Reko vs moderner Neubau - Vom einen zu wenig, vom anderen zu viel?

  • Reko vs Neubau - Vom einen zu wenig, vom anderen zu viel?

    Meine persönliche Ansicht zu der anhaltenden Diskussion: auf gefühlte 1.000 Neubauten im zeitgenössischen Stil kommt in Berlin eine Reko/historisierendes Gebäude (wahrscheinlich ist das genaue Verhältnis noch viel unausgewogener). Ich sehe daher keinen sachlichen Grund dafür, sich so auf einzelne Rekos "einzuschießen". Die sind und bleiben schon aus finanziellen Gründen die absolute Ausnahme und für Einzelfälle lohnt solch eine Aufregung nicht, würde man meinen. Freunde der Betonmoderne sollten aushalten, wenn sie Berlin "nur" zu 99% ihren Stempel aufdrücken können, alle anderen müssen ja auch 99% Betonmoderne aushalten.


    Schon aus Ensemblegründen kommt gestalterisch auf der Museumsinsel gar nichts anderes in Frage, als solch eine Rekonstruktion, der PdR war daher ebenso deplatziert, wie es wohl umgekehrt eine rekonstruierte Berolina am heutigen "Beton-Alex" wäre.


    Aus Stadtschloss-Thread wegen ot hierher verschoben.
    Bato

  • Wenn jemand ideologisch ist - nur mal so am Rande - , dann wohl die Traditionalisten die verbohrt alles ablehnen, was nicht auf Rekonstruktion hinausläuft.


    Also die Zahl der Orte, an denen von einigen Rekonstruktionen gefordert werden, ist doch sehr überschaubar. Meines Wissens nach nur in der räumlich sehr eng begrenzten historischen Mitte (Schlossumgebung, Rathausforum). Wo werden denn sonst noch überall Rekonstruktionen gefordert und von wem?

  • Meine persönliche Ansicht zu der anhaltenden Diskussion: auf gefühlte 1.000 Neubauten im zeitgenössischen Stil kommt in Berlin eine Reko/historisierendes Gebäude (wahrscheinlich ist das genaue Verhältnis noch viel unausgewogener).


    Nein, das stimmt nicht. Auf 1.000 Gebäude gibt es genau null Rekonstruktionen, wie sie andernorts üblich sind. Was gemeint sein könnte wären Rekonstruktionen des Äußeren, auch hiervon gibt es null - jedenfalls vollständige. Das äußerste der Gefühle sind Hybride, wie das Schloß, die Kommandantur - und (...) da ist es ja schon (nach 1990) zuende. Das Adlon kann nicht als Reko durchgehen - Postmoderne. Der Reichstag ist auch zum Hybriden geworden, wie auch der U-Bahnhof Nollendorfplatz, das Kammergericht an der Lindenstraße u. v. a. m.


    Wo, bitte, sind denn die ganzen Rekos in Berlin, die die Modernistenfreunde so schmerzen? Es ist doch eine Legende, dass in Berlin viel rekonstriert würde.

    4 Mal editiert, zuletzt von Konstantin () aus folgendem Grund: Rekonstruktionen in Berlin

  • ^darum schrieb ich ja "Schrägstrich historisierendes Gebäude", an Vollrekos die zu 100% dem Originalentwurf im Inneren und Äußeren treu geblieben sind fallen mir spontan in Berlin 0 ein. D. h. selbst bei dem Promilleanteil historisierenden Bauens kommt man den "Modernisten" immer noch entgegen, indem man immer Kompromisse macht (warum eigentlich, wenn umgekehrt null Kompromissbereitschaft besteht?).


    Und speziell aus der Perspektive des Jahres 2014 kann ich die Angriffe gegen Rekos auch nicht mehr hören. Das 20. Jh. ist vorbei, auch die Neue Nationalgalerie hat schon Rost angesetzt und ist ein halbes Jahrhundert alt, das ist alles nicht mehr "frisch, jung, neu, mutig, innovativ" usw., als was uns die Architekten der Nachkriegsarchitektur ihr strenges Raster und Sichtbeton immer noch verkaufen wollen. Dieser, in Ermangelung eines echten Epochenbegriffes immer noch als "moderne Architektur bezeichnete, Stil des 20. Jh. ist genauso aus einem vergangenen Jahrhundert und historisch wie 19. Jh., Barock, was auch immer.


