Lübeck: Gründungsviertel

  • Lübeck: Gründungsviertel

    In Lübeck kündiget sich ein wegweisendes Projekt an. Im Herzen der Stadt sollen nun eklatante Kriegswunden im Gründungsviertel geschlossen werden.


    Der Trend zu mehr Regionalbezug findet nun nach Potsdam, Berlin, Dresden und Frankfurt nun auch in Lübeck seine Beachtung.


    Im Gründerviertel stand nun ein Wettbewerb an, der von einer herausragenden Zahl von Architekten angenommen wurde. Es kamen doch teilweise sehr überraschende und in diesem Kontext einmal positive Ergebnisse zustande. Es ging um nichts weniger als die Neuinterpretation der klassisch-hanseatischen Bürgerhäuser.


    In der Summe ist dieses Experiment bemerkenswert gut geglückt. Man sehe sich bitte folgende Bilder an:


    http://www.hl-live.de/aktuell/…0215besipieleSDIM2136.jpg


    http://www.hl-live.de/aktuell/…nder110215aufSDIM2139.jpg


    (Hinweis an die Moderation: Wenn die Bilder direkt eingebunden werden dürfen, dann wäre es nett, wenn ihr mir das sagen könntet)


    Meiner Meinung nach ein bemerkenswertes Ergebnis. Für insgesamt 39 Grundstücke wurden von den Büros 3 Gebäudetypen entworfen. 133 Architekten haben teilgenommen. 8 wurden zur Ausführung empfohlen. Daneben gibt es weitere Anerkennungen.


    Die Bewerber um die Grundstücke können nun zwischen den Siegerentwürfen wählen, eigene Entwürfe einreichen, die dann aber genehmigt werden müssen oder den Bau aus der Zeit vor der Zerstörung rekonstruieren.


    Eine Entwicklung, die ich Lübeck so nicht zugetraut habe. Ein tolles Ergebnis. aber es zeigt, dass der Regionalbezug und die Diversität langsam in die Architektur zurück kehrt.


    Nähere Infos:
    http://www.hl-live.de/aktuell/textstart.php?id=96930

  • Besser nicht, Odysseus, aber das Baunetz nimmt sich dem Wettbewerb auch an. In einer Bildergalerie sind die Preisträger, die Anerkennungen und weitere Entwürfe zu sehen. Anders als die hl-live-Fotos sollte das Pressematerial sein, exemplarisch drei mit einem Preis bedachte Entwürfe (die anderen Preisträger sind Thomas Fischnaller, Berlin; Konermann+Siegmund Architekten, Hamburg/Lübeck; Berkhoff Löser Lott Architekten, Berlin; Helge Tischler, Hamburg; Haberland Architekten, Berlin):


    Anne Hangebruch, Berlin:



    Bild: Anne Hangebruch


    Kim Nalleweg Architekten, Berlin:



    Bild: Kim Nalleweg Architekten


    Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt:



    Bild: Christoph Mäckler Architekten

  • Fast hat man vergessen dass man auch heute noch So bauen kann.
    Diese Art der Städtischen Reparatur zählt wohl unter denen, die man vielerorts oft vermisst.
    Großes lob an die Architekten und deren preisgeber.
    Für die Stadt ein wahrer Gewinn.

  • Ein sehr tolles Projekt mit ansprechender Architektur. Die Entwürfe von Kim Nalleweg gefallen mir noch
    am besten. Wie die typischen Giebelfassaden dort aufgegriffen und neu interpretiert wurden ist schon klasse!


    Sind die Renderings eigentlich final oder nur Entwürfe, von denen nur einige umgesetzt werden?
    Ist absehbar, wann man anfängt, zu bauen? :)

  • ^
    Nein, die sind nicht final.


    Vergangenen Freitag war Baustart im Gründerviertel. Die Stadt baut nun zunächst die Kellersohle, auf die die zukünftigen Eigentümer dann unabhängig und zum selbstgewählten Zeitpunkt im eigenem Tempo die jeweiligen Keller und Gebäude errichten können.


