Dresdner Stadtgespräch

  • Bericht zu Schlössern & Gärten - DNN


    darunter:
    - in 2018 wird Beleuchtungsanlage Grosser Garten erneuert
    - Parkplatz Pillnitz-neu bald fertig, Ex-Parkplatz am Kammergut geht als neuer Vorplatz in Bau, Scheune daneben wird innen ausgebaut.
    - Heizung im Festsaal Palais Grosser Garten (ist durchaus wichtig)
    - Arbeiten an der Bogengalerie L am Französischen Pavillon im Zwinger
    - neue Ausstellung zum "Macht eiern Dregg alleene"-Geenich Friedrich-August III in Pillnitz

  • Reizwort

    ^Vielleicht, um nicht auch noch die letzte Frischluftschneise auf den Südhängen zuzubauen?


    Für den Südpark wird unter anderem wieder einmal wird die s.g. "Frischluftschneisenproblematik" vorgeschoben um sinnvolle, familienfreundliche Baulandentwicklung wirksam zu verhindern.


    Ein klassisches (Typus Dresdner B-Plan) EFH hat eine Traufhöhe von ca. 4,50 bis 5,50 m bei GR ca. 120m². Die übliche EFH-Grundstücksgröße bewegt sich zwischen 450-650m². Daraus ergibt sich reichlich "Strömungsweg" zwischen und über den Baukörpern. Wissenschaftlich seriös betrachtet, müsste man nun eine s.g. hochaufgelöste CFD (computergestützte Strömungssimulation) durchführen und diese mit Messungen validieren um die negativen Effekte der Einfamilienhausbebauung auf die "Fischluftschneise" nachzuweisen.


    Unter: https://www.dresden.de/media/p…_Anlage2_3_Stadtklima.pdf


    findet man den Verweis auf ein entsprechendes Gutachten aus dem Jahr 2008.


    Die Experten aus Radebeul (warum kein überregionales Büro?) finden in Ihrem Modell reichlich Frischluftschneisen. Beschreiben darin aber leider nur unspezifisch die Auswirkungen der s.g. Oberflächenrauhigkeit einer Stadt auf die mittleren Wind-/Strömungsgeschwindigkeiten. Nur die exakte Definition dieser "Rauhigkeit" jedoch würde es erlauben, Neubauvorhaben hinsichtlich Ihrer Wirkung auf "Frischluftschneisen" zu bewerten.


    Neben diesem Defizit, weisen die Experten korrekterweise auf folgendes hin:


    "...Dennoch handelt es sich um ei-
    ne Modellsimulation mit Eingangsparametern,
    Randbedingungen und einer modellbedingten
    Auflösungsgrenze. Abweichungen zur Realität
    können insbesondere bei Betrachtung sehr klein-
    räumiger Gebiete, die vom Modell nicht aufgelöst
    werden, auftreten." Quelle: https://www.dresden.de/media/p…_Anlage2_3_Stadtklima.pdf, Umweltatlas Dresden: 07/2011


    Wirklich schädlich auf das Stadtklima ist die hochbauende Verdichtung, wie wir Sie im innerstädtischen Bereich Dresdens erleben. Unter anderem zugunsten dieser (rein kommerziell geprägten) Verdichtung, werden randstehende Baugebiete verhindert, bauwillige Familien haben wieder einmal das nachsehen.


    Hier gibt es viel Aufklärungsbedarf! Wie an anderer Stelle bereits vermerkt wird die lokale Presse dazu leider nicht viel beitragen ...


    Umweltfreunden rate ich zu einem Ausflug auf den höchsten Berg Dresdens oder zur Bergstation der Schwebebahn - Rundumblick genießen, gesunden Menschenverstand einschalten und sich mal kritisch fragen, ob 500 zusätzliche Einfamilienhäuser nebst zugehörigem Garten im Randbereich Dresdens tatsächlich so umweltschädlich wären wie immer wieder proklamiert!

  • ^

    Hier gibt es viel Aufklärungsbedarf!

