Pegida, Legida - Stupida?

  • Für mich ist und bleibt Pegida ein dumpfer Haufen. Die wenigen, die sich überhaupt im Interview geäußert haben, zeigten erschreckend wenig Sachkenntnis, stattdessen kamen peinliche Falschinfos und vor allem Vorurteile. Den Pegida/Legida-Mitläufer würde ich charakterisieren als
    - äußerst mißtrauisch gegenüber Staat und Presse
    - latent ausländerfeindlich
    - mit autoritärem Gesellschaftsverständnis
    - und wenig Berührungsängsten zu den Nazis


    Diese Aussage zeugt eher von hartnäckig kultivierter Einfalt.


  • Jein. Aber Rassismus ist nicht die treibende Kraft dieser Bewegung. Sicher gibt es Vorurteile gegenüber Menschen anderer Hautfarbe oder Aussehens. Die beruhen aber primär nicht auf einer als naturgegeben angenommenen Ungleichheit, sondern auf der geschlussfolgerten Herkunft, die man mit eher negativen Dingen assoziiert. Die genannten Ultras haben einem Poté schließlich auch schon zugejubelt.


    Das Ansehen des Herkunftslandes wird recht stark auf die Migranten und deren Nachfahren übertragen. Dementsprechend sind Japaner beliebter als Koreaner und Chinesen - Griechen beliebter als Türken. Wichtig ist dass das Land entweder als relativ wohlhabend oder als kulturell ähnlich zu Deutschland angesehen wird. Also gewinnen etwa Einwanderer aus Südkorea mit steigendem wirtschaftlichen Erfolg des Landes auch an Ansehen. Während Griechen mit dem wirtschaftlichen Abstieg Griechenlands an Ansehen verlieren.


    Der Rassismusvorwurf wird wohl inzwischen unabhängig von angeblichen genetischen Rasseunterscheidungen gemacht. Also er wird auch dann benutzt wenn es um Religionen, Nationalitäten usw. geht bis hin zu Mann-Frau Unterscheidungen. Das ist ziemlich irritierend.

  • Die hiesige Gesellschaft ist ja als eine christliche bestimmt, obwohl immer weniger Menschen zur Kirche gehen.


    Wer bestimmt das denn? Frau Merkel? Natürlich gibt es historisch bedingt viele christliche Kirchen in Deutschland, aber ist Deutschland eine überwiegend christliche Gesellschaft? Auf dem Papier vielleicht, aber wenn ich in die Kirchen blicke würde ich das verneinen. Und ich würde mir wirklich Sorgen machen, wenn die Leute wieder anfangen würden ihr Denken an den Pfarrer auf der Kanzel auszulagern.


    Im Übrigen fand ich den Diskussionsansatz von Martin Pohle durchaus richtig, leider hat man sich in der folgenden Diskussion gleich wieder auf Rechtsradikale, etc. pp. gestürzt, als vielmehr das generelle Verhältnis von Politik zu Bürgern jenseits dieser Pegidaversammlungen zu diskutieren.

  • Zitat Schwabenpfeil,

    Natürlich gibt es historisch bedingt viele christliche Kirchen in Deutschland, aber ist Deutschland eine überwiegend christliche Gesellschaft? Auf dem Papier vielleicht, aber wenn ich in die Kirchen blicke würde ich das verneinen.


    Muss man Sonntags in die Kirche gehe, ich glaube eher nicht.
    Es ist gut und wird von einer sehr großen Bevölkerungsschicht so gehandhabt.
    Teilnahme am Christlichen leben und Glauben ohne Sonntäglichen Gottesdienst aber doch Besuch der Kirche, durchaus machbar.
    So kann man das Christ sein nicht messen. Kein Gläubiger ist dazu verpflichtet am Sonntag in den Gottesdienst zu gehen. Er kann das jederzeit in fast allen Tagen in der Woche, die Kirchen sind offen. :)

  • Ich bin offiziell auch konfessionslos. Als Christ fühl ich mich trotzdem irgendwo. Geht aus meiner Sicht auch kaum anders wenn man mit diesen althergebrachten Traditionen aufgewachsen ist. Auch die Gesellschaft in den neuen Ländern ist in ihrem Fundament eine christliche.


