Galopprennbahn: Bürgerentscheid und folgende Rechtsstreitigkeiten

  • Große Bedeutung angesichts der Zulassung der Revision und des bestehenden Zeitdrucks kommt der Zwangsvollstreckung zu. Dazu unten die Pressemitteilung des Oberlandesgerichts in voller Länge. Um die Vollstreckbarkeit geht es in den Erläuterungen in den letzten Absätzen. Der Rennklub hatte demnach im Berufungsverfahren auch einen Schuldnerschutzantrag gestellt. Diesen hat das OLG jetzt zurückgewiesen, mit der Begründung, dass nach nunmehr zwei Instanzen die Interessen der Stadt an der Vollstreckung überwiegen. Allerdings besteht für den Rennklub im Fall der Einlegung der Revision die Möglichkeit, einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung vor dem Bundesgerichtshof zu stellen. Beides wird der Rennklub wahrscheinlich tun. Der BGH wird die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner "einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht". Aus heutiger Sicht gut möglich, dass die Frage nach dem Bau der Akademie in Frankfurt oder im Umland von dieser - vorab zu treffenden - Entscheidung abhängen wird. In der Berufungsinstanz hatte das OLG diese Frage noch zugunsten des Rennklubs entschieden und damals die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet.


    Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit Urteil vom 27.7.2017 die Berufung des Renn-Klubs gegen die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe des Rennbahngeländes zurückgewiesen. Auf die Widerklage des Beklagten hin hat es festgestellt, dass der Hauptmietvertrag zwischen der Stadt und der Betreibergesellschaft nicht durch den Aufhebungsvertrag wirksam beendet wurde.


    Die klagende Stadt nimmt den beklagten Renn-Klub auf Räumung des Rennbahngeländes in Frankfurt-Niederrad in Anspruch. Die Stadt ist Eigentümerin dieses Geländes und vermietete es im Jahre 2010 an eine Betreibergesellschaft. Zweck des Mietvertrages war die Durchführung von Pferderennen. Der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis mindestens zum 31.8.2024 und war nur außerordentlich kündbar. Die Betreibergesellschaft schloss wiederum mit dem Beklagten einen Geschäftsbesorgungsvertrag. Mit diesem Vertrag verpflichtete der Beklagte sich, fünf Renntage pro Jahr auf der Rennbahn abzuhalten. Der Vertrag sollte bis zum 31.8.2024 laufen (§ 3 Ziff. 1) und konnte von beiden Seiten halbjährlich jeweils zum 30. Juni bzw. 31. Dezember eines Jahres gekündigt werden (§ 3 Ziff. 2).


    Mit notariellem Vertrag vom August 2014 erwarb die Stadt alle Geschäftsanteile an der Betreibergesellschaft. Zugleich wurde der Mietvertrag zwischen der Betreibergesellschaft und der Stadt einvernehmlich aufgehoben. Die vereinbarte Gegenleistung zahlte die Stadt vertragsgemäß an den vormaligen Anteilseigner.


    Nachfolgend kündigte die Betreibergesellschaft ihrerseits den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Beklagten; die Stadt wiederholte die Kündigung vorsorglich.
    Die Stadt ist der Ansicht, dass der Beklagte das Gelände räumen müsse. Zur Begründung verweist sie darauf, dass der Beklagte bereits wegen der wirksamen Beendigung des Hauptmietvertrags zur Herausgabe verpflichtet sei. Darüber hinaus sei auch der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Betreibergesellschaft und dem Beklagten wirksam gekündigt worden. Dieser Vertrag sei ausweislich seines eindeutigen Wortlauts ordentlich kündbar gewesen.

    Der Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, dass weder der Geschäftsbesorgungsvertrag noch der Hauptmietvertrag wirksam beendet worden seien. Der Geschäftsbesorgungsvertrag habe ebenso wie der Hauptmietvertrag nicht vor Ablauf der festen Laufzeit bis zum 31.8.2024 gekündigt werden können. Die Aufhebung des Hauptmietvertrags sei infolge Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam, sie habe dem Renn-Klub die Existenzgrundlage entzogen. Der Beklagte beantragt widerklagend u.a. festzustellen, dass das Hauptmietverhältnis zwischen der Stadt und der Betreibergesellschaft nicht durch den Aufhebungsvertrag wirksam beendet wurde.


    Das Landgericht hatte den Beklagten zur Räumung des Rennbahngeländes verurteilt und die Widerklage des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Räumungsverpflichtung und verfolgt seine Widerklage weiter.


    Das OLG hat nach Einvernahme von sieben Zeugen mit Urteil vom 27.7.2017 die Berufung des Beklagten gegen die Räumungsverpflichtung zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus, dass der Stadt als Eigentümerin des Geländes ein gesetzlicher Räumungsanspruch gegen den Beklagten zustehe. Der Beklagte verfüge nicht über ein Besitzrecht. Dieses ergebe sich weder aus der Historie der Rennbahn noch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Betreibergesellschaft. Der Geschäftsbesorgungsvertrag sei zwischenzeitlich wirksam gekündigt worden. Dem Wortlaut des Vertrags nach sei der Vertrag halbjährlich kündbar gewesen. Die durchgeführte Beweisaufnahme habe bestätigt, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrags von einer allgemeinen Kündigungsmöglichkeit ausgegangen seien. Dass diese Kündigungsmöglichkeit im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führen könne, berechtige das Gericht nicht zu einer inhaltlichen Änderung. Die Kündigungserklärung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben. Die Betreibergesellschaft müsse sich nicht die sittenwidrigen Intentionen ihres früheren Geschäftsführers zurechnen lassen. Sie habe von einer vertraglich eingeräumten Position in zulässiger Weise Gebrauch gemacht. Der Geschäftsbesorgungsvertrag habe dem Beklagten infolge der Kündigungsregelung keine langfristig gesicherte Rechtsposition verschafft.