    Für mich als Nachgeborenen, der Preußen ebenso nur aus Geschichtsbüchern kennt wie Weimar oder die deutsche Teilung, der in eine Stadt geboren wurde wo man Sichtbeton neben klassizistischen Säulen findet, alles gleichermaßen bös gesagt "altes Zeug" - dementsprechend such ich mir halt frank und frei das von dem alten Zeug aus, was mir am besten gefällt. Das ist die Einstellung der jungen Deutschen zu dieser Sache, den Streit des 20. Jh., zwischen selbstempfundenen Progressiven und sog. Traditionalisten sehe ich da auch einfach gar nicht mehr. Das ist für mich genauso Asbach Uralt wie die miefige Bonner Republik insgesamt.


    Jetzt spielt die Musik in Berlin, man siehts an den nach wie vor überall drehenden Kränen und man geht halt wieder neue Wege und verlässt die biedere Zweckmäßigkeit des Nachkriegsdeutschlands. Das ist die in Wahrheit modernste und aktuellste und progressivste Entwicklung der Architektur und ich bin zwischenzeitlich überrascht, wie formenreich jüngst zB die Architekturmodelle von jungen Architekturstudenten auf Fakultätsausstellungen wieder werden. Uns dürfte im noch frischen 21. Jh. eine massive Rückkehr zu Üppigkeit, Schmuck, Vielfalt in Farben und Formen bevorstehen. Und dann werden sich die Fans der Neuen Nationalgalerie als gestrige Bewahrer bezeichnen lassen müssen.


    Das zeigt doch sehr schön, wie beliebig und zeitgebunden Architektur ist und weswegen man das nicht immer so aufladen sollte. Schön ist, was gefällt. Das ist inzwischen meine Grundhaltung und darum bin ich für die Schlossfassadenreko. Easy as that.

  • Zitat Eisber

    Freunde der Betonmoderne sollten aushalten, wenn sie Berlin "nur" zu 99% ihren Stempel aufdrücken können, alle anderen müssen ja auch 99% Betonmoderne aushalten.


    Was genau verstehen Sie unter Betonmoderne? Und wo sollen diese betonmodernen Gebäude in Berlin stehen?

  • ^^ Ich würde mal vermuten, dass es "Vollrekos[,] die zu 100% dem Originalentwurf im Inneren und Äußeren treu geblieben" sind, nicht nur in Berlin nicht gibt, sondern auch weltweit und zu allen Zeiten nicht. Wo jemals hätte man nicht nur Fassaden und einzelne Räume, sondern sogar noch betagte Sanitätsanlagen, Haustechnik, Mobiliar etc. zu 100% rekonstruiert? Und welche von zumeist vielen historischen Schichten gilt denn als authentisch, so dass von einer Vollreko in diesem Sinne gesprochen werden kann? Oder wären mehrere, unterschiedliche, weil sich auf jeweils unterschiedliche Zeitschichten beziehende Rekonstruktionen, trotzdem jeweils 100% Vollreko? Aber gehörte zu 100% nicht auch die Verwendung des gleichen Materials? An jeweils gleicher Stelle?


    Was ich sagen will: Man kann den Begriff der Rekonstruktion durch überzogene Vorstellungen vollkommen ad absurdum führen. Rekonstruktionen sind immer auch Neuschöpfungen, entspringen kontingenten Entscheidungen, was rekonstruiert wird und was nicht, gehorchen (sicherheits-)technischen und anderen Anforderungen der Gegenwart. Abweichungen von imaginären 100% Vollrekonstruktionen sind daher keine Konzessionen oder "Kompromisse an Modernisten", sondern unvermeidlich.

  • ^Sptzfindig, aber natürlich wahr. Aber es gibt eben in Berlin nach 1989 nicht einemal die von Dir zitierten vollsrändigen Fassadenrekos mit der Wiederherstellung einzelner Räume, wie sie in Potsdam, Dresden, Nürnberg oder anderswo entstehen.


    Insofern ist das Lamento über die wenigen historischen Fassaden, die wiederentstehen, mehr als unglaubwürdig.

  • Was genau verstehen Sie unter Betonmoderne? Und wo sollen diese betonmodernen Gebäude in Berlin stehen?


    So wie ich Eisbär verstanden habe, meinte er moderne Architektur im Allgemeinen und nutzte das spezifische "Beton" nur als Schmähung der selben.