  • Im Übrigen fand ich den Diskussionsansatz von Martin Pohle durchaus richtig, leider hat man sich in der folgenden Diskussion gleich wieder auf Rechtsradikale, etc. pp. gestürzt, als vielmehr das generelle Verhältnis von Politik zu Bürgern jenseits dieser Pegidaversammlungen zu diskutieren.


    Ich glaube die PEGIDA-Bewegung reicht viel tiefer als die oberflächliche Herumreiterei auf Rassismus und Islamphobie suggiert. Würde hinreichend differenziert über das Phänomen PEGIDA berichtet, fiele auf, dass die Vielfalt der Themen, etwa auf den Transparenten, größer ist.


    • Abschaffung der GEZ (ARD ZDF Beitragssservice ;) )
    • mehr Basisdemokratie durch Volksentscheide
    • mehr Polizei, keine Polizeireform in Sachsen
    • mehr Lehrer an Schulen
    • Meinungsfreiheit, weniger Political Correctness
    • strikte Neutralität des Staates in Fragen der Lebensgestaltung, keine Förderung von Homosexualität und Sexualisierung durch Frühaufklärung


    Das sind für mich konservative Themen. Soweit erstmal. Die Leute haben berechtigterweise das Gefühl, dass diese Meinungen nicht politisch vertreten werden und obendrein als unbotmäßig empfunden werden. Ich denke, daraus kommt der Vorwurf es gebe Denkverbote und man kann nicht alles sagen, was man denkt.
    Ich habe oben schon mal geschrieben, bei vielen Themen wird seitens der Politik und ihren diversen Exponenten in Medien und Verbänden bei allem Abweichenden sofort mit ungeheurem Hass reagiert. Ansichten werden lächerlich gemacht, die Leute als dumm und hinterwäldlerisch hingestellt. Damit produziert man eine ungeheure Wut, die sich noch auf sehr ungute Weise entladen wird, wenn man weiter diese Strömung in die Enge treibt, anstatt sie parlamentarisch zu kanalisieren.


    Sachsen als Gesellschaft sträubt nach meinem Empfinden sich zu großen Teilen gegen alles, was als links, hedonistisch, homo und grün gilt. Und doch wird alles dies durch große Teile der Politik in Wort und Geldförderung immer wieder befördert. Man kann das als rückständig oder sonstwas geißeln, jedoch ist m.E. klar festzustellen, dass Wahlvolk und Regierende aneinander vorbei reden. Das ist für eine Demokratie ein unhaltbarer Zustand. Es ist die permanente Zuwiderhandlung gegen den politischen Willen und die eigenen mehrheitlich sehr konservativen Werte, die die Leute rasend macht. Rechtskonservatives Denken entlang von Begriffen wie Familie, Staat, Identität und Nation ist in Sachsen weithin Werterealität, das ist ja noch nichts Schlimmes. Es kommt eben drauf an, was man gesellschaftlich draus macht. Linke (nein, die Die.Linke ist eben nicht links sondern ein reaktionärer Haufen) und grüne Denkweisen werden hierzulande eher verlacht. Das ist was für Metropolen wie Leipzig oder ein paar Viertel in Dresden.


