Pegida, Legida - Stupida?

  • Pegida, Legida - Stupida?

    PEGIDA in aller Munde und ab Januar soll es auch einen Ableger namens "LEGIDA" in Leipzig geben. Der stolze Freistaat präsentiert sich im Moment wieder von seiner besten Seite, nachdem die ausländerfeindlichen Pogrome Anfang der 1990er-Jahre hier ihren Anfang nahmen, das rechts-terroristische NSU-Trio sich hier 10 Jahre lang verstecken konnte und die NPD hier nur hauchdünn den zweiten Wiedereinzug verpasste. Dass in der sächsischen Landeshauptstadt inzwischen 15.000 Menschen jeden Montag "spazieren", eine illustre Gesellschaft bestehend aus biedermeierlichen und rückwärtsgewandten Sarrazin-Anhängern mit Verlustängsten und einer ausgeprägten Politikverdrossenheit bis hin zu strammrechten Neonazis und Hooligans, und es von Woche zu Woche mehr werden, ist der sächsischen Landespolitik geschuldet. Der Umgang mit Rechtsradikalismus in Sachsen wird seit 25 Jahren totgeschwiegen und/oder verharmlost, Projekte gegen rechts (Stichwort Extremismusklausel), Ausländer und Linke im Gegenzug kriminalisiert. In keinem anderen Bundesland dürften rechte Tendenzen bis weit in die Mitte der Bevölkerung salonfähig sein wie in Sachsen. Nun geht die Saat im ostdeutschen Musterländle auf und der Übergang von Protest hin zu Gewalt ist bekanntlich fließend.


    Anders als in Dresden werden in Leipzig schon im Vorfeld von LEGIDA Gegenproteste organisiert. Die Facebook-Seite NO LEGIDA hat binnen zweier Tage fast 8000 Likes bekommen, deutlich mehr als LEGIDA selbst, ca. 11.000 bekundeten auf dieser Seite bis heute, an Gegenprotesten teilnehmen zu wollen, 4 Gegendemonstrationen sollen schon angemeldet sein (ob LEGIDA spaziert und wer dahinter steckt, ist hingegen noch ungewiss). So wie es jetzt aussieht wird es wohl wie in Kassel oder Düsseldorf darauf hinauslaufen, dass ein paar abendländlichen Spaziergängern eine übergroße und dialogbereite Mehrheit gegenübersteht, die sich für eine pluralistische Gesellschaft ohne Ressentiments einsetzt.

  • Pegida und Co. sind erschreckend. Ob Mallorcaverbot dagegen helfen würde?


    Die ZEIT titelt "DRESDEN:...Die Pegida-Mischung ist auch typisch für die politische Tradition Sachsens. Fremdes und Neues sind hier suspekt"


    Soweit würde ich nicht gehen. Aber auch hier versuchen im Schuldienst stehende User manchmal ihr rechtes Gedankengut populär zu machen.

  • ^ Genauso wenig wie die allermeisten Anhänger der Linkspartei dem schwarzen Block der ANTIFA angehören, genauso wenig sind die meisten Anhänger jener Patrioten, die Woche für Woche in Dresden gegen Islamismus demonstrieren, "Baseballschläger schwingende Glatzen". Die geistigen Überschneidungen sind dennoch unübersehbar, in beiden politischen Lagern, aber darum geht es gar nicht.


    Ich frage mich nur, warum ausgerechnet wieder in Sachsen, wo lt. sächsischem Verfassungsschutz nur etwa 190 Personen dem islamistischen Spektrum zugeordnet werden (davon 130 in Leipzig, der Rest verteilt auf Dresden und Restsachsen), eine Bewegung gegen gefühlten Islamismus im sog. Abendland so viel Zulauf bekommt. Bei Themen auf Ostermärschen, wo es eher zu demonstrieren lohnt, kommen höchstens ein paar Dutzend - gegen ein Problem, das in Sachsen überhaupt nicht existent ist, laufen hingegen 15.000 sog. Patrioten Montagabend bei Hundewetter auf die Straße. Das ist, wie es Stahlbauer richtig geschrieben hat, erschreckend, und man muss sich angesichts dessen fragen, was in Sachsen eigentlich schief läuft. Wenn sich ein Innenminister, der bald Oberbürgermeister von Dresden werden will, damit brüstet, dass Sachsen die höchsten Abschiebezahlen abgelehnter Asylbewerber hat, eine Sondereinheit für kriminelle Flüchtlinge bilden möchte und es auch im Winter im Freistaat (als Antwort auf Thüringen, wo abgelehnte Asylbewerber im Winter nicht abgeschoben werden) kein Abschiebestopp geben wird, dann braucht man sich über mangelnde Empathie und Menschenwürde in Sachsen wohl auch nicht zu wundern, und dass nur hier so viele Menschen gegen ein nicht existentes Problem auf die Straße gehen auch nicht.

