Leipzig: Neufassung des Wohnungspolitischen Konzeptes

  • zum beitrag #179:


    ein aufschlussreicher artikel. jede anteilnahme ist hierbei unangebracht.


    wer vor drei jahren in eine wohnung mit ofenheizung gezogen ist, hat doch nur darauf spekuliert, bei der längst überfälligen sanierung unter großem gezeter eine möglichst hohe "abfindung" (für was eigentlich?) herauszuschlagen. mir sind auch fälle bekannt, in denen leute von bude zu bude zu bude ziehen und bei denen das abkassieren solcher abfindungen fester bestandteil der persönlichen finanzplanung ist.


    ein solches gebahren muss man nicht sympathisch finden. richtig mies wird es, wenn gleichzeitig auch noch allgemein steigende mieten beklagt werden. wer müsste denn im endeffekt die teuren abfindungen bezahlen? das sind doch dann die nachnutzer - in form noch höherer mieten. das scheint den darüber jammernden wiederum völlig egal zu sein.


    diese abfindungsforder_innen haben den kapitalismus viel besser verstanden und für sich zu nutzen gelernt, als sie den anschein erwecken wollen. erst billig mieten und dann hohe auszugsprämien verlangen - es gibt halt auch unter mieter_innen so etwas wie "heuschrecken".


    selbstverständlich kann jeder - innerhalb der gesetzlichen regelungen - versuchen, so viel wie möglich für sich herauszuschlagen. aber anstandshalber sollte man dabei wenigstens auf jede larmoyante opfer-attitüde verzichten.


    in dem artikel geht es nicht um bezahlbares wohnen, sondern schlicht um bezahltes umziehen. der allgemeinheit zuliebe sollten die preise dafür möglichst gering ausfallen...

  • Die armen Gentrifizierungsopfer in der ranzigen Holbeinstraße 28a, die mangels Brandschutz nie für Wohnzwecke in Betracht hätte kommen dürfen, fordern nicht wirklich 25.000 bis 38.000 Euro pro Mietpartei als Auszugsentschädigung von der KSW? Das ist mir doch glatt mal ein :eek: wert.


    Wie dem auch sei, fordern kann man heutzutage vieles, aber dann sollte man auch auf das Gesülze von wegen "ideelle Werte", die dem Viertel mit dem Wegfall der Hausgemeinschaft Holbeinstraße 28a verloren gingen (siehe Website), verzichten. Denn es dreht sich doch alles nur ums liebe Geld...



    Zu #180 bzw. Brunnenviertel:


    Die großen Wohnungen in der Georg-Schwarz-Straße 56 kosten lt. Website 5,70 Euro kalt (8 Euro warm). Ich bin gespannt, wie groß die Differenz zur vorderen Georg-Schwarz-Straße tatsächlich ausfallen wird auch in Anbetracht des unterschiedlichen Komforts.

  • Die beiden Wohnungen in der Georg-Schwarz-Straße 54 mit ca. 149 qm und 5 Zimmern sind die mit weitem Abstand günstigsten von all den genannten. Siehe auch:
    http://www.deutsches-architekt…m/showthread.php?p=419414


    Laut Website:


    Wohnen mit Comfort heißt leben in praktisch geschnittenen Wohnungen mit einer soliden Ausstattung. Die Wohnungen verfügen über Parkettböden und neue Innentüren. Die Bäder sind funktional gestaltet und haben je nach Wohnungsgröße eine Wanne und/oder Dusche. Separate Gästebäder bieten auch großen Familien ausreichend Flexibilität im morgendlichen Gewusel.


    GSS 11:
    2 Wohnungen mit je etwas mehr als 200 qm, 8 Zimmern (11-21 qm), je 2 Bädern mit je Wanne und Dusche oder nur eines (nach Mieter_innenwunsch), Küche mit 35 qm, aufgearbeitete oder neue Dielenböden, aufgearbeitete Innentüren aus der Erbauungszeit um 1910 mit originalen Beschlägen
    700 Euro kalt, 1200 Euro warm --> durchschnittlich 3,50 Euro/m² kalt, 6,00 Euro/m² warm


    2 Wohnungen mit 90 bzw. 110 qm, 3 bzw. 4 Zimmer, Küche und ein Bad mit Wanne und Dusche, Ausweichtoilette mit WC und Waschtisch auf halber Treppe
    315 Euro bzw. 385 Euro kalt, 540 bzw. 660 Euro warm --> gleiche Durchschnittspreise


    Unterschiede:
    2,20 Euro/m² kalt, 2 Euro/m² warm


    Bzw. betragen die Kaltmieten in der Georg-Schwarz-Str. 11 etwa 62 Prozent der Kaltmieten in der Georg-Schwarz-Straße 54 bei meines Erachtens in etwa vergleichbarer Grundausstattung, die Warmmieten nach bisheriger Kalkulation 75 %. Die Nebenkosten werden zunächst pauschal und etwas höher angesetzt, werden aber hoffentlich nach dem ersten Jahr Betrieb reduziert werden können.


    Ob die Georg-Schwarz-Straße 54 über einen Fahrstuhl verfügt vermag ich nicht zu sagen. Die Mieter_innen der Georg-Schwarz-Str. 11 haben einen hohen Anteil Eigenleistung bei der Sanierung erbracht und können keine schlüsselfertigen Wohnungen übernehmen, sie aber dafür nach ihren Vorstellungen gestalten, einschließlich Art und Position der Elektroinstallation etc.

  • ^ ist ja alles richtig und ich finde es gut, was ihr in der vorderen GGS auf die Beine stellt. Nur sollte man im Gegenzug nicht so tun, als seien diese alternativen Wohnprojekte massentauglich und alle anderen, die in Eigentumswohnungen als herkömmliches Anlageprodukt investieren, kaltherzige Renditehaie, die die Mieter ausnehmen.

  • Das habe ich auch nie behauptet. Allerdings halte ich zum Beispiel im Hinblick auf das sogenannte Brunnenviertel die Entscheidung der LWB, alle 61 Häuser mit ursprünglich weit über 600 Wohnungen im Block im Jahr 2010 an einen Bauträger zu verkaufen, weiterhin für falsch. Ob der besagte Bauträger auch anders hätte sanieren können als er es hier getan hat und ob er in dieser Lage auch noch mehr etwas preisgünstigere Wohnungen hätte schaffen können, wäre eine andere Frage.