    Es sind 150 Wohnungen in 38-42 Häusern geplant.


    Am 14. und 15. November findet eine Messe in den MediaDocks statt, wo man sich über die Größe und die Preise der jeweiligen Grundstücke und was auf ihnen gebaut werden darf informieren kann.
    Zu jedem Grundstück kann man auch Architekturentwürfe einsehen, die man aber nicht zwangsweise verwirklichen muss.
    Es sind auch komplette Rekonstruktionen möglich, wie auch vollkommen eigene Entwürfe. Diese aber nach streng festgelegten Richtlinien, was Art und Material angeht.


    Hier ein Artikel dazu auf hl-live.de.

  • Eine Niederlage für die Zerstörer deutscher Städte

    Dankwart Guratzsch schreibt im Feuilleton der "Welt", Architekten und Stadtplaner hätten deutschen Städten fast so viel angetan wie die Bomber. Lübeck mache jetzt Schluss mit dem Leitbild der Quadratisch-praktisch-hässlich-Moderne. Ihre Fans heulten auf.


    http://www.welt.de/kultur/kuns…er-deutscher-Staedte.html

  • Ich halte das Projekt für ein gutes Beispiel, wie Städte gebaut werden sollten. Moderne Städte mit großflächigen Gebäuden und anonymen Fassaden sind m.M.n. häufig am Menschen vorbei geplant. Projekte wie das Gründungsviertel hingegen sind mehr nach den Bedürfnissen von Menschen geplant. Das gleiche gilt für das DomRömer-Projekt in Frankfurt, den Neumarkt in Dresden und den evtl. Wiederaufbau der Altstadt in Berlin.


    Das Lübecker Projekt hat aber einen großen Vorteil gegenüber dem Projekt in Frankfurt. Es ist nicht so teuer (gehe ich jetzt mal davon aus?). Dadurch kann es besser als Vorbild für zukünftige Stadtentwicklungsprojekte dienen.

  • ^ Ich gebe dir da gerne recht, nur lässt sich dass in Großstädten gerade in den Stadtzentren selten umsetzen.


    Zu dem Projekt gibt es auch eine eigene Internetseite.


    Ich habe mir im Ostsee-Urlaub die Baustelle angesehen, so viel hat sich scheinbar noch nicht getan - bei einem Haus wurde der Keller angefangen, bei einem werden Keller-Wände gesetzt und bei einem weiteren bereits die EG-Wände.
    Dazu gibt es in der Mitte noch einen fertigen Keller, der vormutlich das Blockheizkraftwerk beinhalten wird, weiterhin noch Musterfassaden:










    Bilder von mir - 18.08.2017 - hier mehr Bilder dazu und hier noch Bilder vom 30.08.2016

  • Inzwischen steht schon eine beachtliche Anzahl von Wohnhäusern in der ehemaligen Bombenschneise. Ein Stadtführer erzählte mir, dass die brennenden Kirchturmspitzen der Marienkirche nach der Bombardierung 1942 auf dieses Areal gefallen waren. Hier existierte jahrelang eine staubige Parkplatz-Brache.


    Die neuen Häuser erhalten alle zur Straßenseite hin einen holländischen Giebel, so wie es vor dem Krieg vorherrschend war. Die Hofseiten der Neubauten sehen eher modern, neuzeitlich aus.