  • "... wenn man das Abendland nur verteidigen kann, indem man menschenfeindliches Gedankengut vor sich herträgt - was gibt es dann eigentlich noch zu verteidigen?"


    https://www.youtube.com/watch?v=IFAtCecCZcY


    Und weil es weiter oben so ein wenig nach der klassischen Extremismus- aka Hufeisentheorie klingt noch ein Erklärungsansatz für den Erfolg von PEGIDA ausgerechnet in Sachsen von Miro Jennerjahn, von 2009 bis 2014 Abgeordneter des Sächsischen Landtags für Bündnis 90/Die Grünen (http://de.wikipedia.org/wiki/Miro_Jennerjahn).


    PEGIDA und die Mitte der Gesellschaft
    http://www.miro-jennerjahn.eu/…e-mitte-der-gesellschaft/


    Und auf die Frage von Cowboy der Erklärungsversuch von Sascha Lobo im SPIEGEL:


    Pegida: Nichts sehen, nichts hören, viel sagen
    http://www.spiegel.de/netzwelt…latenznazi-a-1008971.html


    "... Nicht die Dummheit ist das hervorstechende Merkmal der Pegida-Anhänger, sondern das hermetische Weltbild und die damit einhergehende Abkopplung von jeder Kausalität. ... Solche Leute wollen sich von nervigen Fakten nicht ihre gefühlte Wahrheit verderben lassen. Deshalb ist es folgerichtig, dass die Proteste gegen Islamisierung in Dresden stattfinden, wo es einen kaum mehr messbaren Anteil muslimischer Einwohner gibt."


    "... Denn es handelt sich um gesittete Ressentiments. Viele Kommentare auf Facebook benutzen einen Sprachcode, bei dem "Islamisierung" nicht für Religion steht, sondern synonym für Araber und Türken und sogar Ausländer generell. Unter "Islamisierung" verstehen diese Leute den halbstarken Schwarzhaarigen, den sie auf hundert Meter Entfernung als "islamisch" identifizieren anhand seines Äußeren. Das offenbart eine rassistische Grundierung der Bewegung und ist die Erklärung für den "Abendland"-Quark, der im Namen bereits angerührt ist. Auch das ist ein Code, nämlich die gezielte Abgrenzung vom "Morgenland", also wiederum Türken und Arabern, unabhängig von einer eventuellen Religion. ..."


    Oder in Kurzform: "Euer Abendland reicht nicht mal bis zum Tellerrand."

  • ^^
    Also das ist jetzt schon etwas blauäugig. Dresden ist nicht mehr das Tal der Ahnungslosen. Die Leute haben Funk und Fernsehen und wissen wohl, dass sie nicht auf einer Insel der Seeligen leben. Die erschreckenden Zustände in Teilen NRWs bewirken hier wohl tatsächlich das Gefühl, etwas zu verlieren zu haben.
    Ich kann mit PEGIDA auch nichts anfangen. Die Anführer sind zwielichtige Gestalten. Das Gelaber von "Lügen- und Systempresse" halte ich für astreine NPD Semantik. Dass viele Leute einfach mitmarschieren, erkläre mich mir nicht zuletzt aus der enormen Polarisierung durch die jährlichen Demos vom 13. Februar, die von Rechts- und Linksextremen als Showbühne benutzt wurden bzw. werden.
    Aber die Forderung, die Leute, die kein Asyl gewährt bekommen, konsequent abzuschieben, halte ich für völlig legitim. Diese Menschen haben hier keine Perspektive. Das sind wir nicht zuletzt auch denen schuldig, denen Asyl zusteht und die kommen in der Regel aus Syrien oder Libyen.
    Mit der Mitmenschlichkeit ist das so eine Sache. Potentiell haben wir wahrscheinlich zig Millionen Menschen die sofort nach Deutschland wollen. Dass das nicht funktioniert, jedenfalls nicht ohne den Lebensstandard der ja die Leute erst anzieht drastisch zu senken, dürfte klar sein. Wir müssen also zwangsläufig eine Auswahl treffen.

