Pimp the Fassade

  • Pimp the Fassade

    Köln gilt vielen als «hässlichste Stadt» Mitteleuropas. Doch beim genaueren Hinsehen krankt die Rheinmetropole am selben wie so viele andere Städte auch: Die Stadtstruktur funktioniert nicht schlecht, aber die Fassaden sind oft strukturlos und mit Blindfenstern verunstaltet. Vor allem Füllbauten aus der Nachkriegszeit sind gut strukturiert, aber gestalterisch von zum Teil eher übersichtlicher Qualität, und das nicht nur in deutschen, sondern auch in Schweizer und österreichischen Städten. Viele der Häuser harren einer energetischen Sanierung (neue Fassade, neue Energiefenster). Ein guter Zeitpunkt also, um sich auch über das «Pimpen» der ästhetischen Darstellung Gedanken zu machen.


    Hier soll deshalb Platz für allerlei Verbesserungsvorschläge (nur Fassaden) gemacht werden (am Studienobjekt Köln). Bei wichtigen, aber auch weniger wichtigen Gebäuden.


    Ein Beispiel also aus der Rheinstadt: Ein Füllbau vorher und nachher (neue Fenster, die Faschen und Giebel sind kostengünstig in Sgraffito -Technik ausgeführt).


    Vorher:



    Nachher:


  • Haha, genial. Als ich nur das Bild gesehen habe, ist mir nicht aufgefallen, dass es nur eine Fotomontage ist. Sieht gut aus.

  • Ähem

    Auch wenn ich weiß, dass das nur eine Photomontage ist - ich bin doch sehr im Zweifel, ob ein derart zweidimensionaler Sanierungsansatz dem Stadtbild zuträglich ist. Man stelle sich einen gesamten derartigen Straßenzug vor... und muss unweigerlich an Kulissen für eine Stunt-Show denken.
    Ob Sgraffito als "günstige" Technik dafür geeignet ist, steht noch mal auf einem ganz anderen Blatt...


    Dabei finde ich die Analyse bezüglich Struktur/Gestaltung prinzipiell einen guten Ansatz - aber der müsste eher dahin gehen die angesprochenen Qualitäten von Nachkriegsbauten stärker herauszuarbeiten anstatt so eine graphische Mischform zu bilden...

  • Beispiel München: Dort hat man beim Wiederaufbau des «Kaiserhofs» der Residenz genau diese Sgraffito -Technik angewandt. Eine moderne Interpretation der vom Krieg zerstörten Fassadendekorationen. Auch in der Schweiz hat Sgraffito eine lange Tradition: Von Italien her importiert kam die Technik in Mode, bis weit in den Norden hinein (Bayern, Oesterreich). Im Bündnerland schmückten damit die Bauern ihre Höfe, weil es (so vermute ich mal) kostengünstiger war als echte Sandsteinarbeiten. Ebenso könnte man natürlich rückstucken.


    http://upload.wikimedia.org/wi…f_Residenz_Muenchen-1.jpg

  • ^ Wenn man es in der Kölner Altstadt so aufwändig und dekorativ wie in München gestalten könnte, wäre es grandios. Die Beispiele unter #1 sind notgedrungen etwas einfach, dennoch eine Verbesserung verglichen mit dem Ist-Zustand.


    aber der müsste eher dahin gehen die angesprochenen Qualitäten von Nachkriegsbauten stärker herauszuarbeiten


    Gestalterische Qualitäten könnte ich noch etwa beim Haus mit dem Info-Center gegenüber dem Dom-Haupteingang ausmachen - die drei Kronen sind eine nette Anspielung. Die unter #1 gezeigten Fassaden kann man verlustfrei überpinseln.

  • architektur

    vielleicht wäre es sinnvoller, diese debatte hier zu führen:


    http://www.stadtbild-deutschland.org/


    was das besagte gebäude angeht: diese stuck-leisten sind m.E. ein echter fehlgriff - sie passen überhaupt nicht zur genese des ortes "kölner altstadt" .


    1. die aktuellen fenster sind derart, dass sie, wenn geöffnet, schräg herausstehen - es handelt sich also um modernistische "kippfenster" oder wie auch immer man das nennen will. in jedem falle aber ein stilmittel der bauzeit des gebäudes, das aber dennoch als altstadt-"zitat" das spitzdach hat. in dieser kombi ist das gebäude alles in allem an dieser stelle schlüssig - man könnte vielleicht überlegen, ob man ihm, und auch einigen anderen fassaden dort, mal einen neuen farbigen anstrich verpasst.


