Projekte in der Altstadt

  • Es werden mittlerweile so oft nur die Fassaden denkmalgeschützter Gebäude erhalten, siehe 500m weiter westlich.

    Persönlich finde ich das durchaus okay, da eine andere Nutzung wirtschaftlich oft nicht mehr möglich ist. Dann besser immerhin die Fassade des Einzeldenkmals erhalten, als gar nichts mehr. Der Denkmalschutz sieht das jedoch nachvollziehbarerweise ungern, Art. 5 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes sieht vor:


    "Baudenkmäler sollen möglichst entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt werden. Werden Baudenkmäler nicht mehr entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung genutzt, so sollen die Eigentümer [...] eine der ursprünglichen gleiche oder gleichwertige Nutzung anstreben. Soweit dies nicht möglich ist, soll eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf die Dauer gewährleistet. Sind verschiedene Nutzungen möglich, so soll diejenige Nutzung gewählt werden, die das Baudenkmal und sein Zubehör am wenigsten beeinträchtigt." https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayDSchG-5


    Im Fall des von dir angesprochenen und wie der Kaufhof von Josef Wiedemann errichteten Hettlage (persönlich hätte ich auch den Hettlage nicht erhaltenswert gefunden), gab es dann auch einigen Widerstand gegen Teilabriss und Umbau.

    Zentraler Kern der Kritik waren die nicht mehr vertretbaren Substanzverluste, wie Entkernungen von Baudenkmälern [= Einzeldenkmal], die dazu führen, dass Denkmäler auf ihr äußeres Erscheinungsbild reduziert werden.


    In der Charta von Venedig heißt es weiter:


    "Die Erhaltung der Denkmäler wird immer begünstigt durch eine der Gesellschaft nützliche Funktion. Ein solcher Gebrauch ist daher wünschenswert, darf aber Struktur und Gestalt der Denkmäler nicht verändern. Nur innerhalb dieser Grenzen können durch die Entwicklung gesellschaftlicher Ansprüche und durch Nutzungsänderungen bedingte Eingriffe geplant und bewilligt werden."


    Will man folglich den Kaufhof vom Status des Ensembleschutzes zu einem Einzeldenkmal hochstufen, so dürfte es sich gemäß den Leitlinien des Denkmalschutzes um den gesamten Komplex handeln. Eine erfolgreiche Zukunft...

    ... mit großzügig dimensioniertem und begrünten Innenhof

    ist damit nicht im Sinne des Denkmalschutzes und der Befürworter einer expliziten Unterschutzstellung wie Stadtbaurätin Merk. Für die Fassade reicht der Ensembleschutz.

    Aus wirtschaftlicher Sicht: Da der Kaufhof die gesamte Grundfläche der Adressen Schützenstraße 1-5 einnimmt, wird ein großzügig dimensionierter und begrünter Innenhof ohnehin nur bei Verzicht auf ~ 50 % der Bruttogeschossfläche möglich sein. In dieser Lage schwer zu stemmen.


    Ich halte es wie Alt OB Hans-Jochen-Vogel... "Ich habe nicht viele Sünden in meiner Amtszeit gehabt, aber das [der Kaufhof] ist eine Sünde. Wenn ich höre, dass man den Kaufhof am Marienplatz unter Denkmalschutz stellen will, dann kann man das ja auch als Warnung verstehen“.


    Pfeils Aussage lässt sich grob auch auf viele bereits geschützte Gebäude übertragen, die nur aufgrund ihrer Optik Denkmalschutz genießen. Nicht jedes Denkmal braucht eine wahnsinns Historie, manchmal reicht es auch, aufzufallen und einzigartig zu sein, finde ich.

    Die Aussage lässt sich nicht nur grob, sondern exakt auf alle Gebäude, die nur aufgrund ihrer Optik unter Denkmalschutz stehen, übertragen. Denn das sind eben alle unter Ensembleschutz stehenden, und nur bei letzterem spielt u.a. die Optik allein überhaupt eine Rolle. Keines der eingetragenen Einzeldenkmäler genießt Schutz nur aufgrund seines Aussehens, aber jedes Gebäude der Altstadt ist generell vom Ensemble "Altstadt" geschützt, welches im Denkmalatlas als bundesweit herausragende Mischung aus historischen Vorkriegs- und Nachkriegsgebäuden definiert wird. Für den Kaufhof ist das m.E. mehr als genug der Ehre :D