    - Genau, besonders für dich!
    Bitte hier zB den Unterschied von Kaltluftentstehungsgebiet und Kaltluftschneise beachten.
    Und ruf mal die Statistik auf: EFHs-DD immer noch ca. 400-450 Stück pro Jahr - zusätzlich. Schon das wird als "Zersiedlung" kritisch gesehen - ist es aber nicht wirklich.
    Also kein Handlungsbedarf, und schon gar kein "Stadtgespräch".
    Aber wenn schon, würde ich rein persönlich eher anraten, von hinten her den Gorbitzhang aufzurollen und Stückweise den "Sozialbrennpunkt" zu einem "sinnvollen, familienfreundlichen Bauland" wandeln, was dann auch der Kaltluftsache dort zugute kömmt. :D


    Ist schon alles gut so wie es derzeit läuft, privat billiger Bauen und privat profitieren, aber auf Kosten der Allgemeinheit, sowie autoverkehrt (quasi automatisch-verkehrt) - das alles hat sich überlebt. Wie wärs mal mit dem gigantischen Erbbestand von EFH, welcher demografisch auf "uns" zukommt?


    Für Trollerei stehen im Übrigen auch alle ortsbezogenen Stadtteilstränge zur Verfügung. :)

  • Der Unterschied zwischen Kaltluftentstehungsgebiet und Kaltluftschneise ist mir geläufig - ich bezog mich auf Antonstädter's Antwort!


    Um bei der Wahrheit zu bleiben: https://www.dresden.de/media/p…Bauen_und_Wohnen_2016.pdf Seite 32 und Tabelle 2.3.10, S. 48


    2016: EFH Neubau = 318! (keine 400 oder 450)
    2017: Werden es noch weniger - die Zahlen sind momentan nur bis zum 3. Quartal vorhanden (und unschlüssig!) https://www.dresden.de/media/p…hlen_2017_III_Quartal.pdf)


    "...privat billiger Bauen und privat profitieren" Eine vollkommen unlogische Argumentation!
    Informier Dich mal über die aktuellen Kosten, Gebühren und Steuerabgaben beim Einfamilienhausbau ... Die Stadt könnte bei einem kleinteiligen Flächenverkauf an "Privat" eine hochwillkommene Einnahmequelle eröffnen (und mit dieser dann sozial gerechte Umverteilungen ermöglichen - Nickern/WID).


    Den Autohass kann ich nachvollziehen, dass jeder Häuslebauer automatisch-verkehrt bezweifle ich - solange die DVB in Laufweite ist!


    Auf den demografischen Wandel haben wir ja schon in einigen gesellschaftlichen Bereichen gewartet. Bei Lehrer- und Studienplatzbedarf haben die Prognosen bereits vollkommen versagt - bei der Wohnraumtransformation werden sie ebenso versagen!


    Aktuell ist in Dresden ein krasses Ungleichgewicht zwischen dem Bau von Klein- und Kleinstwohnungen, Luxuslofts und dem Bau von wirklich familiengeeignetem Wohnraum festzustellen. Das sollte doch dann auch thematisiert werden - warum nicht im Stadtgespräch? - Trollen möchte ich nicht!

  • Das ist ein typisches Phänomen wirtschaftlich prosperierender Ballungsräume und es hat ehrlich gesagt in Dresden ziemlich lange gedauert, bis wir uns ein wenig Richtung westdeutscher Verhältnisse entwickelt haben.


    Mittlerweile sind Dohna, Großhartau, Pulsnitz, Coswig, Rabenau, Kreischa oder Weinböhla beliebte Zuzugsregionen für Dresdner Familien und Freital oder Radebeul unterscheiden sich vom Dresdner Preisniveau kaum noch.


    Natürlich wäre es wünschenswerter, wenn die Einfamilienhäuser im DVB-Einzugsgebiet entstehen würden und nicht jeden Tag 20-30 km gependelt wird je Strecke und natürlich mit dem Auto.


    Aber das bleibt jetzt nur noch den eher reichen Menschen vorbehalten, welche 300-500 EUR zahlen können je Quadratmeter Land und wohl eher SUV fahren statt DVB.


    Jedes Einfamilienhaus "dort draußen" und eben nicht im Stadtgebiet manifestiert 1-2 Pendel-PKWs auf Jahrzehnte. Die Leute, die einmal dort hin gezogen sind und dort gebaut haben, werden dauerhaft nicht ÖPNV oder Rad nutzen in Dresden, sondern dauerhaft ein- und auspendeln mit dem PKW.


    Eine Subventionierung wäre natürlich ungerecht, aber man kann es ja über Angebot und Nachfrage regeln. Wenn jedes Jahr von der Stadt hunderte Grundstücke angeboten werden zu 200-300 EUR je qm (je nach Mikro-Lage), dann würde sich das Preisniveau auch nicht weiter in einer Spirale erhöhen, wegen Angebotsverknappung. Die Leute würden ihre EFHs in Trachau oder Leuben bauen und nicht in Großhartau. Gleichzeitig sind es natürlich auch lukrative Einnahmen für die Stadt und es würde den Dresdner Wohnmarkt insgesamt entlasten.