    Dass die deutlich höheren Mieten in den knapp 600 Wohnungen des Brunnenviertels mittelfristig auch den Mietspiegel in der Nachbarschaft nach oben ziehen werden, dürfte dagegen unstrittig sein. Bei aller Begeisterung über die denkmalgerechte Sanierung der Häuser sollte dieser Nebeneffekt auch berücksichtigt werden.


    Ursprünglich gab es wohl Pläne der Stadtbau AG, einzelne Häuser auch Ein-Haus-Genossenschaften oder Gruppen im Rahmen des Selbstnutzer-Programms zum Selbstausbau der Wohnungen und mit entsprechend günstigeren Mieten anzubieten. Davon habe ich nun lange nichts mehr gehört, aber es gibt ja auch noch das letzte Karree.


    In gewisser Weise sind solche Kollektivhäuser wie die an der vorderen Georg-Schwarz-Str., der Zollschuppenstr., der Wurzner Str., Eisenbahnstr. und anderswo im Verbund des Mietshäuser Syndikats oder in anderen Rechts- bzw. Eigentumsformen wie dem Besitz oder im Erbbaurecht von Vereinen, Ein-Haus- oder Kleingenossenschaften etc. tatsächlich eher Nischenprodukte, weil sie einen vergleichsweise hohen Eigenleistungsanteil und Zeit und Engagement beim Bau und der Selbstverwaltung erfordern. Daher ist der Kreis der potentiellen Mitstreiter_innen sicherlich limitiert, denn so ein "Hausprojekt" nach der reinen Lehre erfordert bestimmte Resourcen, neben Zeit auch soziale wie etwa die Bereitschaft, wichtige Entscheidungen gemeinsam zu diskutieren, bis ein Konsens in der Gruppe erreicht wird.


    Aber die Grundidee dahinter ist eine genossenschaftliche und Elemente solcher Kollektivhäuser werden in anderer Form seit hundert Jahren auch bei kleineren und größeren Wohnungsgenossenschaften umgesetzt.


    Wohnungen im Besitz der Kommune und von Wohnungsbaugenossenschaften bzw. genossenschaftsähnlichen Trägern, die - auch wenn es dies so rechtlich nicht mehr gibt - gemeinnützig sind, sind ein Mittel, um dauerhaft preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Untersuchungen z.B. in der Schweiz mit einer langen und reichen Genossenschaftstradition haben ergeben, dass Miethöhen von Genossenschaftswohnungen im Durchschnitt zwanzig Prozent niedriger als im übrigen Wohnungsmarkt sind.


    Daher halte ich es für eine mögliche und sinnvolle Maßnahme, die LWB sowie Wohnungsgenossenschaften und genossenschaftsähnliche Träger stärker zu fördern, sofern dies kommunal oder auf Landesebene möglich ist. Auf Bundesebene sollte die steuerbegünstigten Gemeinnützigkeit von Wohnungsunternehmen wieder eingeführt werden. Aber das liegt dann schon weiter ab von den Möglichkeiten eines wohnungspolitischen Konzepts der Stadt Leipzig.


    Hier noch eine Definition für "gemeinnützige Wohnungsunternehmen" aus dem Gabler Wirtschaftslexikon:



    Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, die direkt oder indirekt gemeinnützige Unternehmenszwecke erfüllen. Dazu gehören kommunale Wohnungsunternehmen, deren Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, breite Schichten der Bevölkerung mit Wohnungen zu versorgen bzw. Genossenschaften, die indirekt deswegen gesellschaftsnützlich sind, weil ihre Geschäftsaktivitäten prinzipiell auf die Erbringung wohnungswirtschaftlicher Leistungen für breite Bevölkerungskreise bzw. mittlere und niedrigere Einkommensschichten ausgerichtet sind. Bei beiden Unternehmensformen ist der erwerbswirtschaftliche Gewinn nicht Zweck der Geschäftstätigkeit, sondern Mittel zum Zweck, um über die Selbstfinanzierung Investitionen durchführen zu können. Bis 1989 war die Wohnungsgemeinnützigkeit steuerlich gefördert. Mit Wirkung vom 1.1.1990 ist das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz aufgehoben und bislang steuerbefreite Unternehmen der Wohnungswirtschaft sind nunmehr unbeschränkt steuerpflichtig. Nicht steuerpflichtig sind nach § 5 I Nr. 10 des Körperschaftssteuergesetzes die sog. Vermietungsgenossenschaften, die mind. 90 Prozent ihrer Geschäftstätigkeit auf die Vermietung ihrer Wohnungsbestände an Mitglieder ausgerichtet haben.


    http://wirtschaftslexikon.gabl…hnungsunternehmen-v7.html


  • wer vor drei jahren in eine wohnung mit ofenheizung gezogen ist, hat doch nur darauf spekuliert, bei der längst überfälligen sanierung unter großem gezeter eine möglichst hohe "abfindung" (für was eigentlich?) herauszuschlagen. mir sind auch fälle bekannt, in denen leute von bude zu bude zu bude ziehen und bei denen das abkassieren solcher abfindungen fester bestandteil der persönlichen finanzplanung ist.


    Ein typisches Argumentationsmuster: Ich habe von ein, zwei Leuten gehört, die dieses Modell fahren soll. Zweifel daran, ob das so überhaupt funktioniert, habe ich keine. Stattdessen leite ich daraus ab, dass ausnahmslos alle Mieter_innen von Ofenheizungswohnungen nur auf hohe Abfindungen schielen. Menschen, die sich nur preisgünstige Ofenheizungswohnungen leisten können (und wollen), gibt es nicht.
    Insbesondere wußten Mieter_innen, die 2011 einen Mietvertrag mit der LWB abgeschlossen haben, bereits vorher, dass das kommunale Wohnungsunternehmen 2013 ihr Wohnhaus an einen Bauträger verkaufen wird. Sie konnten es zumindest schon ahnen, da die LWB das Haus teilsaniert und die Fassaden instandgesetzt hatte.