  • Ich frage mich nur, warum ausgerechnet wieder in Sachsen... eine Bewegung gegen gefühlten Islamismus im sog. Abendland so viel Zulauf bekommt.

    Die Sachsen sind nun mal konservativ. Nicht umsonst ging von hier 1989 die Protestbewegung gegen eine linke Staatsform aus. MP Tillich hat sich nicht weit genug von Frau Merkel abgesetzt, die eine Sozialdemokratisierung der CDU betreibt.

  • Die pauschale Verurteilung als Nazis und "Schande" hat die Bewegung deutlich aufgewertet, das wird sich bitter rächen. Diese Titulierungen haben Trotz erzeugt und die Gewissheit bestärkt, die Medienlandschaft verordnet Meinungen anstatt diese zu bilden. Vor einigen Tagen hätte man die ganze Sache mit Runden Tischen ad acta legen können.


    Mit der bundesweiten Berichterstattung in Form eines tendenziösen Hinrichtungsjournalismus ist das aber nun leider vorbei. Es geht gar nicht mehr um Islamisierung. Mittlerweile beschleicht mich die Ahnung, das Ganze wird immer mehr zum Protest gegen eine öffentliche Kultur, die die Thematisierung von offenkundigen Mißständen als Beleidigung und Extremismus auffasst, wenn sie an scheinbaren gesellschaftlichen Konsensthemen rührt. Mittlerweile geht es um Genderismus, Frühsexualisierung, übertriebene gesellschaftliche Toleranz, die GEZ, usw. Da bricht sich etwas Bahn, was seit 15 Jahren am Gären ist.


    Es stimmt eben ja auch, dass es derzeit keine klare angewendete Rechtspraxis im Ausländerrecht gibt und sich unhaltbare Zustände einstellen, die zu Recht beklagt werden. Es geht dabei der Mehrheit IMHO nicht um ein Verächtlichmachen der Flüchtlinge, sondern eher darum, wie ein auf Dauer angelegtes Zusammenleben funktionieren soll, wenn niemand dafür die Voraussetzungen schafft. Und so lange dies ungeklärt ist, den Leuten medial derart über den Mund gefahren wird, solange werden jeden Montag immer mehr mitlaufen. Alleine die Aussagen des Herrn Maas und des Herrn Oppermann sowie Herrn Augstein gestern im SPIEGEL sind gut für mehrere Tausende zusätzliche Teilnehmer. Das Grundübel ist derzeit, eine Seite WILL die andere nicht verstehen, worauf die andere mit schweigendem Trotz reagiert.


    Wo soll denn das hinführen? In eine Vormärzsituation schlimmstenfalls, in eine Apo von rechtsaußen bestenfalls, darunter machen es die PEGIDA-Leute nicht mehr.

  • ^
    Richtig richtig. Das permanente "in die Rechte Ecke drängen" ist das Problem ... würde da mal auf die Bürger eingegangen werden, wäre es vermutlich nicht so weit gekommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Altbaufan_ ()

  • es gibt jede Menge Beispiele, wo die Medien Dinge in die falsche Ecke schieben durch eben nicht vollständig neutrale Berichterstattung, sondern weil permanent Wertungen erfolgen (z.B. "die in Dresden sind alle hinter dem Mond / dämlich / rechts").
    DAS ist das Problem. Nicht der Islam an sich.


    Aha, jetzt sind also "die Medien" schuld: "Lü-gen-pres-se" - das skandiert man lieber, statt mit den Medien zu reden: "wird ja doch alles verdreht".