  • Die Stadt wird sich sicherlich schon Gedanken machen, wie der Familienabfluß (neuerdings 1000 Ew./J.) infolge Nullzins-Betongold-Immopushing-Preisanstieg gedämpft werden kann. Ich weiß jetzt nicht, inwieweit die Kommune "preisgedeckelte" EFH-Flächen vergeben kann und ob sie das bei Veräußerungszwang zum Verkehrswert sowie abseits öffentlicher Bezuschussung hinbekommen kann. Das meiste sind private Flächen. Die Entwicklungen sind teils so rasant, daß kommunal kaum auf die Schnelle gegengesteuert werden kann, würde ich vermuten. Nun muß man wohl zunächst den Abfluß hinnehmen, jedoch spielen hier etliche weitere Aspekte der Bevölkerungsbewegungen mit hinein, wie etwa daß Ältere in die zentraleren Stadtlagen zuziehen (teils EFHs im Lande freimachen) und daß ein Großteil der Familien doch letztlich scheut, ins Umland zu gehen. Das Thema ist durchaus von städtischer Relevanz, die Stadt aber nicht in wirklich schlechter Position: ich habe den Eindruck, daß die meisten bauwilligen Familien doch in der Stadt bleiben und in manche saure Gurke beissen, weil sie die nahen Versorgungsstrukturen aller Art präferieren. Das Ganze ist ein Riesenthema, ich würde insoweit mitgehen, daß man ÖV-nahe EFH-Standorte (auch mit Doppel+Reihenhäusern etc.) im Siedlungsgefüge entwickelt, denke aber daß das ziemlich schwierig werden könnte (Nutzungskonkurrenzen, Entw.hemmnisse wie Altlasten oder Lärm etc.).
    Was ich auf gar keinen Fall sehe, ist ein willentlicher Bremsklotz seitens irgendwelcher rot-grüner Politiker oder Bürgermeister. Dafür sind sie noch zu kurz im Amt, wenngleich sie so manches ggf gerne hätten. Vielmehr war es schon seit langen Jahren Strategie der Stadtplanung (also Verwaltung und Konzepte), die Bauentwicklung endlich nach Innen zu richten, um überhaupt eine Fortentwicklung dort zu generieren, und unerwünschte Effekte zu dämpfen. Was aber nicht geht, ist Ausweisung von Neu-Bauland im baurechtlichen Aussenbereich - also dort wo Acker und Natur festgelegt ist. Für das Thema bedarf es einer Erhebung über überhaupt entwickelbare potenzielle EFH-Flächen - besonders über jene mit Synergien. Das kann hier wahrscheinlich niemand von uns liefern, daher sagte ich daß die Verwaltung sicher auch solches auf dem Schirm hat - natürlich nichtöffentlich.
    Falls euch was auffällt, dann mal her mit solchen Potenzialflächen. Zur konkreten Fläche kann jemand vielleicht was sagen. In Großluga wird blöderweise im Aussenbereich neuerschlossen, wenngleich das ne alte Chose ist, welche nun nur "vervollständigt" wird.


    Zu den konkreten EFH-Zahlen stadtweit: da gehts schon mit der Datengrundlage los:
    Mein Thema sind EFHs ja nicht, ich hatte diese Statistik vor kurzem überflogen, die aktuellste Anzahl gibts zum Gesamtjahr 2016, und es waren die Genehmigungszahlen. Warum die Fertigstellungen etwas drunter liegen - keine Ahnung, es sind aber noch 433 Genehmigungen überhängend - das sollte man hier mal nicht unterschlagen.
    In 2016 sind also 357 EFHs in Dresden genehmigt worden - das sind meine "ca. 400". :D Und es ist auch normal, daß die Zahlen immer etwas hoch und runter gehen. Ich sehe aber noch kein Schrumpfen der Zahlen über die letzten Jahre, obgleich ich dies vermutet hatte. Insgesamt mutet auch das Verhältnis zu den MFH-Zahlen nun nicht derart an, daß es eine totale Schwerpunktverschiebung des einen, und Vernachlässigung des anderen gab.


    Quelle aus zweien der dresden-in-zahlen-quartal zusammengebastelt:


    Ich selbst finde 300 EFHs irgendwie doch als zuviel. Das muß man sich ja auf längere Zeiträume hochrechnen. Ich kam da mal grob gesehen auf (ich glaube) den Verbrauch der Fläche eines Grossen Gartens alle ca. 10 Jahre. Wenn das eine Gesellschaft so will, bzw es politisch nicht anders orientiert werden kann, muß man dann mit den Konsequenzen leben.