    2. wenn man sich schon überlegt, das gebäude zu historisieren, dann sollte man es - und das meine ich mit "genese des ortes "kölner altstadt" - im stile der für kölns altstadt "prägendsten" historischen epoche machen, nämlich dem dann eben "idealisierten" mittelalter, wie das schon bei der altstadt-sanierung der 20/30er jahre gemacht worden ist - das sähe dann so aus:


    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/317165



    das unpassendste, was man machen kann, wäre - mit verlaub - der obige stuck-vorschlag. das wäre ein historisierender disney-land-stil, der bspw. gerade in dresden in einer art und weise für japaner, chinesen und amis "auf-ersteht", die wirklich unfasslich künstlich und grauenerregend ist. kein echter dresdner - und ich kenne ein paar - würde jemals sagen, dass dort ein stück gefühltes dresden steht; das ist ein "historisierter themen-park" - (leider passt die in dresden stattfindende "geschichtsklitterung" baulicher art zu einer damit korrelierenden tendenz auf gesellschaftlicher ebene, wie sich auch heute abend wieder wird beobachten lassen...)


    ich war gestern noch in der kölner altstadt und wirklich alles in allem und wie sooft und immer wieder sehr angetan - sie hat ihre wunden, sie hat ihre historie, sie hat ihre highlights und sie hat vor allem patina - und das ist auch gut so... vor allem aber: sie ist ein gefühltes und echtes stück stadt!

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    [...]Grundsätzlich finde ich es gut, dass sich Bauchef Gedanken macht, wie man mit Fassaden umgehen kann. Dies ist eine gute Grundlage zu weiterführenden Diskussionen hier im Forum (allerdings bitte nicht mit unsinnigen Kommentaren wie "Köln ist verloren").
    Aber in der Tat finde ich den obigen Vorschlag, einem typischen 50-er Jahe Bau mit einer historisierenden Fassade zu versehen, nicht gut (aber das ist meine persönliche Meinung). Für mich ist die Authentizität eines Gebäudes wichtig - egal ob Barock, Gotik oder Nachkriegsarchitektur, die Enstehungszeit des Gebäudes muss m.E. erkennbar sein bzw. bleiben.

  • ^^ Ich schrieb ja, dass ich den Vorschlag zwar als Verbesserung, aber nicht als eine optimale sehe. Farbiger Anstrich (zwei Farben für zwei Fassaden bitte) und Fensterumrahmungen wie hier würden tatsächlich noch besser wirken - besonders wenn die Umrahmungen irgendwie wie Naturstein wirken könnten. (Ich glaube, da gibt es auftragbare Oberflächen?) Vielleicht noch ein Wappen oder irgend ein Detail auf die Fassaden (etwa wie auf der Fassade rechts unter dem Link zwischen dem 1. und 2. OG) - damit sie individueller und wiedererkennbarer werden.


    Bei der rechten Fassade wären Fensterumrahmungen schwierig, weil es keine Abstände zwischen den Fenstern gibt -> schmalere Fenster einbauen mit Mauerstücken dazwischen?

  • ...oder irgend ein Detail auf die Fassaden (etwa wie auf der Fassade rechts unter dem Link zwischen dem 1. und 2. OG)


    Das sind sichtbare Maueranker bzw. Zuganker aus Metall, die eine statische Verbindung zwischen der Außenwand und den dahinterliegenden Bauteilen (Decke oder Innenwand) herstellen. Im Grunde genommen sind diese Anker nichts anderes als statische Elemente, welche aber aufgrund von verschiedensten Formen als Schmuckelement angesehen werden. Damals war dies die kostengünstiste und einfachste Lösung eines statischen Problems - die Eisen wurden also nicht aus optischen Gründen montiert sondern aufgrund statischer Notwendigkeit. Wenn man so will: form follows function und keine Ornamentik :)

  • Aufgrund der Anregungen leicht abgeänderte Variante (bitte auch eigene Beispiele als Bild hier posten):


  • ^ Das sieht m.E. gut aus :daumen:
    So ist der Stil der 50-er Jahre noch gut zu erkennen; die Fassaden wirken aufgeräumt und wohlproportioniert. Die Fenster zweiflügelig auszuführen entspricht zwar nicht dem Urspungsbau, könnten hier aber trotzdem angewandt werden, da viele Nachkriegsbauten ursprünglich mit zweiflügeligen Fenstern ausgestattet wurden.