  • aber neutrale Berichterstattung sollte -wertungsfrei- bleiben. Und wer als Journalist schreibt oder gar beleidigend wird, z.B.
    - alle bei Pegida sind "von gestern" oder "rechts" oder "Spinner"
    - die AfD ist ein "Haufen Verrückter"
    - Bodo Rammelow ist nicht gut für Thüringen ...
    Dann ist das wertend.


    Ich möchte keine "neutrale Berichterstattung", sondern eine Einordnung und Positionierung. Mit dem Kauf von ZEIT, FAZ oder des SPIEGELS habe ich mich schon für eine Grundeinstellung entschieden. Die obigen Zitate finde ich dort jedenfalls nicht.



    Die Leute werden unzufriedener und "die bösen Ausländer" zieht nunmal am schnellsten Menschen an, auch wenn die wahren Probleme ganz woanders liegen.


    So ist es. Die Welt wird immer komplizierter - da muß man sich schon Mühe geben, sie zu verstehen.

  • Die Behauptung, dass die Medien aka "Lügenpresse" die PEGIDA-Teilnehmer als Nazis bezeichnen, kann ich auch nicht bestätigen. Sehr wohl aber wird die berechtigte Kritik geäußert, dass es den Teilnehmern völlig egal zu sein scheint, gemeinsam mit Nazis und rechten Hooligans in den eigenen Reihen "spazieren" zu gehen. Inhaltlich ist PEGIDA ohnehin mehr als armselig, denn sie gefällt sich rein als Bewegung der Missverstandenen. Sie ist außerstande, ihre Beweggründe und Ziele für ihre montäglichen "Spaziergänge" klar zu formulieren (nein, auch nicht mit dem eilig zusammengestellten Positionspapier). Sie windet sich wie ein Aal, um bloß nicht als rechtsextrem zu gelten, und gibt lieber an, gar nicht mit den Medien sprechen zu wollen, weil die ohnehin alle nur lügen würden. Damit entzieht sie sich gewollt der öffentlichen Diskussion. Hinzu kommen diffuse Ängste und gefühlte Wahrheiten über Flüchtlinge, Moslems und alles, was ihnen sonst so fremd ist und nicht der eigenen Lebenseinstellung entspricht. Sie setzt auf Spaltung sowie Ausgrenzung und steht damit konträr zum freiheitlichen Grundgedanken der friedlichen Revolution von '89. Dass sie sich trotzdem dieser bedient, ist beschämend. Es ist ja nicht so, dass es keine Montagskundgebungen in deutschen Städten gebe, bei der die Deutsche Politik, die Nato und der Westen kritisiert würden. Aber außer ein paar Dutzend geht da keiner hin. Es mussten erst Schlagwörter wie "Patrioten" und "Islamismus" auftauchen, um die Bewegung loszutreten, womit es auch erstmalig gelang, den virtuellen Shitsturm in den Social Networks diesbezüglich auf die Straße zu tragen. In einer Stadt, wo es weit und breit keine Moschee und keine Islamisten gibt. Nur die Yenidze, die mal vor über 100 Jahren gebaut wurde, zu einer Zeit, wo man sich offensichtlich weltoffener gab.


    Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass (ob Dresden, Chemnitz, Zwickau oder Leipzig) die meisten Sachsen alles andere als weltfremde Hinterwäldler sind und möchte vor allem die integrative Arbeit in den Kindergärten und Schulen hervorheben, die von der Politik kaum gewürdigt wird. im Kindergarten und in der Grundschule meiner Kinder kommen immer mehr Flüchtlingskinder hinzu, die kaum der deutschen Sprache mächtig und zum Teil traumatisiert sind. Trotz erheblicher Mehrbelastung für Lehrer und Erzieher, verstehen sie die Integrationsaufgabe als Herausforderung und Bereicherung für Kita und Schule. Keiner von den Pädagogen würde behaupten, dass es mit Flüchtlingskindern keine Probleme und Konflikte gebe, aber keiner von ihnen würde zu PEGIDA und Co. watscheln und klatschen, wenn irgendeine aufgeregte Mutti ins Mikrofon schreit, dass es irgendwann auch mal genug sei und wir nicht alle Welt aufnehmen könnten...

