Patzschke: Kitsch oder Stadtbildverschönerung?

  • Ein Jammer, daß Patzschke nicht am Leipziger Platz verwirklich wurde (allein schon dessen Entwürfe für das Areal LP12 haben mehr Würde als das, was jetzt kommt).


    Man kann sich aber freuen, daß Patzschke immer wieder im Stadtbild zu finden ist (demnächst direkt neben der Parochialkirche im Klosterviertel).

  • siehe und staune:
    http://www.patzschke-arch.de/startseite.html dann Projekte


    Vielen Dank für den Link. Mir ist es unbegreiflich, wie man diese Architektur schlechtreden kann. Vor allem deshalb, weil doch gerade die moderne Architektur enorm von solchen Gebäuden profitiert und dadurch erst gewissermaßen als modern erkannt wird und Identität gewinnt.


    Mehr Patzschke würde Berlin unbedingt reicher machen. Hoffentlich macht die Lüscher nicht mehr lange und es kehrt wieder die Vernunft ein.


    Wir sind noch lange nicht an dem Punkt, wo eine neohistoristische Sättigung zu verzeichnen ist. Diesen Punkt will ich im übrigen auch nicht überschreiten. Es ist ein Jammer, weil die moderne Architektur durch ihre (Über-)Dominanz sich selbst den Ast absägt, das Grab gräbt.


    Zwei, drei Patzschkes auf der Nordseite des LP und einen auf der Südseite - und schon hätte man einen passablen Platz. (Das Mosse-Palais zähle ich mal symbolisch mit.)


    Urbanist: sachliche Einwände sind gerne willkommen und interessieren mich durchaus. Es wird leider immer wieder so getan, als gäbe es einen monolithischen modernistischen und historistischen Block. Das ist wohl bei den allerwenigsten hier der Fall.

  • Mir ist es unbegreiflich, wie man diese Architektur schlechtreden kann.


    Und mir ist unbegreiflich, wie man diesen Kitschmüll ernsthaft gut finden kann. Berlin macht sich mit dieser billigen Phantomschmerzarchitektur einfach nur lächerlich.


    Wir sind noch lange nicht an dem Punkt, wo eine neohistoristische Sättigung zu verzeichnen ist. Diesen Punkt will ich im übrigen auch nicht überschreiten. Es ist ein Jammer, weil die moderne Architektur durch ihre (Über-)Dominanz sich selbst den Ast absägt, das Grab gräbt.


    Das wage ich mal ganz anders zu sehen. Übrigens, wo gibt es in Berlin eine Überdominanz "moderner" Architektur? Zumindest in den letzten 10 Jahren ist hier doch fast nur Neoklassizismus gebaut worden, die paar wirklich "modernen" Bauten aus dieser Zeit kann man doch an zwei Händen abzählen.


    Hoffentlich macht die Lüscher nicht mehr lange und es kehrt wieder die Vernunft ein.


    Sicher, Regula Lüscher ist bestimmt ein böser Geist, den die Schweizer als Rache für geklaute Steuer-CDs nach Berlin geschickt haben; man kann ja schon an ihren roten Haaren sehen, daß sie bestimmt eine Hexe ist...
    Ironie off
    Warum ist es bei dir eigentlich immer "die" Lüscher? Daß du sie für jegliches Unbill verantwortlich machst wissen wir ja nun, aber das benutzen des bestimmten Artikels vor einem Personennamen ist eine ziemlich miese Methode jemanden runterzumachen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Urbanist ()

  • Naja, den ganzen LP muss man nun wirklich nicht von ihnen gestalten lassen. Letztendlich können es ihre Bauten nicht mit ihren Vorbildern aufnehmen.
    Langsam können die Patzschkes sich auch mal was neues einfallen lassen/weiter entwickeln. Vieles ähnelt sich inzwischen und manches wirkt auch wirkt wie gewollt und nicht gekonnt oder wie gekonnt aber von anderen nicht so gewollt, was mMn oft an den Proportionen aufgrund der Etagenzahl bzw. der daraus folgenden Fensterhöhe liegt.


    Aber was ist denn bitte modern? Glatte Glaswand mit ein paar Metallsteben? Das ist nicht modern, sondern langweilig. Sowas, wie das schwarze Ding am Rosenthaler? DAS ist Brutalismus! Patzschke usw. passen ihre Entwürfe eben der Nachbarschaft an. Besonders gelungen finde ich das sehr zurückhaltende Kronenpalais und das Charlottenpalais.


    Es heißt immer "die Lüscher", weil Sie nun mal die Zuständige für dieses Ressort ist und die Argumente, Ideen und Ergebnisse vorstellt, auch wenn es nicht ihre eigenen sind. Wenn dann was schief läuft oder Missfallen erzeugt, fällt das eben auf den "Anführer " zurück. Wowi ist auch nicht direkt für das BER-Debakel verantwortlich, sondern irgendwelche sog. Fachleute. Aber es fällt auf ihn zurück, weil er den Vorsitz innehatte. Ein General ist auch nicht direkt schuld an der verlorenen Schlacht, sondern die Soldaten, die zu langsam geschossen haben. Pars pro Toto und so...Kommt bei negativen Geschehnissen eben eher vor, als bei positiven.

    Einmal editiert, zuletzt von Ben ()

  • Kitschmüll?


    Ist ja nicht so, dass da Tiere und Heldenstatuen oder anderer übertriebener Schmuck die Fassade vollkleben.


    Diese Gebäude zeigen nach außen was viele andere vermeintlich modernere Gebäude (oder deren Architekten) vermissen lassen: Struktur und Hierarchisierung.


    Das oberste Stockwerk besitzt eine andere Bedeutung als die mittleren oder das untere. Eine Ecke ist was völlig anderes als eine Fassadenseite.


    Schafft es ein Gebäude diese Unterschiede auch nach außen darzustellen, ist es meistens besser als ein Gebäude das einfach nur von einer gleichartigen GLasfläche oder einem Lochraster überzogen wird.

  • Ich habe mir mal erlaubt einen eigenen Thread dafür aufzumachen.


    Zum Thema selbst. Meine Antwort auf die Thread-Frage wäre ja und ja. Das Büro Patzschke hat einige sehr ansehnliche Gebäude in der Stadt geschaffen.
    In der jüngsten Vergangenheit waren da aber auch einige Ausreißer dabei die mir nicht wirklich gefallen.
    Bspw. empfinde ich das Projekt Rosengärten mit den komischen Säulen des Mittelbaus oder dem pastellfarbenen Pseudozuckerbäckerbau in der Pestalozzistraße relativ kitschig.
    Auch eher mäßig finde ich den Eckbau in der Dahlmannstraße mit dem viel zu gedrungenen Erdgeschoss oder das Quartier Mühlenberg das in Natura mit seiner Putzfassade auf mich irgendwie billig wirkte.


    Patzschkes schaffen es durchaus das Stadtbild zu verschönern. Architektonisch finde ich sie jedoch eher uninteressant.
    Und was das Bauen nach klassischen Formen angeht sagt mir Stephan Höhne mittlerweile mehr zu. Ich mag seine klare neoklassizistische Linie und die häufige Verwendung von roten Klinker.

  • Ich denke auch, daß man, bei aller Zuneigung zum Patzschke-Stil, sich vor einer Aboslution hüten sollte. So wie Bato es bereits sagt: es gibt gute und schlechte Entwürfe.


    Diversität zeigt doch erst, was die Architekten können und wie sie sich im Vergleich machen und keine Rinheitlichkeit.


    Was mir dazu einfällt: wer hat eigentlich die Mietkasernen in Berlin entworfen (sprich Fassadengliederungen)? War das eine Architektengruppe?

  • Was mir dazu einfällt: wer hat eigentlich die Mietkasernen in Berlin entworfen (sprich Fassadengliederungen)? War das eine Architektengruppe?