    Nun ist die Diskussion ohnehin rein hypothetisch, da es (noch) keinerlei Pläne gibt, den Kaufhof zu verkleinern. Nicht verständlich finde ich jedoch, wenn jetzt beim Kaut-Bullinger-Neubau vom Bezirksausschuss gefordert wird, dessen Fassade an den Kaufhof anzupassen. Warum denn nicht die Fassade an die tatsächlich als Einzeldenkmal ausgezeichneten Gebäude in der Rosenstraße anpassen? Signa wird kaum einen fensterlosen Bürobau hinsetzen, die Anpassung gelänge damit nur über die Wahl des Fassadenmaterials und einer möglichst modernen Architektur... im Ergebnis käme genau das raus was da heute steht...X/

  • ^


    So soll der Neubau des Kaut Bullinger aussehen: https://www.abendzeitung-muenc…ancybox_1zsDAX_zCoSNA.jpg


    Am Dienstag wird das Vorhaben in der SGK diskutiert, die Kommission muss eine Befreiung vom B-Plan empfehlen, da der Neubau 1,50 m höher ist als es der Plan hier zulässt. Während diese Überschreitung laut AZ wohl durchgeht, meldeten Denkmalschutzbehörde und Planungsreferat Bedenken bzgl. der Fassade an --> zu wenig Kaufhof, zu wenig platt, zu wenig plump?


    Ich finde den Entwurf eigentlich recht gefällig. Nichts Besonderes, aber elegant, wertig und freundlich, die Fassade passend zur historischen Altstadtbebauung plastisch und kleinteilig. Für mich wäre das ein Stück Stadtreparatur (gerne hätte Signa so auch den Karstadt Nachfolger am Hbf bauen können).

  • Ich finde der Entwurf auch sehr gelungen. Wird das anliegende Backsteingebäude (ehm. Paulaner Restaurant) auch nicht abgerissen? Beim Letzten Spaziergang würde das Gebäude auch schon geräumt.

  • ^^


    Ergebnis SGK-Sitzung: Wiedervorlage am 24.01.2023 nötig


    1. Gründe:

    • Die Überschreitung der im B-Plan festgesetzten Traufhöhe um 1,50 m verursacht aus bestimmten Perspektiven, etwa vom Rindermarkt aus, in Kombination mit dem im Vergleich zum Bestand weniger steil stehenden Dach, einen insgesamt zu wuchtigen Dachaufbau.
    • Die Dachgauben wirken im Vergleich zu den Nachbarn zu massiv.
    • Der Übergang der Dachkante zum rechten Nachbarn (siehe 1. Bild unten) weist einen optisch störenden Versatz auf.

    2. Forderungen:


    Die Traufhöhe entweder an die im B-Plan zulässige Höhe anpassen und / oder den Entwurf dergestalt überarbeiten, dass das Dach von südöstlicher Perspektive weniger dominant wirkt (siehe Punkt 4). Dazu sollten auch die Dachgauben noch einmal angepasst werden.


    3. Hintergrund:


    Anders als es die AZ gestern darstellte, handelt es sich bei oben gezeigtem und in der SGK vorgestellten Entwurf bereits um den dritten (!) Entwurf seitens des Bauherrn. Gemeinsam mit der Denkmalschutzbehörde wurden die ersten beiden zu diesem dritten überarbeitet.

    So gab es bzgl. der Fassade nicht nur keine Einwände, sie wurde explizit gelobt.


    4. Herausforderung Bebauungsplan:


    Die Forderung, die zulässige Höhe einzuhalten, gehe mit dem Verlust des 1. OG als potenziellem Einzelhandelsgeschoss einher, so die Architekten. Aktuell sieht das 1. OG eine Raumhöhe vor, die sowohl für Handel als auch für Büros geeignet wäre. Eine konkrete Nutzung ist offen.

    Da in der Altstadt die ersten Obergeschosse jedoch sehr oft mit Geschäften belegt sind - und dies architektonisch mit erhöhten Geschossen und großzügigen Glasfronten zum Ausdruck kommt - wäre eine Geschosshöhenreduzierung für die Architekten "schädlich für das Stadtbild".

    Der Vertreter der Denkmalschutzbehörde betonte daraufhin, dass an der Höhe der ersten beiden Geschosse nichts mehr verändert werden dürfe; das bisher erreichte, sollte nun nicht erneut zur Disposition stehen.

    Die übrigen Vollgeschosse könnten nicht mehr in der Höhe reduziert werden.