    Zugleich hat das OLG auf die Widerklage des Beklagten hin festgestellt, dass sich die Stadt dem Beklagten gegenüber nicht auf eine Beendigung des Hauptmietvertrags mit der Betreibergesellschaft durch Abschluss des Aufhebungsvertrags berufen könne. Dieser Vertrag sei unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände als sittenwidrig einzustufen. Bedeutung erlange insbesondere, dass die Aufhebung des Hauptmietvertrags dem noch bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Beklagten die Grundlage entzogen habe. Die Interessen des Beklagten seien trotz des engen Bezugs zwischen dem Hauptmietvertrag einerseits und dem Geschäftsbesorgungsvertrag andererseits in keiner Weise berücksichtigt worden. Die Zahlung für die Übertragung der Geschäftsanteile stelle sich im Ergebnis überwiegend als Gegenleistung für die vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages dar. Sie hätte damit auch an die Betreibergesellschaft, nicht nur den vormaligen Anteilseigner erfolgen müssen.


    Das Urteil ist nicht rechtskräftig; der Senat hat für beide Parteien wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann hinsichtlich des Räumungstitels die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Stadt vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


    Die Entscheidung ist in Kürze unter http://www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.


    Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.7.2017, Az. 2 U 174/16 (vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 16.12.2016, Az. 2-12 O 437/15)

    Erläuterungen:
    Die Berufung der Stadt ist am 22.12.2016 eingegangen und konnte bis zum 21.3.2017 begründet werden. Nach einer Erwiderungsfrist für die Stadt bis Mitte April 2017 fand ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme am 5.5.2017 statt. Die Beweisaufnahme wurde am 26.6.2017 fortgesetzt. Die Parteien erhielten Gelegenheit, sich vor dem auf den 27.7.2017 festgesetzten Verkündungstermin zum Ergebnis der Beweisaufnahme bis zum 21.7.2017 zu äußern.


    Der Beklagte hatte im Berufungsverfahren einen mit dem Urteil zu entscheidenden Schuldnerschutzantrag gestellt. Dieser ist darauf gerichtet, die Vollstreckbarkeit eines Urteils an dessen Rechtskraft zu binden. Ein solcher Antrag hat Erfolg, wenn die vorläufige Vollstreckung dem Schuldner einen „nicht zu ersetzenden Nachteil“ bringen würde und kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 712 ZPO). Das OLG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mit der vorläufigen Vollstreckung zwar eine Existenzgefährdung des Beklagten verbunden sein könne. Da jedoch nunmehr zwei Instanzen der Stadt einen Räumungsanspruch zugesprochen hätten, stünden diesem Schutzantrag überwiegende Interessen der Stadt an der Vollstreckung entgegen.


    Im Fall der Einlegung der Revision besteht - unabhängig von der Zurückweisung dieses Schutzantrags - die Möglichkeit, vor dem BGH einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu stellen (§ 719 Abs. 2 ZPO). Der BGH ordnet die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung an, wenn die Vollstreckung dem Schuldner „einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht“.


    Die auf die Widerklage des Beklagten hin getroffene Feststellung, dass der Hauptmietvertrag zwischen der Stadt und der Betreibergesellschaft nicht wirksam durch den Aufhebungsvertrag beendet wurde, wirkt sich nicht auf die Vollstreckbarkeit des Räumungstitels aus. Mit diesem Ausspruch steht für mögliche, derzeit nicht rechtshängige Ansprüche zwischen den Parteien fest, dass der Beklagte während der Dauer des Geschäftsbesorgungsvertrags auch der Klägerin gegenüber zur Nutzung des Rennbahngeländes berechtigt war.

  • Als wäre die Sache nicht schon unappetitlich genug, ermittelt nun auch noch die Staatsanwaltschaft gegen den früheren Präsidenten des Rennklubs. Manfred Hellwig werden Untreue und Betrug zur Lasten des Rennklubs vorgeworfen, es geht um mehr als eine Million Euro. Zu Grunde liegt, man ahnt es schon, eine Strafanzeige von Carl-Philip zu Solms-Wildenfels. Mehr in der Frankfurter Rundschau.

  • Abgesehen von den Geldflüssen könnte auch das OLG-Urteil die Steilvorlage geliefert haben. In der unter verlinkten Presseerklärung des OLG steht u.a. dieser Satz:


    Zugleich hat das OLG auf die Widerklage des Beklagten hin festgestellt, dass sich die Stadt dem Beklagten gegenüber nicht auf eine Beendigung des Hauptmietvertrags mit der Betreibergesellschaft durch Abschluss des Aufhebungsvertrags berufen könne. Dieser Vertrag sei unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände als sittenwidrig einzustufen.


