Potsdam: Garnisonkirche - Der Diskussionsthread

  • Applaus von unerwünschter Seite ist nicht zu verhindern.

    Man kann's aber auch pragmatisch sehen. Man nimmt ihr Geld solange sie keinen inhaltlichen Einfluss wollen und macht dann einen friedlichen Begegnungsort draus der in jeder Hinsicht das Gegenteil davon darstellt. So sollte man immer mit Problemen umgehen, vergangen oder gegenwärtig.

    Was war denn gewonnen wenn das Gebäude einfach nicht mehr da ist?


    Nur weil der Stein fehlt ist der Anstoß doch nicht weg.

    Jetzt müssen sich die Postdamer damit auseinandsetzen. Was immer dabei herauskommt, es ist nicht die Verantwortung von unbelebter Materie. A priori ist es einfach nur ein relativ hübscher Turm im Stadtbild. Den bauen zu wollen und dabei architektonisches Erbe aus einer vergangenen Welt herzeigen zu wollen finde ich sympathisch.


    Die Kirchengemeinde verhält sich bisher so evangelisch wie man nur sein kann. Ich war zufällig zum Sightseeing vor Ort als dort eine Veranstaltung gewesen sein muss und habe dort freundliche blasse Menschen ein und ausgehen sehen, zB Damen mit Kurzhaarfrisuren und Holzschmuck um den Hals, auch Lastenräder wurden gefahren, eine ländlichere Version vom Prenzlauer Berg vom Publikum her. Wer Bedenken hat sollte zu einer Veranstaltung gehen und mit den Menschen sprechen.


    Ende August findet ein Gottesdienst zum Thema Krieg und Frieden statt, es wird auf den Vorabend des Überfalls auf Polen 1939 Bezug genommen:


    https://garnisonkirche-potsdam…ls/?event_id=3&date_id=48


    Wirkt jetzt nicht wie eine Jubelveranstaltung altpreußischen Militarismus. Ich konnte Bedenken verstehen als das Projekt vor Jahren vorgeschlagen wurde. Jetzt ist es in Betrieb und irgendwann werden aus Bedenken einfach Vorurteile und Ressentiments wenn man sich nicht mit der Realität auseinander setzt. Die Veranstaltungen sind doch öffentlich, wer solche krassen Vorwürfe erhebt war hoffentlich schon vor Ort und konnte den Revisionismus erleben und macht ihn nicht einfach per Ferndiagnose an der Geschichte fest. Wie gesagt, was man da alleine zum Olympiastadion Berlin so alles finden könnte. Trotzdem verbindet man es heutzutage eher mit einem schlechten Bundesligaverein als mit sonst irgendwas und mehr Gewalt als an jedem anderen Spielort gibt's auch nicht.

  • Im Wissen darum, dass beim Thema Rekonstruktion kaum jemand gewillt ist, seine Meinung zu ändern, schreibe ich hier trotzdem was für jene, die sich noch keine Meinung gebildet haben.


    Wer Hitlers Besuch zum wichtigsten Tag in der Geschichte dieser Kirche stilisiert, verbreitet Nazi-Propaganda.


    Es sind die Gegner des Wiederaufbaus, die durch ihre steten Beschwörungen selbst an einem rechtsradikalen Denkmal bauen. Niemand außer ihnen vertritt heute solche Deutungen. Aber da deren Kommunikation recht erfolgreich war, ist in den Köpfen vieler dieser Turm jetzt ausschließlich mit dem Nationalsozialismus verknüpft. Na danke!


    Bauherr der Garnisonkirche war Friedrich Wilhelm I. Dieser wurde zwar Soldatenkönig genannt, doch eine Armee war schlicht eine Notwendigkeit zum Schutz des Staates im kriegslüsternen Europa. Er lehnte Angriffskriege aufgrund seines Glaubens strikt ab und führte auch nur einmal, ganz am Anfang seiner Amtszeit, einen kurzen Feldzug. In den anderen 27 Jahren keinen. Für seine Friedfertigkeit verspotteten ihn die anderen Königshäuser, sie tanzten Preußen aber auch nicht mehr auf der Nase herum. Er war der erste europäische König, der einen muslimischen Gebetsraum einrichten ließ und jemand, der sich generell religiös tolerant zeigte. Er verbesserte die Breitenbildung, die Verwaltung, die Wirtschaft und die Staatsfinanzen erheblich und war selbst ein äußerst fleißiger, genügsamer und disziplinierter Monarch. Auch die Gründung der Charité geht auf ihn zurück und die Förderung der medizinischen Forschung. Die Garnisonkirche bestimmte er zu seiner Grablege.


    Ein "Denkmal der nationalen Schande"?


    Da hat Hitler in manchen Köpfen offenbar ganze Arbeit geleistet.

    hier haben Hindenburg und Hitler die Demokratie abgeschafft

    Am Tag von Potsdam, das mag uns zurecht erschrecken, wurde zunächst nichts anderes gefeiert als das Ergebnis einer demokratischen Wahl. Es war eigentlich das letzte Stückchen republikanischer Normalität, bevor alles endgültig in den Irrsinn kippte. Viele andere Orte und Begebenheiten sind unvergleichlich stärker mit der Festigung der nationalsozialistischen Diktatur verknüpft. Hindenburg, ursprünglich ein Gegner, auch Wahlgegner Hitlers, ließ sich leider zunehmend blenden und änderte seine Meinung - allerdings nicht an diesem einen Tag. Noch 1936, nach Beschluss der Rassegesetze, ließ sich die europäische Prominenz neben Hitler auf dessen Olympiatribüne blicken. Im Vergleich dazu wirkt es geradezu harmlos, dass Hindenburg den Handschlag des frisch gewählten Reichskanzlers entgegennahm.


    Rekonstruktion in aller Ehren (meins ist es nicht) aber kann man das nicht an Orten tun, wo erstens nichts mehr steht und man nicht wieder Zeitschichten vernichtet

    Da wird's dann für mich komisch. Denn tatsächlich würde der Turm ja noch stehen, wenn er nicht - in einem Akt willkürlichen Unrechts - durch die sozialistische Diktatur gesprengt worden wäre, die dort im Anschluss ihren eigenen Propagandabau errichten ließ. Die Mosaike, die am Rechenzentrum bis heute von dieser Ideologie künden, werden mit Sicherheit nicht vernichtet. Im Rahmen einer moralischen Argumentation davon auszugehen, dass die Barockfassade der Garnisonkirche den Geist Hitlers in sich aufgenommen hat, beim Rechenzentrum eine solche Kontaminierung aber nicht zu unterstellen, finde ich schief. Ich wüsste auch nicht, warum für eine Rekonstruktion höhere moralische Maßstäbe als für einen Bestandsbau (mit sehr hohem Investitionsbedarf!) gelten sollten. Generell finde ich Moral als Bewertungsmaßstab für Architektur fragwürdig. Die Aufführung von Wagner-Opern ist meiner Beobachtung nach allgemein akzeptiert, ebenso die Olympischen Spiele, die sogar bis heute an Diktaturen vergeben werden. Und auch Darwin wird nicht verachtet, nur weil sich die Rassen"lehren" seiner bedienten. Vielleicht wohnt manchen Dingen etwas Hehres inne, das sich nie ganz zerstören lässt. Auch guter Architektur.

    Mit graut schon jetzt vor den Figuren, die da jedes Jahr am 21.03. aufmarschieren werden

    Was hätte diese Figuren denn davon abhalten sollen, dies jetzt schon zu tun? Mir fehlt hier jeder Abgleich mit der Realität. Die einzigen Extremisten, die sich dort bisher blicken lassen, sind eine Handvoll Linksextreme.


    Aber Abseits der Extreme ist der Wiederaufbau ein Projekt der demokratischen Bundesrepublik und spiegelt die Werte unseres Landes mustergültig wider. Er wurde nur möglich durch die Friedliche Revolution. Bürgerschaftliches Engagement brachte die Idee dazu ins Gespräch, demokratische Beschlüsse machten den Bau möglich. Wichtige gewählte Politiker wie der Bundespräsident, der Ministerpräsident oder Bundeskanzlerin Merkel unterstützten den Bau. Die Kirche dient nun der Einrichtung eines Friedens-, Lern- und Begegnungszentrums. Sie trägt, wie man ja auch an unserer Diskussion sieht, zur Auseinandersetzung mit der Geschichte bei. Dafür bin ich sehr dankbar.


    Doch der Dreh- und Angelpunkt des Wiederaufbaus, die maßgebliche Motivation dafür, scheint selbst hier im Architekturforum einigen zu entgehen. Es ist die städtebauliche, architektonische und kulturhistorische Bedeutung der Kirche, einer der bedeutendsten Entwürfe des deutschen Barock. Erfreut euch daran, es ist wirklich eine wunderbare Komposition, ein steinerner Klang von besonderer Schönheit!

  • Vielleicht ist ja mal eine Einordnung dieses Tages von berufener Stelle ganz sinnvoll. Nur um einer allzu individuellen Beurteilung der Geschehnisse, einiger hier, entgegenzuwirken.

    Es bleibt dabei jedem selbst überlassen wie er zu diesem Tag steht nur sollte man seine ureigene persönliche Einordnung nicht für Andere als verbindlich ansehen.

    Als neutral und geschichtlich unbefangen bietet sich hier zum Beispiel die Seite des DHM zu diesem Tag an, die zudem auch den Umstand erklärt warum es ausgerechnet diese Kirche sein musste die diesem Tag den Rahmen bot. :


    https://www.dhm.de/lemo/kapite…haft/tag-von-potsdam.html

  • Diese Diskussion scheint einerseits müßig und redundant, doch andererseits hat sie für mich durchaus erhellende Aspekte ergänzt:


    - Die eindrucksvolle Gedenkmünze mit der Kirche plus Hakenkreuz zeigt mE, dass ihre Vereinnahmung durch die Nazis deutlich über den einzelnen Tag hinaus strahlte.


    - Allerdings verdeutlicht die dankenswerterweise geteilte DHM-Quelle mE ebenso klar, dass diese Kirche nicht etwa erste oder logischste Wahl für dieses Ereignis darstellte und eher mangels Alternativen die fragwürdige Ehre ereilte.