  • ^ Also hat die Mutti am Mikro das Vermögen, logisch zu denken, wenn sie schreit, dass wir nicht alle Welt aufnehmen können? Was wäre denn deine Lösung für die Probleme dieser Welt, so dass weniger Menschen fliehen müssen? Das würde mich jetzt mal interessieren.


    Edit: Was denn, schon wieder eingeknickt, Altbaufan?

  • Cowboy #614

    Auch mich quält Umstand, dass sich Defizite der bundesdeutschen Politik ausgerechnet in unserem Bundesland und (zudem noch unter Verwendung unseres "Wir sind das Volk") artikuliert. Ganz schlimm, dass ausgerechnet die Opfer von Flucht und Vertreibung, Krieg und Terror als Anlass für Proteste herhalten müssen.
    Die Flüchtlinge scheinen mir hierbei aber eher "Zufallsopfer" zu sein. Die Ursache für diese Proteste liegt meiner Meinung nach tiefer, nämlich in einem diffusen Gefühl, dass Politik und Medien nicht mehr bereit sind, im Dialog Sorgen und Ängste der Menschen zu diskutieren. Alles wird als "alternativlos" verkündet, immer mehr Themen werden tabuisiert.
    Ein Paradebeispiel für diese von Vielen gefühlte sofortige "Mundtotmachung" liefert Cowboy mit seinem Beitrag Nummer #614.
    Er selbst steht angeblich für

    eine übergroße und dialogbereite Mehrheit ... die sich für eine pluralistische Gesellschaft ohne Ressentiments einsetzt

    .
    Diese Dialogbereitschaft scheint aber den Dialog mit Andersdenkenden auszuschließen, wie man den vorangehenden pauschalen Beschimpfungen der sächsichen Bevölkerung entnehmen kann.
    Das scheint mir dann doch nicht ganz

    ohne Ressentiments

    zu sein.
    Sollte

    eine pluralistische Gesellschaft

    unterschiedliche Auffassungen nicht ertragen können?
    Derartige Meinungsäußerungen treiben den Spaltkeil nur tiefer in die deutsche Gesellschaft, anstatt sachlichen Dialog von der Gegenseite einzufordern, verunsicherte Menschen wieder "einzufangen", statt sie Kriminellen in die Arme zu treiben.


    Zur Frage "Warum geschieht das ausgerechnte in Sachsen?" sehe ich ganz andere Ursachen als Cowboy.
    Dass das "der sächsischen Landespolitik geschuldet" ist, halte ich, mit Verlaub, für ganz großen Quatsch.
    Dass sich das massive Unbehagen, dass sich jetzt Bahn bricht, ausgerechnet im Osten artikuliert, liegt m.E. in der geringern "Selbstgewissheit" der Ostbevölkerung, besonders in der durch die Wendezeit geprägte Bevölkerung.
    Der gleichaltrigen Bevölkerung im Westen hat sich im bundesdeutschen Wirtschaftswunder jahrzehntelang eine "Siegermentalität" bemächtigt.
    Rheinisch gesagt: "Et hätt noch emmer joot jejange".
    Diese Gewissheit ist im Osten nie angekommen. Hier weiß man aus eigener Erfahrung, dass eine Gesellschaft innerhalb kürzester Zeit zerstört werden kann. Das macht die "Antennen" einfach sensibler.


    Die Tabuisierung, am Beispiel von Cowboys #614 beispielhaft abzulesen, wird nicht zu einer Lösung des Konfliktes führen.
    Vielmehr zum Verhärten der Positionen. Dass die Flüchlinge hier nicht die letzten Opfer sein werden, stünde zu erwarten.
    Lassen wir uns nicht von beiderseitigen Hasstiraden in eine schrittweise Demontage unserer Demokatie hineinziehen.

    Zuletzt noch eine anderes Thema:
    Allen Forumteilnehmern möchte ich noch den Gewaltaufruf auf Indymedia vom Mittwoch in Bewusstsein rücken. Auf sechs A4-Seiten beschreiben dort Aktivisten 50 konkret mit Adresse benannte Ziele in Leipzig, die in der Silvesternacht zerstört werden sollen.
    Möchte sich dazu mal jemand (gern aus dem linken Spektrum) einlassen?