    Das könnte ja bedeuten, dass der vormalige Geschäftsbesorger Hellwig und die Stadt in sittenwidriger Schädigungsabsicht willentlich zum Nachteil des Rennklubs zusammen gewirkt haben; ein Anfangsverdacht für eine Vermögensstraftat zum Nachteil des Rennklubs ist angesichts dessen nicht abwegig. Fehlt eigentlich nur noch die Strafanzeige gegen Herrn Gangel, der insoweit für die Stadt tätig gewesen sein dürfte.

  • Nächste Schritte


    Die Stadt
    möchte Revision beim BGH einlegen aber nur um den Feststellung der Sittenwidrigkeit zu tilgen. Gemäß Jan Schneider war diese „nicht schön, aber unschädlich“ für das weitere Vorgehen. Denn die Stadt wartet jetzt auf die Zustellung der Vollstreckungsurkunde. Mit dem Räumungstitel wäre dann der Austausch der Schlösser durch städtische Mitarbeiter in der nächsten Woche, so die Plannung, legitimiert, da diese bisher beim Betreten des Geländes mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruch rechnen müssen. „Wenn wir in den Besitz des Geländes kommen, können wir diesen auch Dritten verschaffen“ so Jan Schneider. Damit soll dem DFB noch in diesem Jahr das Geländer übertragen werden.


    Der Renn-Klub
    bzw. dessen Vorstand in Person von Christiane Weil-Daßbach, Michaela Faust und Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels beschlossen am vergangenen Freitagnachmittag ebenfalls in Revision zu gehen und folgen damit der richterlichen Empfehlung. „Ich sehe in diesen Sätzen des Gerichts einen Auftrag“ so Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels.
    Hierzu muss der Renn-Klub eine Sicherheitsleistung i.H.v. 350.000 EUR hinterlegen, die die o.g. Vorstandsmitglieder zu gleichen Teilen aufbringen und „es ist eine Teamleistung“ so Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels.
    Eine Revisionsgrund sei, dass die Kündigung von einem nicht vertretungsberechtigtem, nämlich dem stellvertretenden Leiter des Liegenschaftsamtes Jochen Strack, unterschrieben wurde. Dies ist er für die Hippodrom GmbH aber nicht.
    Dass die Stadt in der kommenden Woche tatsächlich die Schlösser austauscht sieht der Renn-Klub anders da hierzu ein Gerichtsvollzieher und deshalb ein viel längerer zeitlicher Vorlauf nötig ist. Ein Sicherheitsdienst ist bereits beauftragt um ein Betreten des Geländes zu verhindern, denn „wenn die Stadt eigenmächtig handelt, werden wir uns mit aller Härte wehren“ so Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels.


    Aktuelle Statements


    Der Ex-Rennbahn-Präsident
    wollte mit seinem sittenwidrigen Verhalten den Renn-Klub vernichten. Dieser gerichtlichen Feststellung widerspricht Manfred Hellwig da der gezahlte Betrag i.H.v. 2,98 Mio. EUR eine Entschädigung für die von ihm geleisteten Investitionen sei.
    Bedingt durch die Insolvenz des vorherigen Renn-Klubs hatte die Stadt einen Sicherheit gefordert um bei einem weiteren wirtschaftlichen Scheitern des neuen Renn-Klubs abgesichert zu sein und „das war dem Renn-Klub immer klar“ so Manfred Hellwig. Deshalb wurde auch ein Vorkaufsrecht für 51% der Anteile an der Hippodrom GmbH mit der Stadt vereinbart denn „die Idee war, dass dann das Sportamt den Betrieb selbst organisiert“ so Manfred Hellwig.


    M.E. ist es fraglich ob unter diesen Umständen der Gedanke, „dass die Rennbahn irgendwann einmal ganz aufgegeben werden könnte tatsächlich keine Rolle spielte“. Auch die Idee, dass das Sportamt den Pferde-Rennbetrieb organisiert ist m.E. schon recht verwegen!


    Denn die Hippodrom GmbH beauftragte den Renn-Klub über einen Geschäftsbesorgungsvertrag und bewusst und einvernehmlich wurde eine sechsmonatige Kündigungsfrist vereinbart. Ein Grund war um Manfred Hellwig vor unbegrenzten Zahlungsverpflichtungen zu schützen. Bedeutende Sponsoren (z.B. das Bankhaus Metzler) standen zu dieser Zeit nicht mehr zur Verfügung und ohne seine finanzielle Unterstützung wäre der Betrieb nicht wirtschaftlich tragfähig gewesen. „Die hätten das nächste Jahr nicht mehr finanzieren können“ so Manfred Hellwig.
    Laut dem Gericht handelte es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung der Hippodrom GmbH an ihn. „Ich hätte das aufklären können, aber die Richterin hat mich nicht gefragt“ so Manfred Hellwig, denn er kann die Aufwendungen (z.B. die Bezahlung der Insolvenzverwalterin des alten Renn-Klubs aber auch die Betriebskosten) genau belegen für die er entschädigt wurde.


    Der DFB
    „Mit dem heutigen Urteil ist etwas mehr Rechtssicherheit geschaffen worden“ und „dass die Stadt Frankfurt endlich ihre seit Anfang 2016 bestehende Verpflichtung erfüllen kann, dem DFB den Besitz an den Flächen auf der ehemaligen Rennbahn zu verschaffen“ so Reinhard Grindel. Er hob erneut hervor: „Die Stadt weiß, dass sich die Geduld des DFB langsam dem Ende zuneigt.“


    Quellen: FNP vom 28. und 29.07.2017


    Es bleibt also weiter spannend für die Zuschauer und vielleicht wird das Ganze in ein paar Jahren von Michael Quast und seiner Truppe bei Barock am Main zum Besten gegeben.


    Frage an die Spezialisten im Forum: werden solche Sicherheitsleistungen vom Gericht verzinst?
    Nebenbei, die Stadt muss auch eine Sicherheit i.H.v. 350.000 EUR leisten.

    4 Mal editiert, zuletzt von main1a () aus folgendem Grund: Rechtschreibung + Edit

  • Frage an die Spezialisten im Forum: werden solche Sicherheitsleistungen vom Gericht verzinst?


    Nein.
    Man kann auch eine Bankbürgschaft beibringen. Dann stellt sich die Frage der Verzinsung schon gar nicht.

  • Humpty: Ich habe mit meinem Unternehmen desöfteren Bankbürgschaften benötigt. Zinsen sind dafür immer angefallen, je nach Risiko teils in beträchtlicher Höhe.

  • Das Gericht zahlt keine Zinsen für diese Sicherheits-"Einlage", wohl aber der Bürgschaftsnehmer an die Bank im Rahmen einer Aval-Vereinbarung.


    Davon abgesehen: Schön, dass die deutsche Rechtssprechung die Fortsetzung dieser unterhaltsamen Posse erlaubt und dass sich die Geschichte dank einiger Akteure, die aus dem Reich der surrealen Komödie zu kommen scheinen, weiter verästelt. (Ironie aus)

  • Galopprennbahn: Stand der Dinge

    Der Komplex Rennbahn beinhaltet eine Reihe von Rechtsstreiten (EU-Wettbewerbsverfahren, Zahlungsklagen, Strafanzeigen...), deren wichtigster der Räumungsrechtsstreit ist, weil ein Räumungstitel Voraussetzung für die Übergabe des Geländes an den DFB ist.


    Anspruchsgrundlage für das Räumungsbegehren der Stadt als Eigentümer des Geländes ist § 985 BGB („Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“); dem kann der Besitzer nur entgegenhalten, er sei zum Besitz berechtigt (§ 986 I BGB), etwa aufgrund eines Vertrages.


    Zu klären war deshalb die Frage, ob der Rennklub zum Besitz berechtigt ist oder nicht. Das hängt davon ab, ob der Vertrag, der den Rennklub zum Besitz berechtigte, noch existent ist oder wirksam beendet wurde. Streitgegenstand war deshalb die Wirksamkeit der Kündigung oder Aufhebung eines Geschäftsbesorgungsvertrages, der den Frankfurter Renn-Club zur Nutzung des Frankfurter Rennbahngeländes berechtigte.


    Räumungsurteil (I. Instanz)

    Der Hippodrom GmbH war von der Stadt Frankfurt das Gelände der Frankfurter Galopprennbahn vermietet worden, die wiederum einen „Geschäftsbesorgungsvertrag“ mit dem beklagten Frankfurter Renn-Club e.V. geschlossen hatte. Dieser Vertrag enthielt eine Befristung bis zum Jahr 2024 sowie darüber hinaus eine Kündigungsmöglichkeit für beide Parteien mit einer Frist von zwei Monaten zum Halb-/Jahresende. Nachdem die Stadt Frankfurt alle Anteile an der Hippodrom GmbH erworben hatte und den Mietvertrag mit der Hippodrom GmbH gekündigt hatte, kündigte die Hippodrom GmbH am 04.03.2015 den Vertrag mit dem Frankfurter Renn-Club zum 30.06.2015. Die Stadt verlangte als Eigentümerin die Räumung des Geländes und seine Herausgabe.


    Mit Urteil vom 16.12.2016 (2-12 O 437/15) hat das Landgericht Frankfurt den beklagten Rennklub zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Das Räumungsurteil war gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (§ 709 ZPO).


    Wenn wir in diesem Zusammenhang von „der Stadt“ sprechen, ist die Rede von der Hippodrom GmbH, deren Geschäftsanteile die Stadt vollständig von dem Gestütsbesitzer und Alleingesellschaft Manfred Hellwig übernommen hatte. „Die Stadt“ ist also eine stadteigene Gesellschaft.


    Vollstreckungsschutz gegen Räumungsurteil


    Der beklagte Rennklub hat hiergegen Berufung eingelegt und zugleich einen Vollstreckungsschutzantrag nach § 707 ZPO auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt. Diesem Vollstreckungsschutzantrag hat das Berufungsgericht, das ist der 2. Zivilsenat des OLG Frankfurt, mit ausführlich begründetem Beschluss vom 6.2.2017 stattgegeben.


    „Im Lichte dessen ist für die Frage der Beurteilung der Erfolgsaussicht der Berufung gegenwärtig zumindest nicht auszuschließen, dass der Senat den Behauptungen des Beklagten durch eine Beweisaufnahme nachzugehen haben wird.“


    Entscheidend war, dass der Senat eine Beweisaufnahme für erforderlich hielt, die das Landgericht offenbar nicht für erforderlich gehalten hatte. Das mag der Stadt bitter aufgestoßen sein, aber ein Urteil, dem wegen unterbliebener Beweisaufnahme der Einwand eines Verfahrensfehlers anhaftete, wäre auch nicht in ihrem Sinne gewesen, für die Stadt also eher Steine statt Brot.