    - Auch die viel länger zurückreichende Geschichte des Gebäudes finde ich wichtig.

    - Ebenso wie umgekehrt Beispiele weiterer vereinnahmter/"kontaminierter" Bauten, die dann trotzdem eine Zukunft fanden. Etwa der gleich an erster Stelle der Kandidaten für den "Tag von Potsdam" genannte Berliner Reichstag wurde später ja doch noch entsprechend vereinnahmt/kontaminiert. Aber dann konnte er spätestens nach der Wiedervereinigung mit dem Regierungsumzug nach Berlin doch noch reaktiviert werden und ist heute sogar ein Symbol der modernen und demokratischen Bundesrepublik. Das Olympiastadion wurde ja auch schon genannt, das ja originär aus dieser Zeit stammt und dann bekanntlich für die Inszenierung ganz düsterer Szenen eingesetzt wurde.


    Mein Fazit: In der Summe finde ich es (nicht nur in diesem Fall) etwas ironisch, wenn ausgerechnet das linke Lager diese Vereinnahmung faktisch so gelten lässt und das Bauwerk als ewig kontaminiert darstellt. Wieso man Hitler & Co so eine nachhaltige Deutungsvollmacht einräumen sollte, finde ich schon äußerst absurd.


    Und wenn sich tatsächlich mal irgendwelche rechtsnationalen Pilgerer dorthin verirren sollten (was mW bisher nicht der Fall war), muss die demokratische Gesellschaft ihnen entsprechend begegnen. In Dresden etwa gibt es diese Erinnerungskultur ja wirklich bzw. ist die Erinnerungskultur entsprechend unterwandert worden. Aber es wurde entsprechend eingedämmt. Und falls irgendwelche verbotenen/ verfassungsfeindlichen Symbole verwendet werden, dann ist es ohnehin strafbar. Eine Reinszenierung des Tages von Potsdam wird also sehr wahrscheinlich nicht einmal versucht werden. Der ebenfalls manchmal angeführte preußische Nationalismus/ Militarismus ist dagegen ja kaum jemals (öffentlichkeitswirksam) in Erscheinung getreten. Ich kann mich da jedenfalls an keine entsprechenden Vorkommnisse erinnern.


    Umgekehrt gibt oder zumindest gab es übrigens eine recht lebendige Erinnerungs- und Verklärungskultur der DDR-Diktatur und ihrer Nationalen Volksarmee inklusive des an den Mauertoten mitschuldigen und hierfür verurteilten ehemaligen Verteidigungsminister (siehe hier und hier und hier - auf verschiedenen Ebenen sehr aktiv bemüht wie man liest und trotzdem als eher harmlos eingestuft).

    Das wird hier im DAF dann aber interessanterweise nie bei der ideologischen Bewertung von irgendwelchen DDR-Bauten herangezogen. Eher noch wird es doch begrüßt, wenn z.B. irgendwelche klar ideologisch motivierten Mosaike/Friese o.ä. so originalgetreu wie möglich rekonstruiert werden.


    Mich persönlich tangiert es weder auf der einen noch auf der anderen Seite. Man muss solche Gruppen stellen, wo es wirklich darauf ankommt: Im öffentlichen Diskurs oder bei demokratischen Wahlen. Also wenn ein paar Hanseln meinen, dass sie regelmäßig Karneval feiern und in irgendwelchen feuchtfröhlich-nostalgischen Verklärungen von überkommenen Systemen frönen wollen, dann wird man das sicher ohnehin nicht durch den Abriss oder aber die verhinderte Reko eines entsprechenden Bauwerks erreichen. Eher gibt man ihnen mit so einer symbolisch aufgeladenen Debatte und breit erklärten Bedenken noch viel zu viel Aufmerksamkeit und Bedeutung statt sie als die ewig gestrigen/ irgendwo in der Geschichte hängen bzw. zurückgebliebenen Witzfiguren da stehen zu lassen, die sie faktisch ja nun einmal sind. Das alte Preußen, das Dritte Reich oder die DDR werden aber so oder so sicher nicht wieder auferstehen, auch wenn man es noch tausendmal beschwört (und damit wie gesagt eher noch Aufwind für solche Personen bzw. Gruppen erzeugt).


    Der Strang kann mal wieder eine Pause vertragen.

  • Oh, schön, der Strang ist wieder offen!

    Vielleicht ist ja mal eine Einordnung dieses Tages von berufener Stelle ganz sinnvoll. Nur um einer allzu individuellen Beurteilung der Geschehnisse, einiger hier, entgegenzuwirken.

    Meinst du die argumentfrei aufgestellte Behauptung von "bogart", in der Garnisonkirche sei die Demokratie abgeschafft worden?

    den Umstand erklärt warum es ausgerechnet diese Kirche sein musste die diesem Tag den Rahmen bot.

    Aus deinem Link geht hervor, dass andere Gebäude, die man für diesen Tag bevorzugt hätte, sich als zu klein und/oder baufällig herausstellten. Keine besonders beeindruckenden Gründe, warum es "ausgerechnet" diese Kirche wurde.