  • PEGIDA in aller Munde.... Der stolze Freistaat präsentiert sich im Moment wieder von seiner besten Seite, nachdem die ausländerfeindlichen Pogrome Anfang der 1990er-Jahre hier ihren Anfang nahmen, das rechts-terroristische NSU-Trio sich hier 10 Jahre lang verstecken konnte und die NPD hier nur hauchdünn den zweiten Wiedereinzug verpasste....
    In keinem anderen Bundesland dürften rechte Tendenzen bis weit in die Mitte der Bevölkerung salonfähig sein wie in Sachsen.


    Verständnis für die PEGIDA-Bewegung, die offiziell gegen Islamisierung eintritt, deren eigentliche Beweggründe jedoch nebulös bleiben, habe ich nicht. Es ist auch sehr befremdlich, wenn sich allgemeiner Frust und Verdrossenheit in Ausländerfeindlichkeit bzw. drohende Islamisierung kanalisieren. Das ist nicht nur irrational, sondern auch sehr gefährlich!
    Egal, ob man die Leute als Nazis bezeichnet oder nicht, fremdenfeindliche Parallelen (damals Juden - heute Asylanten, Islamisten und Ausländer) sind unübersehbar. Und es ist Obacht geboten, damit sich Geschichte nicht wiederholt.


    Auch die Judenvernichtung begann mit feindseliger Stimmung, Diskriminierung und Ablehnung. Die Juden wurden als Sündenböcke gebraucht, um von den großen Problemen wie Massenarbeitslosigkeit und Inflation abzulenken. Auch heute, und da scheinen sich doch die meisten User hier einig zu sein, liegen die eigentlichen Probleme der Protestler woanders und die "drohende Islamisierung" wird nur als Vorwand und Ventil genutzt. Das ist höchst irrational und dumm.


    Dass sowas vor allem in Dresden bzw. Sachsen passiert, ist meines Erachtens auch der DDR-Geschichte geschuldet. Die DDR hat sich wenig mit den nationalsozialistischen Verbrechen im 3.Reich auseinandergesetzt, die Judenverfolgung war auch kaum Thema in den Schulen. Und der einzelne Bürger mußte sich wenig mit der "Täterrolle" auseinandersetzen, bzw. die eigene Mitverantwortung an der Geschichte kritisch hinterfragen. Und vor allem die Dresdner konnten sich nach der sinnlosen Zerstörung ihrer Stadt schön in der Opferrolle einrichten.


    Jedenfalls sehe ich in Europa oder in Deutschland keinerlei Bedrohung durch den Islam, das ist völliger Quatsch. Und wenn die Demonstranten in Dresden diese Angst ausdrücken, disqualifizieren sie sich selbst, weil sie nicht in der Lage sind, die eigentlichen Probleme zu benennen. Das ist dumm und gefährlich zugleich, von daher gibt`s von mir zu dieser PEGIDA-Bewegung null Toleranz.

    6 Mal editiert, zuletzt von DieVa ()


  • Zuletzt noch eine anderes Thema:
    Allen Forumteilnehmern möchte ich noch den Gewaltaufruf auf Indymedia vom Mittwoch in Bewusstsein rücken. Auf sechs A4-Seiten beschreiben dort Aktivisten 50 konkret mit Adresse benannte Ziele in Leipzig, die in der Silvesternacht zerstört werden sollen.
    Möchte sich dazu mal jemand (gern aus dem linken Spektrum) einlassen?