    Die Massenmietskasernen wurden zumeist von privaten Baumeistern in Eigenregie errichtet. Vorbild für die Fassade waren in vielen Fällen hochherrschaftliche Bauten wie das Stadtschloss. Den Stuck konnte man sich in der Blüte dieses Bauens aus dem Katalog zusammenstellen. Besonders viel Kreativität oder Schaffenskunst war da nicht unbedingt notwendig.

  • Das ist ein großes Fass, das Du da aufgemacht hast, Bato :)
    Wir werden zu diesem Thema eine weite Schleife über die Baukultur machen müssen.


    Um ein kurzes Statement abzugeben: Patzschke hat mich ein bisschen mit dem Neoklassizismus und der Neorenaissance versöhnt. Was zu Hochzeiten des Fassadenkitsches (Jahrhundertwende) alles falsch gemacht wurde, macht das Büro Patzschke zumeist richtig.
    Zumindest die Ästhetischen Aspekte.

  • Es zeigt sich ja schon in den paar Beiträgen in diesem Thread: Patzschke polarisiert.


    Man kann ihn mögen oder nicht, aber seine Architektur ist rückwärtsgewandt. Das muss nicht per se schlecht sein, an manch einer sensiblen Stelle im Stadtbild kann das die richtige Lösung sein. In qualitätsvoller und solider Ausführung gibt es auch gute Beispiele, so z. B. am Hausvogteiplatz. Das konservative Geschmäcker Patzschkes Architektur bevorzugen, ist nachvollziehbar.


    Diese kann aber nicht als Allheilmittel dienen. Lässt man ihn zu oft und zu beliebig bauen, wird es schnell kitschig, peinlich und disneylandesk.


    Es ist richtig, dass in den letzten 10 Jahren kaum noch wirklich spektakuläre oder wenigstens überzeugende moderne Gebäude errichtet wurden. Da kommt dann schnell der Ruf nach Retro-Architektur. Daher ist es verständlich, dass ein guter Patzschke-Bau im Vergleich zu der leider viel zu oft realisierten handelsüblichen und langweiligen Lochfassaden-Architektur oft als die bessere Wahl angesehen wird. (Allerdings wird ein solider Patzschke-Bau auch teurer sein als ein Stangenware-Gebäude im Gitterbox-Look.)


    Wenn das Geld für einen mehr oder weniger gut gelungenen historisierenden Patzschke reicht, sollte man dafür auch einen überzeugenden modernes Gebäude gestalten können. Wenn das nicht gelingt, ist das eher ein Zeichen des Versagens der modernen Architektur als der Stärke Patzschkes. Motto: „Wir kriegen nichts vernünftiges Modernes hin oder trauen uns nicht, daher gehen wir lieber auf Nummer Sicher und lassen Patzschke eine Retro-Kiste bauen.“


    Ähnlich polarisierend ist oder war für mich die Baller-Architektur als "modernes" Beispiel. Anfangs, z. B. am Fraenckelufer, war es etwas neues, fast schon revolutionäres und wurde zu recht gefeiert. Später versandete diese zunehmend verspielte und verkitschte Architektur in der Beliebigkeit und wurde zunehmend auch an unpassenden Stellen realisiert, wie z. B. die furchtbaren Rosenhöfe am Hackeschen Markt. Diese dürften allenfalls Tante Klärchen und Onkel Heinz aus Eckernförde gefallen, da sie genau dort hingehören würden (die Rosenhöfe).


    Quintessenz: Patzschke ja, aber nur in homöopathischen Dosen und eher als Ausnahme, er kann keinesfalls die Lösung für Berlins Stadtbild-Probleme sein.

  • Man kann ihn mögen oder nicht, aber seine Architektur ist rückwärtsgewandt.