    Der Vorschlag, dass nur die Garnisonkirche genügend Plätze habe, kam dann vom Potsdamer Obermagistratrat Friedrich Bestehorn. Angedacht war dort eigentlich die konstituierende Parlamentssitzung. "Da jedoch sowohl die Evangelische Kirche als auch Hindenburg eine derart politische Veranstaltung in einer Kirche ablehnten, einigte man sich schließlich darauf, die Feierlichkeit in der Garnisonkirche als Staatsakt zu vollziehen." Die Demokratie wurde später in der Krolloper mit dem Ermächtigungsgesetz abgeschafft.


    Auch, dass es eine "neutral und geschichtlich unbefangene" Historiografie gibt, ist mir neu. Was soll das sein?


    Geschichtsschreibung ist die Einordnung von Ereignissen. Gäbe es einen statischen, neutralen Blick auf Geschichte, bräuchten wir keine Geschichtswissenschaft.


    Camondo, ich finde es aber gut, dass du mit deinem letzten Beitrag auf die Idee gekommen bist, dass es sinnvoll sein könnte, Geschichte einzuordnen, nachdem du zuvor das Bild einer Münze mit Nazi-Propaganda ohne Kontextualisierung eingestellt hattest.


    Ich bin numismatisch nicht besonders interessiert, versuche mich aber mal. Offenbar wurde deine Münze - ebenso wie die 2-Reichsmark-Münze mit gleichem Motiv - ein Jahr lang geprägt, 1934. Interessant ist, dass diese Münze dann 1934-35 mit Kirche, aber ohne Datum und Hakenkreuz geprägt wurde und als "Münze des Widerstandes" gilt. Der freigewordene Platz wurde von Gegnern des Regimes genutzt, um dort eigene Botschaften einzugravieren. So ambivalent kann Geschichte sein.


    Eine Vitrine mit solchen "Widerstands-Münzen" könnte ich mir im Bildungszentrum im neu aufgebauten Turm sehr gut vorstellen.


    Es sollte auch daran erinnert werden, dass Mitglieder der Garnisonkirchen-Gemeinde an der Verschwörung gegen Hitler beteiligt waren, etwa Fritz-Dietlof Graf von Schulenburg oder Hans-Karl Fritzsche. Beeindruckend finde ich auch die Worte von Henning von Tresckow, die er am 11. April 1943 anlässlich der Konfirmation seiner beiden Söhne fand:


    "Vergeßt [...] niemals, daß Ihr auf preußischem Boden und in preußisch-deutschen Gedanken aufgewachsen und heute an der heiligen Stätte des alten Preußentums, der Garnisonkirche, eingesegnet seid. Es birgt eine große Verpflichtung in sich, die Verpflichtung zur Wahrheit, zu innerlicher und äußerlicher Disziplin, zur Pflichterfüllung bis zum letzten. Aber man soll niemals vom Preußentum sprechen, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich damit nicht erschöpft. Es wird so oft mißverstanden. Vom wahren Preußentum ist der wahre Begriff der Freiheit niemals zu trennen. Wahres Preußentum heißt Synthese zwischen Bindung und Freiheit, zwischen selbstverständlicher Unterordnung und richtig verstandenem Herrentum, zwischen Stolz auf das Eigene und Verständnis für Anderes, zwischen Härte und Mitleid. Ohne diese Verbindung läuft es Gefahr, zu seelenlosem Kommiß und engherziger Rechthaberei herabzusinken. Nur in dieser Synthese liegt die deutsche und europäische Aufgabe des Preußentums, liegt der ,preußische Traum‘! Man kann das gerade jetzt nicht ernst genug betonen und ebenso, daß von solch preußisch-deutschem Denken das christliche Denken gar nicht zu trennen ist. Es ist sein Fundament, und hierfür ist unsere alte Garnisonkirche das Symbol.“

    Grabner, Sigrid und Hendrik Röder (Hg.): Henning von Tresckow. Ich bin der ich war. Texte und Dokumente (S. 52)


    Man sollte nicht immer nur Hitler die Bühne überlassen. Ihm gehört ein Tag in der Geschichte dieser Kirche, nicht weniger, aber auch nicht mehr.


    Ich bin gewiss weder Preußen-, noch Religions-Fan und die Weiße Rose ist mir sympathischer als der 20. Juli. Aber der Mensch ist nun einmal ambivalent und die Geschichte auch. Die Garnisonkirche spiegelt das und lädt daher in besonderer Weise zur Reflexion ein. Das Wahre, Gute, Schöne und das Primitive und Schreckliche sind manchmal untrennbar miteinander verbunden.


    Rekonstruktionsbefürwortern wird ja mitunter vorgeworfen, sie wollten die Geschichte glätten, den Krieg vergessen machen. Aber bei der Garnisonkirche kommt es mir eher so vor, als wollten manche der Geschichte ausweichen, indem der Turm aus dem Stadtbild getilgt bleiben soll.

  • Bei allen Versuchen, die Geschichte umzudeuten, sollten alle Relativierer eins nicht außer Acht lassen: Hitler und die Nazis waren die größte Katastrophe, die Deutland je heimgesucht hat und das auch schon vor 1939.


    Alles was damit zu tun hatte, dazu gehört unausweichlich auch der Tag von Potsdam, darf nicht relativiert werden.

