Auch wenn ich die Wilhelminische Kartusche auch gestalterisch schon historisch als nicht wirklich gelungen für das Portal entwickelt halte und sie mir eher als etwas wurschtig komponiert geratenen erscheint, ist sie ein handwerklich qualitätvoller Dekorationsunfall mit dem man sich auch farblich wirklich über die Zeit abfinden kann.
Wir halten ja auch die schwarzen, bronzenen Kunst-Klumpen von Kirkeby auf der Attika des Bundesrates aus.
die sich mittlerweile wenigstens etwas mattiert haben.
Es erscheint auch nur konsequent dass, wenn man auf die prägnante Kuppel von Stüler nicht verzichten wollte, man auch die vielleicht weniger gelungenen Beiträge der Wilhelminischen Ära bei der Rekonstruktion mitberücksichtigt.
Damit muss man eben nun nicht nur die merkwürdig verrutschten Fenster an der Terasse oder die Tafeln am Portal lll sondern eben auch die sogenannte „Brosche“ aushalten können.
Um eigene zeitgenössische Akzente an der Fassade, die dem Humboldt - Forum als Hausherr wirklich zugestanden hätten, hat man sich nicht bemüht.
Der Königsweg wäre für mich gewesen, man hätte wie beim Vorbild des Konstantinbogens das Zentrale Feld in der Attika für eine vollflächige Reliefdarstellung allerdings in Metall genutzt.
Thema hätte der Wiederaufbau des Baues als Humboldtforum und die Humboldts selbst sein können, die Schlossfassade hätte so eine bürgerliche Marke bekommen und man hätte aus dem royalen Triumphbogen einen wirklichen Ehrenbogen für die Humboldts und Ihre aufklärerische Leistung als Namenspatron der Einrichtung gemacht.
Nun hat man stattdessen dieses Kryptische Klingelschild von Wilhelm Zwo und einmal mehr bleibt für mich der Eindruck hängen, das HF sei nur aus Verlegenheit hier auf Abruf reingestellt worden.
Die äußerliche, souveräne Inbesitznahme der Barockfassade durch das HF hat man an dieser Stelle leider verpasst.
Wenn eine ähnliche Kartusche in der Bauzeit des Portales erwogen worden wäre, hätte man sicher nicht auf eine Metallausführung gesetzt sondern auf Sandstein.
Diese Metallausführung kann nur wie ein appliziertes, nachrangiges Beschlagwerk wirken und sich erst recht bei einer Rekonstruktion eines Bauwerkes das mehrere Zeitschichten zu einem Guss zusammenführt, unangenehm fremd ausnehmen.
Ich könnte mir aber vorstellen dass, man sich historisch des Kontrastproblemes bei der Ausführung der Wappekartusche bewusst war und sich gerade deshalb für eine Metallausführung entschieden hatte.
Für diese weitaus später erfolgte wilhelmin. Ergänzung am Bestand wäre die Umsetzung der Wappenkartusche in Sandstein ein massiverer Eingriff in die Fassade gewesen, hätte sich optisch viel stärker negativ auf das farbl Gesamt-Bild der Steinfassade ausgewirkt und eine unangenehme Unruhe zwischen Alt- und Neustein geschaffen.
Zudem entstand mit der Kartusche und den Relief-Tafeln im Material, eine engere Beziehung
zur Architektur des alten Nationaldenkmales die heute so gar nicht mehr empfunden werden kann weil dieser Konterpart eben fehlt.
Man hat sich leider gegen und die Kolonnade von Halmhuber mit ihrem Metallzierrat entschieden.
Ironischerweise erhält ausgerechnet dadurch, dieser Dekoreinfall der Wappenkartusche deren Original eher als Reaktion auf das Nationaldenkmal entstand nun eine einsame, aufdringliche Prominenz.
Der relativierende Effekt, Wilhelms bronzeschwerem Zoo via a vis lediglich zu sekundieren und damit die Fassade des Stadtschlosses mit seiner Umgebung gestalterisch zu verknüpfen, ist gar nicht mehr gegeben und wird auch mit der freigestellten Wippe keine ausreichend abmildernde Entsprechung mehr erreichen, da mir das Objekt von der Umfeld autonomen Materialanmutung abgesehen, viel zu formsimpel, flächig und niedrig erscheint und ohne die Kolonnade auch keine wirkliche hochbauliche Antwort auf das HF anbietet.
Insgesamt entwickelt sich das heutige gesamte Umfeldkonzept des HF aber sowieso eher konfus.
Mit seiner Aufzählung von netten Ideen die völlig unbeeindruckt von der Architektur des HF umhergerümpeln, verfehlt man jede Möglichkeit einer Konzeptionellen Einheit für den Ort.
Die hist. wilhelmin. Superierung des Raumes die sich barockisierend auf die Schlüterfassaden bezogen - wollte und will man unbedingt vermeiden.