    Hier mal die Definition von Abfindung laut Wikipedia: Abfindung ist eine einmalige Leistung zur Abgeltung von Rechtsansprüchen meist in Form einer Geldzahlung oder der Überlassung von Vermögensgegenständen.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Abfindung


    Mieter_innen haben Rechte. Wenn der (neue) Vermieter eine umfassende Modernisierung plant und dabei Grundrisse ändern oder aus anderen Gründen "Baufreiheit" schaffen will, dann ist dies innerhalb des gültigen Mietvertrages nicht möglich. Die Mieterin soll also Rechtsansprüche aufgeben und dafür sind nun einmal Geldzahlungen als Kompensation allgemein üblich. Immerhin muß sie ja auch eine neue Wohnung suchen und deren Mieten sind bekanntlich teurer als Bestandsmieten. Eine Abfindung von 10.000 Euro ist auch schnell aufgebraucht, wenn davon noch der Umzug bezahlt werden muss und eine neue Wohnung 200 Euro mehr im Monat kostet.

  • Vier schnelle Links zu Texten über zwei Instrumente, die auch im Leipziger Wohnungspolitischen Konzept diskutiert werden:


    Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) e.V.
    Pressemitteilung vom 28.11.2014
    Die Mietenbremse der Großen Koalition ist kein effektives Mittel zur Bekämpfung der Mietenexplosion
    http://www.rav.de/publikatione…-der-mietenexplosion-390/

    Stellungnahme des RAV zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und zur Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung (Mietrechtsnovellierungsgesetz - MietNovG)
    http://www.rav.de/publikatione…snovellierungsgesetz-389/


    Initiative Rathaussterne Lichtenberg
    Pressemitteilung vom 28.11.2014
    Forderungen der Rathaussterne erhalten stadtweit Zustimmung
    http://www.rathausstern-lichte…ten-stadtweit-zustimmung/


    Gemeinsamer Forderungskatalog für künftige konzeptorientierte Vergaben der Liegenschaften des Landes Berlin
    Initiative Rathausstern Lichtenberg in Beratung mit Dr. Andreas Prüfer Bezirksstadtrat Lichtenberg
    Stand 17.11.2014
    http://www.rathausstern-lichte…Liegenschaftsvergaben.pdf

  • Eine Abfindung von 10.000 Euro ist auch schnell aufgebraucht, wenn davon noch der Umzug bezahlt werden muss und eine neue Wohnung 200 Euro mehr im Monat kostet.


    Wieviel genau kostet ein Umzug? 5.000 EUR, 10.000? Etwas darüber ist von Geldforderungen von 25.000 bis 38.000 EUR die Rede. Ich sehe nicht ein, wieso ein Vermieter dafür bezahlen müsste, dass er weniger Miete einnahm als die anderen. Nach dieser "Logik" verbietet sich geradezu das Verbleiben unter dem Mietspiegel, welches hier ab und zu gefordert wird - tut man es und möchte dann die Bude grundrenovieren, wird für die Zurückhaltung auch noch eine Abfindung gefordert.

  • PM Stadt Leipzig, 01.12.2014
    http://www.leipzig.de/news/new…rumfrage-2013-liegen-vor/



    Aus dem Ergebnisbericht


  • Ich sehe nicht ein, wieso ein Vermieter dafür bezahlen müsste, dass er weniger Miete einnahm als die anderen.


    Das ist ja auch nicht der Grund für die Zahlungen. Wie ich oben schon schrieb: Es handelt sich um eine Abfindung, die gezahlt wird, weil ein gültiger Vertrag, den Mieter_in und Vermieter_in miteinander abgeschlossen haben oder in der/die neue Vermieter_in durch Kauf des Hauses eingestiegen ist - § 566 BGB, Kauf bricht nicht Miete - auf Betreiben des Vermieters vorzeitig zu Ungunsten und Lasten der Mieterin aufgelöst werden soll. Ähnlich wird ja nicht bei jeder Beendigung eines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung fällig, sondern z.B. bei einer vorzeitigen betriebsbedingten Kündigung des Arbeitsvertrages ohne Verschulden des Arbeitnehmers. http://www.anderfuhr-buschmann…rbeitsrecht_abfindung.htm


    Solche Zahlungen werden üblicherweise als Lösung eines Konflikts ausgehandelt, entweder vor Gericht oder um den Gang vor Gericht zu sparen und drohende – teilweise sehr teure – Prozessrisiken zu vermeiden. Sie werden nicht fällig, wenn der/die Mieter_in in der angemieteten Wohnung bleiben oder nach der Sanierung in die Wohnung zurückkehren und sich diese dann noch leisten kann bzw. der/die Vermieter_in maßvoll und im Rahmen der bestehenden Gesetze saniert und die Miete erhöht. Dann hat man als Mieter_in im Normalfall gar keine Chance auf Abfindung.


    Die Höhe einer Abfindung orientiert sich oft an der Höhe des Schadens, den der/die Mieter_in durch den Verzicht auf sein/ihr Recht auf Fortbestand des Mietvertrages erleidet. Nur scheinen da die Einschätzungen gewaltig auseinanderzuliegen. Neben dem Umzugskosten sollten ja noch andere Kosten in Anschlag gebracht werden: Um wieviel teurer ist es mittlerweile, eine vergleichbare Wohnung anzumieten? Haben die Mieterinnen in Absprache mit dem (vorherigen) Vermieter Einbauten in den Wohnungen vorgenommen oder Instandhaltungsarbeiten auf eigene Kosten erledigt, die mit dem Auszug verlustig gehen? ...



    Eigenbedarf: Zahlung einer Abfindung für Mieter – Höhe ist Verhandlungssache
    http://www.mietrecht.org/eigen…nbedarf-abfindung-mieter/


    Die Höhe der Abfindung sollte so bemessen sein, dass sie
    - nicht nur alle finanziellen Einbußen ausgleicht, die dem/die Mieter_in durch den Umzug voraussichtlich entstehen, sondern
    - den/die Mieter_in darüber hinaus finanziell besser stellt als ohne den Umzug, um diesem einen Anreiz für die Beendigung des Mietverhältnisses zu bieten.