  • ^richtig. Tragende Baustruktur zur Gestaltung zu erheben, war ja mal ein ganz netter Gag, von wegen Gebäude der Uniklinik Aachen und so. Ich habe nichts gegen Beton als Baustoff, aber dagegen, technisch fertige Rohbauten, die mir auch ein Bauingenieur erstellen könnte, auch als bereits architektonisch komplette Bauwerke darzustellen, stereotyp dafür ist für mich eben schon immer die Sichtbetonwand gewesen. Ich habe letztens eine TV Reportage gesehen, in der ein Architekt in seiner Privatwohnung gefilmt wurde, er hatte sich eine Plattenbauwohnung gekauft und bis auf die blanke Betonwand zurückgebaut im inneren und selbst die unterputz verlegten Steckdosen und Lichtschalter noch im "Keller-Style" mit festgeklemmten, grauen Kabelkanälen usw. neu verlegt. Und war unheimlich stolz darauf. Tut mir leid, das ist nicht das, was ich mir unter Lebensqualität vorstelle und von unserer etablierten Architektenschaft möchte ich nicht meine Alltagsumgebung gestaltet wissen. Wenn sich die gegenwärtige Architektenschaft so auf Rohbaustyle eingeschossen hat, dann bleibt mir nur der Griff zur Rekonstruktion, also zu bestehenden Entwürfen. Das mach ich nicht, weil ich Traditionalist oder sonstwas bin, sondern weil für mich die zeitgenössische Architektur einfach nichts zu bieten hat.


    Ich finde übrigens interessant, dass ich für meinen letzten Beitrag ganze 7 anonyme Bewertungen erhalten habe, davon nur zwei mit einem roten Pünktchen (und an einen der Kommentatoren: bitte mal im Lexikon die Bedeutung von Biedermeier nachschlagen).

  • @Eisber


    Es ist zwar OT wie deine letzte Nachricht auch, aber ich kann das einfach nicht unkommentiert hier stehen lassen. Wenn du mal ein bisschen mehr über Beton-Architektur und die ästhetische Verwendung dieses fantastischen Baustoffs in Erfahrung bringen möchtest, lege ich dir das Werk des französischen Architekten August Perret nahe, der schon seit den 1910er Jahren von Kirchen über Krankenhäuser, Theater, Regierungsgebäuden, Wohnhäusern, Privatvillen und den Wiederaufbau ganzer Städte, mit diesem Baustoff auf geniale Art und Weise umgegangen ist. Besonders die Pariser Wohnhäuser aus den 30er jahren sind fantastisch, auch im Inneren.


    https://www.google.de/search?q…sO928gJAF&ved=0CAYQ_AUoAQ


    https://architectona.wordpress…amin-franklin-a-paris-16/


    Letzten Sonntag gab es eine sehr gute Dokumentation bei 3sat über ihn.


    … und natürlich Robert Mallet Stevens!


    http://www.malletstevens.com/oeuvre.htm


    Ansonsten verstehe ich die Panik hier nicht wenn das Schloss ein Paar Jahre lang unverkleidet seinen wahren Kern zeigen sollte. Was ist daran peinlich oder abschreckend? Jeder weiss doch wie man sowas heutzutage baut. Dann sollte man auch so unverkrampft damit umgehen wie es möglich ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • ^^
    Nur ist Auguste Perret leider nicht ansatzweise repräsentativ sondern eine Ausnahme.


    Das mach ich nicht, weil ich Traditionalist oder sonstwas bin, sondern weil für mich die zeitgenössische Architektur einfach nichts zu bieten hat.


    Dito. Aber ich hab die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Wenn es mit dem "Rekoaufschwung" so weiter geht hoffe ich, dass der Stil ansteckend auf die heutige Architektur wirkt. Im Villenbereich gibt es ja durchaus schon viel ansehnliches.
    Die Angst das dies tatsächlich so kommt ist wohl auch der eigentliche Grund für zahlreiche Rekonstruktionsgegner.

  • Sichtbeton?

    Zitat Eisber

    stereotyp dafür ist für mich eben schon immer die Sichtbetonwand gewesen


    Ah ja...Die unzähligen Gebäude mit einer Sichtbetonfassade sind wirklich ein Graus! Die gibt es ja wirklich überall in Berlin, an jeder Ecke! :nono: (Wahrscheinlich laufe ich blind durch die Straßen, ansonsten würde ich diese stereotypen Gebäude ja auch sehen. Daher bitte ich Herrn oder Frau Eisber um Mitteilung, wo diese vielen Gebäude stehen sollen.)


    Wenn sich die gegenwärtige Architektenschaft so auf Rohbaustyle eingeschossen hat


    Das gleiche gilt auch für die unzähligen Gebäude im Rohbaustyle. Wo soll die Architektenschaft solche Gebäude erstellt haben??