    Man braucht sich doch nur die diversen politischen Parteinen anschauen: Sie existieren zwar, jedoch sind sie in Sachsen kaum verwurzelt mit ihrer zersplitterten Mitgliederschaft. Ich war selbst mal in der CDU aktiv, sogar im Landesvorstand des Jungen Wirtschaftsrates. Ich bin ausgetreten, weil die Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und dem was die Akteure als Wirklichkeit sehen, eklatant auseinanderklaffen. Mich haben die phrasenhaften Reden angeekelt. Man kann gerade in Sachsen eine politische Karriere aufbauen, ohne wirklichen Kontakt zu Wahlsouverän zu pflegen. Bei Ortsterminen sind es immer die gleichen Claqueure aus IHK, Junger Union und dem Chef des Abwasserzweckverbandes, die vorgeführt werden. Die kleine politische Klasse ist aufgrund der mangelnden Mitgliederzahl dermaßen inzestuös, das die Qualität der Landtagsabgeordneten weithin intellektuell arm und ja-sagerisch ist. Viele freuen sich nur drauf die 5000 EUR Diät abzugreifen, zu entscheiden gibt es auf Länderebene nichts mehr. Junge Politkarrieristen träumen ohnehin vom schnellen Abflug nach Berlin. Die Folge: es interessiert niemanden mehr, welche Probleme in Weißwasser, Görlitz oder Oelsnitz herrschen, weil mit dem Interesse nichts an Prestige oder Wählergunst zu gewinnen ist. Noch mehr: viele junge Politakteure schlottern in ihren Babourjacken, wenn Sie mal einen Stand in der Fußgängerzone von Plauen oder Mittweida machen müssen. Da stehen sie nämlich alleine herum und müssen sich die Unzufriedenheit der Leute anhören. Oder schlimmer: keine Sau spricht mit ihnen, weil sie als irrelevant erachtet werden. Solche Realitäten werden systematisch bei allen Parteien ausgeblendet. Warum braucht man denn beim Bürgerforum in Dresden die Dienste einer Agentur "Die Dialogmacher", um mit dem Volk zu sprechen? Weil man es verlernt hat.
    Am Ende gehen zwischen 45-50% der Leute wählen, ein Großteil sind Stammwähler, aber es gehen nicht 10% hin, die wahrhaft zwischen abgewogenen politischen Alternativen wählen. Das ist eine Demokratiesimulation die hier abläuft.


    Wir haben es mit einer totalen Entfremdung zu tun. Jetzt setzen die Leute eben eine außerparlamentarische Themenagenda und die etablierte Politik sowie deren Medienexponenten strampelt sich ab, irgendwie drauf Bezug zu nehmen. Momentan ist sie aber eher mit der Entrüstung und Verwunderung darüber befasst, in welchem Ausmaß sich diese beiden Themenagenden unterscheiden. Harte Staatsthemen auf der einen PEGIDA-Seite (innere Sicherheit, Staatsferne der Medien, Meinungsfreiheit, Staatsgewalt über die eigenen Grenzen), Luxusthemen der Postmoderne auf der Seite der Etablierten (Regenerative Energie, Inklusion, Gender).


    Meine Meinung wäre zur PEGIDA-Bewegung, dass wir es hier mit einer Rückholung des Staatswesens auf die unmittelbare erfahrbare Umgebung zu tun haben. Das stellt so ziemlich alles in Frage, was seit 25 Jahren an Politik gelaufen ist. Von der weltfremden EU angefangen über unlegitimierte Phrasendrescherei in Berlin und dem Dresdener Landtag. Und sarkastisch gesprochen: die GEZ, die feigen Schweine, packen wir noch obendrauf :)


    Mir wäre sehr dran gelegen, die Kommentare der Foristen zu meiner Analyse zu hören. Vielleicht können wir mal von der ewigen Rassismusleier wegkommen. Das wissen wir alles, das ist scheisse und eklig. Erklärt aber nicht, warum hier 25000 Leute rumlaufen. Also bitte.

    7 Mal editiert, zuletzt von Martin Pohle ()

  • Spielst du jetzt Gretchen? Nein tu ich nicht. Dass die Kirchen leerer sind als im Westen, würde ich aber ebenfalls nicht behaupten. Die gut 25% die heute noch offiziell einer der beiden großen Konfessionen angehören, sind in vielen Fällen "Überzeugungstäter". Wer mit der Kirche nichts weiter am Hut hatte, ist bereits zu DDR-Zeiten ausgetreten um sich nerviges Nachgefrage zu ersparen. Diesen Druck hats im Westen nicht gegeben, der Anteil an Karteileichen ist entsprechend höher. Es gibt hier in toto weniger Kirchen, weil gerade in den 50er, 60er und 70ern vergleichsweise wenige neu errichtet wurden. Im Westen gabs auch durch die vielen Flüchtlinge häufig ortsfremder Konfession geradezu einen Bauboom. Die werden nun häufig wieder abgerissen.

  • Ich habe oben schon mal geschrieben, bei vielen Themen wird seitens der Politik und ihren diversen Exponenten in Medien und Verbänden bei allem Abweichenden sofort mit ungeheurem Hass reagiert. Ansichten werden lächerlich gemacht, die Leute als dumm und hinterwäldlerisch hingestellt. Damit produziert man eine ungeheure Wut, die sich noch auf sehr ungute Weise entladen wird, wenn man weiter diese Strömung in die Enge treibt anstatt sie parlamentarisch zu kanalisieren.