  • Ziegel

    Ich habe die 5-Reichsmark-Münze sehrwohl mit Prägedatum, Wertbezeichnung und Beschreibung hier eingestellt. Meines Wissens nach wurden die 2- und 5 Reichsmarkmünzen mit dem Motiv der Garnisonkirche mit und ohne Datumsangabe des Tages von Potsdam zur gleichen Zeit geprägt. Die mit Datumsangabe des Tages von Potsdam nur in 1934. Die ohne Datumsangabe auch 1935. Die Münzen waren offizielles Zahlungsmittel im III. Reich. Beide wurden nach dem Tod Hindenburgs durch Neuprägungen der 2 und 5 Reichsmarkmünzen mit dem Porträt Hindenburgs ersetzt. Diese gab es ebenso mit und ohne Hakenkreuz. Ob hier es hier ebenso wie bei dem Motiv der (Garnisonkirche mit und ohne Datumsangabe), eine Präferenz des Widerstands für die eine Version ohne Hakenkreuz existierte, möchte ich bezweifeln.

    Mit dem Hinweis, dass der von mir eingestellte link auch Informationen zu dem Fakt enthält warum es ausgerechnet diese Kirche sein sollte die zum Tag von Potsdam den Rahmen bot, habe ich lediglich daraufhinweisen wollen, dass die Umstände vielleicht nicht allen bekannt sind. Wie sich zeigt, Dir auch nicht.

    Im übrigen halte ich das Deutsche Historische Museum sehr wohl für eine geschichtlichen Einordnung betreffend, maßgebliche Quelle. Hierzu bleibt es Dir unbenommen eine andere Meinung zu vertreten. Vielleicht hast Du ja ein Problem mit Dr. Arnulf Scriba dem Autor des Textes des DHM?


    Ich finde es nur seltsam, dass in all den Jahren der Diskussion hier im Forum nie jemand mal auf diese Münzen geachtet hat. Wahrscheinlich gibt es unter Architektur-Fans wirklich nur sehr wenige bis keine Numismatiker. Dabei bieten sich gerade Münzen, Geldscheine und Briefmarken für eine sehr subtile Art und Weise der Propaganda geradezu an.

    Und die Münzen zeigen eben doch, dass es eine Vereinnahmung der Garnisonkirche zu Propagandazwecken für diesen einen Tag, gab, Entgegen der These von ErSieEs

    6 Mal editiert, zuletzt von Camondo () aus folgendem Grund: Rechtschreibung, mittlerweile fehlen mir ein Paar deutsche Worte. :-(

  • Baukörper Selbstverständlich gehört zur Geschichte des Nationalsozialismus auch der "Tag von Potsdam" (bitte in Anführungszeichen, denn es handelt sich um eine Propagandabezeichnung). Hat das jemand bestritten?


    Und selbstverständlich wird der Schrecken des Nationalsozialismus von niemandem hier im Forum relativiert. Ich finde es mindestens frech, so etwas zu behaupten. Ich könnte dir auch vorwerfen zu relativieren, weil du nur von einer Katastrophe für Deutschland schreibst, obwohl es eine Katastrophe für Europa und große Teile der Welt war. Aber was bringen solche erhobenen Zeigefinger?


    Hier geht es darum, ob der 21. März 1933 das Gebäude Garnisonkirche in einer Weise "kontaminiert", die deren Wiederaufbau unmöglich erscheinen lässt. Würde es sich um ein von den Nazis errichtetes Gebäude handeln, wäre die Antwort klar. Aber in den 12 Jahren totalitärer Nazi-Herrschaft wurde so gut wie alles von den Nazis vereinnahmt. Man müsste die komplette deutsche Kulturgeschichte abschneiden, wenn man alles, was kontaminiert ist, hinter sich lassen wollte. Das ist weder möglich noch wünschenswert. Wichtige Kulturgüter, dazu zählen das Deutschlandlied ebenso wie die Siegessäule, das Reichstagsgebäude oder eben auch die Garnisonkirche, dürfen nicht für alle Zeiten den Nazis überlassen werden. Der demokratische Wiederaufbau des Kirchturms ist inzwischen ebenso Teil der Geschichte geworden. Relativiert wird dadurch nichts, sondern ein Raum der Reflexion geschaffen.


    Und ich finde es wichtig, auch die Stimme derer zu hören, die mit der Garnisonkirche verbunden waren und den Nationalsozialismus ablehnten oder aber Jahrhunderte früher lebten. Ich wüsste nicht, warum diese Menschen mit ihrer Lebensleistung kein Gewicht in unserer Beurteilung des Bauwerks haben sollten.

  • Ich finde es angesichts des erstarken des Rechtsextremismus durch die Nachfolgepartei der NSDAP - die AFX, die ebenso demokratisch legitimiert wurde, wie seinerzeit A.H. und die mit B.H. einen Politiker in Thüringen in der obersten Riege hat, der Goebbels und Hitler Zitate nutzt und die Nazi-Zeit verharmlost, jemand, der klar das Feindbild im eigenen Land sieht und mit Gewalt diese Demokratie bekämpfen will … angesichts dieser Parallelen zu 1939. Angesichts dieser Parallelen und den sich daraus offensichtlichen Gefahren kommt dieses Bauwerk zur falschen Zeit. Leider. Dass man das schreiben muss, zeigt wo wir bereits stehen, Angst vor Veränderung die einige Menschen dazu brachte Rechtsextrem zu wählen, werden noch Ihre Angst bekommen, wenn erst einmal das Kläuschen und Hänschen auf der Straße spürt, daß in der Masse von Rechtsextremen man doch endlich offen gegen Ausländer hetzen kann, die Polizei nicht mehr anerkannt wird - die Schlägertrupps gibt es ja lokal schon....

    Ich bin ein großer Fan davon, dieses Bauwerk zumindest geschichtlich so zu nutzen, das man dann auch DORT an die Geschichte erinnert und wieder erkennen kann, wie Geschichtsträchtig dieser Ort war. Es muss schon heute noch viel deutlicher werden, welche Gräueltaten diese Rechtsextremen begangen haben und da wir nicht mehr sicher sein können ob die Radikalisierung im eigenen Land wirklich aufgehalten wird, ist es geradezu notwendig mit so einem Bau und der damit einhergehenden Verantwortung gerecht zu werden.

    Demonstrationen oder Aufmärsche müssen dann auch durch die Polizei verhindert und vermieden werden, auch damit ist zu rechnen. Die Wahl in Thüringen und Sachsen war erst der Anfang und das sollte uns allen Angst machen.

  • Vielleicht kommt das Bauwerk mitsamt seiner Bildungs- und Begegnungsarbeit genau wegen dieser Entwicklungen zur richtigen Zeit?


    Stolpe, Platzeck und Woidke, drei Ministerpräsidenten Brandenburgs und Mitglieder der SPD, welche einst gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmte, unterstützten den Wiederaufbau. Auch Bundespräsident Steinmeier, Schirmherr der Garnisonkirche, ist Mitglied der SPD.


    Sind das alles Relativierer der Schrecken des Nationalsozialismus? Lächerlicher geht es ja kaum noch.


    Kommt mal runter von eurem hohen Ross. Ich hoffe, ihr engagiert euch mindestens ebenso für eine offene, aufgeklärte Gesellschaft wie die Stiftung Garnisonkirche.

  • .


    Sind das alles Relativierer der Schrecken des Nationalsozialismus? Lächerlicher geht es ja kaum noch.

    Das hat keiner behauptet. Nicht Einer.

    Die Aussage, die zumindest ich getätigt habe, ist die, dass angesichts der aktuellen Entwicklungen, die nach wie vor stark unterschätzt werden (Wenn ich daran denke das viele glauben es sei eine Partei ein bisschen weiter Rechts als die CDU, die sind wirklich putzig naiv), dass in diesen Zeiten ein Bauwerk dieser Bedeutung eben zur falschen Zeit kommt.

    Grundsätzlich bin ich als jemand, der Potsdam sehr mag und diese wunderschöne Stadt mit dieser tollen Altbausubstanz macht ja die Stadt zudem, was Sie heute für viele Touristen so interessant macht. Potsdam ist daher eben kein Disney oder das historisierende Gebäude gefordert werden, sondern die Stadt ermöglicht einen Teil der Geschichte dieses Landes zu betrachten, was gerade durch den Nazi-Schrecken in vielen Orten verschwunden ist. Eine Kultur und Historie wird sichtbar, nicht in einem Museum, sondern im alltäglichen Leben. Das was in anderen Teilen Europas im Westen und Süden völlig normal ist, haben die Nazis ja alles geopfert auf dem Altar Ihrer Ideologie...Deshalb bin ich in Potsdam über jede Rekonstruktion dankbar die diese Stadt wieder einem diesen Eindruck verleiht wie einmal Deutschland aussah.

    Schade das Städte wie Weimar und Erfurt die ja ebenfalls noch eine tolle Altbausubstanz haben, jetzt nicht mehr so oft besuchen gehe oder ich drücke es noch anders aus, zumindest werde ich dort keinen Cent mehr lassen! Diejenigen aber unterstützen die sich gegen Neo-Nazis organisieren und für Demokratie, Freiheit und Gerechtigkeit kämpfen.

  • Mal was anderes: Der Presse war zu entnehmen, dass es bei der Eröffnungsfeier zu lautstarken Protesten kam und u.a. Herr Steinmeier ausgebuht wurde. Zudem wurden inzwischen rote Farbballons auf den Turm geworfen und haben Spuren an der Fassade und auf dem Pflaster hinterlassen. Ich finde das (nicht nur hier) äußerst ärgerlich und kontraproduktiv. Der Bau wird so nicht nur beschmutzt, sondern zusätzlich symbolisch aufgeladen, was Begehrlichkeiten auf der Gegenseite überhaupt erst wecken/anfachen und zu Deutungskämpfen animieren könnte. Auch das Wort "Pilgerort" oder "Wallfahrtsort" kursieren mir deutlich zu häufig im Internet. Für mich macht so was fast schon den Eindruck, die eine Extreme will die andere proaktiv zum Spiel animieren und dann darin übertrumpfen. Es sollte mE reichen, die Institutionen zu stärken, welche die Garnisonkirche zeitgemäß bespielen und auf mögliche Vereinnahmungsversuche konsequent zu reagieren - WENN sie denn überhaupt unternommen werden. Aktuell rücken ja ironischerweise ausgerechnet die Linken den Bau weit nach rechts sowie zurück in die Vergangenheit. Und die gerechte Wut gegen die AfD bewirkt bisher auch eher das Gegenteil.