    Befangenheitsantrag


    Unter dem 20.3.2017 hat die Stadt, d.h. genaugenommen die Hippodrom GmbH, deren Geschäftsanteile die Stadt vollständig übernommen hatte, die Vorsitzende des Senats und ihre Stellvertreterin wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt; diesen Antrag hat der Senat mit Beschluss vom 19.4.2017 abgelehnt.


    Berufungsurteil (II. Instanz)

    Mit Urteil vom 27.7.2017 hat der 2. Senat die Berufung des Rennklubs gegen die Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe des Rennbahngeländes zurückgewiesen. Auf die Widerklage des Beklagten hin hat es festgestellt, dass der Hauptmietvertrag zwischen der Stadt und der Betreibergesellschaft nicht durch den Aufhebungsvertrag wirksam beendet wurde gegen das Urteil des LG Frankfurt vom 16.12.2016 zurückgewiesen und das Berufungsurteil für vorläufig vollstreckbar erklärt; vorläufig natürlich, weil auch durch das Berufungsurteil der Räumungstitel noch nicht rechtskräftig ist, da der Senat die Revision zugelassen hat. Wäre die Revision nicht zugelassen worden, hätte der Rennklub beim Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde erheben können, welche aber auch die Rechtskraft des Räumungsurteils hemmt.


    In der Kette der Verträge ist das Besitzrecht des Rennklubs auf der Ebene Hippodorm GmbH <> Rennklub beseitigt worden, während – sozusagen auf der Vorstufe – der Vertrag Stadt Frankfurt <> Hippodrom noch existent sein soll; die Stadt könne sich dem Beklagten gegenüber nicht auf eine Beendigung des Hauptmietvertrags mit der Betreibergesellschaft durch Abschluss des Aufhebungsvertrags berufen, sagt der Senat. Dieser Vertrag sei unter Berücksichtigung aller Gesamtumstände als sittenwidrig einzustufen. Bedeutung erlange insbesondere, dass die Aufhebung des Hauptmietvertrags dem noch bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Beklagten die Grundlage entzogen habe. Die Interessen des Beklagten seien trotz des engen Bezugs zwischen dem Hauptmietvertrag einerseits und dem Geschäftsbesorgungsvertrag andererseits in keiner Weise berücksichtigt worden. Die Zahlung für die Übertragung der Geschäftsanteile stelle sich im Ergebnis überwiegend als Gegenleistung für die vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages dar. Sie hätte damit auch an die Betreibergesellschaft, nicht nur den vormaligen Anteilseigner erfolgen müssen.


    Weiterer Vollstreckungsschutz


    Der beklagte Rennklub hatte im Berufungsverfahren einen mit dem Urteil zu entscheidenden Schuldnerschutzantrag gestellt. Dieser ist darauf gerichtet, die Vollstreckbarkeit eines Urteils an dessen Rechtskraft zu binden. Die Einstellung der Vollstreckung setzt voraus, dass die vorläufige Vollstreckung dem Schuldner einen „nicht zu ersetzenden Nachteil“ bringen würde und kein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht (§ 712 ZPO). Das OLG hat diesen Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mit der vorläufigen Vollstreckung zwar eine Existenzgefährdung des Beklagten verbunden sein könne. Da jedoch nunmehr zwei Instanzen der Stadt einen Räumungsanspruch zugesprochen hätten, stünden diesem Schutzantrag überwiegende Interessen der Stadt an der Vollstreckung entgegen.


    Da aber der Räumungstitel nach wie vor nicht rechtskräftig ist, kann er nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckt werden. Es kommt dabei nicht darauf an, welche der Parteien zuerst zahlt.


    Der Rennklub kann aber beim Revisionsgericht einen weiteren Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung stellen (§ 719 II ZPO). Der BGH müsste dann erneut abwägen, ob der Räumungsschuldner durch die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil erleiden würde und nicht ein überwiegendes Interesse der Stadt entgegensteht.


    In die Abwägung der Parteiinteressen hat einzufließen, ob eine Abänderung der erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen in der Revisionsinstanz überhaupt noch in Betracht kommen kann oder die sachliche Erfolgsaussicht des Rechtsmittels vielleicht verneint werden kann. Da der BGH die Entscheidungen der Instanzgerichte nur noch auf Rechtsfehler überprüft, scheidet – anders als bei der Vollstreckungsentscheidung vom 6.2.2017 – die kursorische Prüfung des Parteivorbringens in tatsächlicher Hinsicht aus. Ob dem BGH ausreicht, was das OLG noch zur Einstellung der Zwangsvollstreckung bewogen hat, bleibt abzuwarten:


    „Sollte das landgerichtliche Urteil letztlich keinen Bestand haben, wäre die Klägerin dann nicht mehr in der Lage, dem Beklagten den Besitz an dem Gelände einzuräumen. Dieser Nachteil ist vorliegend nicht als regelmäßige Folge einer Räumungsvollstreckung vom Schuldner grundsätzlich hinzunehmen. Anders als bei zur Berufsausübung angemieteten Räumen, für die der Vollstreckungsschuldner sich Ersatz beschaffen kann, um seine Berufsausübung fortzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. August 1998 - XII ZR 167/98 -, Rn. 6, juris), fehlen zur Ausrichtung von Galopprennen geeignete Flächen, die zudem mit den erforderlichen Einrichtungen, namentlich Tribüne und Stallungen, ausgestattet sein müssten. Vor diesem existenzbedrohenden Nachteil ist der Beklagte durch das Erfordernis der Sicherheitsleistung seitens der Klägerin und durch einen etwaigen Anspruch gemäß § 717 Abs. 2 ZPO nicht ausreichend geschützt, denn es ist gerade nicht anzunehmen, dass die Klägerin zur Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die Vollstreckung bestehen würde, in der Lage sein wird.“


    Die Schwierigkeit für den Rennklub dürfte darin bestehen, in einem vorgelagerten Eilverfahren gegen die vorläufige Vollstreckung die für die Erfolgsaussichten der Revision sprechenden rechtlichen Erwägungen vorzutragen, wofür im Revisionsverfahren an sich mindestens zwei Monate zur Verfügung stehen.


    Die Geduld von Stadt und DFB werden sicher noch etwas geprüft werden.

  • Nächste Schritte (Epilog)


    Die Stadt


    ist „gerade dabei, die Überweisung auszufüllen“, so Jochen Strack (kommissarischer Leiter des Liegenschaftsamtes.
    Durch die Zahlung der Sicherheitsleistung der Stadt neutralisiert sie die Wirkung der Sicherheitszahlung des Renn-Klubs, da sonst durch dessen alleinige Sicherheitsleistung eine aufschiebende Wirkung für die Räumung eingetreten würde.


    Quelle: FNP vom 01.08.2017

  • Ich wundere mich ja etwas, dass die Stadt jeden ihrer Schritte so schön mitteilt. Auch wenn das jetzt alles nicht wirklich überraschend kommt, würde ich mich mit Äußerungen zur Zwangsvollstreckung ja zurückhalten, bis diese vollendet wurde. Es ist ja nicht anzunehmen, dass der Rennclub zwischenzeitlich die Hände in den Schoß legt... Und wer weiß, vielleicht kommen denen noch Ideen, wie sie die Zwangsvollstreckung stören können.

  • Die Frankfurter Rundschau hat einen Mieter auf dem Rennbahn-Gelände besucht, der seit 1987 auf dem Gelände wohnt und bislang alle Angebote der Stadt auf Abfindung ausgeschlagen hat (wer genau der Vermieter ist, steht nicht im Artikel). Über einen Räumungantrag soll das Oberlandesgericht im September entscheiden.

  • Bereits vor 2 Tagen, am 07.08.2017 gab es einen Artikel in der Frankfurter Rundschau der weitere Hindernisse der Räumung der Galopprennbahn darlegt.


    1.) Gegen zwei "neue" Mieter müssen neue Räumungsverfahren angestrengt und gewonnen werden.


    2.) Dem Mieter Dieter Roll (60) der seit 1987 eine 80qm auf dem Rennbahngelände bewohnt, hatte die Stadt Wasser und Stromanschluss gekappt, diese Anschlüsse mussten jedoch inzwischen wieder hergestellt werden. Eine Abfindung im Gegenzug für eine Räumung hat der Mieter wie bereits geschrieben abgelehnt.


    3.) Die Stadt Frankfurt hat es versäumt, die einstweilige Verfügung, nach der die Haupttribüne und die anderen Bauten der Rennbahn nicht abgerissen werden dürfen aufheben zu lassen.


    4.) Der Mieterin des denkmalgeschützten „Sarotti-Häuschens“ auf der Rennbahn, Alexa zu Solms-Wildenfels (74) wurde bis dato noch nicht gekündigt.

    5 Mal editiert, zuletzt von Francesco ()

  • 3.) Die Stadt Frankfurt hat es versäumt, die einstweilige Verfügung, nach der die Haupttribüne und die anderen Bauten der Rennbahn nicht abgerissen werden dürfen aufheben zu lassen.


    Soweit öffentlich bekannt geworden, gibt es keine Einstweilige Verfügung, nach der Haupttribüne usw. nicht abgerissen werden dürfen. Es gibt die Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung für die Dauer des Berufungsverfahrens; diese einstweilige Einstellung gegen Sicherheitsleistung hat das OLG mit Beschluss vom 6.2.2017 verfügt (siehe #269). Die spätere Entscheidung des OLG zur Hauptsache vom 27.7.2017 macht den Einstellungsbeschluss hinfällig, ohne dass es eines Aufhebungsbeschlusses bedürfte; und zwar endgültig, weshalb ja der Rennklub die (weitere) einstweilige Einstellung der Vollstreckung beim BGH nach § 719 ZPO erneut beantragen muss.


    Eine Aufhebung wäre von der Stadt nur zu beantragen, wenn auf ihren Antrag damals im Januar oder Februar schon eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme, etwa ein GerichtsvollzieherIn beauftragt worden wäre, in diesem Fall wäre die Zwangsvollstreckungsmaßnahme vom Vollstreckungsgericht aufzuheben oder zu beschränken; ein solcher Beschluss wäre aufhebungsbedürftig. Es war aber (Vorbehalt!) bisher nirgends zu lesen, dass die Stadt nach der einstweiligen Einstellung eine konkrete Vollstreckungsmaßnahme schon beantragt hätte, etwa den Gerichtsvollzieher beauftragt hätte, geschweige denn, dass das Vollstreckungsgericht (ist nicht das OLG) sowas aufgehoben oder beschränkt hätte.