  • Erst einmal ist eine Mietkündigung wegen Sanierung grundsätzlich zulässig.


    Um wieviel teurer ist es mittlerweile, eine vergleichbare Wohnung anzumieten?


    Je zurückhaltender der Vermieter war, desto mehr wäre es. Die richtige Einstellung wäre - längere Zeit war es billiger als im Schnitt, man sollte ob des gesparten Geldes froh sein. Wie man sieht, manche betrachten den Unterschied zum Üblichen als Naturrecht, einen "Schaden", wenn die Ersparnis enden soll, den jener bezahlen soll, der durch Zurückhaltung bei der Miete das Sparen ermöglichte. Bei dieser Einstellung wäre richtig doof, würde jemand als Vermieter auch nur einen Cent weniger einnehmen als der Markt ergibt - da keine Dankbarkeit, sondern bloß Forderungen zu erwarten sind.


    Als mein Vermieter mal anfing, über Eigenbedarf zu reden, habe ich nicht um Abfindung gepokert, sondern eine Genossenschaftswohnung gefunden und selbst gekündigt - angesichts der Berichte war es vielleicht sogar naiv. Dann sind wir uns wohl einig, dass grundsätzlich jeder ausschöpfen soll, was der Markt und der gesetzliche Rahmen ermöglichen, der Mieter wie auch der Vermieter. Ein schönes Finale der Debatte.


    Wenn ich noch darüber lese:


    Drei Viertel der Leipzigerinnen und Leipziger sind mit ihrem Wohnviertel zufrieden und sehr zufrieden. ... Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter beträgt 5,08 Euro und fügt sich damit in den langjährigen Trend mit nur kaum steigenden Mieten ein


    Dann läuft alles perfekt und das beste Konzept wäre, einfach nicht zu stören.

  • Ich frage mich, wer da gefragt wird ... die Mieten seien sogar gefallen. Aha. Ich kenne 0% meiner Bekannten und Verwandten, die eine geringere Miete haben. ALLE haben konstante oder steigende Mieten, nach Umzug fast immer über 6 Euro kalt. (Für die Kapitalisten unter uns, ja das ist WENIG im Vergleich zu Hamburg und Co. aber es geht um die angeblich leicht gefallene Miete.)
    Wenn man bei diversen Medienberichten von Mietsteigerungen zwischen 5 und 10% von 2012 zu 2013 liest u.a. ermittelt von diversen Immobilienportalen, frage ich mich allen Ernstes, wie dann eine sinkende Miete herauskommen kann. Wohlgemerkt: Kaltmiete, nicht die Nebenkosten sind gemeint.


    Repräsentativ hin oder her, die Zahlen der Kaltmiete scheinen eine sehr geringe Fallzahl von Erstbezügen und Neuvermietungen zu fragen. Es steht auch im Widerspruch zu den Zahlen des Monitoringberichtes Wohnen, wo viele Stadtviertel deutlich über 5 Euro kalt haben und man wohl nie auf 5,08 kalt kommen würde. Realistischer sind wohl 5,50. Macht zwar nur 40 Cent aus, aber bei einer ohnehin geringen Miete machen auch Centbeträge etwas aus, z.B. bei der Berechnung von KdU und Co.
    Wohnungen für 4,48 oder 5,08 kalt findet man zumindest innenstadtnah kaum noch und selbst in Grünau findet man tlw. Mieten von deutlich über 6 Euro kalt - wohlgemerkt nur Platte saniert, nicht in den Neubauten - die sind noch gar nicht fertig. Citynah ist unter 6 Euro kaum eine Wohnung zu haben, außer bei manch Genossenschaft oder unsanierte "Rumpelbuden"; die eh bald saniert werden ;).


    "Singles zahlen mit 260 Euro vergleichsweise weniger Miete, schließlich bewohnen sie mit 60 qm auch kleine Wohnungen." ---> finde ich auch spannend. 260 Euro für 60 qm? Wo leben wir denn? Ich habe eine sehr preiswerte Wohnung und zahle mehr. Das wären 4,33 kalt (!). Da müsste es ja Wohnungen wie Sand am Meer für unter 5,00 kalt geben. Dem ist aber nicht so, wie jeder leicht auf lwb.de, immoscout, immonet, GRK, DIMA, BG Leipzig, Wogetra uvm. nachvollziehen kann. Außer Aktionsangeboten oder Grünau und Paunsdorf oder Mockau Nord findet man SEHR selten Angebote für diesen Preis...
    Ich will nicht sagen, dass wir extrem teuere Mieten hätten, aber die Daten verwirren teilweise.
    Laut Monitoringbericht Wohnen 2013 stiegen die Mieten von 2010 bis 2013 in ALLEN Stadtteilen an teilweise sogar um knapp 1 Euro. Laut Komm. Bürgerumfrage sanken die Mieten von 2012 zu 2013, wenn auch nur wenige Cent. Ich glaube, die Monitoringberichte sind da repräsentativer.

    2 Mal editiert, zuletzt von Altbaufan_ ()

  • Vor einiger Zeit hatte ich schon Hoffnung, dass die hysterischen Katastrophen-Prophezeiungen unseres Altbaufans ein Ende haben. Zitat Altbaufan:

    Um nicht weitere Diffamierungen und Unterstellungen und Androhungen abbekommen zu müssen, werde ich mich aus diesem und dem Gentri-Thread künftig raushalten, außer es wird wieder ... absoluter STUSS geschrieben.


    Leider geht die Leier scheinbar unentwegt weiter...

    Fragen: Mich würde mal interessieren, wie viele Leipziger pro Jahr umziehen bzw. wie lang die "Verharrungsdauer" in einer Wohnung im Durchschnitt ist.
    Welcher Prozentsatz der in Leipzig Wohnenden wird jährlich aus ihren Wohnungen geklagt? Wie sind denn die Fallzahlen?