  • ^^ Vielleicht wären Sprossenfenster doch passender? Im ersten Entwurf hatte die linke Fassade 4 Scheiben pro Fenster, 6-8 könnten ganz stimmungsvoll wirken.


    Etwas kleiner Fassadenkunst fände ich weiterhin gut - es ist übrigens nicht so, dass die hier so gerne zitierte Nachkriegsmoderne komplett ornamentlos war. Siehe die drei Kronen am Haus gegenüber dem Domeingang - hier gibt es ein besonders spektakuläres Beispiel mit einer Großskulptur, passend zur Bestimmung des Bauwerks.

  • ..es ist übrigens nicht so, dass die hier so gerne zitierte Nachkriegsmoderne komplett ornamentlos war.


    Stimmt! Das ist übrigens ein Vorurteil, welches gerne die Anhänger des traditionellen Bauens gegenüber der Moderne aufführen. Gemäß dem Motto: Die Moderne ist pauschal einfallslos, farblos, geschmacklos etc. Dass das jedoch nicht so ist, beweisen u.a. die Kölner Oper, das 4711-Gebäude am Dom etc.

  • ^ Ich bin nicht sicher - die Kreise verschiedener Größe sind eine Hommage an die einstigen perforierten Bänder, wie auf dem Neubau der IT-Fakultät der TH-Breslau? Wenn mittelalterliche Maueranker nicht genehm sind, würde ich vielleicht ein paar Dekor-Metallelemente der 1950er Jahre verwenden, dem Baujahr entsprechend - das Gebäude am Dom könnte da als Inspiration dienen.


    Gerade in dieser Lage gibt es zumindest noch schmale Fassaden, die man pimpen kann (falls die Erben des Architekten nicht lautstark schreien). Vom Gürzenich-Quartier wird über einen Neubau berichtet, der mehrere schmale Fassaden durch eine große, dafür langweilige ersetzt. Damit wird man jahrzehntelang nichts machen können - falls jemand doch Nachbesserungsmöglichkeiten sieht, wäre das der richtige Thread dafür?

  • Die vorletzte Version mit zweiflügeligen Fenstern ohne Sprossen gefällt mir besser.
    Wie man Sprossenfenster bei Neubauten bzw. nachträglich aufgeklebte Sprossen schön finden kann, habe ich sowieso noch nie verstanden. Das meine ich jetzt nicht abwertend, dies entspricht einfach nicht meinem Geschmack.
    Früher waren die Spossenfenster eher ein Zeichen der Armut und aus der Not heraus geboren. Da große Fensterscheiben bis ins 19. Jhd. zu teuer waren, wurden damals mehrere kleinere Glasscheiben (Butzenfenster) zu einem großen Fensterelement montiert. Butzenfenster bzw. Sprossenfenster wurden also nicht eingebaut, weil sie gemütlich und heimelig sein sollten, sondern weil aus kostengründen keine größeren Glasscheiben möglich waren.
    Dazu kommt noch die Tatsache, dass die heute hergestellten Sprossenfenster in der Regel nur Attrappen sind. Meistens handelt es sich um Kunststofffenster, auf deren Glasscheiben einfach nur Plasikrahmen aufgeklebt werden. Echte Sprossenfenster wären heutzutage viel zu teuer, und sind dazu energetisch problematisch. Auch wird durch die Sprossen die Glasfläche kleiner und somit der Lichteinfall geringer.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Sprosse

  • ^ ... der mehrere schmale Fassaden durch eine große, dafür langweilige ersetzt. Damit wird man jahrzehntelang nichts machen können - falls jemand doch Nachbesserungsmöglichkeiten sieht, wäre das der richtige Thread dafür?


    Ja, hier ist der richtige Platz. Hier sollen auch eigene Beispiele (möglichst eigene Skizzen oder Renderings) oder Wünsche eingebracht werden. Bei Zeit kann ich auch Fremdfotos «fassadenpimpen» - immer als grobe Studie natürlich.