  • Lustig finde ich bei diesen (mE bisher völlig unberechtigten) Befürchtungen, dass sich teilweise gerade Gegner des Projekts wie eben die Berliner Zeitung am lautesten darum "sorgen", dass es zunächst mal keine kompletten Barockfassaden (im schlimmsten Fall gar puristische Betonfronten) geben könnte. Vielleicht wäre dieser worst case aber sogar ganz lehrreich, wenn man über Jahre diese brutale Optik aushalten müsste und erst dann - nach und nach ganz allmählich - der schöne Fassadenschmuck käme. So wie in diesem Film der erst komplett auf sw läuft und dann erst später farbig wird. Bei so einer langwierigen Metamorphose von der hässlichen Raupe zum schönen Schmetterling mitten im Zentrum der Stadt würde vielleicht so mancher nachdenklich werden. Etwa, dass nicht jeder moderne Trend wirklich ein Fortschritt ist. Die Leute könnten glatt auf Ideen kommen, wenn sie dann wieder auf andere lieblose Häuserfronten schauen ;) Nicht, dass ich gerne ganz Berlin in eine "Puppenstube" verwandelt sehen möchte, aber in der Tat könnte der ästhetische Anspruch teilweise gerne etwas höher sein. Natürlich gerne auch mit modernen Mitteln/ Stilen. Aber manchmal denke ich eher, dass sich einige moderne Architekten an den findigen Schurken aus Andersons Märchen "Des Kaisers neue Kleider" inspirieren. Sie verkaufen nackte Fassaden als feine "Kleidung". Wer die künstlerische Leistung nicht erkennt bzw. das wortreiche Geschwafel mit lauter wohlklingenden Worthülsen und sinnleeren Fantasiewörtern nicht nachvollziehen kann, hat eben keine Ahnung bzw. ist kein Experte/ Fachmann á la Lüscher...

  • Wie ich "Traditionalist" sein kann, wenn ich noch nicht einmal 30 bin und Bauhaus für mich genauso graue Vorgeschichte ist, wie Barock, ist mir zwar nicht ganz klar, aber klar ist selbst bei den Ausnahmen der Architektur des 20. Jh. die zumindest als Skulptur ihren Wert haben mögen, dass diese halt in kontrastreichen schwarz/weiß Fotos aus günstigem Winkel auch wesentlich vorteilhafter daherkommen, als an einem nasskalten Winterhalbjahrtag in der Realität. Und die Praxistauglichkeit war schon immer das Problem der Architektur des 20. Jh., die Unterschriften in dieser Bilderstrecke zeigen ganz anschaulich, wie Sein und Schein bei gefeierter "moderner" Architektur auseinanderfallen: http://www.manager-magazin.de/…r-fotostrecke-121767.html


    Mir fehlt einfach Farbe und Lebendigkeit in der Architektur des 20. Jh. Das passte auch zum Zeitgeist dieses "Techno"-Jahrhunderts wunderbar. Schon ein lebendes Material wie Holz, selbst in spartanischer Form, wirkt auf Oberflächen und Fassaden wunder (siehe das 2. Artikelfoto, des Hotels "Schloss Elmau", in diesem Artikel, eine eigentlich sehr reduzierte Fassade, die einfach durch das Material Holz sehr einladend wirkt: http://www.sueddeutsche.de/bay…n-durchleuchtet-1.2246567)


    Ich kann mich mit Industriedesign einfach nicht anfreunden und ich könnte mir mein wallendes Haar ausrupfen, wenn dieser inzwischen schon viele Jahrzehnte alte Stil dann immer noch als hypermodernes, progressives, irgendwas Modernes, total auf der Höhe der Zeit dargestellt wird - und formenreicheres Bauen als dessen Antagonist und "altmodisch". Das ist eine Wertung, die meinetwegen Anno 1970 gegolten haben mag, aber nicht mehr im 2. Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Perret und Stevens sind genauso historisch und "traditionalistisch" wie Schinkel und Hartung (nicht nur, weil sie allesamt längst nicht mehr unter uns weilen).


    Und die Pointe dieser Diskussion, die einfach nicht gesehen wird, ist ja, dass dieses Stadtschloss sehr wohl vier historisch inspirierte Fassaden erhält (die Stellafassade hätte genauso gut an einem Geschäftshaus am Alex in den 1920ern, direkt neben dem Berolinahaus, entstehen können). Nur inspiriert aus verschiedenen Jahrhunderten! Wenn dieser Gedanke mal durchsickert, dann hätten wir viel erreicht. Schmucklose Fassaden sind nicht "echter" oder "moderner", als Barockfassaden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Eisber ()

  • Ansonsten verstehe ich die Panik hier nicht wenn das Schloss ein Paar Jahre lang unverkleidet seinen wahren Kern zeigen sollte.