  • ^
    1. Prophezeie ich nirgendwo Katastrophen, ich zweifle lediglich die angeblich sinkende Miete an. (Was man auch mit diversen anderen Quellen widerlegen kann, siehe Statistiken des Monotoringberichtes, Immobilienscout uvm.). Ergo ist das kein Hellseher-Unsinn, sondern schlichte Fakten. Also was soll dieser persönliche Angriff? Ziemlich arm, wenn man es nur auf dem Niveau schafft zu antwortne.


    2. Ist das nicht der Gentrification-Thread ;)


    3. Zum Thema Umzug findest du einige allgemeine Daten für ganz Deutschland unter: http://www.ummelden.de/images/…studie2014_infografik.pdf
    Laut Statistiken ziehen die Leipziger sogar öfter als der Durchschnitt um, da die Mieten noch relativ günstig sind und man schneller neue passende oder zumindest halbwegs passende Wohnungen findet - und nicht wie in Hamburg / München etc. bis zu zwei Jahre sucht.


    3. Was hat aus den Wohnungen klagen denn nun bitte mit meinem leichten Anzweifeln sinkender Durchschnittsnettokaltmieten zu tun? So wenig wie ne Schneeflocke mit dem Feuer => nichts! Auf so einem Niveau völlig aus dem Zusammenhang gerissener Daten o. Postings macht Diskutieren und Schreiben sehr viel Spaß...


    4. Um die Frage trotzdem zu beantworten: Soweit ich weiß, gibt es dafür keinerlei Statistik, da es nirgendwo erfasst wird. Nicht jeder nimmt einen Anwalt, nicht jeder geht zum Mietverein, nicht jede Klage wird am Ende auch umgesetzt. Wo sollte man das auch erfassen, wer wäre zuständig? Wer zieht einfach aus und tut nichts, wer macht Widerspruch? Wer gewinnt, wer verliert? Was zählt als "Datum"? Tag der Klage, Tag des Auszugs, ...? Da sich Prozesse ewig hinziehen können, fragt man sich dann auch, ob es zu 2013 oder 2014 zählt, wenn die Kündigung 2013 kam und im Januar 2014 nen Urteil fällt, der Mieter aber erst im Juni auszieht - zu welchem Jahr zählt es in der Statistik? Die Daten wären mit Sicherheit unvollständig oder ungenau. Die Fallzahlen sind mit Sicherheit sehr gering, da bekanntlich viele Leerstände vorherrschten und somit oftmals unbewohnte Gebäude saniert werden. Dies ändert sich seit ca. 2-3 Jahren langsam. Gründe dürften jedem bekannt sein.
    Und ansonsten siehe 3. - es hat mit der "Erhebung" der Nettokaltmiete der kommunalen Bürgerumfrage nichts zu tun.

  • Hallo Altbaufan, die Kommunale Bürgerumfrage allgemein ist aussagekräftig und die Stichproben ausreichend groß - nur eben nicht für unsere Fragestellungen.


    Der Median der Nettokaltmieten im Jahr 2013 von 5,08 Euro je qm wurde aus den vorliegenden 7.107 Datensätzen mit den Bestandsmieten aus dem gesamten Stadtgebiet gebildet.


    Auf den ersten Seiten des Ergebnisberichts wird recht ausführlich ausgeführt, wie sich die Grundgesamtheit zusammensetzt, wie die Stichproben gezogen wurden und welche Rückläufe es gab.


    Angestrebt war, für jeden der 63 Leipziger Ortsteile etwa 100 auswertbare Fragebögen zur Verfügung zu stellen. Auf Basis der mittleren ortsteilbezogenen Rücklaufquoten der Jahre 2008 und 2011, die zwischen 32 Prozent und 56 Prozent streuten, und der Annahme einer weiteren Verschlechterung des Gesamtrücklaufs wurde für jeden Ortsteil eine individuelle Stichprobenhöhe zwischen 210 und 440 festgelegt.


    Zusätzlich zur Hauptstichprobe von 9.222 Datensätzen - dies entspricht zwei Prozent der Grundgesamtheit - wurden noch einmal 6.778 Datensätze erhoben, um den jeweiligen festgelegten Stichprobenumfang zu erreichen. In der Gesamtstichprobe mit insgesamt 16.000 Datensätzen sind aufgrund der Methodik kleinere Ortsteile gegenüber größeren überrepräsentiert.


    Bei den Rücklaufquoten fällt auf, dass die kernstädtischen Ortsteile wie etwa Altlindenau, Leutzsch, Zentrum-West, Zentrum-Südost und Neustadt-Neuschönefeld zwischen 30 und 40 Prozent liegen, Zentrum, Volkmarsdorf und Anger-Crottendorf sogar unter 30 Prozent. Die meisten Ortsteile haben Rückläufe zwischen 40 und unter 50 Prozent, darüber liegen die Ortsteile in der Suburbia wie Wiederitzsch, Plaußig-Portitz, Mölkau und Engelsdorf, Marienbrunn und Probstheida, Knautkleeberg-Knauthain und Miltitz mit zwischen 50 und 60 Prozent, Heiterblick hatte sogar einen Rücklauf von über 60 Prozent.


    Das korrespondiert wiederum mit der Beobachtung, dass sich eher ältere Menschen an der Bürgerumfrage beteiligt haben. Bei den Altersgruppen von 18 bis unter 45 Jahre sind die Rücklaufquoten meist unterdurchschnittlich, über 45 Jahre dann überdurchschnittlich.


    So wurden etwa in Plagwitz, Schleußig, der Südvorstadt, Connewitz oder anderswo etwa jeweils 300 bis 500 Bürger_innen ausgewählt und angeschrieben und von den schickten dann im besten Falle etwa 100 bis 150 die ausgefüllten Fragebögen zurück.


    Dass damit aber ausgerechnet die Menschen "erwischt" worden sind, die 2013 eine Mieterhöhung erhalten haben oder eine Kündigung wegen "fehlender wirtschaftlicher Verwertung" oder auch nur umgezogen sind und sich dabei mit den deutlich höheren Angebotsmieten konfrontiert sahen, ist eher unwahrscheinlich. Die z.B. im inneren Süden allmählich anziehenden Bestandsmieten gehen im Gesamtdurchschnitt der Stadt unter.


