"Michel", Hamburg

  • "Michel", Hamburg

    Hamburgs 132 Meter hohes Wahrzeichen, liebevoll Michel genannt, ist der bedeutendste protestantische Barockbau Deutschlands. Erbaut 1751/62, durch einen großen Brand 1906 weitgehend vernichtet, dann 1907/12 historischgetreuer Wiederaufbau. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg abermals wiederaufgebaut.


    Vor der Sanierung, Anfang der 90er Jahre, noch mit grüner Kupferpatina. So sieht der Michel erst wieder in etwa 10 Jahren aus:


    So sieht er zur Zeit aus, das neue Kupfer hat noch keine Patina angesetzt:




    PANORAMA DES KIRCHENINNEREN



    Geschichte der Kirche


    Die Geschichte der Hauptkirche St.Michaelis. begann um 1600. Wegen der vielen Toten, die von der Pest hinweg gerafft wurden, hatte man außerhalb der Stadt, wo heute die kleine St.Michaeliskirche steht, einen Begräbnisplatz angelegt. Er erhielt im Jahre 1600 eine Kapelle, die schon bald zu einer kleinen Kirche erweitert wurde. Immer mehr Menschen siedelten sich vor der Stadt an.


    Rechtzeitig vor Beginn des dreißigjährigen Krieges bezog die Stadt das neue Siedlungsgebiet, die Neustadt, in ihr Befestigungssystem ein. Die neuen Befestigungsanlagen kosteten die Stadt 10 Jahre lang 25 v.H. ihrer Einnahmen Sie machten sie aber in den Wirren des Krieges zu einer Oase des Friedens, in der viele Menschen Schutz suchten und fanden. Von 1625 - 1646 stieg so die Zahl der Bewohner in der Neustadt von 8.000 auf 20.000. Die Kirche wurde daher schon bald zu klein, so daß bei gutem Wetter die Fenster geöffnet wurden, damit die vielen Menschen, die nicht mehr mit hinein konnten, die Predigt draußen auf dem Kirchhof hören konnten.


    Im Juli 1647 faßten Rat und Bürgerschaft den Beschluß, etwa 200 Meter westlich, wo die heutige große St.Michaeliskirche steht, eine neue große Kirche zu bauen. Unter Leitung des Baumeisters Christoph Corbinus und später des Baumeisters Peter Marquard wurde der Kirchenbau mit einigen Unterbrechungen nach 12 Jahren vollendet und am 14. März 1661 eingeweiht. Der Turm wurde jedoch erst 1669 fertiggestellt. Im Jahre 1685 wird St.Michaelis neben den vier Hauptkirchen St.Petri, St.Jacobi, St.Nikolai und St.Katharinen die fünfte Hauptkirche in Hamburg.


    Am 10.März 1750 zog sich, wie es heißt "zur ungewöhnlichen Jahreszeit eine Gewitterwolke zusammen. Es geschahe plötzlich, ohngefehr des Mittags gegen elf Uhr, ein erschrecklicher Blitz, und der traf gleich auf einmal den untern Teil der Turmspitze..." Die Kirche brannte bis auf die Grundmauern nieder.


    Kurz vor dem Unglück war die kleine St.Michaeliskirche wegen Baufälligkeit abgebrochen worden, so daß die Gemeinde nun überhaupt kein Gotteshaus mehr besaß. Mit Hilfe einer Spende des Senators Joachim Caspar Voigt, der jedoch bis zu seinem Tode als solcher unbekannt blieb, konnte die kleine St.Michaeliskirche bald wieder aufgebaut und am 14. Juni 1757 eingeweiht werden.


    Als die Franzosen Hamburg besetzten und in das Kaiserreich Frankreich eingliederten, mußte die kleine St.Michaeliskirche ab 1807 zeitweise und mit Wirkung vom 13.März 1811 ganz den französischen Truppen für katholische Messen zur Verfügung gestellt werden. Der großen Kirche blieb das Los der anderen Hauptkirchen, in Pferdeställe verwandelt zu werden, erspart, weil 12 Gemeindemitglieder freiwillig die verlangten Stellplätze für 300 Pferde selbst zur Verfügung stellten oder anderweitig besorgten. 1824 erwarb die Stadt die kleine St.Michaeliskirche und machte sie der Katholischen Kirche zum Geschenk. Die Kirche wurde 1943 durch Bomben zerstört und durch einen Neubau ersetzt Sie ist St.Ansgar geweiht, wird im Volksmund aber immer noch "Kleiner Michel" genannt.


    Schon am 29.Juni 1751 wurde der Grundstein für den Wiederaufbau der großen St.Michaeliskirche gelegt. Johann Leonhard Prey, Erbauer der Kirche in St.Georg und Ernst Georg Sonnin, ein damals noch unbekannter Mann, wurden mit dem Neubau beauftragt. Uneinigkeit zwischen den Baumeistern hemmte jedoch den Baufortschritt. Erst mit dem Tod von Prey am 1.Dezember 1757, kurz vor Vollendung des Dachstuhls, fanden die Streitigkeiten ihr Ende. Sonnin wurde nun alleiniger Baumeister der Kirche, die am 19.Oktober 1762 eingeweiht werden konnte.


    Der Turm war bei der Kirchweih nur bis zur Höhe des Kirchendaches ausgeführt. Erst nachdem das Kirchenkollegium 1776 beim Senat vorgebracht hatte, daß die Fremden behaupteten, Hamburg müsse es sehr schlecht gehen, weil der Kirche immer noch der Turm fehle, entschloß man sich, nun auch den Turm zu bauen und ernannte Sonnin zum Turmbaumeister. Sonnin errichtete den Turm, wie wir ihn kennen und der zum Wahrzeichen Hamburgs wurde, ganz ohne Gerüst. Am 31.Oktober 1786, 24 Jahre nach der Kirchweih, konnte auch der Turm eingeweiht werden.