    Wodurch genau definierst Du Patzschke für rückwärtsgewandt? Die Frage ist durchaus ernst gemeint, da ich sie mir auch manchmal stelle. Meine erste Reaktion ist meistens: "Boah schonwieder so etwas für alte Männer, Paris-Liebhaber und Traditionalisten."
    Aber Rückwärtsgewandt ist es nicht. Rückwärtsgewandt wäre es, wenn es das 18. Jahrhundert nachbaut und das als modern hinstellt. Bei Patzschke handelt es sich aber um eine moderne Weiterentwicklung der Neo-Renaissance bzw. auch des Neo-Klassizismus. Daher: traditionalistisch ja. Aber nicht rückwärtsgewandt.


    Ich bin kein Patzschke Fan (eher das Gegenteil), aber wir verlieren uns bei solchen Diskussionen ganz schnell in Deutungshoheit von Architektur, wo jeder seine favorisierte Architektur als die einzig wahre Linie betrachtet. Wir leben ja in einer sehr ambivalenten Zeit, in der mehrere Stile als zeitgenössisch gelten oder wahrgenommen werden. Sind wir uns aber im Klaren, was "zeitgenössisch" überhaupt bedeutet? Zumeist wird der "internationale Stil" als zeitgenössisch hingestellt, beachtlich finde ich aber, dass dieser Stil vom Großteil der normalen Menschen (also Menschen, die mit Architektur nichts zu tun haben), diesen Stil oft mit emotionalen Adjektiven wie "seelenlos" "gesichtslos", oder "Kasten" etc versehen. Kann so etwas dann überhaupt zeitgenössisch sein?


    Oftmals wird Avantgarde beispielsweise als zeitgenössisch betrachtet. Ich bin ein Anhänger avantgardistischer Architektur oder der radikalen Experimente, aber die Avantgarde taugt zumeist nicht als Vorbild (mit dem man beispielsweise flächendeckend eine Stadt bebauen kann/soll), sie dient aber der Diskussion und der Auseinandersetzung mit dem Thema. Ist Avantgarde dann zeitgenössisch?


    Worauf ich hinaus will: ich glaube, Patzschke ist zeitgnössischer als wir das in unserer heilen Architektenblase vorstellen können.

  • Patzschke hat das Problem,dass sich seine historisierenden Bauten mit den häufig viel großzügigeren Orginalen messen müssen.Das er ein bis zwei Stockwerke mehr auf der gleichen Bauhöhe unterbringen muss,ist nicht seine Schuld, nimmt seinen Bauten aber häufig den Glanz und die Großzügigkeit der historischen Vorbilder.


    Öfters möchte ich seine Architektur nicht sehen,IMHO fehlt ihr die Leichtigkeit und Eleganz in der Formensprache. Teilweise wirken seine Werke wie 50er Jahre DDR Monumentalismus auf mich.

    Einmal editiert, zuletzt von Kleist ()

  • Man kann ihn mögen oder nicht, aber seine Architektur ist rückwärtsgewandt. Das muss nicht per se schlecht sein, an manch einer sensiblen Stelle im Stadtbild kann das die richtige Lösung sein.


    Da muß ich mkwiteaux beipflichten. Patzschke, Kollhoff und Co. sind ganz im Gegenteil vorwärtsgewandt. Einige Leute wollen es halt nicht akzeptieren, daß die Moderne vorbei ist und nun ebenfalls historisch. Sie hat durchaus Gutes und Interessantes hervorgebracht, aber in ihrer Dominanz und Allgegenwart Städte durchaus verschandelt.


    Auch in einem Spiegel-Leserbrief las ich die naheliegende Meinung, daß die moderne Architektur keine wirkliche emotionale Bindung herzustellen vermag. Ich denke, dies sollte man langsam mal akzeptieren und diese Architektur wieder auf ein normales, "partielles" Maß zurückstutzen. Dann kann sie auch ihren positiven Beitrag leisten.