    Daher sieht sich die SGK in der Lage, eine Überschreitung der zulässigen Gesamthöhe zu empfehlen, wenn der Dachaufbau in der Überarbeitung Nr. 4 aus südöstlicher Perspektive weniger massiv daherkommt - wie auch immer die Architekten das lösen mögen.


    5. Kurioses:


    Der Bezirksausschuss lehnte das Vorhaben zuvor in seiner eigenen Sitzung geschlossen ab, da ein Präzedenzfall drohe. Der B-Plan würde in allen Dimensionen überschritten werden: Zu viele Geschosse, eine zu hohe GFZ, eine zu große Höhe.

    In der Tat erlaubt der Plan eine GFZ von ~ 5,7, der Neubau kommt auf eine GFZ von ~ 7,2.

    Doch vom Vertreter der Lokalbaukommission musste sich der Entsandte des BA belehren lassen, dass bereits der Bestand den Bebauungsplan nicht einhält. Sowohl hinsichtlich der GFZ als auch mit Blick auf die Anzahl der zulässigen Geschosse. Im Fall der GFZ beträgt die Nettozunahme im Vergleich zum Bestand ~ 0,7. Und da die Geschossigkeit die der umliegenden Bebauung keineswegs überschreitet, entstünde in Summe mitnichten ein Präzedenzfall. K.O. für den BA :)


    Da ich aus Zeitgründen die vorgeschaltete Präsentation der Architekten nicht mitverfolgen konnte, habe ich nur zwei Bilder einfangen können:



    ©holger meyer architektur

    Die drei Untergeschosse bleiben erhalten, sodass der Neubau vglw. zügig umgesetzt werden kann.

  • Frühestens ab 2038!!! Realistischerweise wird das erst in den 40ern fertig.


    Ganz ehrlich, das ist so weit zeitlich entfernt, da kommt keine Vorfreude sondern nur noch Verzweiflung auf...

  • Tja, was Stamm-2 nicht alles blockiert... :|


    Aber: M.E. ergäbe sich in diesem Fall sogar ein Vorteil - wenn man wollte. Die TG wurde 1964 erbaut, dann für 80 Jahre in Erbpacht an den Betreiber übergeben. 2044 läuft der Vertrag demnach aus. Warum die Rampen dann ab 2038 überhaupt noch für viel Geld verlegen?

    Wirklich mutig wäre es, die TG ersatzlos zu streichen, Steuergeld, das hier nur sehr wenigen Gutbetuchten zu Gute kommt, einsparen, und das erneute Stückwerk mit diesen ominösen Ein- und Ausfahrten vor der Residenzpost unterlassen.

  • Nur weil man einen rampenfreien Platz haben will, sehe ich das auch nicht ein. Die Stadt verschuldet sich damit nur sinnloser Weise mehr. Lieber in Schulen, ÖPNV oder Klimaneutralutät investieren.

  • Ex Kaut-Bullinger in der Rosenstraße


    Signa vermarktet die Umgestaltung / den Teilneubau nun als "Romy". Es entstehen 1.150 qm Einzelhandelsfläche in den beiden ersten, sowie 3.100 qm Bürofläche in den oberen Etagen zzgl. 365 qm Dachterrasse.

    50 % der bestehenden Bausubstanz können erhalten bleiben.


    Aktuelle Visualisierungen:




    https://romy-muenchen.de/

  • wer auch den Artikel zu derzberb Hinweis lesen will, hier:

    https://www.abendzeitung-muenc…stehe-es-nicht-art-914258


    Die SZ berichtete am 11.07. auch darüber:

    https://www.sueddeutsche.de/mu…egruenung-unmut-1.6020303


    Morgen erwarten wir 37° in München, wie menschenverachtend kann man da sein, eine komplett pflanzenfreie Steinwüste zu fordern. Vor allem wäre die Bepflanzung erstmal temporär. Im Stil eines italienischen Stadtplatzes soll es sein, also nur Stein. Ich war lange für die Vorrangstellung des Denkmalschutzes, aber wir haben inzwischen andere Klimaverhältnisse in der Stadt. Was meint ihr, soll das nicht auch berücksichtigt werden?

  • Frag mich folgend der aktuellen Hysterie, wie die Menschen in Madrid, Dallas, Peking oder Teheran durch den Sommer kommen? Und dann vergleicht mal die Satelliten Bilder dieser Städte mit München.

  • Ne finde ich absolut richtig, würde mich freuen wenn der Denkmalschutz in München auch auf die ein oder anderen Wohnhäuser etwas strikter und großzügiger angewandt wird.

