Dresden: Pirnaische Vorstadt/Lingnerstadt

  • Meinerseits ist alles gesagt, nachtragen kann ich noch, dass das Potsdamer Minsk als "vorbildlich restauriertes Highlight der Ostmoderne" mit seinen "zeitgenössischen Kunstausstellungen in gehobener Liga" inSachen Besucherzahlen bisher wohl enttäuscht hat.


    https://www.maz-online.de/loka…ICNRF2HDRS4NGMU5WJQM.html


    Warum Ostrale und Kunsthaus in der sanierten Kantine nun plötzlich zum großen Publikumsrenner würden, erschließt sich mir nicht. Es ist ja nicht so, als wäre dieser Ort nicht schon die letzten Jahre künstlerisch bespielt worden, eine riesige Neuerung, auch in der Wahrnehming, würde ich nicht erwarten. Die Arbeitsbedingungen würden vielleicht ein bisschen angenehmer und der langfristige Erhalt gesichert.


    Schloss Rochsburg und seine Sammlung hier nochmal so runterzuspielen, weil es ja schon genug Schlösser im ländlichen Raum gäbe, finde ich nicht in Ordnung. Das Schloss hat, im gleichen Zeitraum betrachtet, doppelt so viele Besucher wie die Ostrale. Und dein eigenes Argument solltest du dann auch auf das Schloss anwenden: vielleicht würden bessere Ausstellungsmöglichkeiten und Zugänglichkeit infolge Sanierung auch hier "künftige Zugkraft und Attraktion" noch weiter steigern.


    Dass Denkmalerhalt generell einen zu niedrigen Stellenwert hat und ich einen 1-Mrd.-Rettungsfonds für verfallende Kulturgüter sehr begrüßen würde, hat mit dem Fördertopf "Nationale Projekte des Städtebaus", und den hier diskutierten Projekten, dann nicht mehr viel zu tun.


    Das Ätzen gegen Dresdens Tellerrand hat mit dir, Elli, wirklich die Falsche getroffen, bitte entschuldige das. Aber der Kommentar war eine Einladung, die ich nicht ausschlagen konnte.

  • Ende März eröffnet der Verein "Elbland Kunsthalle Muskator" seine Kunsthalle in einem denkmalgeschützten Heizhaus in Riesa. Das neue Zentrum für zeitgenössische Kunst wird mit dem RE 50 von Dresden aus gut erreichbar sein.


    https://www.saechsische.de/lok…G4RJEX3M3EN45OL2UHYU.html


    Die Enthusiasten aus der Region haben selbst angepackt und die Halle ertüchtigt, ohne sie "totzusanieren". Von einigen hunderttausend Euro war die Rede. Warum ähnliches bei der Robotron-Kantine nicht möglich sein soll, habe ich noch nicht verstanden. Wenn die so marode ist, dass die einfachste Grundsanierung 8 Millionen kostet, stimmt mich das schon bedenklich.


    Die Familie Arnhold gibt ihr Geld übrigens trotzdem her, was ich edelmütig finde. Davon wird z. B. das Dach abgedichtet. Die Bundesmittel lassen sich ohne städtischen Zuschuss jedoch nicht abrufen. Das Kunsthaus zieht erstmal in die von der Stadt angemieteten Robotron-Riegel in der Lingnerallee, die mich im Stadtbild viel mehr stören als die Kantine. Die Ostrale findet wie gehabt wieder in der Kantine statt.

  • In der Roßbachstr./Ecke Rietschelstr. wurden diese Woche Garagen abgerissen. Der Themenstadtplan gibt dazu nichts her; also vermutlich nicht direkt in Vorbereitung eines Bauvorhabens.

    (Die Masse ist es nicht - ganze 9 Garagen; ob die 6 Garagen auf der anderen Straßenseite auch wegkommen, weiß ich nicht.)

  • Heute wurden in der Gestaltungskommission Pläne für einen An- und Umbau an das Robotron-Gebäude "Pirnaisches Tor", also einen Erhalt statt des bisher geplanten Abrisses vorgestellt. Der bisherige Eigentümer, die TLG Immobilien AG, hat das Gebäude verkauft. Als Architekt wurde Jens Zander beauftragt. Eine energetische Sanierung der Fassade wird mit der TU Chemnitz zusammen geprüft und es sollen zwei weitere Etagen hinzukommen.