    Ich sehe da gerade einen modernen Bau in der Flottwellstraße vor mir, der mir durchaus gefällt. Insgesamt ist es aber eben nur eine schöne Zutat. Die Moderne funktioniert nur, wenn sie sich der Klassik unterordnet. :)


    Ein schöner Patzschke-Bau ist übrigens der T-Damm, Ecke Albrechtstraße. Ich hätte den glatt auf Vorkriegszeit geschätzt. Liegt vermutlich auch an der angepaßten Geschoßhöhe. Solche Bauten finde ich wunderbar.


    Man sollte langfristig denken. Und da stellt sich die moderne Architektur unter Umständen als ein hybrides, megalomanes Zeitalter heraus, das man bald hinter sich gelassen hat. Ich denke, die Quantität ist das Problem.


    Die klassischen Formen und Proportionen sprechen die Seele einfach mehr an. Zumindest außerhalb von Architekturkreisen. :)

  • Die klassischen Formen und Proportionen sprechen die Seele einfach mehr an. Zumindest außerhalb von Architekturkreisen.


    Ist das jetzt nur bei dir so, oder gilt das für die gesamte Menschheit?


    Und was sollen dann eigentlich die Bewohner der schnellgewachsenen Metropolen z.B. Asiens machen, wo es Altbauten mit einem Alter von mehr als 50-60 Jahren (von ein paar Tempeln und Palästen vielleicht mal abgesehen) praktisch gar nicht gibt?
    Wie können diese armen Menschen ihren Alltag nur ohne Patzschke bewältigen, ohne an der Seele krank zu werden?

  • Ist das jetzt nur bei dir so, oder gilt das für die gesamte Menschheit?


    Nein: Ganz sicher nicht nur bei ihm. Aber noch mal nein: Sicher auch nicht bei der ganzen Menschheit. Gefühlt würde ich auch sagen, dass eine Mehrheit klassische Architektur gegenüber der realisierten modernen Architektur bevorzugt. Aber diese Diskussion hatten wir an anderer Stelle schon mehrfach und so lange es keine Studien dazu gibt bzw. keine bekannt sind wird man da wohl nicht groß von der Stelle kommen. Also kann man wohl am ehesten für sich selber sprechen.


    Da wiederum würde ich bezüglich des Thread-Titels auch bei Batos "Ja" und nochmal "Ja" landen ;) Historisierende Bauten sind für mich persönlich auch nur in gewissen Ausmaßen zu ertragen (ein ganzes Patzschke-Viertel wär mE wirklich too much und selbst die hochwertigere Pariser Innenstadt fand ich imposant aber auch irgendwo nicht spannend genug). Ich mag solche Bauten wenn sie entweder in einem begrenzten Umfeld ein stimmiges Ensemble bilden aber zugleich je für sich betrachtet auch abwechslungsreich sind (z.B. U.d.L.), also insgesamt Wiedererkennungswert besteht. Oder aber wenn sie einen stimmigen Kontrast zu moderneren Bauten bilden (da ist die entsprechende Chance mE am Leipziger Platz gerade verpasst worden). Die Frage ist dann aber natürlich wieder ob andere das gleiche stimmig finden werden...

  • Das Feld der Architekten, die wie Patzschke auf klassische und simpelste Architekturtraditionen zurückgreifen ist einfach zu klein. Da entsteht schnell der Vorwurf der Monotonie was man Patzschkes allerdings nicht vorwerfen kann. Sie haben ihren eigenen Stil und in dem bauen sie. Man stelle sich vor, es würde sich tatsächlich jemand trauen, Gebäude zu bauen, die wirklichen Bauschmuck aufweisen wie Statuen, Metaphern die auf den Zweck des Gebäudes verweisen. Sowas findet man heute entweder überhaupt nicht mehr oder nur in so abstrakten Formen, dass es den meisten Menschen verborgen bleibt.
    Wo ist bspw. das Problem, wenn die im Stil der Neuen Sachlichkeit 1934/35 errichtete Sparkasse am Erfurter Fischmarkt Figuren zieren die Völlerei, Eitelkeit, Faulheit, Dummheit, Neid und Geiz symbolisieren? Das sind Laster und Eigenschaften die heute wohl aktueller denn je sind.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • Ist das jetzt nur bei dir so, oder gilt das für die gesamte Menschheit?