    Ich weiß nicht so recht, was die Diskussion über PEGIDA/LEGIDA nun mit diesem Aufruf zu tun haben soll. Ich weiß auch nicht, ob ich wirklich berufen fühlen soll, mich dazu auszulassen. Daher mache ich es kurz: Ob es wirklich "Aktivisten" waren oder nicht doch nur ein einzelner Wirrkopf, der das Pamphlet auf dem offenen Nachrichtenportal linksunten.indymedia.org, auf dem alle ohne vorherige Prüfung des Textes veröffentlichen können, einstellte, ist fraglich. Kein Mensch weiß bislang, wer das war und was die Motive dafür sind. Es gab in der Vergangenheit gerade bei Indymedia schon mehrere Fake-Aktionen von angeblichen Gewaltaufrufen, die durch alle Medien gingen. Ich erinnere zum Beispiel an die sogenannte "germanophobe Flutbrigade", die während des Hochwassers im Juni 2013 mit Anschlägen auf Deiche gedroht haben soll. Dass dies nur ein schlechter Scherz war, aber kein "Bekennerschreiben", erkannten sogar führende Neonazis:
    https://dokmz.wordpress.com/ar…n-brauner-propaganda-gag/
    http://www.kaputtmutterfischwerk.de/?p=1229


    Aus welcher Tastatur der damalige Fake entsprungen war bleibt ungeklärt. Dennoch wird er bis heute als Nachweis über die Verkommenheit "der Antifa" herangezogen - einfach mal eine Suchmaschine der Wahl mit "germanophobe Flutbrigade" oder "Linksextremisten Deiche" füttern.


    Bisher wissen wir nicht, wer den aktuellen Leipziger "Aufruf zur Gewalt" verfaßt hat. Das Dezernat Staatsschutz bei der Leipziger Kriminalpolizei hat den Fall übernommen. Angesichts der Phrasen-Salven hege ich arge Zweifel, dass dieser Text "echt" ist. Wer das "bullen hauptquartier" an der "dübener landstr. 4" sucht (Hier ist das Präsidium der Bereitschaftspolizei Sachsen, die Polizeidirektion Leipzig hat ihren Sitz an der Dimitroffstr. 1.) oder mit dem Connewitzer Kreuz (Kochstr. 138) ausgerechnet den Ort mit der wohl mit Abstand stärksten Polizeipräsenz in der Neujahrsnacht für Hammerattacken empfielt, der kennt sich zumindest nicht sonderlich gut aus in der Stadt. Ähnliche Zweifel an der Echtheit des Schreibens äußert auch Martin Schöler in der L-IZ vom 19.12.2014:
    50 Ziele in Leipzig: Gewaltaufruf beschäftigt Polizei
    http://www.l-iz.de/Leben/F%C3%…beschaeftigt-Polizei.html


    Mir ist allerdings auch klar, dass es unter Linken und radikalen Linken auch einige Menschen gibt, die solche Pamphlete ernst meinen bzw. allgemein Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung propagieren und anwenden. Die meisten sind jedoch dagegen und lehnen Gewalt ab - so auch ich.


    Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel ist bekanntlich Teil der (radikalen) Linken in Leipzig und wird von manchen, die sich nur solche hierarchischen Strukturen vorstellen können, sogar für deren Anführerin gehalten. Hier deren Statement zu dem besagten Text:


    Virtueller Gewaltaufruf für die Silvesternacht in Leipzig
    20. Dezember 20, 2014
    http://www.weltnest.de/Blog/62…emen-anschlgen-frau-nagel
    http://jule.linxxnet.de/index.…ilvesternacht-in-leipzig/

  • ^ Ui ui ui, hier geht's ja wieder gehörig durcheinander. Nur mal ein Beispiel aus deinen wirren Zeilen:


    In den sächs. Landtag sind mit der neuen Wahlperiode gleich mehrere seltsame Gestalten via Linke eingezogen, die meist nur durch Teilnahme an Demonstrationen...


    Mit bloßer Teilnahme an Demos zieht man nicht in den Landtag. Noch nicht mal in Sachsen. Den Rest spar' ich mir. Mit PEGIDA hat das alles nichts zu tun.



    Btw, wieso löschst du schon wieder deine Beiträge? Ist das dein Beitrag zur Diskussionskultur?

