Immerhin kennt man an der Ecke ja nur den Vorzustand und auch dessen Vorzustand war ja, bis auf die Jahnstraße, nicht gerade urban.
Nun ja, wie man's nimmt.
Der Vorzustand des Vorzustandes ist ein schönes Beispiel dafür, wie Stadtplanung und -entwicklung auch früher schon funktioniert haben (und wie manchmal die heutige Wahrnehmung täuschen mag).
Die Moritz-Kloß-Straße war ein merkwürdiges Gebilde. M.W. wurde sie gegen 1912 angelegt; sie lag in Teilen über dem Schießplatz (oder "Schiessplan der Scheibenschützen-Gesellschaft"). Nur führte sie nicht recht irgendwo hin. Es gab eine Art Durchfahrt zur Schützengasse vor der Nummer 18 (jetzige "Brennessel"). Ein weiterer Durchbruch zur Straße "Am Schießhaus" war anscheinend geplant, wurde aber nie ausgeführt. De facto wirkte sie wie eine sehr breite Sackgasse. Hier ist das schön zu erkennen. Hätte man sie geradeaus weiterführen wollen, hätte man das Schießhaus abbrechen müssen.
Die ganze Gegend sollte offenbar erheblich "aufgewertet" werden; das wäre aber nur durch den Abbruch der Altbebauung im Dreieck zwischen Jahnstraße, Schützengasse und Moritz-Kloß-Straße möglich gewesen. In Teilen wurde das auch bereits in Angriff genommen - immerhin gab es auch in der Moritz-Kloß-Straße bereits ein Haus (hinter der Ecke zur Jahnstraße). Das sicherlich weithin bekannte Luftbild des Wettiner Platzes von 1933 zeigt die Situation sehr schön: In der Schützengasse gibt es noch größtenteils zweistöckige Altbebauung, aber kurz vor dem Wettiner Platz hat sich dann plötzlich ein typischer Gründerzeitler (m.E. die 40) dazwischengemogelt. Die Proportionen sind ziemlich bizarr: das benachbarte Haus (m.E. die 38) ist inkl. Spitzdach gerade mal so hoch wie zwei Stockwerke des Neubaus; dieser hat vier Vollgeschosse, Mansardengeschoss und noch mehr Dach darüber. Ohne Zweifel war für den Rest der Schützengasse eine vergleichbare Bebauung vorgesehen - und das hätte dann im Zusammenhang mit der Moritz-Kloß-Straße auch Sinn ergeben, da potenzielle Neubauten sicherlich an beide Straßen hätten grenzen müssen (zumindest im Bereich des spitz zulaufenden Dreiecks). Warum das zur Zeit der Anlage der Moritz-Kloß-Straße (und danach) nicht mehr geschehen ist, kann sich sicher jeder denken. Es wird aber sicher geplant gewesen sein.
Im Gegensatz dazu war die Jahnstraße bereits ein Kind des 19. Jahrhunderts; sie wurde im Rahmen der "urbanen Erschließung" der Wilsdruffer Vorstadt angelegt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass es dort eine umfangreichere Bebauung gab als in der Moritz-Kloß-Straße.
Was die täuschende heutige Wahrnehmung betrifft: Die Bebauung der Könneritzstraße reichte erheblich weiter als heute (auch gut auf dem Luftbild zu erkennen oder auch hier am unteren Bildrand). Es gab gerade noch zwei Flurstücke bis zur Einmündung der Moritz-Kloß-Straße. Man stelle sich vor, das jetzt dort noch stehende Haus stünde noch zwei Mal daneben. Und dann gegenüber die Halle des Wettiner Bahnhofs - ich finde, das wirkt schon recht urban - selbst dann, wenn der Blockrand nicht komplett geschlossen ist.