    Und was sollen dann eigentlich die Bewohner der schnellgewachsenen Metropolen z.B. Asiens machen, wo es Altbauten mit einem Alter von mehr als 50-60 Jahren (von ein paar Tempeln und Palästen vielleicht mal abgesehen) praktisch gar nicht gibt?
    Wie können diese armen Menschen ihren Alltag nur ohne Patzschke bewältigen, ohne an der Seele krank zu werden?


    Ich habe den Eindruck, daß die allermeisten Menschen sich an klassischen, historischen Formen erfreuen und moderner Architektur mit einer gewissen Distanz begegnen.


    Das Rechtfertigungsproblem liegt bei der modernen Architektur. Gerade weil dort eben so viel Schund zu finden ist. Hast du denn die letzten 60 Jahre nicht mitbekommen? Es ist ein grandioses Scheitern des modernen Städtebaus - und ein Comeback der Tradition. Das erkennst du daran, wie sehr die Altbauviertel geschätzt werden. Und wie sehr man sich heute hütet, dort etwas zu zerstören oder unpassende Proportionen dort einzubringen. Vielmehr passen sich moderne Entwürfe den traditionellen Standards wie Blockrand und Traufhöhe an.


    Also man muß meines Erachtens schon ganz schön die Realität ausblenden, um zu solch einer Haltung wie der deinen zu kommen. Ich möchte auch nicht den Leipziger Platz ausschließlich von Patzschke gestalten, obwohl ich mir hier eben sofort widersprechen müßte: Das wäre mir allemal noch lieber und könnte durchaus mein Herz erwärmen als das, was nun aus dem Platz geworden ist.


    Gerade solch eine Hundertprozent-Variante könnte Staunen und Einmaligkeit hervorrufen. Es wäre eine Reverenz an die verlorene Vergangenheit und gleichzeitig der Ausdruck des Stolzes, auch heute noch so etwas fertig zu bringen.


    Ich verstehe deine Polemik nicht. Wo verschandelt denn Patzschke die Stadt? Ich kenne unzählige moderne Bauten, die die Stadt verschandeln.


    Und noch zwei weitere Fragen: Wie gefällt dir mein verlinktes Gebäude in Tempelhof?


    Poste doch hier mal ein paar sehenswerte moderne Gebäude, die du lieber als Patzschke hättest oder die dir überhaupt gefallen.


    PS: Übrigens sind die Fernostler ein anderer Kulturkreis mit einer anderen Geschichte. Erstens wette ich, daß auch dort eine Rückwendung zur Tradition erfolgen wird. Zweitens ist China eine Diktatur, wo wohl nicht so sehr auf Tradition und Schutz dessen, was ideologisch als überkommen betrachtet wird, wertgelegt wird.


    Ich habe mal gelesen, daß die Chinesen eine Art Pseudo-Florenz bei sich aufgebaut haben. Etwas in der Art. Ich kann gar nicht verstehen, wie man so abwertend und verleugnend über unsere Tradition sprechen kann. Berlin ist Lichtjahre von einer Parisifizierung entfernt - wenn nicht gar ganze Galaxien. Da gibt es keinen Grund zu klagen.

  • Bravo - Volltreffer - es geht ja nicht immer darum Architektur am Vorbild von Altstadtkernen nachzuempfinden - aber gerade Patzschke versteht es klassiches mit der modernen so zu verbinden das diese von dir angesprochene Emotionalität besteht. Gerade die Proportionen sind hier entscheidend.


    Nicht das ein Potsdamer Platz nicht gefallen könnte, es geht aber auch darum entsprechende Materialien und Proportionen zu beachten. Würfel mit Glasfassaden und Sichtbeton sind sicherlich als Akzente interessant - aber eine ganze Stadt - man hätte totale Monotomie und Troslosigkeit.