  • Weil es mir ganz ehrlich zu dumm ist, permanent für (m)eine Meinung, egal ob im "Off topic" oder Architekturforum, rote Lämpchen zu bekommen, nur weil jemand anderer Meinung ist. Ich vergebe auch keine bunten Punkte (ok hab ich mal, aber weil es mich genervt hat, dass manche Leute das anscheinend als Sport betreiben und ich mir hier quasi n Wolf schreibe und andere sich hinter Bewertungen verstecken).
    Wenn dem so ist, kann Person XY das hier rein schreiben und diskutieren und sich nicht hinter anonymen roten Punkten, teils gepaart mit Beleidigungen, zu verstecken. Da macht das Schreiben schlicht keinen Spaß mehr.


    by the way, off topic: ist es übrigens neu, dass man Beiträge die älter als einen Tag sind, nicht mehr editieren kann und falls ja, welchen Sinn macht dies, wenn man weder Daten ergänzen noch löschen kann? Soweit ich weiß, muss es diese Funktion geben ... bzw. macht es auch keinen Sinn, wenn man z.B. in manchen Threads Ergänzungen vornehmen will/muss/kann


    Und bevor jemand noch einen roten Punkt vergibt, um Fr. Nagel zu verteidigen ... Diskussionskultur ist für mich auch nicht, wenn Leute nur rote und grüne Punkte vergeben, aber sich hier nicht beteiligen.

  • Off topic

    ^ Um das mal richtig zu stellen: Für deine Beiträge, die du hier gelöscht hast oder zum Thema PEGIDA geschrieben hast, hast du keine roten Lämpchen bekommen. Als Moderator habe ich da den Überblick. Und selbst wenn du deiner Meinung nach ungerechtfertigt rote Lämpchen bekommen hättest, solltest du dich vertrauensvoll an einen Moderator wenden statt zu löschen, denn das ist keine Art. Oder einfach die roten Lämpchen nicht so ernst nehmen, denn davon geht die Welt nicht unter. Ich habe auch jüngst zweimal hintereinander rote Lämpchen von einem User bekommen. So what?


    PS. Editieren von eigenen Beiträgen geht meines Wissens immer.

  • Die Leipziger Internetzeitung hat einmal mehr einen interessanten Artikel zum Thema PEGIDA verfasst, ohne dass sich deren Anhänger, die morgen vor der Semperoper Weihnachtslieder singen wollen (sic!), darin irgendwie ungerechtfertigt behandelt fühlen dürften. Mehr noch geht die LIZ auch meiner Eingangsfrage nach, warum ausgerechnet im schönen Sachsen sich der Protest so herausbildet, und landet sehr wohl wieder bei der sächsischen Landesregierung. Dass die DDR, wie DieVa oben schildert, mit dran Schuld sei, mag sein, aber die DDR ist schon so lange her und ich meine auch, in Thüringen oder Sachsen-Anhalt wäre PEGIDA längst nicht so rasant gewachsen. Es gibt ja auch PEGIDA-Ableger in Westdeutschland. In Düsseldorf (DÜGIDA) und Bonn (BOGIDA) stehen gestandene Neonazis und Hooligans im Kader, weshalb die Bewegung dort nicht viel weiter wachsen dürfte. In München wurde jetzt die zweite PEGIDA-Demo mangels Teilnehmer wieder abgesagt. In einer Stadt, wo es im Gegensatz zu Dresden sogar sehr viele Muslime gibt, besteht anscheinend kein Bedarf an einer Demonstration gegen Islamismus.

  • ...um nochmal auf PEGIDA zurückzukommen:
    Vermutlich wird sich das ganze ja schnellstens erledigt haben, nachdem in allen Städten -außer Dresden- 10x mehr Gegendemonstranten gegen PEGIDA auf die Straße gehen. PEGIDA ist nicht "Das Volk", und das ist gut so. Schön auch, dass die Semperoper gestern die Lichter ausgeschaltet hat, um nicht als Kulisse dieser schwarz-rot-dumpfen Bewegung herhalten zu müssen.


    Ich bin ja ebenfalls -wie viele PEGIDA-Mitläufer- der Meinung, dass in unserem Staate manches schief läuft, und vieles verstehe ich auch gar nicht. Aber den Unmut, den Frust oder die Angst darüber in Hetze gegen die Ärmsten und Rechtlosesten unserer Gesellschaft zu richten, das ist verabscheuenswürdig.


    Was von PEGIDA bleiben wird, ist eine tolle Anti-Werbung für den Freistaat und auch für Dresden, da kochen doch sofort wieder die alten Vorurteile hoch.