    Ergo: es muss nicht alles stimmen, was in der Zeitung steht (ich glaube auch nicht, dass das OLG über einen Räumungsantrag entscheidet, weil es dafür sachlich nicht zuständig ist - zu #272); schon gar nichts muss stimmen, wenn die Information vom Räumungsschuldner stammt, der bisher keine Gelegenheit ausgelassen hat, die Stadt publizistisch schlecht aussehen zu lassen. Und mal ehrlich: ich traue den Schreibern der FR nicht zu , dass sie den Faktengehalt von Mitteilungen des Rennklubs in einer so komplexen causa kritisch hinterfragen, ob das überhaupt stimmen kann.


    Selbst wenn es eine EV gegen die Stadt gäbe, würde diese ins Leere laufen, wenn die Stadt die Rennbahn an den DFB übergäbe, und der abreissen liesse; dann nützt dem Rennklub eine solche Verfügung gegen die Stadt nichts

  • Die Frankfurter Neue Presse berichtet heute erneut über die Rennbahn.


    Die Stadt hofft demnach, "Anfang September" das Areal in Besitz nehmen zu dürfen.


    Auch in diesem Artikel ist von einer "immer noch gültige[n] einstweilige[n] Verfügung gegen den Abriss" die Rede, die die Stadt aufheben lassen will.


    Gegen den Mieter einer als "illegal" bezeichneten Wohnung, einen Nutzer des Pferdestalls und das Wettbüro "Quotenhaus" laufen weitere Verfahren.

  • Soweit öffentlich bekannt geworden, gibt es keine Einstweilige Verfügung, nach der Haupttribüne usw. nicht abgerissen werden dürfen. ...


    Doch ja, es gibt sie und sie steht auch in der hessischen Rechtsprechungsdatenbank, aber der Bericht darüber ist im Getöse untergegangen. Mit Beschluss vom 4.2.2016 - 2 W 10/16 - hat das OLG tenoriert:



    Die Entscheidung erging zu Gunsten des Rennklubs, weil das OLG ihn als unmittelbaren Besitzer der Tribüne angesehen hat und nicht als weisungsgebundenen Besitzdiener der Hippodrom GmbH, welche die Stadt übernommen hatte, es galt sein Besitzrecht zu schützen. Wenn nun aber durch Räumung und Herausgabe an die Stadt der Besitz der Rennbahn durch den Rennklub endet, hat die EV ihren Sinn verloren, das Abrissverbot hat sich erledigt, weil der Rennklub mangels Besitz an der Rennbahn kein Rechtsschutzbedürfnis mehr hat, den Abriss zu untersagen; ob es trotzdem der formalen Aufhebung der EV bedarf, mag dahinstehen, die Stadt wird sie beantragen, schon um dem Rennklub keinen Anlass für ein weiteres Rechtsmittel zu liefern.

  • In der hessischen Landesrechtsprechungsdatenbank (Lareda) ist seit heute der Volltext des Berufungsurteils des OLG Frankfurt in der Rennbahnsache nachzulesen. Die Lektüre ist in weiten Teilen ermüdend und nur schwer verständlich, weil die Beteiligten sowie Ortsangaben nicht mit Klarnamen, sondern nur mit Platzhaltern (B, B1, D, D1, D2 usw.) bezeichnet sind, aber der Tatbestand, gewissermaßen die Vorgeschichte ist des Konflikts, ist interessant. Nachfolgend sind die Platzhalter von mir durch Klarnamen ersetzt und durch <> kenntlich gemacht worden, die ohnehin jeder kennt, weil sie in der Zeitung standen.


    Der frühere <Renn-Klub Frankfurt e.V., ggrd. 3.7.1896> veranstaltete seit dem Jahre 1896 in <Frankfurt a.M.> Galopprennen gemäß Pachtvertrag vom 25.12.1896 auf dem im Eigentum der Klägerin stehenden Gelände der Galopprennbahn. Im Jahre 1937 befand sich der Verein in Liquidation. Seine Aufgaben sollte der neu gegründete < Renn-Klub Frankfurt e.V. ggr. 18.3.1936> fortführen. Mit Grundstückskaufvertrag vom 1.6.1937 übereignete der <Renn-Klub v. 1896> der Klägerin die Grundstücke Niederräder Ldstr 1. und Rennbahnstraße 2, auf welchen sich Stallungen befanden, gegen einen Erlass von Steuerschulden in Höhe von 8.454,28 Reichsmark sowie die Übernahme der laufenden Zahlungen von Ruhegeldern an zwei Personen. Die auf den Grundstücken befindlichen Gebäude sollte die Klägerin dem Renn-Klub von 1936 mietweise zur Verfügung stellen. Die auf der Rennbahn errichteten Gebäude (vier Schaugerüste, Tribünen Wetthäuschen, offene Halle mit Kücheneinbau, Boxenställe) sollten in das Eigentum der Klägerin übergehen. In dem Vertrag erklärte die Klägerin, sie sei "bemüht, den Renn-Klub in seinen Zielen - Erhaltung der Pferderennen in Frankfurt am Main und damit Förderung der deutschen Vollblutzucht - zu unterstützen". Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertrages wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Blatt 212 ff., 264 ff. der Akte) Bezug genommen.


