Rathaussaal - Fortsetzung der Rekonstruktion
Dem Rathaussaal habe ich mir erlaubt einen eigenen Thread zu spendieren, da sich das ganze Thema hier doch etwas dauerhafter niederlässt und man der Kontroverse nicht gerecht wird, wenn man es im "Allgemeines aus der Altstadt" versteckt. nothor, 18.01.2014
Seit dem 3. August gibt es für nur 2,- EUR im Rathaussaal des Nürnberger Renaissancerathauses eine interessante und gut gemachte Videopräsentation über die Geschichte der Gestaltung des Rathaussaals zu sehen. Link zum Artikel in den NN. Das Rathaus selbst ist im 2. WK schwer beschädigt worden und erst in den sechzigern wieder aufgebaut worden. Heute präsentiert es sich vorbildlich restauriert und gehört zu den Hauptattraktionen der Altstadt.
Nürnberg, die Heimatstadt Dürers will damit ihren berühmtesten Sohn im Dürerjahr 2012 ehren. Und leider ist ja dessen größtes Kunstwerk verloren gegangen. Der Rathaussaal präsentiert sich heutzutage zwar baulich komplett restauriert - bis auf wenige Ausnahmen wie die Kassettenfüllungen an Decke und Wandvertäfelungen, aber noch nicht fertig gestaltet. Derzeit sind die Fenster verdunkelt für die Präsentation. Heute präsentiert er sich in etwa so:
Die Schau führt sehr anschaulich vor Augen, wie der Saal eins gewirkt haben muss. im 16. Jahrhundert befanden die Nürnberger, dass der Saal zu wenig repräsentativ sei, um dort den Reichstag für den neuen Kaiser Karl V. abhalten zu können. So erhielt Dürer den Auftrag für die Gestaltung und realisierte sie unter Anleitung seines Freundes Pirckheimer. Hier ein paar Impressionen:
Übliches Gestaltungsmittel in großen Räumen waren Balkone, von denen aus musiziert und zugeschaut werden konnte, oder die für VIP's als Logenplätze zur Verfügung standen. Im Rathaussaal gab es ihn nur als Illusionsmalerei.
In Etwa so wird Dürers Gestaltung ausgesehen haben:
Ein Detail stark vergrößert:
Nicht klar geworden ist mir die Einblendung von Beispielen für Illusionsmalerei der Renaissance. Sollte das ein Gestaltungsvorschlag sein?
Die Präsentation ist die ganze Zeit in Bewegung, um die stetige Veränderung des Raumes zu unterstreichen. Man sieht auch zu nahezu keinem Zeitpunkt die komplette Wand in Dürers Gestaltungskonzept, es wird immer wieder überblendet und überlappt. Man darf aber dabei aber nicht vergessen, dass zwischen den gescholtenen Restaurierungen innerhalb der letzten 400 Jahre auch jeweils über 100 Jahre gelegen haben, in denen der Raum mehr oder weniger unangetastet existierte. Also mehr als eine gesamte Generation. Leider wird die Geschichte des Raumes heute zu seinem Verhängnis. Es wird argumentiert, dass man Dürers Original nicht rekonstruieren könne, da es nur fragmentarisch überliefert ist und als Gesamtkunstwerk nicht mehr als Düreroriginal gelten könne. An diesem Punkt war man ja offensichtlich schon vor 25 Jahren, weshalb man dann völlig neue Entwürfe im Stil Dürers diskutiert hat. Mathias Prechtl hat einen Entwurf für die Neugestaltung vorgelegt, die ich bis dahin nicht gekannt hatte, und die mich sehr überrascht haben:
Als die Diskussion um Prechtls Entwürfe zu einem Innehalten führte entstand schließlich der Status Quo:
Leider ist der Status quo meines Erachtens nicht sehr befriedigend. Der Raum wirkt wie eine Halle neueren Baujahres und man erhält nicht den Funken einer Ahnung, wie es hier früher einmal ausgesehen hat und welche Bedeutung dieser Saal hatte. Sicherlich ist es schwierig etwas wiederherzustellen, was eine 400 Jährige Geschichte aufweisen kann, die zudem auch nicht statisch gewesen ist. Die weisse Wand allerdings ist ein Dokument für den Unwillen, sich überhaupt zu entschließen eine Gestaltung vorzunehmen.