  • Ich verlinke mal auf:


    http://www.deutsches-architekt…d.php?p=595298#post595298


    Fazit:


    - Die stadtnahen Flächen sind reichlich vorhanden.
    - Die Nachfrage nach familiengerechten Bauland ist riesig.
    - Ökologische Bedenken werden bzw. könnten durch aktuelle Bauvorschriften (EnEV), entsprechend angepasste B-Pläne, intensivierte Zusammenarbeit mit der DVB und den Versorgungsträgern (Fernwärme) aufgefangen werden.
    - Die Verantwortlichen in der Stadt Dresden reagieren auf die veränderte Marktlage nicht bzw. vollkommen ungenügend (Wie auch mit dieser dünnen Personaldecke?)!
    - Das Umweltamt und die (noch nicht sesshafte) grüne Jugend hingegen sind politisch sehr rege und machen Ihren Einfluss im Übermaß geltend!
    - Die lokale Presse nimmt sich des Problems nicht an (Frau Domschke vielleicht mal ausgenommen).
    - Bürgerliches Engagement scheint angezeigt!

  • coming soon: Sozialer Wohnbau in Dresden


    SäZ
    DNN


    Auch hier sieht man, wie groß die Flächenkonkurrenzen sind. So haben manch Ämter schon einige der ohnehin spärlichen Neu-Woba-Potenzialflächen weggeschnappt.
    Im Johannstadt-Tower kommt vielleicht ein geschüttelter Elbblick.


    Und man sieht auch, wie man es macht, wenn man unter großen politischen Druck gerät wie Minister Ulbig + CDU: man macht ne besonders gute Förderrichtlinie.
    Also hintenrum war das natürlich schon vorher klar wie Kloß, daß es "Verzögerungen", "Probleme" oder in der Breite auch "gar nichts" wird. :D

  • Flächenverschwendung & Blickachsen

    Hallo,


    passend zum Thema, ein Foto von der Pfaffensteinstrasse: das Grundstück wird als Parkplatz für den Firmenfuhrpark genutzt und verdeutlicht sehr gut mit wem die "Eigenheimwillige" Familie in Dresden wirklich in Konkurrenz steht ...



    Zum Reizwort Verdichtung und wirklich NICHT familiengerechter Bauweise:


    Unser schönes Dresden in Höchstform auf der Schandauer - "geniale" Blickbeziehungen ... :


  • ^ was die Interessenkonkurrenzen angeht, ist dein Problemhinweis eine sachliche Bewertung, die ich unterstreichen kann.


    DNN-Interview mit Städtebau-Professor Bäumler der TUD - ein sehr gutes Statement!
    DNN


    Die Statements des Professors sind geradezu zum mitmeißeln, darauf kommts im großen Steuerprozess der Stadtentwicklung an.
    Es könnten gern häufiger Wortmeldungen aus der Expertenzunft der Hochschulen erfolgen, auch was den Verkehrsbereich angeht.
    Es sollte sich auch die junge Generation stärker zu Wort melden und einbringen, es würden sich womöglich andere Entscheidungsfindungen einstellen.