    Ich habe hier noch niemanden ausgemacht, der hier panisch wäre. Vielmehr versichern jetzt schon seit Jahren viele Leute, daß das Spendenaufkommen ausreichen wird, weil die Architektur so toll ist und man schon weiter sei als bei der Frauenkirche.


    Warum sollten die Barockfassaden nicht kommen? Das ist doch absurd. Der Bund hat doch außerdem als Sicherheit zugesagt.


    Zur Moderne-Diskussion: Eisber zieht vielleicht etwas zu sehr vom Leder. Es geht wohl eher um die Quantität. Wir haben halt mehr als genug funktionalistische Architektur, die im einzelnen durchaus gut aussehen kann. Häufig sieht sie aber eben billig und wenig ästhetisch intendiert aus. Da ist der Funktionalismus keine Ästhetik, sondern ökonomischen Erwägungen und ästhetischer Verarmung geschuldet. Man kann ja durchaus schön modern bauen. Das schreibe ich hier ja auch immer wieder, daß ich mich durchaus an solchen Ästhetiken erfreuen kann. Aber auch dort muß man eben klotzen und investieren. Das Band des Bundes finde ich sehr gut.


    Es gibt viele schöne moderne Gebäude. Es nützt nur nichts: Sie funktionieren letztlich nur mit ausreichend traditioneller Ästhetik in der Stadt. Sieht man sehr schön am Zusammenspiel von Reichstag und Bundesband.


    Bei Camondo sehe ich eine gewisse Verranntheit. Weil er quasi gegen alles Historisierende austeilt und so tut, als wüßten wir nicht die Moderne zu schätzen oder wollten nur noch Patzschke und Kollhoff haben.


    Es ist doch nun wirklich offensichtlich: Berlin braucht mehr Tradition und Historisierung, dann klappt's auch mit der Moderne. Ein Übermaß oder eine Monokultur an Moderne führt sich selbst ad absurdum.

  • Echter Berliner


    Nun wenn Sie der Meinung sind, dass die ”funktionalistische Architektur“ wie sie sie bezeichnen in Berlin nur minderwertig ist, berechtigt das nicht zu einem Pauschal-Urteil.
    In anderen Ländern/Städten kommt sie weit frischer und interessanter daher als hier in Berlin. Kann vielleicht daran liegen, dass sie hier zuvielen Reglementierungen, Stimmanschen Regelwerken etc. unterliegt. Sie wissen schon ;)
    Ansonsten bleibe ich nur meinem Motto treu. Wenn sie das mit ”Verrantheit“ meinen, kann ich gut damit leben.

    Einmal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Carlo
    Was weiß ich wann Herr Braunfels welche Idee zu etwas gehabt hat oder nicht. Klar ist jedenfalls, dass einem Ideen nicht auf Bestellung kommen oder dann wann es andere von einem erwarten oder so getimed, dass es anderen gerade in den Kram passt. Das ist etwas was nicht Kreative wahrscheinlich nie verstehen werden.


    Gegen kreative Ideen ist nichts einzuwenden, aber man muss auch wissen, wann eine Debatte beendet ist. Wer den siegreichen Gegenentwurf noch stoppen will, während schon am Hochbau gearbeitet wird, wirkt schnell wie ein schlechter Verlierer.


    Übrigens: Nicht jeder, der Braunfels nicht ganz so glorreich findet, muss gleich ein Patzschke-Fan sein. Von den Architekten des "Neuen Berlins" gefällt mir persönlich Chipperfield (Neues Museum, Wohnhaus am Kupfergraben) am besten, gefolgt von Pei (Deutsches Historisches Museum) und Schultes (Kanzleramt). Stellas Humboldtforum ist natürlich eine Sicherheitslösung, aber das muss bei einem (nicht nur räumlich) so zentralen Gebäude nicht unbedingt falsch sein.

  • Nun wenn Sie der Meinung sind, dass die ”funktionalistische Architektur“ wie sie sie bezeichnen in Berlin nur minderwertig ist, berechtigt das nicht zu einem Pauschal-Urteil.


    Da fangen die Probleme schon an. Es hapert eben schon sehr häufig an der Rezeption. Wenn die mal gelänge, wären wir in diesem Forum schon weiter.


    Das ist schon etwas beklemmend, da ich explizit schreibe, daß es zu viele minderwertige moderne Architektur gibt. Ich schreibe keineswegs, daß es in Berlin keine positiven Beispiele gäbe. Für mich ist es immer wieder ein Rätsel, wie selektiv hier im Forum "gelesen" wird.