    Die einsetzenden Veränderungen auf dem Wohnungsmarkt betreffen ja vor allem die gründerzeitlichen Wohnviertel und auch da nicht alle (Schönefeld, Mockau, Eutritzsch, Möckern, Wahren ...), aber (noch) nicht die gesamte Stadt. Und es wird noch etwas dauern, bis sie sich auch in den Bestandsmieten niederschlagen. Aber sie sind natürlich zu beobachten, wenn auch nicht in dieser Stichprobe.


    Bei einzelnen Fragestellungen müßte man dann noch mal genau schauen, inwieweit die Rückläufe dann überhaupt aussagekräftig sind. Singles und alleinstehende Rentner_innen sollen durchschnittlich 260 Euro für ca. 60 qm große Wohnungen bezahlen. Es liegen insgesamt ca. 2.500 ausgefüllte Fragebögen von Menschen zwischen 45 und 64 Jahren und 2.560 von Menschen zwischen 18 und 44 Jahren. Wieviele sind davon Singles, die auch alleine leben - also vor allem bei den jüngeren nicht in Wohngemeinschaften? Sind die erfaßten Singles eher zwischen 45 und 65 Jahre alt und leben - wie auch die Rentner - deutlich häufiger in den LWB- und Genossenschaftswohnungen der 20er bis 60er Jahre wie etwa in Neulindenau, Thonberg oder Gohlis-Nord oder den Plattenbau-Gebieten, die zum einen eher kleinere Wohnungen und zum anderen insgesamt höhere Rückläufe als viele Gründerzeitviertel haben? Wann haben die erfaßten Singles ihre Mietverträge abgeschlossen und gab es in den letzten Jahren bei ihnen überhaupt nennenswerte Mieterhöhungen? Vielleicht waren die Leute einfach braver beim Ausfüllen der städtischen Fragebögen, während "jung-dynamische" Singles zwischen 18 und 44 Jahren in Gohlis oder Plagwitz den Fragebogen schneller mal in die kreisrunde Ablage P legten.


    Vor allem aber wird die Miete als Median/Zentralwert erfaßt ( http://de.wikipedia.org/wiki/Median ), nicht als arithmetisches Mittel. Kann es schon allein deshalb sein, dass die deutlich höheren Neuvertragsmieten regelhaft als Ausreißer aus der Statistik geflogen sind? Die wichtigste Eigenschaft des Medians ist Robustheit gegenüber Ausreißern. Im Hinblick auf die über die ganz Stadt verteilten Bestandsmieten dürften mit der Stichprobe zufällig erfaßten Neuvertragsmieten oder Bestandsmieten nach Erhöhungen in den "guten Lagen" wohl als Ausreißer gelten.

  • Erst einmal ist eine Mietkündigung wegen Sanierung grundsätzlich zulässig.


    Irrtum, da wurde über einen sehr konkreten Fall im Raum Frankfurt am Main geurteilt. In dem verhandelten Fall wurden dem Mieter eine "Vielzahl" von alternativen Wohnungsangeboten vorgelegt, die er alle abgelehnt hat. Seine Wohnung war seit mindestens 20 Jahren nicht renoviert worden. Die weiteren Räumlichkeiten der Etage wurden von einer gemeinnützigen Vereinigung angemietet. Der Vermieter wollte die unsanierte Wohnung renovieren und dann zu einem höheren Preis - fast das Doppelte - ebenfalls an die Vereinigung vermieten.


    99,9 % der Leipziger Fälle sind damit nicht vergleichbar. Das ist offenbar ein Sonderfall einer Kündigung wegen fehlender wirtschaftlichen Verwertung. Nach meiner Kenntnis sind solche Kündigungen in Leipzig bisher vor Gericht alle gescheitert.


    Deutlich günstigere Mieten als der Durchschnitt der letzten Jahre, sagen wir mal unter 4,00 oder 4,50 Euro/m² in Gründerzeithäusern jenseits von Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf, lagen im Normalfall nicht an der Zurückhaltung oder dem karitativen Engagement des Vermieters. Der von Dir benannte "Unterschied zum Üblichen" liegt meist auch an der "unterdurchschnittlichen" Ausstattung der Wohnung, etwa Heizung mit Kachelöfen oder Dauerbrennern, Durchgang zum WC durch die Küche, Dusche/Wanne in der Küche, zum Teil sogar noch WC auf halber Treppe, alte Doppelkastenfenster oder bisweilen sogar nur Einfachverglasung, Zustandes des Hauses ingesamt, vor allem auch der Fassade und des Treppenhauses ... . Und/oder die Mieten sind (noch) günstig, weil die Wohnungen beim Einzug unsaniert waren und die Mieter_innen sie selbst ausgebaut haben, das geht bis hin zur Verlegung von Elektro und Wasser sowie Einbau von Küche und Bad durch die Mieter_innen. Gerade bei den aktuell in Diskussion befindlichen Häusern, die die LWB in den letzten Jahren an Bauträger verkauft hat, ist das nicht gerade selten der Fall gewesen.


    Oft wohnen in diesen Häusern eher jüngere Leute mit etwas geringeren Ansprüchen an eine "normale" Wohnung, weniger Geld in der Tasche und/oder eigenen Vorstellungen vom schönen Wohnen jenseits von weißen Rauhfasertapeten, glatten Baumarkttüren aus Preßspan und Klicklaminat. In vielen Fällen handelt es sich um Eckhäuser, die mehr vom Verkehrslärm abbekommen, bei denen es keine oder nur wenige PKW-Stellplätze gibt und die nur einen kleinen Hof haben. Solange es ausreichend "normal ausgestattete" Wohnungen in den ruhigeren Nebenstraßen gab, lohnte sich eine Sanierung wirtschaftlich nicht.


    Vor allem in den Gründerzeitvierteln im Süden und Westen sind das aber nun die Häuser mit dem größten rent gap, der Mietertragslücke zwischen aktuell realisierten Mieteinnahmen und den potenziell erzielbaren Mieteinnahmen nach einer Voll- oder gar Luxussanierung.