  • Aber das ist doch genau die Problematik. Die radikale Linken stören sich gerne an Symbolik und arbeiten sich daran ab, ohne daraus irgendeinen Gewinn zu erzielen.

    Die Symbolik hat der Turm ohne Zweifel.

    Alle gemässigte Kräfte müssen diesen Ort nun bespielen und ihm Leben geben, vielleicht kann man in x Jahren dort auch eine andere Symbolik erkennen, so ähnlich wie es sich, für mein Empfinden, in Koblenz am Deutschen Eck entwickelt hat.

    Die radikalen Rechten und Faschisten werden hier vorerst nichts tun, sie können einfach abwarten was passiert.

  • Gemäßigte Kräfte interessiert das doch überhaupt nicht. Die die hier gerade prominent ein Fass aufmachen, Drama veranstalten und Dinge sich herbeischreiben/wünschen sind du und alexsb. Es ist einfach nur eine weitere Rekonstruktion, eine weitere Kirche in Potsdam.

    Finde ich witzig, dass du im Prinzip deine Beiträge als radikal links bezeichnest.

  • Nach meinen Begegnungen zum Thema jenseits des Forums würde ich sagen, dass die allermeisten Menschen an Projekten wie diesen ausschließlich die Besonderheit interessiert, dass hier mal vormodern gebaut wird.

    Unabhängig vom ganzen Architekturvokabular ist es halt so, dass vormoderne Prunkarchitektur ein Fest des Kunsthandwerks war. Detailverliebte Handarbeit oder zumindest auf Handarbeit basierende Schablonen. Menschen schätzen diese vorindustrielle Ästhetik einfach a priori und wenn wir mal ehrlich sind ist der Hauptgrund für den weißen Betonkasten der Gegenwart einfach, dass man unsere heutigen Ansprüche an Wohnfläche pro Kopf, Bürogröße usw. gar nicht mehr finanzieren könnte, würden wir so aufwändig bauen wie früher.

    Die ganze Wortonanie mit denen Jurys den nächsten Würfel auszeichnen ist häufig Schönreden, die Motivation "möglichst viel BGF für das Budget" klingt halt nicht so gut.


    So eine Rekonstruktion sehen die meisten Befürworter einfach als ästhetischen Wert an sich. Viele wären auch damit einverstanden wenn's ein neuer Entwurf mit soviel Schnörkel und Kunsthandwerk wäre. Aber sowas machen Architekten derzeit halt nicht mehr. Also muss es ein Griff in das Archiv sein.


    Politische Hintergründe bei Befürwortern halte ich tatsächlich für die absolute Ausnahme.

  • Aber die Argumentation der Befürworter ist fast immer politisch.

    Es geht da oft um die Bedeutung des Gebäudes, das ist politisch bzw. ideologisch.

    Es geht oft um die Beseitigung von Bestandsbauten, auch das ist politisch bzw. ideologisch.


    Aber selbstverständlich regieren die meisten, nachvollziehbar, nach Geschmack oder Vorlieben, auf die möglicherweise politisch/ideologisch motivierte Frage: Was gefällt dir besser?

    Das ist auch nicht schwer wenn man sich diesbezüglich zwischen dem Istzustand und einem Foto, in schwarz-weiß, von vor 100 Jahren entscheiden soll.


    Es ist aber ein Fehlschluss, aus optischen Gefallen eine Zustimmung zur Rekonstruktion abzuleiten. Mir gefällt das Gemälde der Garnisonkirche von 1800 auch besser als ein Farbfoto des Rechenzentrums bei Regenwetter von 2010 ...

  • Baukörper: Du hast mal wieder nur Thesen aufgestellt, aber wo in deinem Beitrag finde ich die Begründungen?


    These 1: Der Abriss von als unpassend empfundenen Gebäuden, die zufällig in der DDR-Zeit errichtet wurden, ist nicht städtebaulich, sondern politisch motiviert.

    -> Finde ich begründungspflichtig, denn es gibt sicher auch in Potsdam eine Menge Gebäude aus dieser Zeit, für die noch nie ein Abriss gefordert wurde. Auch gibt es solche Forderungen für unpassende Bauten aus der alten BRD, wo kein DDR-Hass der Grund sein kann.


    These 2: Wenn gefragt würde: "Was gefällt dir besser?", würden die meisten die Frage nach Geschmack oder Vorlieben beantworten und da würden Darstellungen alter Gebäude wie der Garnisonkirche besser abschneiden. Daraus könne man aber keine Zustimmung ableiten.

    -> Warum nicht? Der Ansatz deiner Begründung, dass unfaire Vergleichsdarstellungen verwendet würden, ist albern. Heute gibt es nun wirklich keinen Mangel an Bildern. Gebäude wie das Rechenzentrum kennt jeder aus eigener Anschauung, das sieht auch in strahlendstem Sonnenschein nicht gut aus. Die Menschen sind nicht zu dumm, um beurteilen zu können, welcher Baustil ihnen besser gefällt.