    Viele interessante und äußerst relevante Punkte spricht Prof. Bäumler an, so die Bodenpolitik.
    Damit ist verwaltungsseitiges Bodenmanagement und eine Flächenstrategie gemeint.
    Ich denke, sowas existiert immer noch nicht. (Ausnahme: revolv. Fond der Wirtschaftsförderung - als Kauf von Gewerbeflächen). Der Stadt fehlts an einem einmaligen Startetat (könnte man als Kredit aufnehmen, ist aber per "keine Schulden"-Ratsbeschluß nicht möglich), wodurch Flächenbevorratung und Weiterveräußerung gemäß den Zielen und Bedarfen möglich wäre. Das Ganze als sog. 'revolvierender Fond', welcher lediglich "Durchlauferhitzer" ist und Entwicklungen anschieben kann. Braucht die Stadt eine Fläche, wird heute je Amt blöde geguckt, weil man oft nix hat, es meist nix gibt, und wenn dann viel zu teuer, oder man will partout nicht verkaufen. Der Fond fehlt auch im Bereich der Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts. So manchen Altbau könnte man längst erworben haben, nur um ihn an Willige weiterzureichen. Solch Fond würde heute Gewinne machen, trägt sich ansonsten selbst.
    Der komplette WOBA-Verkauf wird nochmal zu recht kritisiert, aber Bäumler nennt auch die Veräußerung der kompletten Flächen der Woba. Das ist ein hochbedeutender Aspekt, denn selbst mit Verkauf aller Wohnungen hätte man doch nicht so dermaßen blöde sein dürfen, auch noch das große Freiflächenpotenzial dazwischen und nebenan aus der Hand zu geben. Hier hätte man differenzieren müssen. Folgender Vorschlag lag sogar als Korrektur auf dem Tisch: nur einige Objekte (zB Neustädter Markt) aus dem riesigen Verkaufspaket herauszunehmen, eben dort wo städtebauliche Entwicklungen wünschenswert wären. Das wäre kaum 1-2% des Pakets gewesen. Dies soll aber vormaliger Finanzbürgermeister Vorjohann abgewiesen haben. Nicht der Woba-Verkauf war das Problem, sondern das Versäumnis bei möglichen Freiflächen und eben jene 1% relevante Entwicklungsstandorte. Nie hat die Lokaljournaille dies thematisiert, es war immer nur Folklore des vollständigen Pro und Contra.

  • ^ Auch gerade gelesen. Ich hab nur die Befürchtung, dass nach der nächsten Stadtratswahl wieder exakt das Gegenteil (!) beschlossen wird.

  • Bestandskauf

    Interessante Geschichte für Familien die sich mit dem Gedanken tragen eine Bestandsimmobilie (EFH) in Dresden zu erwerben:


    Ihr schlendert zum X'ten mal durch Dresdner Siedlungsgebiete und entdeckt die eine oder anderer vor sich hinbröckelnde Bestandsruine. Prima denkt Ihr Euch, fragen wir doch mal beim Nachbarn wem das Objekt der Begierde gehört und ob es zum Erwerb steht. Die Nachbarn wissen von nichts (oder wollen es nicht...).
    Also auf zur Stadt und nachfragen, ob Eure Kontaktdaten samt Kaufinteresse an den ggf. verkaufsgeneigten Eigentümer weitergereicht würden. In Euer verdutztes Gesicht spricht der Sachbearbeiter vom Dienst - "Service" eingestellt - weil: verursacht der Stadt zu viel Verwaltungsaufwand (obwohl die Kosten bisher auf den Anfragenden umgelegt wurden). Ihr fragt Euch wie denn nun der Kontakt zum Ruineninhaber hergestellt werden könnte? - Zelten, direkt vor der Ruine und mit ausreichend Proviant ...


    Fazit: Ohne unsaubere Tricks bzw. geeignetes Gleitmittel besteht in Dresden keinerlei Möglichkeit ein Kaufinteresse von privat an privat zu übermitteln!


    Auf das die Ruinen bröckeln, die Spekulationsfristen verstreichen und die geliebte Maklergilde noch fetter wird!:daumen:

  • Ich habe das Interview mit Fischer ebenfalls mit großem Interesse gelesen, da ich seine Texte zur Architektur- und Kultursoziologie sehr schätze. Leider aber versteigt sich Fischer in Bezug auf Dresden im Interview und an anderer Stelle immer wieder in einen – wie Hans Vorländer es nennt – „Exzeptionalismusglauben“, wonach die Stadt aus diesem oder jenem Grund eine Vorrangstellung habe. Ich kann damit gar nichts anfangen, zumal Fischer damit dem verbreiteten Dresden-Dünkel intellektuelle Rückendeckung gibt. Da halte ich es viel lieber mit solchen Leuten wie Durs Grünbein, Ingo Schulze oder Karl-Siegbert Rehberg, die diese Stadt eher kritisch würdigen. Am meisten stört mich aber Fischers Verharmlosung der fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung, die Fischer offenbar einer Kulturstadt für würdig befindet. Sehr schade, dass der interviewende Journalist es versäumt hat, auf die Begleiterscheinungen dieser Bewegung zu verweisen: Gruppe Freital, „Moscheebomber“, Freie Kameradschaft Dresden, Höcke-Rede und und und


    Sorry für den Exkurs jenseits von Architektur und Städtebau, aber wenn das Interview schon verlinkt ist…

  • Interessanter Ansatz, den Blogrand da vertritt.
    Kann ich aber so nicht teilen. Blogrand ist vermutlich zugezogen... ;)


    Um hier eine Gegentheorie aufzustellen:
    Den „Exzeptionalismusglauben“ hat man in Dresden ganz zu recht.


    Dresden war und ist seit 450 Jahren in Deutschland ganz weit vorn.


    In Kunst und Kultur:
    - bedeutendes und führendes Zentrum der Renaissance. Man vergleiche einfach beispielsweise die Baugeschichte von Residenzschloss Dresden (Georgentor, Sgraffiten) mit anderen Anlagen, bsplsw. Heidelberg. Dazu zweite Kunstkammer nach Wien / Prag um 1560.
    - Glansvollster Hof Europas um 1720, dazu eine der ersten Museums-Landschaften mit Grünem Gewölbe, Math.-Phys. Salon und Naturwissenschaftlichen Sammlungen ab 1723, als in ALLEN anderen deutschen Städten so etwas nicht existierte.
    - Wegbereiter des Klassizismus (Winkelmann) und Zentrum der Klassik, hier aber meiner Meinung nach neben Weimar in der Rezeption unterrepräsentiert.



    Auch wirtschaftlich mehrfach eines der wichtigsten Zentren Deutschlands.
    - Renaissance - 1560,
    - Industrielle Revolution ab 1820
    - Gründerzeit


    Und wenn ich mir die heutige Entwicklung in der Stadt anschaue, dann kann auch hier nach ü. 40 Jahren Niedergang und Hemmnissen im Aufstieg zu einer prosperierenden Stadt, die den Anschluss an Westdeutschland schafft, eine Vorreiterrolle zumindest für Ostdeutschland ausgemacht werden.


    Die Beispiele des Herrn Fischer zur Debattenkultur finde ich zudem auch überzeugend.


    Frage also an Blogrand, warum er das nicht würdigen möchte und die Vorrangstellung der Stadt im historischen Kontext bestreitet.

  • [...]Leider aber versteigt sich Fischer in Bezug auf Dresden im Interview und an anderer Stelle immer wieder in einen – wie Hans Vorländer es nennt – „Exzeptionalismusglauben“, wonach die Stadt aus diesem oder jenem Grund eine Vorrangstellung habe. [...]


    Das gibts ja auch in die andere Richtung. Dresden sei besonders rückwärtsgewand, rechts, rassistisch etc. Das ist quasi die negative Variante des Dresdner Exzeptionalismus. Also das irgendwas besonders ist, darauf können sich offenbar fast alle einigen.

  • Und um nicht nur andere Meinungen zu hinterfragen, sondern auch selbst etwas angreifbares zum Thema Dresden in der deutschen Wahrnehmung abzusondern (Meine Theorie ist auf 15 Jahren Diaspora-Erfahrungen = Westsozialisation begründet):



    1.
    - Kann es sein, dass man im Westen durch 40 Jahre selbstreferenziertes Denken die Bedeutung Dresdens einfach negiert?


    Ich war in Ba-Wü oft und regelmäßig missionarisch für Elbflorenz tätig, um das dortige Unwissen über die (historische und aktuelle) Hochkultur Mitteldeutschlands im Allgemeinen und Dresdens im Besonderen zu lindern… Nach der Wende war es für mich z.B. erstaunlich, dass der Westen erst langsam die Bedeutung der Dresdener Kunstsammlungen für die gesamtdeutsche Kultur entdecken musste, weil der „Eiserne Vorhang“ auch im „ach so aufgeklärten“ Westen blinde Flecken im nationalen Kulturgedächtnis erzeugt hatte.



    2.
    - Kann es sein, dass man Dresden fehldeutet oder zumindest einseitig positioniert, weil seine Darstellung in deutschen Medien mangels Präsenz originär Dresdener Medienvertreter in den Meinungszentren Hamburg, Köln und Frankfurt nach wie vor im Stil von „Auslandsreportagen“ läuft?


    - Dresden ist in der öffentlichen Wahrnehmung bestenfalls „Barock und Bräsig“ . Weil der geneigte Medienvertreter eben nicht den Weg über die Petersburgen zum Scaterpark auf der Lingner-Allee findet. Das Bild von dutzenden coolen Kids auf dem halben Hektar geballter Street-Kulturfläche würde ja auch das „typische“ Image Dresdens differenzieren und den „Gegensatz“ zum „coolen“ Leipzig relativieren…


    - Ich stelle immer wieder fest, dass dank unausgewogener Berichterstattung kein Mensch weiß (und zunächst auch nicht glaubt), dass in Dresden mit rot-rot-grüner Stadtratsmehrheit regiert wird. Das passt vermutlich nicht in ein verkürztes Bild vom „Zentrum Dunkeldeutschlands“.
    Als 2014 in Köln 5000 Faschos und Hools randalierten, war dies kurz Thema in überregionalen Medien. https://de.wikipedia.org/wiki/Hooligans_gegen_Salafisten
    Aber natürlich hat keiner vom WDR oder DLF die ganze Stadt als Rechts und Dunkel abgestempelt, obwohl die Heftigkeit der „Kölner Veranstaltung“ die Dresdener „Aufreger-Veranstaltungen“ seit 2015, bei weitem übertrifft.
    Natürlich weiß der geneigte Kölner Medienvertreter - in seiner Stadt lebend – um die liberal-quere Seite der Stadt.
    Ich wünschte, überregionale Medien wären auch in Dresden ortsansässig.


    3.
    Negative Darstellungen Ostdeutschlands haben zwei Effekte:
    - Sie erzeugen bei westdeutschen Medienkonsumenten regelmäßig ein Gefühl der Überlegenheit und
    - lindern den vermutlich teilweise berechtigten Neid auf Infrastruktur und Aufschwung im Osten auf Kosten westdeutscher Kommunen.
    Man möge zudem nicht unterschätzen, welche Bedeutung die Wahrnehmung eines Wirtschaftsstandortes in Medien und die Positionierung in Städterankings auf Investitionen hat.
    Zumindest bei relevanten Städterankings hatte ich jahrelang regelmäßig das Gefühl, dass hier Vorzüge bestimmter westdeutscher Großstädte statistisch bewiesen werden, die zumindest in MEINEM Lebensgefühl nicht erkennbar waren. Mannheim und Düsseldorf waren z.B. über Jahre als Dauer-Vertreter unter den 10 lebenswertesten Großstädten Deutschlands eingestuft worden, von der Wirtschaftswoche. Dresden und Leipzig nicht.
    Ein Schelm, wer böses dabei denkt, dass Städterankings im Westen Deutschlands erstellt werden und jahrelang die Überlegenheit des Westens dargestellt wird. Ob dabei beim Erstellen der Städterankings – im Sinne einer Verschwörungstheorie – handfeste Standortinteressen einfließen? Vermutlich nicht. Eher sehen wir einfach nur den Effekt, dass in Mannheim eine der besten Wirtschafts-Unis Deutschlands steht und die Ex-Studenten sich positiv an ihre Studi-Zeit erinnern… Und die Wirtschaftswoche in Düsseldorf natürlich Ihren Standort zum Nabel der Lebenskultur erklärt.


    Gut, nach und nach ändern sich die Städterankings zu Gunsten Ostdeutschlands; und die Investitionen ziehen an. Ein sich gegenseitig verstärkender Effekt…
    Man verdeutliche sich, dass die Arbeitslosenquote Kölns derzeit die Dresdener übersteigt, und die aktuellen Milliarden-Investitionen in der Dresdener Industrie (Klotsche) oder die gigantische autoindustrielle Entwicklung Leipzigs es demnächst ermöglichen, den Westen in diesen beiden Städten „zu überholen“.

  • Eryngium, danke dass du den Ball aufgenommen und weitere Beobachtungen zu „Dresden und der Welt“ zusammengetragen hast. Ein interessantes Thema, für das man mehr Zeit bräuchte. Ich steuere mal eigene Beobachtungen und Meinungen zu den aufgeworfenen Thesen bei.
    Zunächst aber nochmal zurück zum „Exzeptionalismusglauben“. Zweifellos war Dresden politisch und kulturell einmal „Stadt von Europäischem Rang“. Aus meiner Sicht ist sie das heute nicht mehr und auch die Beispiele die du zur Bedeutung der Stadt anführst reichen ja bis zum Klassizismus und zur Gründerzeit. Aber egal, worauf ich hinaus will, ist dass jede größere Stadt für sich auf Besonderheiten zurückblicken kann, die ihr überregionale Bedeutung verleihen (die Ruhrgebietsstädte, um nur ein Beispiel herauszugreifen, hatten enorme Bedeutung für die Industrialisierung und pflegen dieses Erbe zu Recht). Fischers These geht aber über die simple Behauptung einer Besonderheit hinaus, indem er Dresden gewissermaßen ein besonderes Wesen zuschreibt, das die Stadt über andere stellt (siehe dazu z.B. seinen Aufsatz „Hat Dresden Antennen?“ In Merkur 69). Das halte ich für gefährlich, weil es dazu führt, dass sich Leute, die zufällig in der Stadt geboren wurden, für etwas Besseres halten könnten oder meinen, dass dieser Umstand sie dazu berechtigt anderen erzählen zu können wie die Dinge zu laufen haben. Aus diesem – wie ich es nenne – Dresden-Dünkel speisen sich dann auch Abwehrreflexe gegenüber dem Fremden und Neuen. Ein bisschen Demut, Interesse für Neues und Ambition fände ich hier deutlich sympathischer.