    Die Gestaltungskommission hat u. a. argumentiert, "dass der Altbau das dominierende Gebäude am Pirnaischen Platz ist" (DNN). Außerdem: "Zander [...] erklärte sich zum bekennenden Liebhaber der Ostmoderne." (ebd.)


    Zur Erinnerung: Für dieses Areal ist ein Bebauungsplan in der Entwurfsphase und es gibt Beschlüsse des Bauausschusses, die dem Erhalt nicht nur dieses Gebäudes, sondern auch des benachbarten "Atrium II" entgegenlaufen. Hier wird nun also parallel an einem Bauantrag gearbeitet, um Fakten zu schaffen, statt dem Auftrag des Stadtrates, hier die Ziele des Bebauungsplanes umzusetzen, nachzukommen.

  • ^ Hat man denn eine Visu gezeigt vom dann 8-Geschosser (also +2) ? Der B-Plan erlaubt mE einen Erhalt, der Bestand dürfte von der B-Plan-Baufläche abgedeckt sein. Nach hinten muss immerhin neu gebaut werden zur Blockschließung. Ja, ich dachte ziemlich fest, daß man diese olle Mottenkiste kaum sanieren kann oder mag (klar, alles geht, aber dann viel zu teuer, lohnt nicht). In Dtl. werden in Metropolen seit Jahren eher niveauvolle bis high-end-Büroflächen gezielt gebaut, wenn möglich in Premiumlagen, es gibt kein Problem mit höherem Preisniveau, die Firmen wollen es gediegen/repräsentativ.

    Die Koop mit der TU Chemnitz halte ich für überflüssig, da ich die Bestandsfassade für energetisch nicht vertretbar sanierbar halte. Gut, wir werden das Ergebnis abwarten. Ich denke, jede Fassadensanierung hier läuft auf eine gänzlich neue Vorhangfassade raus. Heisst: der Bau wird quasi auf den Stahlbeton-Rohbau rückgeführt. Somit und dank Aufstockung erhält man aussen wie innen ein dann völlig neues Gebäude. Man will vermutlich nun doch ganz progressiv die Graue Energie der Substanz erhalten - soweit als möglich, und aus (!) Kostengründen (Baupreise). Alle Leitungen aber müssen ja auch neu rein, also den Ansatz mit Bestand halte ich für vertretbar. Im Grund liegt dort tatsächlich ein Ensemble von besonderen DDR-Bauten vor, diese kleine Insel kann man erhalten, sofern man bereit ist, drumrum aber mal richtig Gas zu geben.

    Für alle Städtebauideen mit anderen Kubaturen ist das natürlich nachteilig, da es bei dem langen Riegel bleibt. Zander hat sicher eine Visu vorrätig.

    Und: es baut nicht das SPA, sondern es muß beim neuen Eigentümer ein Bauwille da sein, sonst hätte er nicht gekauft und einen Archi mit der Planung beauftragt. Es liegt in erster Linie an jenem Bauherrn, der hier offenbar ein Projekt beabsichtigt, was es nun schon in die GestaKo geschafft hat.




    Hygiene Museum - Gerhard Richter (93) Wandbild "Lebensfreude" - fertig freigelegt auf 19 von einst 63m² Bildfläche


    Infos bei Dt. Hyg. Mus. und MDR (mit Video). Das Bild ist frei zugänglich, ab Eingang ganz hinten links die Treppe hoch und einmal rechts ums Eck.


    P1260976.jpg


    Durch das Fernglas links^ kann man die einstige ganze Bildfläche erblicken.

    P1260977.jpg

    fotos elli kny

  • Ich war selbst nicht bei der Sitzung anwesend, aber es wurden offenbar konkrete Entwürfe diskutiert. Die Sächsische Zeitung berichtet ebenfalls:

    Der Anbau im östlichen Teil soll sich dem Altbau in der Gestaltung anpassen. Auch hier plant Zander mit den typischen Glaselementen, die aber andere Größen haben.

    Zudem sollen die angeblich so besonderen V-Stützen freigelegt werden. Außerdem noch ein interessantes Zitat vom Baubürgermeister:

    Was jetzt mit dem Bebauungsplan wird, wollte [Stadtrat Torsten Nitzsche, Freie Wähler] wissen. Weil jetzt im Bestand gebaut wird, würde der Plan aufgehoben, erläuterte Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne).