    Rechts die Marienkirche:


    img_39175bkja.jpg


    img_39112ajz8.jpg


    Einzig die hofseitigen Gibel stören etwas beim Blick vom Turm der Petrikirche:


    img_39186jja1.jpg


    img_3871w8jis.jpg

    Fotos: Beggi

  • Ich war kürzlich in Lübeck unterwegs und habe dort den aktuellen Stand des Gründungsviertels gefilmt. Dadurch kann man ganz gut die Raumwirkung und den städtebaulichen Einfluss erkennen. Manche Fassaden gefallen mir richtig gut, aber seht selbst 😀


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  • Als ich neulich in Lübeck unterwegs war hat ich ja das Gründungsviertel gefilmt. An dem Tag war ich auch in anderen Teilen der Altstadt unterwegs und habe auch dort viel aufgenommen. Daraus habe ich nun dieses Video erstellt. Ich hoffe es gefällt euch 😊

    Lübeck ist eine wunderschöne Stadt 👍


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  • Handwerklich tolle Verarbeitung, auch die Fallrohre dezent und optisch gut eingebunden. Schön auch der Farb- und Materialmix. Obwohl meist Backstein, kommt keine Eintönigkeit auf. Da wird sich leben lassen.

  • Wirklich erfreulich was hier gebaut wurde, stimmig mit viel Details, kleinteilig, warm, einladend und trotzdem ein Neubau der sich nicht als ganz alt maskiert. Könnten sich viel Städte was von dem Beispiel abschneiden wie man eine Innenstadt wieder lebenswert macht. Jemand der wie ich in einer Stadt lebt die sicher eine der übelsten Betonwüsten als Innenstadt überhaupt hat... bei dem kommt hier echt Neid auf... grins... Super Lübeck :thumbup:

  • Ich kenne dieses Areal seit meinen Kindheitstagen als Brachfläche und das ist gut 40 Jahre her. Hier hat seit dem Krieg mitten im Zentrum der Lübecker Altstadt nichts mehr gestanden. Es ist also besonders hoch einzuschätzen, was dort passiert. Insbesondere scheint die Zeit reif gewesen zu sein, dort nicht irgendeinen Betonklotz oder eine Rasterfassade hinzuschleudern, sondern sich Gedanken darüber zu machen, wie man dieses Viertel wieder attraktiv machen kann, indem man die Bebauung behutsam in das Weltkulturerbe einfügt.


    Ein großes Chapeau an die Stadt Lübeck und alle Beteiligten!

  • Mal abgesehen von den eher mäßigen Rückseiten, die wohl den Bedürfnissen der neuzeitlichen Bewohner geschuldet sind, ist das ein phantastisches Projekt. Klar gibt es hier und dort zu mäkeln, aber insgesamt ist es großartig und ein Schritt in die richtige Richtung.


    Jetzt darf es nur kein Einzelfall bleiben. Das nächste Projekt in vergleichbarer Lage in Lübeck muss auf dem selben Niveau sein.

  • Jetzt darf es nur kein Einzelfall bleiben. Das nächste Projekt in vergleichbarer Lage in Lübeck muss auf dem selben Niveau sein.

    Wobei die Lübecker Altstadt soweit intakt ist, dass derzeit keinerlei vergleichbare Projekte realistisch sind. Mittelfristig sollte man allerdings dringend über die zukünftige Bebauung der Holstenstraße nachdenken, die wahrlich keinen würdigen Eingang in diese Ausnahme-Stadt darstellt. Und auch die Hauptfußgängerzone, die Breite Straße, ist einem UNSECO-Weltkulturerbe nicht entsprechend. Die Umsetzung kann hier aber nur Schritt für Schritt erfolgen, weil es keine großen Leerflächen mehr zu bebauen gibt, Abrisse mit Neubauten nur sukzessive erfolgen werden.

  • Passt nicht 100% in diesen Thread, ist aber vielleicht ein ganz guter Hintergrund zur Stadt-Reparatur in Lübeck:


    https://www.ndr.de/geschichte/…ederaufbauluebeck100.html


    Bericht im NDR:


    Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg beschließt die Lübecker Bürgerschaft heute vor 75 Jahren den Wiederaufbau der Altstadt. Doch zunächst verschwinden weitere historische Bauten. Erst später setzt ein Umdenken ein.