Dom, Marstall und der wenn auch vandalierte Denkmalsockel stehen aber noch da - und können an ihre einstige Beziehung zu den Schlüterfassaden wieder anknüpfen, wenn wie angedacht, eine zeitgenössisch geprägtes umgebungs-Thema aufgemacht werden soll - wär es n.M.n klug gewesen hier auf die fam. Effekte für das HF als Dominante Rücksicht zu nehmen sich nicht im krächzen Potpourri aus funktionellen, mentalen und gestalterischen Einzelmeldungen zu verlieren.
Über den abgesprengten Flügel des Adlers kann man jetzt spekulieren - könnte an einer ungünstig gewählten Steinstruktur für das Fassadenbildwerk liegen, an einer Vorschädigung bei Transport od. Montage oder an Vandalismus - ist jetzt aber auch kein Grund ne Ewige Bauhütte hier aufzumachen - macht man ja bei anderen Sandsteinfassaden dieser Stadt auch nicht - da lösen sich eher regelmäßig die Glasplatten am HBF und stürzen aufs Trottoir.
Im Gegensatz zum Großteil der Fassadenarchitektur die durch moderne Bautechnik, Baumaterialien und Gestaltungsprinzipien entwickelt werden, altern handwerklich und künstlerisch orientiert, gestaltete Fassaden vor allem aus trad. soliden Baumaterialien eigentlich gut und man kann sich drauf verlassen dass sich selbst ästhetisch fragwürdige Kontraste in Material, Farbigkeit und Gestaltqualiät mit dem Altern des Fassadenmateriales irgendwann legen werden.
Man bringt vermutlich heute nicht mehr die Geduld auf und ist wohl heute einfach nicht mehr gewohnt, dass am Bau, die hierzu ausgesuchten natürl. Materialien und ihre Verknüpfung mit der Architektur, in der Lage sind, eine Altersreifung zu erlangen die die optische Wirkung eines Baues eher heben.
Während die Zeit durch Licht und Witterung etc. den klassischen, handwerklichen Fassaden eine gewisse erzählerische Würde anpinselt, entlarvt sie eher die Unzulänglichkeit der jüngeren Bauten als verschleißende Gewöhnlichkeit, die nie dazu gedacht waren länger als 30 Jahre zu bestehen.
Egal ob bröselnder Beton, blätternder Lack, abfallende Fassadenteile, poröser Kunststoff, veralgter Styropor, oder rissiges, morschendes Holz.
Solche Gebäude haben und werden erst recht in ihrer gefeierten Gestaltarmut nur als unansehnlicher, deprimierender, architektonischer Müll, Karriere machen wenn sie nicht gerade mühsam alle paar Jahre auf dem Stand der ihnen gebotenen, roboterhaften und sterilen Perfektion, aufwändig erhalten werden.
Nach dieser statischen Sterilität und Perfektion strebt eine Fassade wie die des HF aber gar nicht, sondern nach Patina etwas, was als formal modern geltende Bauten gar nicht aushalten da sie dann eben eher wie ne nach außen gestülpte versiffte Bahnhofstoilette aussehen würden.
Das sollte auch eine Frau Dahlhaus vom BDA reflektieren, wenn sie bei der Diskussion um die Rekonstruktion der BA als deren einflussreiche Gegnerin, das HF als Referenz für die Unzulänglichkeit und Unehrlichkeit von Rekonstruktionen anführt und das hohe Lied zur zeitgemässen Architektur für die BA als Demonstrationobjekt für nachhaltige Architektur anstimmt.
Es erscheint mir eher als völlig frei von Reflektion über die bisher repititiv als zeitgemäß modern deklarierte Architektur und Planung mitverursachte, verkorkste, ungenießbare Stadtgestalt.
Das ausgewachsene Misstrauen und die weitgehende Ablehnung gegenüber einer modernen innovativen Gestalt der BA am Platze ist hausgemacht, Frau Dahlhaus sollte ihr trotziges Angebot wahrmachen und die neue BA in ihrem Sinne woanders aufmachen.
Da gibt’s zahlreiche Optionen bei denen sie dann nicht auf das von ihr geschmähte Erscheinungsbild des HF blicken muss.
Am Europaviertel, Bahnhofsviertel, Politdistrikt, Kulturforum, dem ICC etc. besteht Handlungsbedarf Architektur und Stadt neu zu denken nicht in der Komfortzone der hist. Mitte.
Mir ist die Schlüterfassade trotz aller Widersprüche in ihrer Stadtwirksamkeit des hist. Milleus ungleich lieber als die xte krampfige Behauptung nüchterner, contemporärer moderner Architektur, die überhaupt nicht auf die Idee kommt die eigene Eignung und Ehrlichkeit für den Raum zu hinterfragen.
Wenn sie nicht im verlogenen Talmi der angeklebten Zierklinker oder Vorgehängten Bodenbeläge, Wertigkeit vorgaukelt oder ewig dunkle Glasfassadenbolzen als luftig transparent verbrämt- die vampirhaft eigentlich nur im Dunkeln zum Leben erwachen, hängt sie sich im elitären Geschmack des ach so ehrlichen Betonnakedei auf, der in hiesiger Architektur sowieso getüncht oder mit Petersilie verhängt werden muss, damit man ihn erträgt.