  • fassade >

    sprechen wir eigentlich nur über fassaden ? - da musste ich drüber nachdenken, als ich diesen thread nochmal durchgelesen habe. das ist ein wirklich wichtiger punkt bei der ganzen (reko-)debatte, die am ende ja vor allem eine fassaden-debatte ist. aber schaut man sich die guten gebäude welcher epoche auch immer an, dann fühlt man sich doch nur mit denen richtig wohl, die innen und außen bzw. in ihrer zusammensetzung schlüssig sind... schaut man genau hin, sieht man, dass die kölner altstadt hier in ihrer wiederaufbauleistung viel zu selten gewürdigt wird. denn in den "historischer" wiederaufgebauten gebäuden sind immer auch noch echte alte elemente aus den ruinen und trümmern verbaut worden; sei es ein alter torbogen, ein grinkopf, ein paar stütz-anker, eine figur, ein fussboden, außenmauern, die übrig blieben (meist viel von dem zusammen) - von römischen kellern ganz zu schweigen (...) - (und einige häuser sind ja auch stehengeblieben bzw. zu retten gewesen) - hier zeigt sich die historische genese und schichtung von jahrhunderten, manchmal sogar jahrtausenden in einem objekt; in einem solchen falle kann und wurde also auch "historischer" wiederaufgebaut - daher spürt man in der kölner altstadt noch immer die historie, obwohl sie eben wiederaufgebaut ist.
    und dann gibt es eben auch die ganz neuen gebäude, die wahrscheinlich dort aufgebaut wurden, wo vl. vorher schon "nur noch" historismus stand bzw. wo vielleicht nach 45 wirklich nichts mehr übrig war. dort wurde dann eben auch ganz bewusst eine entscheidung für das neue und gegen das alte getroffen. dann meist aber auch mit formalen altstadt-zitaten. das ist dann auch eine "genese".


    ich glaube, dass hier auch der zentrale unterschied zw. gebäuden wie dem, das wir hier besprechen und solchen in der kölner altstadt, die historischer sind, liegt - und das man das nicht übergehen darf. alles in allem entsteht so glaubwürdigkeit hinsichtlich der geschichte (der zerstörung) - aber auch eine kontinuität in punkto historie im positiven sinne dessen, was (noch) vor-handen ist! - und dies beides direkt nebeneinander, ohne sich auszuschließen oder abzustoßen - hier denke ich vor allem an die mischung an der nord- und ostseite des heumarkts, die toll ist, aber auch an das ganze viertel zw. deutzer brücke und groß st. martin. hier ist vielleicht nichts mehr "original", was auch immer das während 2000 jahren sein mag, aber eben vieles nebeneinander sichtbar - und so ist es ja auch bei den romanischen kirchen, die ja eben auch gotisch sind - aber auch teilweise historistisch, ja sogar manchmal noch spätantik, aber eben auch 50er...


    und deswegen schimpfe ich auch so über dresden. dort gibt es in der gerade entstehenden "touri-zone" nichts organisches, an das man anknüpfen kann und keine echte genese - bei der frauenkirche vielleicht, denn da gab es noch ein paar steine und eine art ruine, aber nicht beim rest. die neuen alten häuser haben den charme eines frisch ausgepackten und nagelneuen produkts, sie riechen auch so, wenn man hineingeht. und sie SIND es ja auch! (wenn man hineingeht, in die läden, dann denkt man, man ist in einem ladenlokal bspw. des dumont-carrés - aber außen klebt barock dran - da kommt ganz ehrlich keine altstadt-stimmung auf - ich kann nur jedem empfehlen, mal den sebstversuch zu machen und das mal von der stimmung her mit köln zu vergleichen) - das passt alles nicht zusammen - und ich fürchte, es wird auch niemals als etwas "organisch-altes" oder alt/neu-gewachsenes wahrgenommen werden KÖNNEN. ebenso befürchte ich das für die neue frankfurter altstadt.


    ich denke, vor diesem hintergrund muss bei den ganz bewusst modern gebauten häusern in der kölner altstadt die lösung eine andere sein, wenn man sie verändern oder verbessern will - so auch im diskutierten fall. aber vielleicht irre ich mich da auch...

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