    Am 3.Juli 1906, einem herrlichen Sommertag, waren Arbeiter damit beschäftigt, an der Südseite des Turms einige Kupferplatten zu erneuern. Dabei benutzten sie eine Benzinlötlampe. Unbemerkt entwickelte sich ein Schwelbrand. Ein Uhrmacher, der an der Turmuhr arbeitete, bemerkte Brandgeruch und verständigte den Turmwächter Beurle, der als Bediensteter der Feuerwehr in seiner Wachstube Dienst tat und sofort über einen Morseapparat Feueralarm gab. Es war aber bereits zu spät. Turm und Kirche wurden völlig vernichtet. Beurle kam in den Flammen um.


    Bereits am nächsten Tag beschloß die Bürgerschaft den Wiederaufbau der Kirche. Nach alten Plänen erstand die Kirche wieder fast genau in ihrer alten Gestalt. Turm und Dachstuhl waren jetzt aber nicht mehr aus Holz, sondern aus Stahl und Beton.. Am 19.Oktober 1912 konnte sie wieder eingeweiht werden.


    Im Jahre 1943 wurde die Umgebung der Kirche fast völlig zerstört. Die Kirche blieb weitgehend verschont bis erstmals im Juni 1944 größere Bombenschäden auftraten.. Am schwersten wurde die Kirche aber kurz vor Kriegsende im März 1945 getroffen. Dabei wurden das Dach und der Innenraum der Kirche stark beschädigt. Nach Beseitigung der Schäden konnte die Kirche am 19.Oktober 1952 endlich wieder eingeweiht werden.

  • intressante geschichte über die kirche! das sie sooft wieder-aufgebaut wurde grenzt schon an ein wunder ;)
    Kai

  • Die meisten der Hamburger Hauptkirchen sind mehrfach zerstört und wieder aufgebaut worden. Der Michel ist ein schönes Beispiel dafür, daß das Gerede, wonach die Rekonstruktion historischer Bauwerke bloßes "Disneyland" sei, lediglich als Munition bei politischen Stellvertretergefechten taugt. Mit der Wirklichkeit hat das nichts zu tun. Die letzte Zerstörung des Michels ist keine hundert Jahre her (1906) und dennoch weiß dies heute kaum noch jemand. Es ist zur Beurteilung der architektonischen Qualitäten auch unerheblich.


    Hier noch zwei Bilder. zunächst ein berühmtes Foto von dem Brand 1906 und dann ein besonders schönes Bild, auf dem außerdem noch die Hauptkirchen St. Petri und St. Jacobi zu sehen sind. Man erkennt sehr gut, warum ich der Ansicht bin, daß man die historische Hamburger Skyline im Zentrum möglichst von Hochhäusern freihalten sollte.


  • Ernst:
    Weißt du ob es auf dem Michel eine Aussichtsplattform gibt. Oder kann man sogar bis in die Kuppel gehen. Man erkennt da nämlich diese Treppe in dem Bereich wo die Säulen sind!

  • Wow, tolles Panorama von da oben. :daumen:
    Diese Kuppel und darunter die Säulen, das nacht diese Kirche irgendwie einzigartig.

  • Im Moment gefällt mir der Michel besser, also ohne Kupferplatina! Aber dagegen kann man ja nix machen ;) Trotzdem ne wunderschöne Kirche!!

  • Am beeindruckensten empfinde ich das Innere des Michel', eine großartige Raumschöpfung, die den Besucher gefangen nimmt und gar nicht mehr fortlassen möchte. Aufgrund des lieblosen Nachkriegsaufbaues der umgebenden Häuser und der nahgelegenen Ost-West-Straße wirkt der Baukörper heute leider wie am falschen Ort.

  • Auch wenn es nichts mit dem Michel zu tun hat, aber da Du in Stuttgart lebst:
    Informier' uns doch bitte mal, inwieweit der Umbau des HBF das Stadtbild verändern wird.
    Haben die Schwaben vor, das Bonatz'sche Empfangsbebäude zu schänden?
    Ich zittere...

  • Die Arbeiten für den neuen Tiefbahnhof haben noch gar nicht begonnen. Frag mich nicht, wann es losgeht.
    Der Bonatzbau bleibt erhalten. Der neue Tiefbahnhof entsteht dahinter.

  • Nach fünf Jahren Außensanierung ist der Michel nun wieder gerüstfrei.


    In diesem Zusammenhang wird die aufgewertete Fassde durch den Lichtkünstler Michael Batz illuminiert. Mal schauen wie das wohl aussieht.


    Innen geht es dann ab Herbst in die nächste Phase.


    Abendblatt

  • Gerade im Abendblatt gelesen über die zweite Phase der Sanierung des Michel:


    "Neben einer Erneuerung von Heizung und Elektrik sollen die Emporen und die Krypta renoviert werden und der Innenraum in Grau, Grün und Gold gestaltet werden."


    Bitte wie? Grau? Haben die sich verschrieben?


  • Bitte keine Bilder zitieren. Folgendes bezieht sich auf #3:
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    Also dieses Foto tut echt weh! Armer armer Michel:nono:


    Grau fänd ich ja noch ok, aber grün? Da bin ich ma wirklich gespannt wie die sich das vorgestellt haben, vielleicht trifft diese Farbcombo ja genau den Nagel

  • Die meinen doch hoffentlich das hanseatische Grün? Wär anzunehmen, von der tradition her. Kann mir das auch nur wage vorstellen :confused: