reihe von Stadtteilen mit geringer Auto-Quote.


    LE Mon. hist.: Im aktuellen Quartalsbericht gibt es den Blick auf die Kfz-Situation von 2016: http://english.leipzig.de/file…ericht_Leipzig_2017_1.pdf
    Der Kfz-Bestand wächst demnach praktisch mit der Bevölkerung mit.


    Die L-IZ wies letztens noch einmal darauf hin, dass längst nicht alle Fahrzeuge in Leipzig auch wirklich hier registriert sind und man auf amtliche Zahlen durchaus 15 bis 20 Prozent draufschlagen darf.
    http://www.l-iz.de/politik/kas…erung-fuer-die-LVB-179826

  • Die L-IZ hat prinzipiell recht, doch genausogut sind Leipzig-registrierte PKW woanders (ständig/oft) unterwegs, so dass ein gewisser Ausgleich stattfindet.


    Im stat. Quartalsbericht wird deutlich, dass der PKW-Zuwachs insbesondere in den Randbezirken stattfindet, zentrale Ortsteile weisen nach wie vor sehr niedrige Quoten auf.


    Gegenwärtig wird das Areal vor allem von Einpendlern zugeparkt, diese werden logischerweise vor die Wahl gestellt, entweder kostenpflichtige Stellflächen zu wählen (dafür zentraler) oder das Verkehrsmittel zu wechseln. Noch längere Fußwege helfen nicht, da angrenzende Areale bereits Parkdruck + enge Straßen haben (Grafisches Viertel). Vielleicht entdeckt man ja P+R für sich, der P+R Platz S Engelsdorf steht weitgehend leer...


    Das soziale Gefüge entscheidet nur am Rande über die PKW Dichte. Vermutlich sind es Führerscheinbesitz und regelmäßiges Einkommen, welches etwas weiter östlich zu den niedrigsten Quoten Leipzigs führt. Ansonsten haben gerade kleine und eher niedrige Einkommen eine hohe PKW Affinität. Insofern halte ich das Ansinnen eines autoarmen Quartiers für realistisch.


    Typisch deutsch ist das Pseudo-Argument der Kontrolle. Wozu? Kontrollen, ob die Theorie aufgeht, sind überflüssig. Die einzig relevanten Kontrollen muss das Ordnungsamt durchführen. So wie überall.


    Ob der Investor dadurch günstiger bauen kann, bezweifle ich durchaus. Tiefgaragen weisen in den meisten Projektkalkulationen regelmäßige und hohe Einnahmen aus, sind also eher Faktoren, welche die Wirtschaftlichkeit verbessern. (bis zu einem gewissen Punkt und unter der Bedingung der Nachfrage danach, da weichen Städte wie Leipzig gern mal von den Lehrmeinungen ab)


    Die BMVI-Verkehrsprognose 2030 der jährlichen 1%igen Steigerung des MIV ist eine Selbsterfüllungsprognose. Denn wenn Maßnahmen ergriffen werden, welche dieses Wachstum ermöglichen, findet es auch statt.

  • ^ Die einzige Überraschung die ich auf Anhieb sehe, ist das graue Gebäude an der Spitze des Grundstücks. Dass die nicht dazugehört, hatte ich auch schon wieder verdrängt. Auf der ersten Threadseite hieß es, dass dort ein kleineres Hochhaus geplant war, Näheres unbekannt.


    Schade, dass es erst 2019 los geht - aber immerhin ist man noch dran.

  • ^ die gegenwärtige Planung und Vermarktung, bei der auch ein Unternehmen aus Luxembourg dazu gekommen ist, betrifft "nur" den Blockrand und ohne die Spitze zur Brandenburger Straße. Diese soll dann aber im Rahmen eines 16 Geschosser geplant und vermarktet werden. Was eine Gebäudehöhe eines kleineren "Hochhauses" mit rund 50 bis 60 Metern entsprechen würde. An dieser Stelle bzw. Straßenflucht, absolut begrüßenswert!