    Dass es daher eher jüngere, vielleicht auch etwas "kämpferische" Mieter_innen sind, die sich aktuell zu Wort melden, ist daher kein Zufall, sondern liegt auch in der Art und Ausstattungen der Wohnungen begründet. Die Entwicklung in anderen Großstädten zeigt allerdings, dass die Mietenentwicklung und die Tendenz zu Luxussanierungen nicht nur auf solche Fälle begrenzt bleibt, sondern auch auf "normale Wohnungen" mit Vollsanierungen der 90er und 2000er Jahre und auf Mittelschichtshaushalte übergreift, sofern nicht frühzeitig versucht wird, hier in unterschiedlichster Art und Weise zu intervenieren. Um diese Mittel und Methoden sollte es eigentlich in diesem Thread gehen.

  • Der von Dir benannte "Unterschied zum Üblichen" liegt meist auch an der "unterdurchschnittlichen" Ausstattung der Wohnung, etwa Heizung mit Kachelöfen oder Dauerbrennern, Durchgang zum WC durch die Küche, Dusche/Wanne in der Küche, zum Teil sogar noch WC auf halber Treppe, alte Doppelkastenfenster oder bisweilen sogar nur Einfachverglasung, Zustandes des Hauses ingesamt, vor allem auch der Fassade und des Treppenhauses


    Normalerweise sollte man Gleich mit Gleich vergleichen - also beim Auszug aus so einer Bruchbude, was denn die Miete in so einer Bruchbude kosten würde (wohl das Gleiche). Das Leipziger Geschäftsmodell sieht also wie folgt aus: Man zieht in so ein Loch für wenig Geld ein. Sobald der Besitzer das Geld für längst überfällige Sanierung beisammen hat (wenn es "Dusche/Wanne in der Küche ... WC auf halber Treppe" gibt, gab es die letzte Grundsanierung garantiert viel länger her als vor zwei Dekaden - s. Frankfurter Fall), fordert man von ihm Geld für eine komfortable Wohnung, obwohl man ja nicht so eine verlässt. Ganz schön dreist.


    und den potenziell erzielbaren Mieteinnahmen nach einer Voll- oder gar Luxussanierung


    So-so - ein WC nicht mehr auf halber Treppe, sondern in der Wohnung soll eine "Luxussanierung" sein. Das brauche ich nicht zu kommentieren.

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  • Fragen: Mich würde mal interessieren, wie viele Leipziger pro Jahr umziehen bzw. wie lang die "Verharrungsdauer" in einer Wohnung im Durchschnitt ist.
    Welcher Prozentsatz der in Leipzig Wohnenden wird jährlich aus ihren Wohnungen geklagt? Wie sind denn die Fallzahlen?


    Mit einer Umfrage kann nur das Umzugspotential erhoben werden, also wieviele Leute in der nächsten Zeit umziehen möchten. 2013 haben 12 Prozent der Befragten haben die Absicht geäußert, innerhalb der nächsten zwei Jahre umzuziehen. Weitere 27 Prozent wollen dies möglicherweise tun. Wieviel das dann auch machen werden, ist schon deutlich schwieriger zu ermitteln.


    Laut Gruppenauskunft des Leipziger Ordnungsamtes für die Wanderungsbefragung 2014 sind zwischen Oktober 2012 und September 2013 31.973 Personen zu- und 51.270 innerhalb Leipzigs umgezogen. Bei 534.926 Einwohner_innen mit Hauptwohnung laut Kommunalem Einwohnerregister zum Ende des dritten Quartals waren dies 6 Prozent, die von außerhalb nach Leipzig, und 10 Prozent, die innerhalb von Leipzig aus verschiedensten Gründen in eine neue Wohnung gezogen sind.


    Juliane Welz, Sigrun Kabisch, Annegret Haase: Meine Entscheidung für Leipzig. Ergebnisse der Wanderungsbefragung 2014. In: Statistischer Quartalsbericht II/2014, S. 19-24.
    http://www.leipzig.de/buergers…frontend_push&docID=35588


    Die andere Frage nach den Klagen ist noch weitaus schwieriger zu beantworten, denn die Fallzahlen werden nirgendwo (zentral) erhoben. In dem erwähnten LVZ-Artikel vom 28.11.2014 wird der Leipziger Rechtsanwalt Patrice Castillo zitiert: "Ich arbeite seit 2008 auf dem Feld. Seitdem sind es acht bis zehn Häuser pro Jahr, bei denen sich Bewohner an mich wenden, weil sie der Eigentümer zum Auszug zwingen will." Wenn wir annehmen, dass es etwa durchschnittlich 15 Personen sind, die in einem Gründerzeithaus leben, dann wären das allein 120 bis 150 Menschen pro Jahr. Die wurden aber nun nicht alle von Patrice Castillo vertreten, es gibt ja auch noch andere Mietrechtsanwält_innen. Und viele werden auch den Gang zum Anwalt überhaupt scheuen und einfach ausziehen.


    In der LVZ vom 24.11.2014 stand ein Artikel "Erbitterter Streit um Mieten - immer mehr Prozesse in Leipzig". Laut Richter Knut Petersen, dem zuständigen Abteilungsleiter am Amtsgericht Leipzig stieg die Anzahl der Verfahren in Mietsachen binnen fünf Jahren um immerhin 18 Prozent - von 3417 (2008) auf 4047 (2013). Dabei wird nach den Erfahrungen der Leipziger Mietrichter_innen wird am häufigsten über Kündigungen und Räumungsklagen gestritten. Darauf folgen Mietmängel und auf den Plätzen 3 und 4 folgen Auseinandersetzungen um Kautionen sowie Betriebskosten. Den fünften Platz nimmt das Kapitel Preiserhöhungen ein. Dabei sei es laut Petersen gar nicht so selten der Fall, dass der Vermieter eines etwa noch aus DDR-Zeiten stammenden, nicht erneuerten Gebäudes, das naturgemäß nicht mehr heutigen Wohnstandards entspricht, eine Erhöhung der Miete auf die "ortsübliche" verlangt. "Zunächst nachvollziehbar, wenden die Mieter dann im Prozess ein, diese Klage sei abzuweisen, weil durch den Vermieter jahrelang nichts zur Reparatur oder Erneuerung des Gebäudes oder der Wohnung unternommen worden sei", erläutert Petersen. "Darauf kommt es aber nicht an." Es wird lediglich geprüft, wieviel Miete im Allgemeinen in einem Ort für Wohnungen mit derart niedrigem Wohnstandard bezahlt wird, wobei dabei in erster Linie der Mietspiegel zu Rate gezogen wird.