    Ich verkneife mir mal eine persönliche Einschätzung dieser Bemerkung …

  • Naja, in der SäZ ist auch keine Visu drin (wie fast immer), ist ja auch egal was direkt in Dresden entsteht. Der SäZ-Fotograf verließ ja schon nach der Hälfte der Sitzung das Rathaus, Frau Haufe blieb sitzen und schrieb jetzt.

    Interessant im Artikel ist noch, daß Zander erwähnt, daß ja auf der Lignerallee der Kaitzbach wieder geöffnet werden soll. Er wurde 40% des am Dach aufgefangenen Regenwassers dort hinleiten können, wenn der Neu-Umbau käme. Ist das bekannt? Ich weiß noch nicht, ob das gut wäre (und: durch Bau gefährdete Top-Baumallee).


    Wenn zwei Etagen oben draufkommen, was ich prinzipiell gut finde (Wirkung evtl. wie Radisson Hotel am Aug.platz in LE), wird das aber gleichsam ein ganz

    mächtiger Schrank, der gewaltig eine "Wand gen Osten" bildet. Andererseits würde der Höhen-Maßstab des Stadtforums dann für den Georgsplatz dazwischen eventuell etwas manifestiert. Vielleicht wäre eine Staffelung der Höhen besser? Mit ggf mehr Etagen an den Ecken? Tja, ohne Basis-Visu ist es schwierig. Blöd auch, daß aus der GestaltKo wieder Dinge zerredet werden, wie daß der Architekt doch bitte entweder eine analoge oder ganz andere Fassade zum Bestand entwickeln solle. Sein jetziger Vorschlag "dazwischen" - also weder DDR-Gliederung noch extrem Modern - ist aber vielleicht gerade die ansehnlichere Lösung. Bis zum Herbst soll aus Chemnitz die TU-Studie vorliegen, ob die DDR-Fassade energetisch sanierungsfähig ist.

  • Nur eine Frage bezüglich des alten Robotron Gebäudes.

    Was findest Du, aber auch gern eine Frage in die Runde, an dem Gebäude so wertvoll, dass es unbedingt im Stadtbild bleiben muss und nicht durch viel ästhetischere Gebäude ersetzt werden kann, um zu einem lebendigen, urbanen, nachhaltigen und optisch ansprechenden und vielseitigen Quartier werden zu können?


    Die Pläne sind dankenswerter Weise von Jens Schuppe (Stadtbild Deutschland) schon grob ausgearbeitet wurden, wie an dieser Stelle wieder ein Stadtraum entstehen kann.


    Bin sehr gespannt auf die Antworten :)

  • Mich interessiert vor allem das Prozessuale.


    2020 wollte der Eigentümer den Robotron-Riegel abreißen. Er legte grobe Ideen für einen Neubau vor. Die damalige Gestaltungskommission empfahl übrigens: "Die Kleinteiligkeit und Differenziertheit innerhalb eines großen Ganzen soll ein wichtiges Thema sein, welches mit der Aufgabenstellung zum Fassadenwettbewerb auch deutlich vermittelt werden muss."


    Ein B-Plan-Entwurf auf dieser Basis wurde im Bauausschuss für nicht gut befunden (Kritikpunkte: zu massive Baukörper, Lingnerallee). Daraufhin wurde die Verwaltung beauftragt, den Entwurf zu überarbeiten. Dies ist nun, wie üblich, seit einigen Jahren nicht passiert.


    Was passiert ist:

    • Die Stadtverwaltung verlängerte ihren Mietvertrag für den Robotron-Riegel um 5 Jahre.
    • Die Stadtverwaltung legte einen Entwurf für die teilweise Freilegung des Kaitzbaches vor, welcher an den im Bauausschuss abgelehnten B-Plan anknüpft.
    • Just mit Auslaufen des Mietvertrages fand ein Eigentümerwechsel statt und der neue Eigentümer plant nun mit einem Architekten aus dem "Zeitgenossen"-Verein eine Sanierung.
    • Ein neuer B-Plan wird von der Verwaltung nicht mehr als notwendig angesehen.