    ...


    Es ist die permanente Zuwiderhandlungen gegen den politischen Willen und die eigenen mehrheitlich sehr konservativen Werte, die die Leute rasend macht.


    Kann ich mir gut vorstellen.


    ..., das die Qualität der Landtagsabgeordneten weithin intellektuell arm und ja-sagerisch ist.


    Prof. Flassbeck, eher nicht rechts orientiert, beschreibt das einer seiner Reden sehr schön. Leider finde ich gerade den passenden Link dazu nicht.

  • ... Rechtskonservatives Denken entlang von Begriffen wie Familie, Staat, Identität und Nation ist in Sachsen weithin Werterealität, das ist ja noch nichts Schlimmes. ....


    Das ist ja bei vielen moslemischen Migranten auch so. Inklusive der reaktionären Sexualmoral.


    Nunja, falls das in Sachsen so ist wie du es beschreibst bin ich dann doch froh in Berlin zu leben. Was das "konservativ sein" angeht sind die Grünen mir inzwischen eher zu konservativ.


    Das GEZ Bashing kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich nutze nur öffentlich rechtliches Fernsehen und Radio. Der Privatfunk ist nun wirklich grottenschlecht und ja auch in Sachen "Wertevermittlung" oder "Wissensvermittlung" nicht eben vorbildlich. Da ist man mit Arte, 3sat und Deutschlandradio besser bedient.

    Einmal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Der Wissensgewinn von "In aller Freundschaft" oder "Dem Winterfest der Volksmusik" erschließt sich mir momentan nicht. ;)


    Nein, eher zielt der Vorwurf der Pegidisten darauf ab, es handle sich um einen mittels Zwangssteuer finanzierten links gestrickten Staatsfunk. Das ist ein Argument, das ich auch als Medienwissenschaftler nicht von der Hand weisen kann. Jedenfalls muss man feststellen, dass die Sehgewohnheiten in Sachsen eindeutig NICHT beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk liegen, der eher von Älteren konsumiert wird.

  • Eine gewisse Eigeninitiative bei der Programmauswahl muss man schon aufbringen. Da gibt es eben im Staatsfunk viel zu entdecken aber im Privatfunk eher nicht.


    Es gibt ja in der Hinsicht eine gewisse Schizophrenie der Konservativen mit der Betonung der Wichtigkeit von "Bildung und Werten" und dem gleichzeitigen Hang zu Bild und RTL. Die Forderung nach mehr Basisdemokratie und Volksabstimmungen kommt in der Regel von den Linken und ist auch etwas schizophren da sich bei solchen Abstimmungen tendenziell eher die Konservativen durchsetzen.

  • Das sehen viele Nutzer anders. Ich schaue auch keine Öffentlichen, es langweilt eben und ich will unterhalten werden, nicht mich moralisch erziehen lassen. Daher verweise ich nochmal auf meinen langen Artikel: Wie steht es denn Deiner Meinung nach um die Demokratie im Lande? Teilst Du die Analyse?

  • @ Chandler


    Will heißen, dass direkte Demokratie nur dann gut sei, wenn die Ergebnisse vorbestimmt links gerichtet wären. Anders kann ich Deine Aussage jedenfalls nicht interpretieren.

  • Solltest du aber. Politiker wollen ja in der Regel ihre Richtung durchsetzen. Und das würde in dem Fall eher nicht dazu führen, deswegen leicht schizophren. Wobei ich vermute, dass das zum Teil auch in der Neigung der Menschen begründet liegt sich meinungsmäßig in der Mehrheit zu fühlen und Volkes Stimme zu vertreten.


    Ob es auch so ist weiß man dann aber oft noch nicht Mal nach einer Volksabstimmung weil die Wahlbeteiligung zu gering ausfällt. Das Problem der Linken dabei ist, dass sich die Arbeiterklasse deren Interessen sie ja eigentlich vertreten wollen relativ wenig an den Abstimmungen beteiligt. Deswegen ändern auch Volksabstimmungen vermutlich wenig daran, dass Politik eher für die Reichen gemacht wird. Die Grünen sind auch eher eine Partei der Wohlhabenden und Gebildeten die in den jungakademischen Stadtvierteln die Mehrheit innehat.