    Wir lernen: früher war nicht alles besser und der Pferderennsport war auch früher schon gelegentlich in wirtschaftlich schlechter Verfassung.


    Im Jahre 1938 erwarb die Klägerin von den Brüdern <Arthur und Carl von Weinberg>, welche sich sehr für den Betrieb der Galopprennbahn eingesetzt hatten, deren Besitz, insbesondere die Liegenschaften Villa Waldfried, gelegen im heutigen <Carl-von-Weinberg-Park>, und die in der Nachbarschaft des Rennbahngeländes liegende <Buchenrode> (Plan Blatt 268 der Akte).


    (Tut zwar nichts zur Sache, aber was das OLG hier neutral als Erwerbsvorgang umschreibt, war die zwangsweise "Arisierung" des von-Weinberg'schen Grundeigentums, welches ihrer Ausbürgerung, Vertreibung in im Falle Arthur von Weinberg auch Ermordung vorausging)


    Mit Vertrag vom 30.6.1979 vermietete die Klägerin an den Renn-Klub von 1936 das Rennbahngelände. Dieser vermietete den Innenbereich der Rennbahn spätestens seit dem 14.6.1994 an den R1 GmbH & Co. KG. In nachfolgender Zeit erwirkte der Renn-Klub 1936 ein Räumungs- und Herausgabeurteil gegen diese KG. Am 22.10.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Renn-Klubs von 1936> eröffnet. Die Mietzahlungen erfolgten weiter.
    Die beteiligten Personen verhandelten in der Folgezeit mit der Klägerin über eine Weiternutzung des Rennbahngeländes und die künftige Veranstaltung von Renntagen. Im Jahr 2009 gründeten die beteiligten Personen den Frankfurter Renn-Klub 2010 e.V. Unter dem 11.1.2010 erstellte der Zeuge <Hellwig> einen Aktenvermerk zu dem Protokoll der Sitzung des Galopp-Ausschusses vom 16.12.2009 (Blatt 85 der Akte). Hierin führt er aus, wegen der Ansprüche, welche die R GmbH & Co. KG und deren Insolvenzverwalterin Rechtsanwältin N geltend machten, sei es notwendig, den Vertrag mit der Stadt Frankfurt nicht direkt mit dem <Frankfurter Renn-Klub 2010> abzuschließen, sondern mit der <Hippodrom GmbH> abzuschließen. Diese werde mit dem Renn-Klub einen Pachtvertrag abschließen, "der gleichlautend in den Bedingungen ist, jedoch die Risiken ausklammert."
    Durch notariellen Vertrag vom 26.1.2010 (Auszug der Anlage zu UR-Nr. 1/2010 des Zeugen Notars a.D. L, Anlage B 4, Anlagenband) gründete der Zeuge <Hellwig> die <Hippodrom GmbH>, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er wurde. Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand des Unternehmens der Betrieb und die Entwicklung der als Galopprennbahn <Frankfurt> bekannten Liegenschaft. Die Gesellschaft darf alle Geschäfte vornehmen, die der Erreichung und Förderung des Gesellschaftszweckes dienlich sein können. Die GmbH wurde am 11.3.2010 eingetragen. Das Stammkapital betrug 100.000,- €.


    Der Rest ist bekannt, der Räumungsanspruch ist glatt durchgegangen aufgrund des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, weil der Mietvertrag zwischen Renn-Klub und Hippodrom GmbH wirksam beendet worden ist.


    Mit der Sittenwidrigkeitsthematik musste sich das OLG nur deshalb befassen, weil der beklagte Renn-Klub Widerklage erhoben und die Feststellung beantragt hatte, dass der Mietvertrag zwischen der Stadt und der Hippodrom GmbH noch bestehe. Während das Landgericht noch geurteilt hatte, nein, er besteht nicht mehr, hat das OLG geurteilt:


    Hinsichtlich der Widerklage wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 16.12.2016 teilweise abgeändert.
    Es wird festgestellt, dass im Verhältnis zum Beklagten das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Hippodrom GmbH GmbH gemäß Mietvertrag vom 6.9.2010 über die Pferdesportfläche gemäß den Ziffern 1 und 2 des Tenors des Urteils des Landgerichts vom 16.12.2016 durch den zwischen der Klägerin und der Hippodrom GmbH geschlossenen Mietaufhebungsvertrag gemäß Ziffer II. der Urkunde des Notars I vom 6.8.2014 (UR-Nr. 2 der Urkundenrolle für 2014) als nicht beendet gilt.


    …und zwar, weil der Aufhebungsvertrag sittenwidrig sei. Das wirkt sich zwar auf den Räumungsanspruch nicht aus, möglicherweise aber auf sekundäre Schadenersatzansprüche des Renn-Klubs gegen den Zeugen Hellwig bzw. die Stadt – in Bezug auf das Schicksal des Rennbahn-Geländes ein Nebenkriegsschauplatz sozusagen.

  • Die FR hat das aus einer PM des Amtsgerichts. Aus dem Räumungstermin würde natürlich dann nichts werden, wenn der BGH den Vollstreckungsschutzantrag, so der Rennklub ihn gestellt hat, positiv beschiede.


    Primärquelle

  • Noch eine Woche sind es bis zur möglichen Zwangsräumung. Laut FNP hat der BGH bisher noch keinen Laut von sich gegeben, weshalb es durchaus möglich ist, dass es am 21.09.2017 zur Zwangsräumung kommt.