    Noch ein paar Anmerkungen zu deinen weiteren Thesen.
    1. Der Westen negiert Dresden: Das kann ich so überhaupt nicht erkennen. Man betrachte nur einmal die Vielzahl an Magazinen, die sich mit Dresden als Reiseziel beschäftigen (aktuell ist DD Schwerpunktstadt im Bahnreisemagazin von Ameropa) oder die über Dresden und seine heftig geführten Debatten berichtet haben (sehr zu empfehlen ist bspw. das Dresden-Heft von APuZ). Das Argument der West negiere Dresden scheint eine Abwandlung von „Der Westen negiert den Osten“ zu sein. Ehrlich gesagt, ich kann es nicht mehr hören. Massenhaft westdeutsche Touristen oder Studierende zieht es nach Dresden und in andere Oststädte. Im Übrigen beobachte ich im Osten mittlerweile ein eher geringes Interesse für „den Westen“. Wenn es sich nicht gerade um klassische Urlaubsregionen wie die Alpen handelt, scheint mir das Interesse etwa für westdeutsche Großstädte und Städteurlaube in diesen sehr gering zu sein. Wer sich für zeitgenössische Kunst interessiert, findet etwa in der vermeintlich kalten Bankerstadt Frankfurt am Main die deutlich interessanteren und renommierten Ausstellungen als in der Kunststadt Dresden.


    2. Mediale Fehldeutung/einseitige Berichterstattung über Dresden: Hier beobachte ich ähnlich wie du das Problem, dass die großen Medienhäuser nicht vor Ort sitzen (zuletzt hatte ja auch die Zeit ihr Regionalbüro von DD nach LE verlegt) und sich manche Berichte wie „Auslandsreportagen“ anhören. Was ich aber überhaupt nicht erkennen kann ist eine irgendwie strategisch begründete Einseitigkeit. Das ist mir viel zu verschwörungstheoretisch. Zu dem über eine Stadt kolportierten Bild trägt überwiegend die Stadt selbst bei. Wenn es die Dresdner Stadtgesellschaft nicht schafft, sich wirksam den Pegidisten entgegenzustellen, muss sie sich nicht über kritische Berichterstattung wundern. Wenn die Kreativszene in Dresden in Umfang und Innovation hinter den Szenen anderer Städte zurücksteht, muss man sich nicht wundern, wenn überregionale Medien doch lieber über die Rekonstruktion von Barockbauten berichten. Dass Köln dagegen trotz Fascho-Aufmarsch nicht als rechtslastig wahrgenommen wird, hat wohl damit zu tun, dass das dort eher ein Ausnahmeereignis war. Wenn ich mir die Berichterstattung rund um die Silvestervorkommnisse betrachte, kann ich auch nicht erkennen, dass Köln in den Medien unverdient positiv dargestellt wird.


    3. Negative Darstellung des Ostens: Es mag etwas dran sein, dass manche Berichte eine kolonial-altbundesrepublikanische Färbung haben. Allerdings ist es doch auch so, dass etwa die großen Zeitungen oft ehemalige/zurückgekehrte Ostler in die ostdeutschen Redaktionsbüros schicken und diese die Agenda und den Tenor der Texte bestimmen (Zeit, Süddeutsche). Insgesamt wünsche ich mir hier im Osten auch mehr Selbstbewusstsein. Die Medienlandschaft wandelt sich und mittlerweile schwingt sich mit Berlin eine Oststadt zum neuen Medienzentrum auf. Und überhaupt sollte man mal wegkommen vom ewigen Ost-Westvergleich. Ist das nicht total „nineties“?
    Beim Thema Rankings kann ich auch nicht zustimmen. Ist es nicht so, dass Dresden, Leipzig und andere Städte ständig auf vorderen Plätzen landen? Recht hast du natürlich hinsichtlich dem Sitz der großen Konzernzentralen. Indem die wirtschaftlichen Entscheidungen eher woanders getroffen werden, bleibt der Osten bis auf Weiteres verlängerte Werkbank.


    OK, soweit mein Senf zum Thema.