    Nun bereitet die Verwaltung aber gleichzeitig einen städtebaulichen Ideenwettbewerb für diesen Stadtraum vor. Wäre es daher nicht absolut naheliegend, das Bauleitplanverfahren, wie es ja auch beschlossen ist, weiterzuführen? Wäre angesichts der geäußerten Bauabsichten eine Veränderungssperre nicht das Mittel der Wahl, um eine städtebaulich durchdachte und demokratische Entscheidung über das Areal zu ermöglichen?


    Andererseits, falls maßgebliche Leute in der Verwaltung schon immer der Meinung gewesen sein sollten, dass DDR-Städtebau das Beste ist, was Dresden dort passieren kann, dann hätte man bisher alles richtig gemacht.

  • Constantin Wirth: falls du mit "Du" mich meinst:

    Ich persönlich sehe den Büroriegel als Mottenkiste an, er sagt mir nicht zu, er stört das Stadtgefüge gegenüber einem idealen Stadtbild gehörig.

    Nur ist das Areal alles andere als ideal. Die klimatischen Bedingungen innen sind wegen der misen Fassade schlecht - im Winter kalt (viel Heizen), im Sommer bullig. Ich bezweifle eine machbare Sanierungsfähigkeit der DDR-Fassade. Somit steht auch ein Optik-Erhalt in Frage, es gäbe ggf einen optisch-analogen Nachbau der Fassade, aber wie original ist das dann, wenn man von "Erhaltungswunsch aus dem Denkmalamt" sprach?


    Dennoch lasse ich das Argument gelten, daß man hier einen Vertreter der Stadtgeschichte und der Ostmoderne erhalten möchte, gerade weil er Teil eines Ensembles ist. Erhaltungs-Hauptgrund ist mE aber das Argument der Grauen Energie sowie der Senkung der Projektkosten, was seitens des Bauherrn zu verorten ist. Nur jene Projekte werden umgesetzt, welche jemand finanzieren mag. Da wir drumrum unendlich viele Bauflächen haben und man noch nichtmal die Lingnerstadt hinbekommt, sieht die Sachlage wohl so aus, daß man froh sein muß, wenn überhaupt mal was passiert.

    Für die vielen städtebaulichen Ideen, die man in DD seit der Wende ausdachte, gab es mE nie zureichend Bauwillige - geschweige denn die Nachfrage.

    Andererseits gilt: neuer Eigentümer = neue Vorgehensweise. Jetziger Bauwilliger entscheidet sich frei für seine Dinge. Nur der Stadtrat könnte reinkrätschen.

  • noch für die Ablage:

    Robotronkantine wird doch saniert, wenn auch etwas weniger als erstrebt. Die Verwaltung ließ sich vom miesen Ratsbeschluß nicht beeindrucken und mobilisierte Eigenmittel, um die reichlich Fördermittel (4 Mio vom Bund, BauBM Kühn erkämpfte eine Sonderregelung) jetzt zu nutzen. Es gab keinen anderen Weg, da Kunsthaus wie Ostrale schon obdachlos sind. (Anm.: die Ostrale-Orga mit Lagerbeständen zog kürzlich um - unklar wohin, da sie aus den Objekten im Ostragehege raus mußten - konkret der Rinder- bzw Schweinhalle). SäZ free berichtet die Details zur Kantine. 6,1 Mio € stehen für Heizung und Fassadensanierung zur Verfügung, mehr gibts erstmal nicht. Aber es reicht für weiteren Betrieb. Seltsam ist der späte Baubeginn 2027, Bau dann bis 2028. Offenbar kann jetzt erst mit der Planung begonnen werden, da die Finanzierung steht. 1,5 Mio € gibt die Familie Arnhold (zudem 650T € fürs Ex-Kunsthaus, Umbau zum "Haus der Brücke" für migrantische Inhalte), 600T € gibt die Stadt aus Eigenmitteln. Eine Nutzung des Gebäudes ist auch bis zum Bau noch möglich, nur eben nicht im Winter (unbeheizt). So gibts demnächst das urban-art-Festival vom 9. bis 11.Mai in der Robi.


    Falls alle Stricke reißen, gäbe es noch die Variante eines fliegenden Baus wie eines Zirkuszeltes, um eine Kunsthalle der Moderne zu bekommen. Aktuell:

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