Es sind doch üblicherweise die überzeugten Gegner von Rekos die es bei Neuentwürfen kategorisch ablehnen, wenn diese Anleihen von Architektur nehmen, die älter als das 20. Jahrhundert ist. Und ich nutze bewusst nicht die - falsch - wertenden Begriffe, etwa von "historischer" oder "historisierender" Architektur zu sprechen, wenns zB Anleihen von "19. Jh. Gründerzeit" sind, und von "moderner" Architektur zu sprechen, wenn Anleihen vom "Bauhaus", welches gerade mal zwei Jahrzehnte später aufkam, gemacht wurden.
Alles, was vor dem 20 Jh. entworfen und entwickelt wurde als "veraltet" abzulehnen, als "Kitsch" zu verspotten usw. beschneidet einen nicht nur ohne Not ganz extrem in der architektonischen Gestaltungsvielfalt (dass bildende Künstler, als solche sehen sich Architekten doch gemeinhin in Abgrenzung zum Bauingenieur, sich freiwillig so enorm in ihrer Gestaltung einschränken war mir noch nie verständlich), dementsprechend sieht ja alles nur noch nach Einheitsbrei aus. Es führt auch in die Stagnation, die wir ja nun seit einem Jahrhundert erleben müssen. Konstant wird die selbe Baukultur als modern angepriesen, auch wenn wir in anderen Bereichen der Popkultur und des Gestalterischen längst von Pickelhaube und Herrenhut zu Käpie und Dreadlocks gekommen sind - kein zweiter Bereich des "Alltagsdesigns" stagniert so (unerträglich) wie die "ach so moderne" Architektur. Die Variationen, die es gibt, wiederholen sich zudem ja auch immer wieder (mal sind Glasbausteine wieder in Mode, dann wieder Lisenen, ... täglich grüßt das Murmeltier). Die gesamte Architekturgenese vor dem 20. Jh. höchstens als museales Baudenkmal aber keinesfalls neu interpretiert bei Neuentwürfen sehen zu wollen tritt in meinen Augen zudem 2.500 Jahre europäische Kulturentwicklung mit Füßen.
Weiterhin finde ich Braunfels super, die Pinakothek der Moderne in München habe ich ja bereits beispielhaft als mögliches Vorbild für den neuen Kunstbau am Kulturforum hervorgehoben. Nur auf der Museumsinsel, an Stelle des Stadtschloss-Rekos, wäre ein derartiges Gebäude trotzdem falsch. Es kommt auch immer auf den städtebaulichen Kontext an. Und das kann man den "Modernisten" nun wirklich auch zum Vorwurf machen, dass sie sich nicht nur meist nicht für den Kontext interessierieren, sondern es sogar als Tugend betrachten, Gesamtensembles zu ruinieren (das sind dann immer die Floskeln wie "bewusst gesetzter Bruch zwischen Alt und Neu").