    Die Vorsitzende des Leipziger Mietervereins Anke Matejka meint, dass die steigenden Preise bei Neuvermietungen vor Gericht "noch keine Rolle spielen". Dieses Thema käme dort erst in den nächsten Jahren an. "Was wir aber in den letzten zwei, drei Jahren festgestellt haben: Es wird mehr über Mieterhöhungen bei Bestandsmietverhältnissen gestritten. Diese Fälle haben sich bei uns verdoppelt."

  • So-so - ein WC nicht mehr auf halber Treppe, sondern in der Wohnung soll eine "Luxussanierung" sein. Das brauche ich nicht zu kommentieren.


    Nein, das brauchst Du tatsächlich nicht, weil ich das auch nie behauptet habe. Der hierfür hilfreiche Vorgang nennt sich verstehendes Lesen. Das unterscheidet sich davon, nur reflexartig auf Stichworte zu reagieren.


    Einzelne WCs auf halber Treppe in unsanierten Häusern, die aber überwiegend normale Wohnungen haben, weil die Mieter_innen bereits zu DDR-Zeiten das WC selbst eingebaut haben oder es damals individuell vom Vermieter eingebaut wurde, kenne ich vielleicht noch bei 20, 30 Häusern in Leipzig. Keines davon ist unter den hier in den letzten Tagen diskutierten Fällen dabei. Mir ging es einzig und allein um eine Aufzählung wohnwertmindernder Merkmale, die begründen, warum es auch Mieten um die 2 oder 3 Euro kalt in Leipzig gibt und inwieweit sich diese Wohnungen von den anderen unterscheiden können.


    Übrigens ergab der Zensus 2011, dass 1,7 Prozent der 41,3 Millionen Wohnungen in Deutschland - immerhin knapp 700.000 Unterkünfte - keine Toilette oder kein Bad haben. In 330.000 Wohnungen davon fehlt sogar beides. Das betrifft in erster Linie Ostdeutschland - mit einer Ausnahme: Auch in München verfehlen immerhin 1,5 Prozent der Wohnungen den sanitären Mindeststandard. Bei den ostdeutschen Wohnungen dürften jedoch die allermeisten dieser Wohnungen bzw. kompletten Häuser leerstehen und schlichtweg seit 1990 nicht wieder angefaßt worden sein. Das gilt auch für Leipzig. Hier waren 2011 bei insgesamt 328.089 Wohnungen in Gebäuden mit Wohnraum bei 2.081 Badewanne/Dusche und WC nicht vorhanden, bei 2.875 WC vorhanden, aber Badewanne/Dusche nicht, und bei 522 Badewanne/Dusche, aber WC nicht vorhanden ( https://ergebnisse.zensus2011.…0000000,GWZ_2_1_4,m,table ). 2011 waren also 5478 Wohnungen derart unterdurchschnittlich ausgestattet. Das sind genau die 1,7 Prozent wie im gesamtdeutschen Durchschnitt. Die allermeisten Wohnungen - 322 607 oder 98,3 Prozent - hatten sowohl Badewanne/Dusche als auch WC. Zur gleichen Zeit standen 39.574 Wohnungen leer. Es wäre spannend, ob die Schnittmenge zwischen minderausgestatteten und leerstehenden Wohnungen nun eher bei 99,7 oder 99,8 Prozent liegt.



    Bei dem ersten Punkt ist die Frage, ob es denn überhaupt noch Wohnungen mit diesen Ausstattungsmerkmalen und den entsprechenden Preisen gibt, wenn der/die Mieter_in so leben möchte oder aus Preisgründen muß. Da geht es mir allein um Ofenheizung und selbst renovierte Wände und Decken, nicht um die anderen Merkmale wie Dusche in der Küche, das wohl jede_r gern ändern würde. Die allermeisten Mieter_innen sind durchaus bereit, mehr Miete für notwendige Sanierungen zu zahlen und z.B. die Öfen gegen eine Zentralheizung einzutauschen. Nur geht es bei den in Rede stehenden Sanierungen nicht um diese Maßnahmen, sondern fast immer um Neuaufteilung von Wohnungen, um den Einbau von Fahrstühlen, Gäste-WCs, Designerwaschbecken in den Bädern, neuen Fußböden, wenn die alten noch in Ordnung sind, Klimaanlagen etc.

  • Noch einmal zu der Frage von CarlVictor: Die BILD berichtete am 25.10.2014:


    Experte erklärt in Bild
    Darum ziehen die Leipziger so oft um
    http://www.bild.de/regional/le…pziger-38286130.bild.html


    Der Artikel geht von der in der Auswertung der Wanderungsbefragung 2014 genannten Zahlen von 52 000 Leipziger_innen und damit fast 10 Prozent der Einwohner_innen aus, die im letzten Jahr umgezogen sind (eigentlich von Oktober 2012 bis September 2013). Das Blatt fragte Ralf Oberänder (37) vom Immo-Spezialisten ‚Engel & Völkers Commercial‘, warum das so sei. Der antwortete: „Natürlich spielt wie anderswo auch die Familienplanung eine Rolle. ... Doch in Leipzig kommen noch ein paar Besonderheiten dazu. In Stadtteilen wie Gohlis-Süd, Waldstraßen- oder Musikviertel sind die Preise gestiegen, Gentrifizierung findet statt. Die Südvorstadt können sich Studenten fast nicht mehr leisten. Sie suchen sich nun andere Viertel. Die gesamte Stadt ist im Fluss. Plagwitz profitierte einst von der Nähe zu Schleußig. Heute profitiert Lindenau von Plagwitz.“

    Neben den steigenden Mieten gäbe auch aber auch andere Gründe. Sinkende Arbeitslosenzahlen und höhere Einkommen würden die Leute zum Umzug in vermeintlich „bessere Viertel" bewegen. „Die Wegzüge aus der Eisenbahnstraße sind so ein Beispiel“, so Oberänder.