    Ersetze mal in deinem Zitat das Wort Befürworter gegen das Wort Gegner:

    Aber die Argumentation der Befürworter ist fast immer politisch.

    Es geht da oft um die Bedeutung des Gebäudes, das ist politisch bzw. ideologisch.

    Es geht oft um die Beseitigung von Bestandsbauten, auch das ist politisch bzw. ideologisch.

    Über Ideologien kann man gut streiten, aber die Motivation dazu scheint mir bei den Gegnern weit ausgeprägter als bei den Befürwortern, die vor allem den Wert der städtebaulichen und architektonischen Schönheit hochhalten und deshalb auch damit argumentieren. Dass dir das nicht einleuten mag und du die Verdächtigung formulierst, die Schönheit sei nur ein Vorwand, finde ich schon sehr bezeichnend.

  • Ja schön, aber bei ErSieEs, derdiedas deine Meinung teilt, stört dich das nicht.


    Ansonsten halte ich die Differenzierung für falsch. Städtebau ist gerade auch politisch und bis heute auch ideologisch. Gerade die, die gerne so tun, als wären sie unpolitisch oder gar unideologisch, sind es leider oft besonders.


    Deine Darstellung zu den Bildern finde ich naiv. Es funktioniert tagtäglich so in allen Medien.

    Anzunehmen, dass es gerade bei Architektur anders wäre und es ginge da nur um Schönheit ist wie gesagt naiv.


    Müssen wir uns dann auf eine Neue- Reichskanzlei-Wiederaufbau-Debatte einstellen, wenn nur genug da sind, die die einfach nur schön finden?

  • Baukörper Mich würde ja schon Mal näher interessieren, inwiefern die Argumentation nun so naiv sein soll und ob Du ernsthaft eine Entwicklung in Richtung Auferstehung von NS-Architektur befürchtest oder einfach nur ein absurdes und provokantes Extrembeispiel anbringen wolltest.


    Jedenfalls wurde u.a. beim Humboldt Forum sehr ähnliche Rhetorik und teils Polemik bemüht und ich fand es auch da schon absurd. Trotz ein paar mutmaßlich etwas unappetitlicher Spender hat sich dort aber auch nicht der Anti-Christ reinkarniert und für viele meinetwegen naive und dafür vielleicht insgesamt etwas lebensbejahendere Zeitgenossen ist es primär eine attraktive Erscheinung im Stadtbild sowie ein potentiell interessantes Museum...

  • Man kann versuchen alles zu politisieren und die 68er sind sogar damit in die Geschichte eingegangen zu behaupten alles sei politisch, aber die meisten Menschen sehen Dinge wie Architektur nun einmal nach jeder Alltagserfahrung unpolitisch.

    Mir ist unklar warum man versuchen muss Hintergedanken zu unterstellen um sogleich über diese unterstellten Hintergedanken zu diskutieren.


    Um es mit Freud zu sagen "manchmal ist eine Zigarre einfach eine Zigarre".


    Ansonsten erinnert mich das Politisieren durch Gegner solcher Projekte an die Gegner von Windparks, die plötzlich ihr Interesse für Waldflora und Vogelschlag und so weiter erinnern, was sie vorher auch nie interessiert hat, abee jetzt kann man mit diesen vermeintlichen Sachargumenten gegen ein Projekt argumentieren das man verhindern will.


    Am Anfang von Windrad und Garnisonkirche scheint mir bei Gegnern einfach der Gedanke zu stehen "will ich nicht" und dann sucht man nachträglich nach Gründen. Das habe ich noch nie begriffen, weil's ja auch so durchschaubar ist, es ist auch viel weniger überzeugend als einfach kurz und bündig die Meinung "will ich nicht" zu äußern und dann das demokratische Mehrheitsprinzip entscheiden zu lassen, an dessen Ergebnis sich Gegner und Befürworter dann auch bitte gleichermaßen halten.

    So sollte Stadtplanung mit Bürgerbeteiligung meiner Meinung nach funktionieren.


    Dieses Projekt hat durch viele Diskussionen der politischen Willensbildung die Zustimmung der Mehrheit erhalten und da es hier nicht um Menschenrechte oder Minderheitenschutz geht, sondern um eine reine Sachfrage die man auf zwei Arten vollkommen legitim entscheiden könnte, gilt dann hier einfach die Entscheidung der Mehrheit zu respektieren und das Leben geht trotzdem weiter.


    Das gilt wie gesagt auch umgekehrt. In Frankfurt hat sich zB die politische Mehrheit dagegen entschieden im Zuge der nötigen Sanierung der Paulskirche eine Rekonstruktion durchzuführen die den Zustand des Gebäudes gezeigt hätte wie er aussah als dort das erste deutsche Parlament tagte. Was durchaus ein interessantes Anschauungsobjekt hätte sein können. Aber die Mehrheit sah es anders und jetzt bleibt's beim biederen Nachkriegsstil. Und trotzdem geht das Leben auch hier weiter.