  • Um auf dem MJP für reduzierte Temperaturen zu sorgen bräuchte es einige überlappende Großbäume. Ein bisschen Alibigrün mit Stauden, Gräsern und Bäumerln in Kübeln in der Platzmitte haben diesbezüglich so gut wie überhaupt keinen Effekt.

    Trotzdem finde ich, dass dem MJP aus ästhetischer Sicht ein bisschen Grün gut stehen würde. Ein bisschen. Denn so wie es aussieht, stößt sich der Denkmalschutz an der flächenhaften Begrünung, was ich durchaus nachvollziehen kann. Ich würde einfach eine ganze Reihe von Pflanzkübeln aufstellen, darin jeweils einen Baum in der Mitte und Gräser / Blumen drum herum. Die kann die Stadt dann bei Bedarf (z.B. Oper für Alle) kurzfristig und unkompliziert entfernen. Und: Endlich den Schilderwald lichten!

  • MiaSanMia Deinen Beitrag finde ich sehr interessant. Ich will noch ergänzend hinzufügen: Gerade jetzt beendet die TU eine 2019 begonnene Studie zu Begleitgrün an Straßenrändern - siehe SZ München: Wildblumen am Straßenrand - positiv für Klima und Bienen - München - SZ.de (sueddeutsche.de) Damit sind tatsächlich nicht Bäume gemeint sondern Gräser, Blumen etc. also nur die Begrünung am Boden. Was mich wirklich erstaunt hat, ist dass es einen Temperaturunterschied bis zu 30° gibt (nein, ich habe mich nicht vertippt, sie sprechen von 30°). Ich vermute dieser Unterschied wurde direkt am Boden gemessen, es wäre natürlich interessant wie es sich in einer Höhe von 1 oder 2 Metern verhält. Es stimmt auf jeden Fall, dass die Abstrahlwärme von Asphalt oder Steinmauern im Sommer deutlich spürbar ist, wenn man mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs ist (an alle hier die nur mit dem Auto unterwegs sind, es ist so, ich kann es bestätigen). Ob allerdings die Wirkung speziell am MJP wirklich einen messbaren Effekt hat mag ich doch bezweifeln, da nicht nur der Boden die Wärme abstrahlt sondern hier auch die rundum geschlossene Bebauung. Hier wären dann tatsächlich Großbäume die Hilfe.

    Womit ich eigentlich den Beitrag ergänzen wollte ist nur mit dem Hinweis, dass auch eine Bepflanzung nur am Boden ohne Bäume nicht unterschätzt werden sollte. Interessant wäre allerdings wie effektvoll dies wirklich auch an diesem Ort sein kann. Gerne würde ich natürlich hören, dass es auch am MJP spürbar ist. Vielleicht haben wir Fachleute unter uns oder sogar jemanden der die Studie der TU inhaltlich genauer kennt als in der SZ zusammengefasst.


    Zur optischen Qualität habe ich auch so meine Vorstellungen, aber das vielleicht zu späterem Zeitpunkt. Der obige Text ist schon lang genug.

  • Was mich wirklich erstaunt hat, ist dass es einen Temperaturunterschied bis zu 30° gibt (nein, ich habe mich nicht vertippt, sie sprechen von 30°). Ich vermute dieser Unterschied wurde direkt am Boden gemessen, es wäre natürlich interessant wie es sich in einer Höhe von 1 oder 2 Metern verhält.

    Damit ist die Oberflächentemperatur gemeint, d.h. die Temperatur des Bodens selbst, nicht die der Luftschicht darüber. D.h. schon wenige cm von der Oberfläche entfernt, bestehen deutlich geringere Temperaturunterschiede (vgl. die Motorhaube eines Autos im Sommer bei direkter Berührung).

    Für den Besucher des MJP ändert sich an der Aufenthaltsqualität bei Hitze somit, wie du selbst vermutest, wenig. Die direkte Sonneneinstrahlung auf die Köpfe, die Abstrahlung von Gebäuden und Teerflächen bleibt und damit das subjektive Empfinden eines italienischen Stadtplatzes (Denkmalschutz) oder eines Backofens ;) Dass Wildblumen ansonsten eine Menge Vorteile besitzen, steht außer Frage und auch optisch finde ich sie hübsch anzusehen, nur am MJP bin ich diesbezüglich eher skeptisch (anbei zwei Bilder von vor 2 Jahren).

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